Der ganze "Gitzenhof oder Götzenhof" - heute Rothamer

 

von Claudia Heigl

 

 

 rotham 1

Der Rothamer-Hof in Rotham
aufgenommen im April 2020
Bild: Claudia Heigl

 

 

Auf diesem Hof finden wir die Familie Rothamer, die dort bereits seit fast sechshundert Jahre lückenlos nachweisbar ist und heute in der 18. Generation den Hof bewirtschaftet.

Der Familienname Rothamer hat sich Mitte des 15. Jahrhunderts entwickelt und im Laufe der Zeit in den verschiedenen Familienzweigen in unterschiedliche Schreibweisen verändert, wie Rothammer, Rotthammer, Rothhammer, Rothamber, Rotthamber etc.
Man kann davon ausgehen, dass sich die Vorfahren aller Träger  dieser verschiedenen Namensvarianten weltweit zu diesem kleinen Weiler zurückverfolgen lassen, soweit die Quellenlage es zulässt.

Selten kann man eine Bauersfamilie überhaupt lückenlos bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen.
Einzigartig in Bayern dürfte jedoch sein, dass die Familie Rothamer auch heute noch den Hof bewirtschaftet und auch der Familienname dort ununterbrochen weitergeführt wurde1.

Über diese alte Bauersfamilie gibt es bereits einige Veröffentlichungen.  Die umfangreichsten Archivarbeiten sind 2002 von Frau Karin Härtl aus München durchgeführt worden. Die Ergebnisse dieser Funde und die darauffolgende Veröffentlichung durch Jürgen Herrlein in den Gelben Blättern des Bay. Landesvereins für Familienkunde2 bilden die Grundlage zu den ersten sieben Generationen der Familie. Durch einen glücklichen Zufall konnte von der Autorin noch der urkundliche Nachweis erbracht werden, dass die Familie Rothamer Nachfahren der Familie Pernzeller sind, die bereits 1444 den Hof in Rotham bewirtschaftet haben.

 

 

fo roth 1

Das Wohnhaus wurde ca. 1860 erbaut.
aufgenommen ca. 1910
Bild: Familie Rothamer, Rotham

 

 

 

Die Familie Pernzeller

Der Hof gehörte zum Domkapitel Augsburg und in einem alten Salbuch finden wir 14443 die erste Aufzeichnung von Vorfahren der Familie in Rotham:

Martin und Agnes Pernzeller besitzen in Rotham einen Viertel Bau im Ried für das sie 31 Pfennige an das Domkapitel zahlen, außerdem besitzen sie noch ein weiteres Viertel für das sie 44 Pfennige an ihren Lehensherr zahlen.

Die Familie Pernzeller waren Ministeriale der Grafen von Bogen und hatten ihren Sitz in Bärnzell. Ene alte Oberalteicher Traditionsurkunde, die von Cornelia Mohr auf die Zeit um 1119/20 datiert wird, führt in der Zeugenreihe u.a. einen „Pernhart de Perncelle“4 auf.

 

1446 verpflichtet sich ein Michael Pernzeller jährlich ein Pfund Wachs an die Pfarrkirche St. Michael zu geben, die sein seliger Vater gestiftet hat, als er ihm die Hofwiese und Hofmühle in Gschwendt vermacht hat5.

Ein Hans Pernzeller stiftet zusammen mit seiner Ehefrau Margareth und seiner Tochter Anna um 1496 eine Jahrtagsmesse in der Pfarrei Steinach. Das Kaplanhaus in Steinach gehörte ihnen und als Stiftung brachten sie ihre Steinachische Sölde und das Bernzeller Holz ein (siehe hierzu auch Schlossbenefizium Steinach).

Die Pernzeller werden auch als Hausinhaber und Bürger in Straubing genannt. Im Stadtsteuerbuch von 1462 besitzen sie ein Haus im 3. Viertel6.

 

Der Familienname ändert sich von Huenerpaur zu Rothamer

In weiteren Salbüchern des Domkapitels, die etwa um 14587  bzw. 14608 angelegt wurden, bekommt ein Jerg Huenerpaur vom Probst von Augsburg in Rotham verschiedene Grundstücke als Lehen verliehen.

Joerg Huenerpaur ist mit Kathrein Pernzeller, der Tochter von Martin und Agnes Pernzeller verheiratet.

