Der „Zinkenhof“ Hs.Nr. 3
ab 1890 Hs.Nr. 5, heute Obermayerstr. 3
von Claudia Heigl
Der Hof am unteren südlichen Rand von Münster dürfte im 17. Jahrhundert der größte Hof in Münster gewesen sein.
aufgenommen im September 2023
Bild: Claudia Heigl
Betrachtet man die alte Karte von 1827, könnte man annehmen, dass dieser Hof ursprünglich zusammen mit dem benachbarten Hof eine einzige Hofstelle bildete. Der spätere Nachbarhof mit der Hausnummer 1, (spätere Wirtshaus) wurde möglicherweise von dieser ursprünglichen Hofstelle abgetrennt.
Hs.Nr.1 und Nr. 3 könnten früher eine Hofstelle gewesen sein.
Quelle: Uraufnahme 1827
Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatals
Wie alle Höfe in Münster gehörte auch dieser dem Kollegiatstift St. Tiburtius. Die älteren Besitzer sind nicht bekannt, aber es gibt Hinweise darauf, dass es sich um den Stammsitz der Familie Sieber handeln könnte, einer der ältesten Familien Münsters. Siehe hierzu Übersicht der Familie Sieber.
Bereits 1573 zahlt ein Sebastian Sieber in Münster Abgaben.1
Am 30.06.1636 heiratet Anna Maria Sieber, die Tochter des bereits verstorbenen Wolfgang Sieber von Münster in Straubing den Rothamer Bauern Simon Rothamer.2
Die Familie dürfte aufgrund der Schwedenüberfälle Schutz in Straubing gesucht haben.
Zwei Jahre später, heiratet ebenfalls in Straubing, Michael Sieber von Münster Katharina Hartberger.3
Hier wird der Vater nicht genannt, es dürfte sich jedoch ebenfalls um einen Sohn des Wolfgang Sieber gehandelt haben.
Diesen Michael Sieber kann man nun eindeutig als Bauer auf diesen Hof zuordnen.
Das Ehepaar hat mindestens acht Kinder:
- Katharina heiratet 1658 in Münster Andreas Hien von Rotham Nr. 29
- Georg (1641-1699), seit ca. 1666 Bauer in Münster Nr. 3
- Maria (*12.02.1643)
- Bartholomäus (1645-1698), seit ca. 1667 Bauer in Münster Nr. 47
- Georg (*15.02.1647)
- Margaretha (1650-1720) heiratet 1675 in Münster Simon Foidl, Bauer in Rotham Nr. 33
- Gertrud (1650-1725) heiratet 1673 Bartholomäus Bugl, Schneider in Münster Nr. 21
- Michael (+1692) seit 1677 Bauer in Münster Nr. 1
Als Michael Sieber im März 1658 stirbt übernimmt im Januar 1659 die älteste Tochter Katharina das Anwesen, die mit dem Bauerssohn Andreas Hien von Rotham verheiratet ist.4
Sechs Hien-Kinder kommen auf dem Hof zur Welt:
- Maria (+1719) heiratet 1686 Adam Huber, Bauer in Wolferszell Nr. 19
- Michael (1662-1663)
- Margaretha (1664-1708) heiratet 1679 Wolfgang Wirth, Bauer in Pellham Nr. 28
- Georg (*10.07.1665)
- Ursula (1666-1733) heiratet 1697 Wolfgang Grimm, Bauer in Steinach Nr. 30
- Agatha (*19.03.1668)
1666 erwirbt Katharinas Bruder Georg Sieber den Hof von seiner Schwester und seinem Schwager und geht eine Ehe mit der Bauerstochter Magdalena Haimerl von Fischerdorf ein.
Katharina und Adam Hien ziehen nach Thalstetten. 1678 ist Adam Hien als Bauer in Rotham Nr. 29 anzutreffen, wo er seinen elterlichen Hof übernimmt.
In der Ehe von Georg und Magdalena Sieber kommen neun Kinder zur Welt:
- Barbara (*1666)
- Kaspar (*1667), ab 1689 Bauer in Münster Nr. 41, ab 1706 in Münster Nr. 38
- Georg (1669-1742), aber 1693 Bauer in Münster Nr. 31
- Johann (*1670)
- Johann (1673-1747), Hoferbe
- Michael (*+1674)
- Peter (1679-1680)
- Mathias (1681-1744) heiratet 1708 in Münster Maria Reichersdorfer von Münster und ist Tagelöhner in Münster
- Margaretha heiratet 1704 in Ascha den Hafner Martin Stelzer von Steinach. Martin lässt sich als Hafner in Ascha Nr. 6 nieder.
1685 zahlt Georg Sieber von dem Hof insgesamt 4 Schilling 31 Kreuzer und 1 Heller Sitft an das Kollegiatstift St. Tiburtius und St. Jakob Straubing:5
vom Haus 34 Kreuzer 2 Heller
30 Eier
2 Hennen
2 Rauchsemmel
vom Trib in die Öz 4 Kreuzer 2 Heller
vom Wismadt 2 Schilling
vom Krautgarten 1 Schilling 8 Kreuzer 4 Heller
von dem Taschenäcker 18 Kreuzer
Stiftpfenning von der Pfründ 20 Kreuzer
Sohn Johann übernimmt 1698 den Hof und nimmt die Bauerstochter Margaretha Heisinger von Kößnach zur Ehefrau.
