Steinach als Ausgangspunkt der deutschen Grünlandbewegung

 

 von Dr. Thomas Grundler

 

Als um 1890 in Frankfurt Dr. jur. Carl von Lang-Puchhof den aus Karlsruhe stammenden Dr. jur. August Schmieder kennen lernt und mit ihm einen gemeinsamen Rennstall für Galopprennpferde gründet, ist nicht zu ahnen, welch große Bedeutung dies für die Grünlandforschung und Futterpflanzenzüchtung Deutschlands haben wird.

 

SchmiederAugust von Schmieder
Bild: Nachlass Carlmax von Schmieder

 

Carl von Lang besitzt seit 1870 mit Gut Puchhof bei Straubing den damals flächenmäßig größten Gutsbetrieb Bayerns, wo er in einem weitläufigen Gestüt sehr erfolgreich Rennpferde züchtet. Er überredet August Schmieder seine Pferde auch nach Puchhof zu bringen und so kommt August Schmieder öfters nach Puchhof und findet Gefallen am Leben auf dem großen Schlossgut. 1897 erbt der 30-jährige August Schmieder nach dem Tod seiner Eltern ein sehr großes Vermögen. In der Nähe von Puchhof erwirbt er 1900 zunächst Gut Einhausen und dann 1901 von seinem Freund Carl von Lang Gut Rinkam und das Schlossgut Steinach, also gleich drei landwirtschaftliche Gutsbetriebe in der Nähe von Straubing. 1902 wird er „wegen seiner großen Verdienste“ von der Krone Bayerns geadelt und 1904 heiratet er Mary von Lang-Puchhof, die Tochter seines „Pferdefreundes“. 

 

Schmieder Lang

Carl von Lang-Puchhof, Reichsrat der Krone Bayerns und August von Schmieder
Bild: Fotoalben Mary von Schmieder

 

Mit den reichlich vorhandenen Geldmitteln investiert August von Schmieder in den Jahren 1904-1910 vor allem in Steinach: Nach den Plänen des Münchner Stararchitekten Gabriel von Seidl (Deutsches Museum, Bayerisches Nationalmuseum, u.v.a.m.) errichtet er für seine junge Frau das imposante, 200 Räume umfassende "Neue Schloss Steinach". In Unterniedersteinach wird auf einer Fläche von 75 ha für die Vollblutpferde das "Gestüt Steinach" errichtet, der landwirtschaftliche Betrieb erhält einen neuen Stall für 100 Milchkühe, einen neuen Schweinestall, eine Elektrizitätsanlage, eine eigene Wasserversorgung, eine Brennerei, eine Molkerei, zudem werden alle Ackerflächen drainiert, kurzum: Steinach wird zu einem Musterbetrieb ausgebaut, der viele interessierte Landwirte aus Bayern anzieht, der spätere Bayerische König Ludwig III. von Bayern selbst besichtigt 1910 die moderne „von Schmieder`sche“ Landwirtschaft.  

 

Gutshof Steinach
Gutshof im Alten Schloss Steinach
(rechts der neue Kuhstall, in der Mitte die Brennerei, daneben die Molkerei)
Bild: Fotoalben Mary von Schmieder

 

 

Die Anfänge (1904-1919)

Um die Neugestaltung der Landwirtschaft zu bewältigen, stellt August von Schmieder 1904 den jungen, auf mehreren Großbetrieben Süd- und Ostdeutschlands ausgebildeten Ludwig Niggl (1875-1971) als Verwalter ein (WOLF, 1995) und findet in ihm einen kongenialen Partner für seine Vorhaben.

 Niggl 2Ludwig Niggl (1875-1971)
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

Als Ludwig Niggl 1905 beauftragt wird, auf den vernässten,  sauren Urgesteinsverwitterungsböden in Unterniedersteinach die bestmöglichen Weiden und Wiesen für das neue Gestüt anzulegen, sucht er sich fachlichen Rat. An der landwirtschaftlichen Abteilung des Bayerischen Innenministeriums kann ihm Prof. Dr. Ahr zwar keinen bayerischen Grünlandspezialisten nennen, aber auf dessen Empfehlung hin wendet sich Niggl an Prof. Dr. Carl Albert Weber von der Moorversuchsanstalt in Bremen (NIGGL, 1953).