Im Staatsarchiv in Landshut befindet sich das alte „Sal- und Stiftbuch der St. Michaels-Pfarrkirche in Steinach“ mit Abschriften der Kaufbriefe und Stiftungen. 
U.a. ist hier eine Abschrift eines alten Stiftbriefes von „Jörg von Rothaim, Bürger zu Straubing und seiner Frau Kathrein“ enthalten.
Beide stiften für den verstorbenen Vater und Schwiegervater Martin Pernzeller und seiner ebenfalls verstorbenen Ehefrau Agnes einen Jahrestag und ein Gedächtnis in der Pfarrkirche Sankt Michael in Steinach. Die Messe soll jährlich am Freitag vor Herrenfastnacht  Morgens mit einem gesungenen Amt und einer gesprochenen Messe und gehalten werden. Außerdem soll der Pfarrer jeden Sonntag auf der Kanzel Martin Pernzeller und seiner Hausfrau gedenken. Hierfür vermachen Sie dem Gotteshaus Sankt Michael jährlich 32 Regensburger Pfennige Gilt, die aus einem Tagwerk Wiesmath stammen, die auf dem Viertelteil bei Pellham gelegen ist und freieigenes Gut ist.
Sechs Regensburger Pfennige für das Amt, vier Pfennige für die Messe, acht Pfennige für das Gedächtnis am Sonntag und die restlichen 14 Pfennige den Heiligen und der Kirche für Licht.
Die Schenkung wurde am 21. Februar 1474 vom Straubinger Stadtkämmerer Erhart Schmid besiegelt. Zeugen sind Andreas Ätinger und Peter Fourlhofer, Bürger zu Straubing

Dies ist eindeutig die belegte Verbindung zwischen der Familie Pernzeller und der Familie Rothamer.

 

In dem bereits oben erwähnten Salbuch, das um 1460 erstellt und bis in 16. Jahrhundert weitergeführt wurde9, wird ein Andreas von Rotham „als des Jorgen Sohn von Rotham“ bezeichnet, als er ebenfalls vom Domkapitel Grundstücke als Lehen erhält.

Jährlich an Martini und Mittefasten fand in der Straubinger Grundherrschaft des Augsburger Domkapitels eine Gerichtstagung statt. Hier mussten alle dem Domkapitel abgabepflichtigen Untertanen persönlich oder durch einen Mittelsmann ihren Zins erlegen. Im Gegenzug bekamen die Bauern eine Mahlzeit gereicht. Martini 1471 werden von „Anderl zu Rotham“ und Liendl Krapf 14 Hennen und 3 Hähne für dieses Festessen geliefert10. Krapf ist der Nachbar und als Bauer auf dem Kirchhof in Rotham ansässig.
Der gleiche „Andre von Rotthaim“ tritt am 13.11.1503 in Straubing als Zeuge auf11.

Andre von Rotham12 dürfte zwei Söhne gehabt haben:

- Michael, den Hoferben in Rotham

- Georg, Bauer in Muckenwinkling
Von diesem Georg dürften die Straubinger Bierbrauersfamilien Rothamer und der Bürgermeister und Bierbrauer Georg Rothamer (+1615) abstammen. Von dem Bierbrauer Georg Rothamer ist ein prächtiges Epitaph in der Bernauerkapelle in St. Peter/Straubing erhalten13. Dessen Sohn, Thomas Rothamer, war Gerichtsprocurator und Pfleger in Kirchberg und Hofmarksinhaber in Ried bei Stallwang. Weitere Nachfahren waren Hofmarksverwalter in Obertraubling und Pfleger in Obermünster, Pflegsverwalter in Erding und Weinwirt in Burghausen. Siehe Nachfahrenliste des Georg Rothamer.

 

rothamer epitaph

 Das Epitaph von Georg Rothamer (+27.06.1615) in der Bernauerkapelle auf dem Friedhof St. Peter in Straubing
Bild: Erwin Hahn, Kirchroth

 

 

In dem Salbuch von 1460 finden sich diverse Nachträge im Zusammenhang mit der Familie, aus diesen sich verschiedene verwandtschaftliche Verhältnisse erschließen lassen. Siehe hierzu auch „Die älteren Rothamer

 

1507, 1511 und 151414 übergibt Andreas an seinen Sohn Michel Grundstücke in Rotham. 1529 wird dieser als „Michel Bauer“ in einem Steuerbuch aufgeführt, dessen Hof in Rotham mit einem Wert von 70 Pfund Pfennige bewertet ist und dafür 2 Pfund 2 Schilling 20 Pfennige Steuer zahlt15.
1536 wird er als „Alt Michl Paur“ bezeichnet, während sein Sohn als „Jung Michl Paur“ in Rotham Steuer abführt16.

