Bei uns dahoam

 

 

Im Jahr 2024 teilen wir immer wieder Auszüge aus den Kindheitserinnerungen „Bei uns dahoam“ des gebürtigen Steinacher Albert Bachl.

Albert Bachl, der Verfasser dieser Erinnerungen, wurde 1888 in Steinach geboren und ist 1969 in Regensburg als pensionierter Post-Obersekretär gestorben. Seine Jugendzeit verbrachte er in seinem Heimatdorf, wo er bereits mit zehn Jahren bei fremden Bauern arbeiten musste. Im Weltkrieg 1914/18 diente er bei der Artillerie, dann kam er zur Post. Seine Erinnerungen an Steinach schrieb er im Alter von knapp 80 Jahren.

Er war der Sohn des Gütlers Alois Bachl und dessen Ehefrau Kreszenz, geb. Altschäffel. Seine Mutter Kreszenz war von 1885-1929 Hebamme in Steinach. Die Familie wohnte im dem Gütleranwesen Haus Nr. 41, der heutigen August-Schmieder-Str. 25.

Seine Erzählungen geben Einblick in das Leben dieser kinderreichen Gütlersfamilie und beschreiben den Jahreszyklus sowie Feste und Bräuche in Steinach um die Jahrhundertwende.

 

 

 

bachl albert 1888

 

Als ich auf die Welt kam, hatte ich schon zwei Brüder. Dann kamen noch drei Mädchen dazu und zwei weitere Buben. Als dem Lehnerl vom Onkel, der den Kramerladen hatte, seine Mutter gestorben war, durfte es immer bei uns bleiben. Somit waren wir neun Kinder.

Es war nicht leicht, für so viele Kinder einen Taufpaten zu finden. Den Taufpaten nannte man bei uns Död, die Patin war die Dod.

Der erstgeborene Bub erhielt den Namen des Paten, der zweite den Namen des Vaters und alle weiteren Buben den Namen des Heiligen, der im Kalender stand, an dem Tag, an dem man geboren oder getauft wurde. Meistens wurden die Kinder gleich am Tag der Geburt getauft.

Bei den Mädchen war das mit den Namen ähnlich. Das Erstgeborene hieß wie die Patin, das zweite wie die Mutter, bei jedem weiteren Mädchen schaute man im Kalender nach.

 fo stei 748

Das Bachl-Anwesen Hs.Nr. 41, heute August-Schmieder-Str. 25

 

 

Wir waren arme Leute, so wie die meisten in unserem Dorf. Großbauern waren dort nicht anzutreffen. Wir hatten zwei Einspannkühe und ein Jungrind im Stall, auch ein paar Hühner und Gänse fütterten wir. Die ganze Familie mußte bei der Arbeit mithelfen.

Anspruchslos wuchsen wir heran. Als ich noch sehr klein war, teilte ich mit meinen beiden Brüdern ein Bett. Später dann schliefen wir zu zweit in einem. Der Strohsack wurde jeden Morgen aufgeschüttelt, das Oberbett war mit Hühnerfedern gefüllt. Die Gänsedaunen und –federn verkaufte meine Mutter in der Stadt an reiche Leute.

Zu jeder Jahreszeit wurden wir abgehärtet. Einen Regenschirm gab es bei uns nicht. Es war alles recht unkompliziert. Wenn uns zum Beispiel das Nasentröpferl lief, ersetzte der Joppenärmel das Taschentusch und mein Vater schneuzte sich grundsätzlich mit der Hand. Die Kleidungsstücke vererbten sich von Kind zu Kind. Ich als Drittgeborener bekam mein erstes neues Anzügerl in meinem sechsten Lebensjahr, es war das Jahr, in dem ich in die Schule kam.

 

august schmieder strasse

 Blick vom Schloss Richtung obere August-Schmieder-Strasse
links Schreinerei Laumer, rechts das Bachl-Anwesen

 

 

 

Zu Neujahr schreibt er:

Am Morgen des Neujahrstages dann schrieen wir Kinder durchs Haus:

„Wir wünschen glückseligs Neus Jahr! As Christkindl mit‘n krauselten Haar. A lang‘s Leben, a gsund‘s Leben und s Himmelreich daneben!“

Mit diesem Glückwunsch ausgerichtet gingen wir zu Onkeln und Tanten, zum Död oder zur Dod und bekamen dann jedesmal ein paar Pfennige, manchesmal sogar ein Fünferl. Eifrig zählten wir unsere Geldeinnahmen, die wir erst im Hosensack verstauten und daheim in die Sparbüchse warfen.