Der ganze "Bründlhof" - heute Dietl
von Claudia Heigl
Der Dietl-Hof aufgenommen im April 2020
Bild: Claudia Heigl
14141 muss dieser Hof bereits existiert haben, da es im Salbuch von 1579 einen Hinweis auf einen alten Kaufbrief aus diesem Jahr gibt.
14362 wird das „Gut in Rothaim auf dem der Hansel Hie“ aufsitzt in einem Kaufbrief erstmals urkundlich erwähnt. Es ist im Besitz der Steinacher Burgherren der Warter von der Wart.
Dieser Hans Hien dürfte der Urvater aller Hien's in der Umgebung sein. Die Hien von Gschwendt, Rotham, Berghof, Münster, Steinach, Bielhof usw. dürfen auf ihn zurückgehen.
Die Patriziersfamilien Zeller - Riedler und Sigersreiter als Eigentümer des Hofes
Als die Warter um 1436 in finanzielle Schwierigkeiten kommen beabsichtigen sie ihr Schlossgut in Steinach mit den außerhalb gelegenen Höfen an die Grafen von Ortenburg zu verkaufen. Dieser Verkauf ist wahrscheinlich jedoch nicht zustande gekommen.
Stattdessen dürften sie das Schloss mit dem Dorf Steinach behalten haben und nur die außerhalb gelegenen Höfe an den reichen Staubinger Kaufmann Hermann Zeller verkauft haben.
Um 1458 ist Hermann Zeller als Eigentümer des Hofes nachgewiesen3. Der reiche Handelsmann besitzt zu dieser Zeit auch die zwei Höfe in Pellham, den Berghof, den Sackhof, die alte Taferne in Wolferszell, einen Hof in Gschwendt, einen Hof in Innersteinach und eine Sölde in Bärnzell. Diese Besitzungen liegen alle an den wichtigen Fernhandelsstraßen nach Böhmen und waren vorher im Eigentum der Warter.
Auf dem Hof wirtschaftet Hans Hien der Jung als Bauer, der 1446 sein Erbrecht an der Tafern in Wolferszell verkaufte4.
Nach dem Tod seines Vaters erbt 1465 Caspar Zeller, diversen Grundbesitz. Darunter auch die zwei Höfe in Pellham und den Hof in Rothaim, „auf dem der Hien sitzt“5.
15826 ist der Straubinger Bürgermeister Paul II. Siegersreiter (+1589) als Eigentümer des Rothamer Hofes nachgewiesen.
Ihm folgt Sohn Dr. Christoph I. Sigersreiter (+1635) nach, der ebenfalls Bürgermeister von Straubing wird.
Nach dessen Tod erbt Dr. Christoph II. Sigersreiter (+1668) den Hof. Er ist Bannrichter des Rentamts Straubing und höchstwahrscheinlich ein Sohn des Vorgenannten.
Vom Hienhof zum Bründlhof
Rund 140 Jahre finden wir die Familie Hien als Bauern auf dem Hof, nachdem 1436 der Hansel Hien dort erstmals genannt wird.
1529 schätzt Jörg Huen (= Georg Hien) seinen Hof auf 12 Pfund Pfennige und zahlt hierfür 2 Schilling 6 Pfg. Steuer11 und 1566 wird ein „Georg Hön“ nochmals urkundlich erwähnt.12
1579 wird der Besitz im Salbuch des Rentkastenamts Straubing ausführlich beschrieben:
Wolf Hönn (Hien), hat innen einen achtzehntenteils eines Hubbaus, so von Eberhardten Pernzeller herkommt, dazu einen Viertl Bau zu Ried in der Waid, und einen halben Teil Waid daselbst, an Holz und Wismaht, samt etliche Pifang Ackers ausserhalb der Ried zu Rothamer Feld gelegen. Vermög eines Kaufbriefes dessen Datum im Jahr 1526 verfertigt ist und sich auf Erbrecht lehnt. Dazu gehört eine hölzerne Behausung, zwei Stadel, jeder mit einer Tenne, Stall und einen Backofen, alles mittelmäßig erbaut. Davon dient er jährlich auf den fürstlichen Kasten Straubing an Geld 1 Schilling 16 Pfennig13.