Die Bäuerin schenkt zwischen 1699 und 1719 zwölf Kindern das Leben, von denen acht im Kindsalter sterben.
- Walburga (*1699)
- Andreas (*1701)
- Maria (*1705) heiratet 1740 den Weber Adam Rosenhamer und 1748 Joseph Engl
- Martin (1709-1795), Hoferbe
Hoferbe wird Sohn Martin, der sich 1730 mit der Bauerstochter Maria Magdalena Neudorfer von Thalstetten verheiratet.
Neun Kinder gehen aus dieser Ehe hervor:
- Anna Maria (*1731) heiratet 1762 in Kirchroth den Bauern Martin Bauer
- Christopher (1735-1817) heiratet 1760 die Witwe Anna Maria Färber vom Atzlhof in Münster
- Johann (*1738)
- Martin (*1742) Hoferbe
- Wolfgang (*1745), lebt bis 1800 in Pilsting und stirbt 1817 in Rettenbach
- Tiburtius (1748-1770), stirbt ledig mit 21 Jahren
- Joseph (*1751)
- Johann Evangelist (1753-1770) stirbt mit 16 Jahren
- Simon (*1756) heiratet 1798 die Witwe Maria Theresia Färber von Münster Nr. 30
Als Magdalena Sieber mit 58 Jahren stirbt, nimmt der Witwer die 24-jährige Tagelöhnerstochter Anna Maria Geith zur zweiten Ehefrau, die ihm nochmals drei Kinder schenkt:
- Wolfgang (1771-1843) heiratet 1798 Magdalena Soller von Kapflhof b. Haselbach und wird Gütler in Münster Nr. 38
- Maria Katharina (1773-1852) heiratet 1794 Martin Speiseder von Münster Nr. 5
- Anna Maria (1775-1778)
Sohn Martin übernimmt 1770 den Hof. Seine Ehefrau wird die Bauerstochter Magdalena Wenninger von Niederharthausen.
Die Bäuerin bringt acht Kinder zur Welt, von denen nur drei das Erwachsenenalter erreichen:
- Anna (*1780)
- Peter (1783-1814), Hoferbe
- Magdalena (1786-1838) heiratet 1810 in Parkstetten den Bauern Georg Wacker von Unterparkstetten Nr. 33 (heute Bogener Str. 26)
Der einzige Sohn Peter übernimmt 1810 den Hof und vermählt sich mit der Müllerstochter Magdalena Potzler von der Ödmühle bei Aiterhofen.
Ein kleiner Bub namens Josef kommt im Februar 1814 zur Welt. Doch bereits im September desselben Jahres stirbt der 31-jährige Bauer an der Lungensucht.
Vier Wochen später folgt ihm seine 67-jährige Mutter Magdalena Sieber ins Grab und im Dezember des gleichen Jahres auch noch der kleine Joseph, der mit 10 Monaten an Abzehrung stirbt.
Martin Sieber, der in einem Jahr Sohn, Ehefrau und Enkelkind verliert, verbringt seinen Lebensabend dann bei seiner Tochter Magdalena Wacker in Unterparkstetten und stirbt dort 1831 im hohen Alter von 88 Jahren.
Im Juni 1815 geht die Witwe Magdalena Sieber erneut eine Ehe mit dem Bauerssohn Georg Zink von Hierlbach ein.
Von ihm erhält der Hof auch seinen Namen im Urkataster.
Die Bäuerin schenkt nochmals zwischen 1816 und 1829 acht Kindern das Leben, von denen nur zwei überleben:
- Anna Maria (*1817)
- Joseph (*1822)
1832 zieht die Zink-Familie aus Münster weg und den Hof erwirbt der ehemalige Dexenhof-Bauer Mathias Geith. Den Dexenhof verkaufen er und seine Ehefrau an die Bierbrauerseheleute Josef und Katharina Loichinger von Straubing.
Mathias Geith war in erster Ehe mit einer Magdalena Kaiser von Zwinger verheiratet, die ihm 17 Kinder schenkte. In zweiter Ehe heiratete der 49-jährige 1811 die 25-jährige Bauerstochter Anna Maria Eisenharter von Unterniedersteinach Nr. 5. Sie bringt ebenfalls nochmals zehn Kinder zur Welt.
Von den insgesamt 27 Kindern erreichen aber nur sechs das Erwachsenenalter – drei aus erster und drei aus zweiter Ehe.
- Anna Maria (1797-1837) heiratet 1822 den Söldner Josef Söldner von Fahrnhaus.
- Magdalena (*1801)
- Theresia (*1807) heiratet 1833 den Häusler Michael Prommersberger von Münster Nr. 27, 1841 Johann Georg Krottenthaler und 1843 Wolfgang Reisinger.