Am 11.10.1545 verkaufen Michael Paur von Rotham und seine Ehefrau Elisabeth, Tochter des Hans Vilsmaier, Bürger zu Straubing, drei ererbte freieigenen Wiesen bei Hofstetten17 und 1566 wird er nochmals in einer Urkunde als Besitzer eines Felder in der Gegend von Rotham erwähnt18.

157819 ist ein Georg Paur auf dem Hof, der mit einem Wert von 62 Pfund Pfennige angeben wird.
In dem Salbuch von 157920 wird ebenfalls dieser Georg Paur in Rotham genannt. Allerdings wurde hier der Familiennamen „Paur“ nachträglich durchgestrichen und durch „Rotthaimer und Rothamer“ ersetzt.

Der umfangreiche Besitz wird wie folgt beschrieben:

  • ein viertl Bau vermög eines Kaufbriefs von 1540 der von Martin Pernzeller herkommt. Dazu gehört weder Haus noch Hof
  • ein halb viertl Bau, genannt das Leemos, gem. vorgenannten Kaufbriefes, dazu gehört weder Haus noch Hof
  • ein viertl Bau, die Waid in den Riedern genannt, gem. vorgenannten Kaufbriefes, dazu gehört eine hölzerne Behausung, ein Stadl mit einer Tenne, Stall und ein Backofen, alles wohlerbaut
  • ein viertl Bau, die Waid in den Riedern genannt, das alles eine Weide ist…
  • ein halb Viertl Bau, gem. vorgenannten Kaufbriefes, dazu gehört eine hölzernes Söldenhäusl, ein Stadl mit einer Tenne und Stall, alles mittelmässig erbaut.

 

1587 ist Georg Rothamer bereits gestorben, denn seine Witwe zahlt Steuer für einen Hof und zwei Sölden21.
Von diesem Bauern sind zwei Söhne nachgewiesen:

- Melchior geboren ca. 156422 gestorben 1633
Melchior bekommt von seinem Vater Georg am 14.08.1586 eine „Mühle mit Peckenstatt“ in Wiesenfelden übertragen23.Einer seiner Söhne, auch Melchior genannt, wird nach dem 30jährigen Krieg Bäcker in Straubing und ist Stammvater der Bierbrauer und Wirte in Straßkirchen b. Salzweg, Rathmannsdorf, Windhaag bei Perg und in Zellhof b. Bad Zell. Siehe Nachfahren des Melchior Rothamer.

- Georg geboren etwa 1576 und Hoferbe in Rotham

 

Als Hofnachfolger in Rotham kommt sein Sohn gleichen Namens. Georg Rothamer’s Geburtsjahr dürfte etwa 1576 gewesen sein24. 1602 leistet er als Bauer von Rotham Scharwerksdienste25.

Im November 1633 wird auch Niederbayern in den 30jährigen Krieg hineingezogen und als das schwedische Herr von Regensburg nach Straubing zieht, flieht die verängstigte Bevölkerung vor dem mordenden und plündernden schwedischen Reitern.

Auch der Bauer Georg Rothamer zieht mit seiner Familie in die Stadt Straubing. Höchstwahrscheinlich ist der Hof in Rotham geplündert worden und er findet Unterschlupf bei Verwandten in der Stadt.
Allerding kommt mit den Schweden auch die Pest und unter der Bevölkerung gibt es viele Opfer.
Georg Rothamer stirbt am 26.02.1634 wahrscheinlich an dieser Seuche in Straubing26.

 

Georg hatte vermutlich zwei Söhne:

- Michael, Hofbauer in Degenberg
Es es konnte leider bisher kein urkundlicher Nachweis gefunden werden, dass Michael Rothammer von Degenberg ein Sohn des Georg war. Ein Michael Rothammer hatte um 1630 Eva, die Tochter des Degenberger Hofbauern Georg Wittmann geheiratet.
1636, bei der Hochzeit von Simon Rothamer werden „Melchior Rothamer, Bürger und Bäck in Straubing und Michael Rotthamer und Hans Sterman, Schwarzer (=Schwarzacher) Herrschaft“, als Trauzeugen aufgeführt27. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass Simon und Michael Brüder waren.
Michael Rothammer ist Stammvater der Rothammer-Linien in Degenberg, Weißach, Grünbühel, Reisachmühl, Gaißing, Etting, Neuhausen, Ainbrach und Kelheim, Traunstein, Regensburg, Dietershofen. Siehe Nachfahrenliste der Degenberger-Linie.

- Simon, (*ca. 1616) der Hoferbe in Rotham

 

Rothamer Besitzer 1

 

Die Kirchenbücher beginnen

Georg’s Sohn Simon Rothamer heiratet am 30.06.1636 in St. Jakob in Straubing Anna Maria Sieber von Münster28.