Weber 2

Prof. Dr. Carl Albert Weber (1856 - 1931)
Bilder: Nachlass Ludwig Niggl

 

Mehrfach besucht Prof. Dr. C.A. Weber in der Folgezeit Steinach und es gelingt mit seiner Hilfe die Gestütsweiden fertig zu stellen. Die Rennpferde gedeihen prächtig: Von 1909 bis 1916 gewinnen die Steinacher Farben das Bayerische Derby in München-Riem in Folge!

 Weiden

Die neuen Weiden im Gestüt Steinach
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

In vielen Pflanzenbestandsbeurteilungen stellt Weber aber das für die damalige Zeit Übliche fest: Vielerorts ist das Grünland in einem miserablen Zustand. Durch die üblicherweise geringe Nährstoffrücklieferung und die meist sehr nassen, sauren Böden haben sich sehr minderwertige Pflanzenbestände ausgebildet, die kein qualitativ hochwertiges Futter liefern können und für Neuansaaten gibt es auf dem Markt kein qualitativ hochwertiges Saatgut, sondern meist nur ausländische Herkünfte, die nicht an die bayerischen Standorte angepasst sind.

 

Weideland

verbuschtes Gründland um 1914 im Steinacher Moos
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

1913 besucht Prof. Dr. Pott mit seinem Assistenten Dr. Wilhelm Zorn, dem späteren Professor und Direktor des Tierzuchtinstituts der Universität Breslau und nach dem 2. Weltkrieg Leiter der Bayerischen Landesanstalt für Tierzucht in Grub, Steinach (WOLF, 1995). Zorn weilt von da an häufig in Steinach und unterstützt als Spezialist für Tiererhaltung Ludwig Niggl in seinem Bemühen, die hofeigene Futtergrundlage für die Tierbestände zu verbessern. Im Juli 1914 – kurz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges – unternehmen August von Schmieder, Heinrich Ackermann, Ludwig Niggl und Dr. Wilhelm Zorn eine 14-tägige Studienreise nach Sachsen, Brandenburg, Hannover, Oldenburg, Ostfriesland und Bremen, um vorbildliche Futterbaubetriebe zu besichtigen, u.a. führt die Reise nach Klein-Wanzleben, Schlanstedt und Petkus (ZORN, 1914). August von Schmieder und Ludwig Niggl sehen auf diesen Betrieben die dortigen Arbeiten in der Getreidezüchtung und in Bremen bei Prof. Dr. C.A. Weber dessen Gräserzuchtgarten. Danach beginnt man auch in Steinach mit der Auslese von Futtergräsern, zunächst zur gezielten Saatgutvermehrung, offiziell wird 1920 die „Saatzucht Steinach“ gegründet, die sich schnell zu einem führenden Gräserzuchtbetrieb entwickelt.

 

Saatzucht

1920 beginn der Gräserzüchtung (Rotschwingel)
1. Saatzuchtleiter Erich Frank
Bilder: Nachlass Ludwig Niggl

 

Arbeiterinnen
Setzen von Gräsereinzelpflanzen durch Frauen ca. 1932
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

 

 

 

1919 Gründung des Vereins zur  Förderung des Grünlandes in Bayern 

Nach dem Ende des 1. Weltkrieges besucht Prof. Weber im Oktober 1919 wieder Steinach. Am 19. Oktober 1919 muss er wegen schlechten Wetters seine Pflanzenbestandsaufnahmen unterbrechen und es kommt am Abend zu der entscheidenden Unterredung mit Ludwig Niggl. Weber beklagt sich dabei, dass seine und die Ratschläge so bekannter Wissenschaftler wie Stebler, Schröter, Strecker, Braungart, Falke und anderen zur Verbesserung der „Wiesen und Weiden“ von den meisten Landwirten in Deutschland und in anderen europäischen Ländern nicht beachtet werden. Die beiden Männer diskutieren im Turmzimmer des Alten Schlosses in Steinach die ganze Nacht durch und prägen dabei  - als „Sammelbegriff für alles grünende Land, das der Futterwirtschaft dient“ - das Wort „Grünland“, das davor im deutschen Sprachgebrauch nicht existiert (NIGGL, 1953). Prof. Weber bedrängt Niggl, dass „ein Vorstoß in diesem überaus wichtigen Gebiet von der Praxis selbst vorgenommen werden sollte, Sie und Herr von Schmieder sollten das in die Hand nehmen“ (NIGGL, 1953). Als August von Schmieder am nächsten Tag seine Unterstützung zusagt, kommt der Stein ins Rollen und bereits vier Wochen später wird am 19. November 1919 auf Anraten des späteren bayerischen Landwirtschaftsministers Johann Wutzlhofer in Straubing der „Verein zur Förderung des Grünlandes in Bayern“ gegründet (NIGGL, 1953).