- Josef (*1818) heiratet 1846 die Bauerstochter Anna Maria Spießl und übernimmt den Wiedenhof der Schwiegereltern.
- Johann (*1820) heiratet 1853 in Altenbuch Anna Maria Wurm von Bärndorf und lässt sich als Söldner in Altenbuch bzw. Mattenkofen nieder.
- Jakob (1828-1865), Hoferbe in Münster
Geith Mathias stirbt 1833 mit 71 Jahren an Leberverhärtung, daraufhin heiratet die 48-jährige Witwe ein Jahr später den Bauerssohn Joseph Gerl von Riekofen.
Als sein Vater starb, war der jüngste Sohn Jakob Geith erst fünf Jahre alt. Ca. 1854 übergeben ihm seine Mutter und sein Stiefvater den 108 Tagwerk großen Hof in Münster. Als Bäuerin holt er sich die Bauerstochter Anna Maria Erndl von Pellham auf den Hof.
Sechs Kinder kommen in der Ehe zur Welt:
- Johann Evangelist (*1855)
- Anna Maria (*1857)
- Jakob (*1858)
- Peter (1860-1862)
- Kreszenz (*1862)
- Ludwig (*1863)
1863 verkaufen die Bauerseheleute Geith den Hof an die Immobilienhändler Simon Mai und Raphael Hoechstetter um 43.000 Gulden. Er umfasst zu dieser Zeit 119,54 Tagwerk.
Dafür erwerben Jakob und Anna Maria Geith das Münsterer Wirtshaus mit insgesamt ca. 105 Tagwerk Grundbesitz um 57.436 Gulden,
Der Hof wird zerschlagen
Die Immobilienhändler zerschlagen den stattlichen Hof, der zu den größten Besitzungen in Münster gehört hatte. Etliche Grundstücke werden von verschiedenen Bauern gekauft.
Schließlich tauschen sie den Restbesitz mit 65,66 Tagwerk am 18.06.1863 gegen das Anwesen von Josef und Anna Maria Staimer in Feschendorf Nr. 24.
Die Familie bleibt jedoch nur fünf Jahre und 1868 ersteigern die gleichen beiden Immobilienmakler Mai und Hoechstetter den Hof um 9.000 Gulden wieder.
Die beiden verkaufen nochmals Grundstücke und das Austragshaus (Hs.Nr. 3 ½, heute Gartenstr. 5) und vertauschen schließlich die Hofstelle mit 43,9 Tagwerk Grundbesitz am 18.03.1870 an einen Johann Pierler. Nach dessen Ableben wird ein halbes Jahr später Otto Pierler der neue Eigentümer.
Schließlich erwerben 1872 Johann und Kreszenz Ettl das Anwesen. Die Familie Ettl war vorher auf dem Anwesen Nr. 39 (heute Schiedermeierplatz 4) in Münster ansässig, dass sie im Gegenzug an Johann und Johanna Haslbeck veräußern.
1894 erbauen sie das Wohnhaus neu und übergeben 1896 den Besitz an ihren Sohn Johann Ettl jun.
Der nimmt die Söldnerstochter Ottilie Enghofer vom Höpflhof zur Ehefrau.
1926 erbt Sohn Johann Ettl das Anwesen, der aber bereits mit der Landwirtstochter Therese Halmer von Pillnach verheiratet ist und in Pillnach den Hof bewirtschaftet.
Er verkauft schließlich den Besitz in Münster 1929 an Buchner Luitpold (1886-1971) und Franziska (1886-1934).
1 BZA Regensburg KL 5, Nr. 111, Salbuch des Chorherrenstifts St. Tiburtius zu Pfaffmünster von 1573
2 BZA Regensburg, Pfarrmatrikel St. Jakob Straubing Bd.18 Scan 88 S. 164
3 BZA Regensburg, Pfarrmatrikel St. Jakob Straubing Bd.18 Scan 100 S. 186
4 BayHStA München, Briefprotokolle Straubing 640 Ib, fol 69 Quittung 1674
5 BayHStA München, KL Straubing Kollegiatstift St. Jakob und Tiburtius 3, Zins- und Stiftbuch 1685, fol. 120‘
Weitere Quellen:
BayHStA München, Hofanlagsbuchhaltung 248, Steuerkonskription der Hofmark Münster 1752
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Münster von 1838
StA Landshut, Rentamt Straubing B78, Häuser u Rustikalsteuerkataster Münster incl Steinach rev Duplikat 1808
StA Landshut, Rentamt Straubing B79, Umschreibbuch zum Häuser und Rustikalsteuerkataster Münster incl Steinach 1814-1843
StA Landshut, Grundsteuerkataster 10279, Umschreibehefte Münster Hs.Nr. 3-59 von 1843 – 1859
StA Landshut, Grundsteuerkataster 10283, Umschreibehefte Münster Hs.Nr. 1 - 69 von 1859-1893
StA Landshut, Grundsteuerkataster 10289, Umschreibehefte Münster Hs.Nr. 84 bis Ende von 1893 – 1960
Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg, Pfarrmatrikel Pfaffmünster
Stand: 28.10.2024