Das Ehepaar richtet den Hof in Rotham wieder her, muss jedoch noch weitere zweimal Überfälle der schwedischen Soldaten erdulden – im Januar 1641 und von Juli bis September 1647. Als eine der wenigen Bauersfamilien überleben sie alle drei Schwedenüberfälle und kann auf dem Hof bleiben.

Dreizehn Kinder sind von dem Paar bekannt, von denen zwölf in Rotham geboren werden. Zehn Kinder erreichen das Erwachsenenalter:
- Sebastian (+1680), ist Hofbauer in Steinach u. ab ca. 1677 Bauer in Kößnach
- Georg, heiratet 1665 die Bauerswitwe Susanne Gifftner von Hofdorf b. Wörth
- Ursula (1642-1683) heiratet 1663 den Hafner Johann Schuhbauer von Steinach und ca. 1676 den Hafner Johann Dierlinger
- Maria (1644-1676) heiratet den Bäckerssohn Hieronymus Pizelmayr und geht mit ihrem Ehemann zuerst auf die Mühle in Wolferszell u. dann nach Gschwendt
- Johann Joachim (*1645) heiratet 1661 die Nachbarstochter Maria Hien und wird Bauer in Agendorf Nr. 38 (heute Kettl) und ab 1674 Bürger in Straubing
- Michael (1648-1702) heiratet 1677 die Bauerswitwe Maria Danner von Niederachdorf
- Anna (1649-1712) heiratet 1676 den Bader Peter Scheffner von Oberzeitldorn
- Georg (1651-1685) wird 1678 Bauer in Steinach Nr. 27
- Wolfgang (1652-1692) wird Bauer in Steinach
-
Simon (*1655) ist der Hoferbe in Rotham

 

 

Sein Sohn Simon Rothamer übernimmt 1677 den elterlichen Hof in Rotham. Er ist mit einer Maria verheiratet29.
Das Ehepaar hat acht Kinder, von denen sieben das Erwachsenalter erreichen. Sie sind die Stammeltern von vielen Rothammer-Nachfahren, die heute noch in der Gegend leben:

- Maria (1678-1751) heiratet 1698 den Wirt Johann Heitzer von Münster
- Ursula (1679) heiratet 1701 den Bauern Jakob Knott von Pichsee

- Michael Christoph (1680-1759), heiratet 1706 die Hoferbin Katharina Speckl von Großneundling.
Ihre Nachfahren sind in Pilgramsberg, Hüttenzell, Steinmühle b. Zell, Bruck, Obertraubling, Hartford/USA, Prentice u. Medorf/USA, Oberzell, Unterzell, Niedermotzing Schwemm, Heilbrunn, Rattiszell, Wäscherzell, Wiesing, Gschwellhof, Irling, Dammersdorf, Euersdorf, Breitenweinzier, Unterhartberg, Unterparkstetten, Thurasdorf, Haader zu finden. Und hier sind nur die männlichen Namensträger genannt. Siehe Nachfahrenliste der Rothammer in Großneundling.

- Andreas (1681-1734) heiratet 1712 die Hoferbin Margaretha Gaissinger von Wolferszell Nr. 15
Der Arzt Johann Stephan Rotthammer in Cham ist sein Sohn und der Fürstlich Thurn und Taxis’scher Bibliothekar Prof. Franz Wilhelm Rothammer30 sein Enkel.

- Jakob (1683-1720) heiratet 1710 die Müllerstochter Katharina Kraus von Wolferszell
- Johann (1686-1741) heiratet 1716 die Bauerswitwe Maria Groß, geb. Foidl, von Hinterschida
- Michael (*1687) übernimmt den elterlichen Hof in Rotham

Als Maria Rothamer am 28.05.1721 im Alter von 71 Jahren stirbt, verlobt sich der 66-jährige Witwer eine Woche später am 04.06.1721 mit der verwitweten Hofmeisterin Elisabeth Perger vom Thurnhof31. Eine Hochzeit scheint jedoch nicht stattgefunden zu haben, denn am 9. September wird er in Steinach mit der verwitwete Tagelöhnerin Ursula Engl von Furth32 getraut.

 

Ein Jahr später, am 16.05.1722 übergibt Simon seinen umfangreichen Besitz seinem jüngsten Sohn Michael33.