Außerdem besitzt er noch einen Acker „der Pruckacker“ genannt, aufgrund eines Kaufbriefes von 1484, der von Michael Pabst hergekommen ist und an die „Pabstfurth“ stößt14.
Eigentlicher Obereigentümer des Hofes ist aber der Straubinger Bürgermeister Paul II. Siegesreiter.
Die Familie Hien hat "nur" das Erbrecht auf den Hof und muss an die Familie Siegesreiter Abgaben dafür zahlen.
158715 wird ein Sigmund Lorenz als Bauer auf dem Hof genannt und 159916 folgt ihm, wahrscheinlich sein Sohn, Peter Lorenz.
1632 stirbt Peter Lorenz und seine Witwe Margaretha vergleicht sich wegen des Erbes mit ihren vier Kindern Georg Lorenz, Anna Aunkhover zu Wolferszell, Mathes und Eva17.
Im November 1633 kommen die schwedischen Soldaten das erste Mal in unserer Gegend und der Hof in Rotham fällt den plündernden Kriegern zum Opfer. Das Anwesen bleibt die nächsten zehn Jahre verwaist. Die Familie Lorenz ist dabei entweder umgekommen oder geflohen.
1643 werden von dem churfürstlichen Straubinger Richter und Eigentümer Dr. Christoph II. Siegesreiter die Gebäude repariert und hergerichtet. Er vergibt das lebenslange Leibrecht an Georg Prinl und Katharina, geb. Sieber seiner Hausfrau und an dessen Schwager Sebastian Sieber18.
Georg Prindl (weitere Schreibweise des Familiennamens: Bründl, Prinl, Pründl) dürfte evtl. von Unterparkstetten abstammen, wo die Familie Prindl auf mehreren Höfen zu finden sind. Seine Ehefrau Katharina war die Tochter des Leonhard Siebers von Unterparkstetten (dem späteren 3/8 Achatzenhof Hs.Nr. 20, heute Anger 1) und bringt 100 Gulden Mitgift mit in die Ehe. Georg Prindl bringt die gleiche Summe mit ein19.
Die Schweden sollten nochmals zweimal die Gegend heimsuchen – im Januar 1641 und von Juli bis September 1647. Im darauffolgenden Jahr 1648 kann fast kein Hof in der Gegend eine Abgabe abführen, da die Ernten des Jahres 1647 vernichtet oder geplündert wurden. Im November 1648 leihen sich Georg und Katharina Bründl von ihrem Grundherrn und Straubinger Oberrichter Dr. Christoph Siegesreiter 300 Gulden um einen Neuanfang zu starten20.
1653 haben die beiden die Absicht ihr verliehenes Erbrecht an ihren Schwager Sebastian Sieber und dessen Ehefrau Katharina um 300 Gulden zu verkaufen. Der Vertrag scheint jedoch nicht zustande gekommen zu sein, da er in den Briefprotokollen durchgestrichen wurde.
Von Georg und Katharina Prindl erreichen von den acht Kinder fünf das Erwachsenenalter:
- Simon (1647-1671) wird Bauer in Gschwendt. Er heiratet 1668 Katharina Klingeisen, Bauerstochter von der Waidt.
- Georg ist der Hoferbe in Rotham
- Maria (*1656) heiratet Georg Hösl, Bauer in Rankam
- Margaretha (*1660) heiratet Franz Grandsberger, Bauer in Willerszell
- Elisabeth (*1662) heiratet Johann Bogner, Schuster in Gschwendt
Am 27. Oktober 1674 übergeben sie sie ihrem Sohn Georg Prindl und seiner Ehefrau Maria ihren „innegehabten und Dr. Christoph Siegersreither Erben zu Straubing“ gehörigen Hof zu Rotham21.
Georg ist mit der Nachbarstochter Anna Maria Hien vom „Kirchhof“ verheiratet. Der erste Sohn Sebastian kommt noch in Rotham zur Welt. Ca. 1676 verkauft das Ehepaar jedoch den Hof in Rotham an Simon und Margaretha Foidl von Agendorf und erwerben dafür einen Hof in Pellham (alte Hs.Nr. 27, heute Wolf)
Die Bauersfamilie Foidl
Die nächsten 200 Jahre bewirtschaftet die Familie Foidl (weitere Schreibweise: Foyerl, Voitl) den Hof. Nachkommen dieser stark verzweigten Bauersfamilie finden wir auf allen größeren Höfen in Steinach und der Umgebung.