 

Dietl Brauerei

 

Gruendungsmitglieder

Gründungsmitglieder und Erste Vorstandschaft des "Verein zur Förderung des Grünlandes in Bayern"
Niggl, 1953, Geschichte der Dt. Grünlandbewegung

 

Zum Vorsitzenden wird Dr. August von Schmieder bestimmt, zum Stellvertreter Heinrich Ackermann, Gut Makofen, der später durch RR Dr. Weller, dem damaligen Leiter der Futterpflanzenabteilung der Bayerischen Landessaatzuchtanstalt ersetzt wird. Unter der Führung von Ludwig Niggl wird der junge Verein sofort sehr aktiv: Im März 1920 findet der 1. Weidelehrkurs in Steinach statt. Der Bayerische Landwirtschaftsminister Steiner besucht Steinach und sagt die Unterstützung der Bayerischen Landwirtschaftsverwaltung zu und bereits im Mai 1920 findet durch Prof. Weber in Steinach der 1. Grünland-Lehrgang statt. Schon 1920 kann mit finanzieller Unterstützung des Landwirtschaftsministeriums in München eine Geschäftsstelle bezogen und mit Dr. H. Hübenthal ein hauptamtlicher Geschäftsführer eingestellt werden (ab 1923 Dr. Kanzler), 1921 zählt der Verein bereits 238 Mitglieder (NIGGL, 1953). Überall in Bayern werden in Beispielsbetrieben und an Landwirtschaftsschulen auf Betreiben des Grünlandvereins „Lehrgräsergärten“ eingerichtet, Ludwig Niggl reist durch ganz Bayern und Deutschland und hält eine große Anzahl von Vorträgen zu Grünland- und Futterbauthemen (NIGGL,1953). Die sog. Grünlandbewegung, ausgehend von Steinach, erfasst die landwirtschaftlichen Betriebe in ganz Bayern.

Jedes Jahr werden drei- bis viertägige „Frühjahrstagungen“ mit ausführlichem Vortrags- und Besichtigungsprogramm in einem Teil Bayerns veranstaltet, die außerordentlich hohes Interesse finden, so nehmen beispielsweise an der 7. Jahrestagung 1927 im Bayerischen Wald 214 Personen teil. Der Name „Steinach“ wird durch diese Aktivitäten überall bekannt und steht in Landwirtschaftskreisen fortan für „Grünland“.

 

1922 Gründung des Deutschen Grünlandbundes

Ab 1922 überschreitet die Grünlandbewegung die weiß-blauen Grenzen und auch in den übrigen Ländern des damaligen Deutschen Reiches werden die ersten Grünlandvereine gegründet.

 

Gruenlandbewegung

 Karte zur Entwicklung der deutschen Grünlandbewegung mit den 1926 bestehenden Grünlandvereinen bzw. -instituten
Niggl, 1953, Geschichte der Dt. Grünlandbewegung

 

Welche Begeisterung für die Grünlandbewegung in der Landwirtschaft in diesen ersten Jahren herrscht, kann daran abgelesen werden, dass der 1924 in Straubing im „Lichtspielhaus“ uraufgeführte „Deutsche Grünlandfilm“ 14 Tage land ausverkauft ist!

 

Gruenlandfilm

 

 

 

Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Sig. 16223-1, Der Grünlandfilm 1924, Teil I und II,

Viele Aufnahmen stammen aus der Umgebung Steinachs, von Ober- und Unterniedersteinach und vom Steinacher Moos.
Ludwig Niggl stellte, mit Steinach Männer als Statisten, die Wirtshausszene nach, in der es hitzige Diskussionen um das Für und Wider der Moosentwässerung gab.
In dem Film wird die aufwendige Entwässerung und der Umbruch der Wiesen mit Pferdegespannen gezeigt.

 

1926 sind es bereits 18 Grünlandvereine bzw. -institute im Deutschen Reich und in Österreich (WOLF, 1995). Zeitgleich mit der Gründung des „Hessischen Grünlandvereins“, dessen erster Geschäftsführer Dr. Könekamp ist, wird am 31. Mai 1922 in Frankfurt der „Deutsche Grünlandbund“ als Dachorganisation aller Grünlandvereine gegründet, dessen Geschäftsstelle wird in die Geschäftsstelle des Bayerischen Grünlandvereines integriert. Als Vorsitzender agiert wiederum Dr. August von Schmieder, der dieses Amt bis zu seinem Tod im Jahre 1941 innehat. 