Zu dem ganzen Hof gehört

  • ein Viertlbau in Rotham auf dem „vor alters weder Haus noch Hof gewesen, dermall aber mit Haus, Stadl und Stallung, alles wohlerbaut“
  • ein halbes Viertlbau zu Rotham, wobei weder Haus noch Hof vorhanden sind
  • ein Viertelbau, die Weid in den Rieden genannt, samt dazugehörigen hölzernen Behausung, ein Stadel mit einer Tenne, Stall und Backofen
  • einen Acker in den Rieden, der an die Bruckmühle stößt und 75 Pifang hat.
  • einen Viertlbau, auch die Weid in den Rieden genannt.
  • ein halbes Viertelbau zu Rotham mit einer dazugehörigen hölzernen Behausung, Stadel und Tenne, Stall
  • eine Sölde samt dazugehörigen Äcker, von der Gilt an das Gotteshaus St. Michael in Steinach zahlbar ist. (Diese Abgabe dürfte noch auf die uralte Jahrtags-Stiftung von Jörg und Agnes Hünerpaur/Rothamer aus dem Jahr 1474 zurückgehen!)
  • dazu gehören noch 5 Rößer, 2 Fohlen, 25 Rinder, 1 Schweinemutter, 8 Frischling, 9 alte Schafe samt ihren Jungen, 2 Eggen, 2 Wagen, 2 Pflüge

 

Rothamer Besitzer 2

 

Michael Rothamer verheiratet sich 1723 mit der Bauerstochter Katharina Prem vom Kindlasberg34 und zeugt mit ihr zwölf Kinder. Der junge Bauer scheint sehr lebenslustig gewesen zu sein, da er bereits zwei uneheliche Kinder vor der Ehe von verschiedenen Frauen hatte. Auch mit seiner späteren Ehefrau hatte er den 1718 vorehelich geborenen Sohn Andreas, der jedoch mit 16 Jahren stirbt.

Sechs Kinder erreichen das Erwachsenenalter und verheiraten sich:
- Maria Magdalena (1724-1795) heiratet 1748 den Pellhamer Bauern Joseph Gmeinwieser (heute Mandl)
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Johann Georg (1726-1781) übernimmt 1750 den Hof in Rotham
- Johann (1727-1786) wird 1758 Söldner in Agendorf Nr. 43 und heiratet nach dem Tod seiner ersten Ehefrau die Bauerswitwe Eva Heisinger von Hoerabach
- Katharina (1729-1795) scheint bei ihrem Cousin dem Chamer Arzt Stephan Rotthammer im Haushalt gewesen zu sein. 1756 heiratet sie in Cham den Anwalt Franz Joseph Rohrer und 1761 den Chamer Anwalt Johann Lorenz Beutelhauser.
-
Anna Maria (*1734) heiratet 1753 den Zimmermann Mathias Wildfeuer von Hiening. Das junge Ehepaar lässt sich anfangs in Wolferszell nieder, ist jedoch nach 1759 weggezogen.
-
Maria Anna (*1738) heiratet 1761 Johann Sagstetter von Oberwinkling. Nach der Eheschließung erwirbt das junge Paar eine Sölde in Falkenfels.

 

Michael Rothamer stirbt bereits 1740 im Alter von knapp 53 Jahren. Gegen den damaligen Gepflogenheiten verheiratet sich die 44jährige Witwe Katharina Rothamer nicht wieder, sondern bewirtschaftet den großen Hof mit ihren sechs unmündigen Kindern selbst weiter.

 

Mit 54 Jahren übergibt sie 1750 ihrem ältesten Sohn Johann Georg Rothamer  den Hof. Normalerweise wurden die jüngsten Söhne die Hoferben, da so die älteren Kinder erst noch alle heiraten und finanziell versorgt werden konnten und der Hoferbe, außer seinen meist schon älteren Eltern, keine große Belastung mit übernahm.

 

 Gitzergut

 

 

Johann Georg heiratet ein Jahr später die Bauerstochter Anna Maria Loichinger von Aufham. Die Bäuerin bringt 17 Kinder zu Welt, von denen 10 das Kindsalter nicht überleben.
- Barbara (*1753) heiratet mit 43 Jahren 1796 den Agendorfer Bauern Johann Georg Foidl (*1760) vom Hienhof (Hs.Nr. 38, heute Kettl). Die Ehe bleibt kinderlos.
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Jakob (1758-1831) heiratet 1792 die Bauerstochter Barbara Weißböck von Bärndorf und lässt sich als Bauer in Sollach nieder. Seine männlichen Nachfahren sind später in Ebenthan, Obermotzing, Kößnach, Hofmühl b. Schwarzach, Riglberg und Straubing zu finden. Siehe Nachfahrenliste der Rothammer in Sollach.
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Joseph (*1761) wird ca. 1796 Bauer in Alburg auf dem ganzen Mittermair Hof
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Johann Georg (*1763) erhält ca. 1796 den Hof in Rotham
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Maria Anna (1764-1833) heiratet 1800 den Witwer Michael Hartberger von Steinach Nr. 24
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Anna Maria (*1770) ist mit dem Bauern Michael Bindhammer von Steinbach b. Mengkofen verheiratet