Die Foidl (frühere Schreibweise des Namens: Foyerl, Foierl) dürften ihren Ursprung auf dem Kindlasberg gehabt haben.
Simon ist der älteste Sohn des Agendorfer Bauern Jodokus (Jobst) Foyerl. Sein Vater kaufte 1637 seinen Hof in Agendorf und war zu seiner Zeit der größte Bauer im Dorf (Hagenauer- oder Faltlhof Hs.Nr. 35, heute Kinsachweg 1, Stelzl).
Simon Foidl ist mit der Bauerstochter Margaretha Sieber von Münster verheiratet. Ihr jüngster Sohn Andreas übernimmt 1711 den Hof im Rotham während der ältere Sohn Wolfgang (*1680) einen Hof in Bärnzell erwirbt.
Andreas heiratet drei Mal. Seine ersten beiden Ehefrauen – Agatha Loichinger von Ittling und Maria Geiger von Unterharthof - sterben im Kindbett. 1732 nimmt sich der 46jährige die Bauerstochter Maria Sagstetter von Anning als dritte Ehefrau.
Von den insgesamt 14 Kindern sind folgende weitere Lebenswege bekannt:
Aus erster Ehe:
- Johann Michael (*1712) heiratet 1742 Maria Walburga Bergmaier von Unterniedersteinach und erwirbt 1746 den Sackhof
- Maria heiratet 1739 Josef Piendl, Bauer in Oberzeitldorn
Aus zweiter Ehe:
- Martin (*1728) heiratet 1759 in den Hof seiner Braut Anna Maria Hien in Agendorf ein (Hs.Nr. 38, heute Mitterfelser Str. 3, Kettl)
Aus dritter Ehe:
- Maria Anna (*1734) heiratet 1761 Joseph Laiminger, Bauer in Oberhartberg
- Michael (*1736) heiratet 1766 die Bauerstochter Anna Schütz vom Kindlasberg. Die Familie zieht von Steinach weg.
- Johann Georg (*1742) übernimmt den elterlichen Hof in Rotham
- Anna Maria heiratet 1778 Joseph Zeindlmayr, Bauer in Gschwendt
Das Obereigentum des Hofes ist 1746 in die Hände der Freifrei Anna Antonia von Scharpffed (Scharfsöd) auf Tunzenberg bei Mengkofen übergegangen und seither auch mit der niederen Gerichtsbarkeit bei der Hofmark Tunzenberg22 23. Dort bleibt es bis zur Bauernbefreiung im Jahr 1848, dann dürfte Josef Foidl den Hof abgelöst haben.
Weitere drei Foidl-Bauern folgen, bis schließlich 1870 Johann Baptist Foidl den 93 Tagwerk großen Hof übernimmt. Der 25jährige vermählt sich mit Karolina Dietl, die aus dem großen Dietl-Hof in Steinach stammt.
Acht Jahre später, am 05.09.187824, verkaufen Johann und Karolina Foidl den Hof in Rotham an Karolina’s Bruder Johann Baptist Dietl und seiner Ehefrau Barbara und erwerben hierfür den Dietl-Hof in Agendorf (Hs.Nr. 38, heute Kettl) von Karolina’s weiterem Bruder Georg Dietl (*1840).
Johann Baptist Dietl, der mit der Bierbrauers- und Schlossbesitzerstochter Barbara Wittmann von Saulburg verheiratet ist, behält den Rothamer Hof die nächsten 20 Jahre.
Drei Töchter überleben das Säuglingsalter:
- Barbara (*1879) heiratet 1878 Josef Bauer von Kirchroth
- Franziska (*1880) heiratet 1914 August Piendl und übernimmt das Wirtshaus in Aufroth
- Maria (*1881) heiratet den Bäcker Xaver Mittermeier von Kirchroth
Am 20.01.1898 verkaufen Johann und Barbara Dietl den Hof in Rotham und erwerben hierfür das Wirtshaus in Aufroth.