 

 

Quelle: Deutsches Bundesarchiv,Sig. 16221-1, Der Deutsche Grünlandfilm 1926 Teil VI

 Der Film zeigt Aufnahmen von Tagungen auf verschiedenen landwirtschaftlichen Gütern.
Hier sind u.a. auch Aufnahmen von Ludwig Niggl, August von Schmieder und seinem Sohn Max von Schmieder aus Steinach zu sehen.

 

 

Der Deutsche Grünlandbund hat unter Führung von Dr. August von Schmieder und Ludwig Niggl in der Öffentlichkeit einen sehr hohen Stellenwert erreicht. So werden z. B. die Teilnehmer des Deutschen Grünlandtages 1928 in Köln von Oberbürgermeister Dr. Konrad Adenauer zu einem „Empfang mit Imbiss und Bowle“ eingeladen (N.N.).

 

Gruenlandtag 1928

 

 

Gruendlandinstitute 1928

Exkursion der Grünlandinstitute 1928 nach Steinach
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

 

1930 Gründung der „Studiengesellschaft zur Förderung der Grünlandwirtschaft“

Die Erkenntnis, dass es nicht ausreicht, Vorträge und Tagungen zu halten bzw. einzelne Betriebe zu beraten, führt im Deutschen Grünlandbund zu dem Wunsch ein Institut zu schaffen, an dem dauerhaft wissenschaftliche Grünland- und Futterbauversuche durchgeführt werden können. Inzwischen sind - wegen der in den 20-er Jahren sehr schlechten wirtschaftlichen Lage Deutschlands - die Finanzmittel knapp geworden. Auch August von Schmieder verliert durch den Versailler Vertrag und die Weltwirtschaftskrise einen Großteil seines schier unerschöpflichen Vermögens.  Ludwig Niggl sucht nach weiteren Partner zur Einrichtung eines Grünlandinstitutes auf wissenschaftlicher Basis. Anlässlich der Sommertagung der Kali-Industrie, die 1930 von Freiburg über Weihenstephan auch nach Steinach führt, kann Niggl Geheimrat Prentzel vom Deutschen Kali-Syndikat von seiner Idee, in Steinach ein Grünland-Institut einzurichten, überzeugen. Am 11. Juli 1930 wird in Berlin die „Studiengesellschaft zur Förderung der Grünlandwirtschaft“ gegründet. Als Gesellschafter fungieren die Deutsche Kali-Industrie, die die Sachmittel trägt, der Bayerische Staat, der die Personalkosten übernimmt und Dr. August von Schmieder, der sich bereit erklärt die Gebäude, Versuchsfelder und Tierbestände  zur Verfügung zu stellen. Als wissenschaftlicher Beirat fungieren die Herren: Prof. Dr. Remy, Bonn, Prof. Dr. Neubauer, Dresden, Dr. Fingerling, Leipzig, Dr. Scheunert, Leipzig, Prof. Dr. Zorn, Breslau, Dr. Münzinger, Hohenheim, Dr. Raum, Weihenstephan (NIGGL, 1953). Die „Studiengesellschaft“ wird im – nach Aufgabe der Rennpferdezucht – freigewordenen Gestüt Steinach untergebracht.

Studienanstalt

Unterbringung der "Studiengesellschaft" im (ehem.) Gestütswärterhaus in Unterniedersteinach
mit Lehrraum, Speisezimmer, Küche, Zimmern über den Pferdeställen für die Kursteilnehmer.
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

Nach einem kurzen Provisorium übernimmt 1931 mit Dr. Friedrich König der Assistent von Prof. Dr. Könekamp am Institut für Grünlandwirtschaft der Preußischen Forschungsanstalt in Landsberg an der Warthe die Institutsleitung (WOLF, 1995). Im ehemaligen Gestütswärterhaus werden Lehrräume, Speiseraum, Küche und Zimmer eingerichtet und bereits im gleichen Jahr können die ersten Lehrgänge abgehalten werden. Jahr für Jahr werden nun in Steinach mehrere ein- und zweiwöchige Grünlandkurse für die Landwirtschaftsberater aus Bayern, den anderen Teilen Deutschlands und für Praktiker durchgeführ.

 Der gewählte Standort stellt sich als besonders günstig für die Arbeit der „Studiengesellschaft“ heraus: Der nahe gelegene Bayerische Wald und die Auen der Donauniederung bieten ideale Grünland-Versuchsstandorte und die Saatzucht Steinach mit ihren Futterpflanzenzuchtgärten ist eine ideale Ergänzung für alle Exkursionen der Lehrgangsteilnehmer.