 

Auch Johann Georg Rothamer stirbt 1781 im Alter von nur 54 Jahren und seine Witwe Anna Maria wirtschaftet alleine weiter, bis sie ca. 1796 ihrem jüngsten Sohn Johann Georg den Hof übergibt.

Der holt seine Braut Anna Maria Foidl von Agendorf aus dem Hienhof (Hs.Nr. 38, heute Kettl), wo seine Schwester Barbara drei Tage vorher eingeheiratet hat.

Das Ehepaar hat drei Kinder:
- Walburga (*1798) heiratet 1821 in den großen Söldner-Hof in Bärnzell ein. Ca. 1842 verkaufen sie und ihr Ehemann Jakob Söldner den 300 Tagwerk großen Hof an den Steinacher Gutsbesitzer Freiherr von Berchem-Königsfeld und erwerben hierfür einen Hof in Schambach.
- Johann, der einzige Sohn erbt den elterlichen Hof
-
Anna Maria (*1804)

 

 

 

Johann Rothamer übernimmt am 31.10.1831 den Hof in Rotham und heiratet die Bauerstochter Magdalena Fruhstorfer von Breitenweinzier.

Von den acht Kindern werden nur zwei Söhne erwachsen:
- Johann Evangelist (1832-1883) heiratet 1859 die Wirtstochter von Gschwendt Johanna Brandstetter und lässt sich als Krämer in Haselbach nieder
-
Michael (*1838), der Hoferbe

 

Im April 1842 erwirbt Johann Rothamer den benachbarten Kirchhof in Rotham (Hs.Nr. 29) von Peter Bayer mit 33 Tagwerk landwirtschaftlichen Grund. Er bricht die Gebäude des alten Kirchhofes ab und übernimmt die Grundstücke in sein Anwesen und kann  damit den Rothamer-Hof auf insgesamt 150 Tagwerk erweitern.

Rotham hat von da an nur noch zwei Hofstellen.

Nachdem Magdalena Rothamer 1842 mit 37 Jahren, zwei Wochen nach der Geburt des achten Kindes, an Brustwassersucht stirbt, holt sich der Witwer sechs Wochen später die 38jährige Nachbarstochter Anna Maria Foidl als Mutterersatz für seine zwei Söhne ins Haus.

Das einzige Kind aus dieser zweiten Verbindung wird nur sechs Tage alt und als auch die zweite Ehefrau in jungen Jahren nach fünfjähriger Ehe einer Lungenentzündung erliegt, heiratet der Witwer nicht mehr.

 

Von den bisherigen Hofbauern ist zu ihrer persönlichen Lebensgeschichte nichts überliefert. Von Johann und seinem Sohn und Hofnachfolger Michael gibt es jedoch einige Anekdoten, die vom Steinacher Schlossbenefiziaten und Volkskundler Josef Schlicht überliefert sind. In Schlicht’s Werken kommen der stolze Bauer und sein lausbübischer Sohn Michael jeder mindestens ein Dutzendmal vor35.

 

Rothamer Besitzer 3

 

1858 übergibt der Bauer den Hof an seinen 20jährigen Sohn Michael. Der holt sich seine Ehefrau aus dem Stubenhofer-Hof in Gschwendt.

Bei ihrer sechsten Geburt verblutet die 27jährige junge Bäuerin und der Witwer heiratet ein Jahr später die Bauerstochter Katharina Sollinger von Breitenweinzier, die nochmals acht Kinder zu Welt bringt.

Michael Rothamer hinterlässt zehn Kinder, als er 1881 mit 42 Jahren an der Lungensucht stirbt.