Käufer des Rothamer Hofes ist wiederum ein Bruder von Johann Dietl – Joseph Dietl, Erbe des elterlichen Hofes und bisher Bauer auf dem Dietl-Hof in Steinach. Joseph’s zweite Ehefrau und Mutter des späteren Hoferben Joseph Dietl (1890-1966) stirbt drei Monate nach dem Umzug und der Witwer geht erst 12 Jahre später wieder eine Ehe ein.
Joseph Dietl (1853-1930)
ab 1898 Bauer in Rotham
Hofnachfolger wird 1920 Sohn Joseph Dietl, der sich mit Maria Engl von Trudendorf vermählt.
Josef und Maria Dietl mit ihren zwei Söhnen
aufgenommen 1925
Bild: Familie Dietl, Rotham
Der Dietl-Hof ca. 1960
Bild: Familie Dietl, Rotham
aufgenommen 1985
Bild: Familie Dietl, Rotham
Quellen:
1 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B39, Sal- und Urbarsbuch über die propsteiischen Lehengüter des Rentkastenamts Straubing, 1579, fol. 71, In einem Zusatz wird in dem Salbuch auf einen Brief von einem Jahr 1414 hingewiesen.
2 Heimatarchiv Steinach, Schlossurkunde von 1436. In dieser Kaufurkunde verkaufen die Warter das Schlossgut Steinach an die Ortenburger. Dieser Verkauf ist jedoch nicht zustande gekommen.
3 BayHStA München, Kurbayern Äusseres Archiv 4777, Salbuch Domkapitel Augsburg 1458, S.66 und 67
4 Solleder Fridolin, Urkundenbuch der Stadt Straubing, 1918, S.301, Urkunde Nr. 392, Verkauf der Tafern in Wolferszell
5 Solleder Fridolin, Urkundenbuch der Stadt Straubing, 1918, S. 345, Urkunde Nr. 468, Testament des Hermann Zeller
6 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B39, Sal- und Urbarsbuch über die propsteiischen Lehengüter des Rentkastenamts Straubing, 1579, fol. 71‘
7 StA Landshut, Landschaft Unterlands Rep. 286 Nr. 1180 III, Steuerregister Hofmarken Rentkastenamt Straubing 1529
8 BayHStA, Gerichtsurkunde Landgericht Straubing Nr. 138 (27.11.1566: Hans Prambs aus Steinach verkauft ein Feld, welches zwischen Georg Höns und Michel Paurs zu Rotham Gründen gelegen ist)
9 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B39, Sal- und Urbarsbuch über die propsteiischen Lehengüter des Rentkastenamts Straubing, 1579, fol. 71‘
10 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B39, Sal- und Urbarsbuch über die propsteiischen Lehengüter des Rentkastenamts Straubing, 1579, fol. 62
11 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B105, Scharwerkbuch der zum Rentamt Straubing gehörigen propsteilichen Untertanen 1587
12 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B101, Steuerbuch des Kastenamt Straubing 1599
13 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P47, fol.44 Vertrag auf Ableiben des Peter Lorenz von Rotham 13.09.1632
14 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P59 II, fol.194 Reversbrief vom 13.06.1664
15 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P56, fol.35 Heiratsbrief vom 07.10.1656
16 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P54 I, fol. 117 Schuldbrief vom 20.11.1648
17 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P62 II, fol.191‘ Übergabe und Ausnahmsbrief vom 27.10.1674
18 BayHStA Kurbayern Hofkammer 515, Konskription des Haupkastenamts Straubing Amt Trudendorf von 1760
Anna Antonia’s Mutter Maria Margaretha war eine geboren Siegesreiter von Hinzenhausen und könnte dadurch den Hof mit in die Ehe gebracht haben. (Wikipedia: Schloss Tunzenberg, abgerufen am 03.11.2021)
19 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B39, Sal- und Urbarsbuch über die propsteiischen Lehengüter des Rentkastenamts Straubing, 1579, fol. 71‘.
20 StA Landshut, Grundsteuerkataster Agendorf Band 17/2-10 und Band 17/2-14, Umschreibehefte der Steuergemeinde Agendorf 1859-1960
Weitere Quellen:
StA Landshut, Grundsteuerkataster Agendorf 17/2-6, 17/2-10, 17/2-14
BZA Regensburg, Pfarrmatrikel Steinach