Vier Kinder aus erster Ehe mit Katharina Stubenhofer:
- Johann Baptist (*1859) ist 1885 Dienstknecht im Institut der englischen Fräulein in Nymphenburg
-
Katharina (1860-1932) heiratet 1879 den Agendorfer Bauern Michael Bachl
-
Anna Maria (1861-1930) heiratet 1881 den Bauern Xaver Straßmayer aus Uttendorf
- Kreszenz (1863-1929) heiratet 1884 den Bauern Rupert Leibl von Unterniedersteinach Nr. 6

Sechs Kinder aus zweiter Ehe mit Katharina Sollinger:
- Karolina (1870-1950) heiratet 1894 den Agendorfer Bauern Xaver Spanner
- Therese (1871-1951) heiratet 1895 den Bauern Georg Brebeck in Haberkofen
- Michael (1892-1937) übernimmt den Hof von der Mutter
- Karl (1876) heiratet 1904 Maria Albertelli und wird Gastwirt in Aschaffenburg
- Ludwig (1878-1941) heiratet die Wirtstochter Maria Hilmer von Wolferszell
- Helena (1880-1906) heiratet 1903 den Bauern Johann Baptist Petzenhauser von Kößnach

 

 

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 Das Flurkreuz an der Kreuzung bei Rotham von 1881 erinnert an den jung verstorbenen Bauern Michael Rothamer.
Bild: Claudia Heigl

 

Auch diese Rothamer Bäuerin verheiratet sich nach dem Tod des Ehemannes nicht wieder, als ihr Ehemann in jungen Jahren stirbt. Die 39jährige zieht ihre sechs Kinder zwischen elf und einem Jahr alleine groß.

Siebzehn Jahre nach dem Tod ihres Ehemannes übergibt Katharina Rothamer 1898 den Hof an ihren ältesten Sohn Michael.

 

Rothamer Besitzer 4

 

 

Der junge Bauer Michael Rothamer geht auf dem Kienberger-Hof in Kleinwieden auf Brautschau und bekommt die zweitälteste Tochter Rosina Kienberger zur Frau.

 

Das Ehepaar hat insgesamt 15 Kinder. Vier Söhne und sieben Töchter erreichen das Erwachsenenalter.

Unerwartet stirbt Michael Rothamer 1937 im Alter von 64 Jahren. Wiederum behält die Witwe die Zügel in der Hand und wirtschaftet noch 15 Jahren selbst weiter, bis sie 1952 dem zweitältesten Sohn Joseph den Hof übergibt.

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 Katharina und Michael Rothamer mit zehn ihrer Kinder
Bild: Familie Rothamer, Rotham

 

 

 

fo roth 4

aufgenommen ca. 1970
Bild: Familie Rothamer, Rotham

 

 

Heute bewirtschaftet die 17. Generation der Rothamer-Bauern den Hof in Rotham. Zählt man die Pernzeller noch hinzu, ist die Familie seit mindestens 18 Generationen auf dem Anwesen.

 

 

 

Quellen:
1 In der Ausstellung zum 80jährigen Gründungsjubiläum des Bay. Landesvereins f. Familienkunde in München (2002) wurde die Familiengeschichte der Rothamer aus Rotham ausgestellt und als „äußerst seltener Fall“ beschrieben.
2 Herrlein Jürgen, Genealogie der Familie Rothamer aus Rotham bei Straubing in den Blättern des Bay. Landesvereins f. Familienkunde 65. Jhg. 2002, S. 37 ff.
3 Jahresbericht des historischen Vereins f. Straubing u. Umgebung, 65. Jhg. 1962, S. 45, Straubinger Salbuch des Augsburger Domkapitels von 1444, fol. 39b von Dr. Jos. Keim
4 Mohr C., Die Traditionen des Klosters Oberalteich, 1979, S.115, Urkunde Nr. 54
5 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B157, fol. 19, Sal- und Stiftbuch der St. Michaels-Pfarrkirche in Steinach mit Abschriften der Kaufbriefe u.a. Urkunden der Kirche undatiert
6 Jahresbericht des Hist. Vereins für Straubing und Umgebung, 54. Jhg. 1951, S. 31, Die Stadtsteuerbücher von 1462 und 1501 von Dr. Jos. Keim
7 BayHStA München, Kurbayern Äusseres Archiv 4777, fol.66 und 67, Salbuch Domkapitel Augsburg 1458
8 BayHStA München, Kurbayern Conservatorium Camerale 247, fol. 4, Salbuch der sog. Propsteischen Güter um 1460, fortgeführt bis ins 16. Jhd.
9 BayHStA München, Kurbayern Conservatorium Camerale 247, fol. 6, Salbuch der sog. Propsteischen Güter um 1460, fortgeführt bis ins 16. Jhd.
10 Jahresbericht des historischen Vereins f. Straubing und Umgebung 64 Jhg. 1961, S. 27 Domkapitlische Mahlzeiten in Straubing von Dr. Josef Keim
11 Solleder F., Straubinger Urkundenbuch, Straubing 1911-1918, Urkunde Nr. 657, S. 457
12 Die Bezeichnung „von“ ist kein Adelsprädikat, sondern bezieht sich auf den Herkunftsort Rotham.
13 Mader Felix, Die Kunstdenkmäler von Niederbayern, VI Stadt Straubing, 1921,
14 BayHStA München, Conservatorium Camerale 247, fol. 4, 32 und 33
15 StA Landshut, Landschaft Unterlands Nr. 1180/3, Steuerregister Hofmarken Rentkastenamt Straubing 1529
16 BayHStA München, GL Straubing 22 „Anlag Register von den Hofmarchen auf den Kasten Straubing gelegent“ 1536
17 BayHStA München, Karmelitenkloster Straubing Urkunden 237
18 BayHStA München, Gerichtsurkunde Landgericht Straubing Nr. 138
19 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B99, fol. 59‘ Steuerbuch des fürstl. Kasten Straubing 1578
20 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B39, Sal- und Urbarsbuch über die propsteiischen Lehengüter des Rentkastenamts Straubing, 1579, fol. 73-78‘
21 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B104, fol. 29‘, Scharwerksbuch der propsteiische Untertanen 1587
22 Melchor Rothamer tritt am 22.10.1631 als Zeuge auf. Hier wird er als Melchior Rothammer, Bäcker in Wiesenfelden, 67 Jahre aufgeführt.
23 StA Landshut, Briefprotokolle Mitterfels Nr. 729, Nachlaß-Protokoll mit Vermögensverzeichnis vom 19.09.1633. Hier wird auch der Übergabebrief von Melchior‘s Vater Georg Rothamer von Rotham, ausgefertigt am 14.08.1586, erwähnt.
24 Stadtarchiv Straubing, Salbuch des Bürgerspitals Straubing 1630, fol. 1060. In dem 1630 entstandenen Salbuch wird Georg Rothamer’s Alter mit 54 Jahre angegeben. Beim Sterbeeintrag wird sein Alter zwar mit 48 Jahren angegeben, dies dürfte jedoch falsch sein.
25 BayHStA München, Kurbayern Geheimes Landesarchiv 1198, fol. 378‘, Grenz- Güter- und Volksbeschreibung des Landgerichts und Kastenamt Straubing 1478-1640, darin Scharwerksbeschreibung von 1602
26 Jahresbericht des Hist. Vereins für Straubing und Umgebung e.V. Jahresbericht Band 61 (1958): Totenbuch der Pfarrei St. Jakob/Straubing 1625 – 1635. Allein im Januar und Februar 1634 sind 79 Tote verzeichnet, während ein Jahr danach nur 4 bzw. 7 Sterbefälle eingetragen sein.
27 Der Hof in Degenberg gehörte zum Kastenamt Schwarzach. So könnte der Trauzeuge Michael Rothamer identisch sein mit dem Degenberger Hofbauern.
28 Bischöfl. Zentralarchiv Regensburg, Pfarrmatrikel St. Jakob/Straubing, Bd. 18, fol. 164, FN 483
29 Die Trauungseinträge zwischen Februar 1674 und Mai 1678 fehlen in den Pfarrmatrikel der Pfarrei Steinach. Außerdem sind die Briefprotokolle in diesem Zeitraum im Staatsarchiv Landshut vom Rentkastenamt Straubing ebenfalls sehr lückenhaft, so dass die Herkunft der Maria nicht festgestellt werden konnte.
30 Trapp Eugen, Professor Wilhelm Rothammer, in Zeitschrift „Die Oberpfalz“, 1954, S. 164
31 Bischöfl. Zentralarchiv Regensburg, Pfarrmatrikel Parkstetten, Bd. 1, fol. 253, FN 14
32 Bischöfl. Zentralarchiv Regensburg, Pfarrmatrikel Steinach, Bd. 2, fol. 110, FN 33
33 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P 93,  fol. 80  Übergabe pr. 2000 fl vom 16.05.1722
34 Im Heiratseintrag wird als Herkunftsort „Voidlberg“ genannt. Hier handelt es sich um den Kindlasberg.
35 Schlicht Josef, Altbayernland und Altbayernvolk, 1886, S.73, S.257: Altheimland 1895, S.153 ; Bayerisch Land und Bayerisch Volk 1875, S. 281, S. 289, S.341 (diese Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe 1927 von Dr. S. Höpfl)

Weitere Quellen:
StA Landshut, Grundsteuerkataster Agendorf 17/2-6, 17/2-10, 17/2-14
BZA Regensburg, Pfarrmatrikel Steinach

 

 

 

aktualisiert: 06.04.2022