 

Kaligarten

Der sog. "Kali-Garten" im Steinacher Moos
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

Bis zur Einstellung der Lehrgangstätigkeit im 2. Weltkrieg - mehrere Mitarbeiter und auch Dr. König selbst werden zeitweilig zum Wehrdienst einberufen - werden in Steinach 53 Kurse für 672 Landwirtschaftsberater abgehalten (NIGGL,1953). Die wichtigsten der langjährigen Grünlandversuche können aber auch während des Krieges aufrechterhalten bleiben.

 

Vergleich Duengung

Vergleich NPK-/ PK-Düngung
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

 

FO STEI 737

Im Vordergrund ungepflegte ursprüngliche Bauernwiese (nicht umgebrochen, versauert, ertragslos)
im Hintergrund neu angesäte gepflegte Gutswiese im Steinacher Moos
 (umgebrochen bis 40 Ztr. Heuertrag je Tagwerk beim 1. Schnitt)
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

 

FO GRUEN 45

Neben kultivierten Flächen ist der frühere Urzustand noch deutlich erkennbar
aufgenommen beim Beispielbetreib Hecht in Hötzelsdorf, wo auch Grünlandversuche stattfanden
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

1933 Gleichschaltung und Reichsnährstandszeit

Durch die „Gleichschaltung“ nach der Machtübernahme durch die NSDAP werden auch die Grünlandvereine und der Deutsche Grünlandbund zwangsweise aufgelöst, die meisten in diesen Organisationen Tätigen werden vom Reichsnährstand übernommen. Die Lehrgangs- und Versuchstätigkeit in der „Studiengesellschaft“ geht zunächst unvermindert weiter, bis sie 1941 kriegsbedingt eingestellt werden muss. Im gleichen Jahr verstirbt Dr. August von Schmieder, der durch den Ausbau seines Gutes und sein großes Engagement als Vorsitzender des Deutschen und des Bayerischen Grünlandbundes dafür gesorgt hatte, dass die Grünlandbewegung von Steinach ausgehend in ganz Deutschland Verbreitung fand.

 

Die Nachkriegszeit bis 1972

Nach dem Zusammenbruch entsteht der Deutsche Grünlandbund nicht von Neuem, sondern die beiden überlebenden Gründungsmitglieder Prof. Dr. Zorn und Ludwig Niggl sind sich einig, dass die Kräfte für den Wiederaufbau einer Landwirtschaftsorganisation am besten in der 1947 neu entstandenen DLG gebündelt werden sollen und empfehlen, innerhalb der DLG eine eigene „Abteilung für Futter- und Grünlandwirtschaft“ zu gründen, die heute noch als „DLG-Ausschuss für Grünland und Futterbau“ existiert.

In Steinach können 1947 wieder die ersten Grünlandkurse gehalten werden. Dr. König habilitiert mit seiner Arbeit über „Die Rolle der Nährstoffversorgung bei der Leistungssteigerung der Wiese“ und hält ab 1949 in Weihenstephan an der TH die ersten Grünlandvorlesungen. Wissenschaftliche Mitarbeiter von Prof. Dr. König in Steinach werden u.a.: Dr. Unglaub (bis 1950), Dr. Oskar Schweighardt, Dr. Norbert Mott, und Prof. Dr. Franz Zürn.

 

Gruenlandkurs

14-tägiger Grünlandkurs in Steinach wird Pflicht im Vorbereitungsdienst der Landwirtschaftlichen Verwaltung
Bild: Präsentationsmappe der Versuchs- und Lehrwirtschaft Steinach, um 1954;  Nachlass Ludwig Niggl

 

Gruenlandkurs 2

Nur durch ständige Übungen im Bestimmen der Pflanzen des Dauergrünlandes erhalten die Lehrgangsteilnehmer
das notwendige Rüstzeug zur sicheren Beurteilung der verschiedenen Pfanzenbestände
Bild: Präsentationsmappe der Versuchs- und Lehrwirtschaft Steinach, um 1954;  Nachlass Ludwig Niggl

 

 

Koenig

Dr. König und Dr. Mott im Lehrsaal im Grünlandinstitut in Steinach
Bild: Präsentationsmappe der Versuchs- und Lehrwirtschaft Steinach, um 1954;  Nachlass Ludwig Niggl

 

1958 wird das Institut umbenannt zum „Lehr- und Forschungsinstitut des Vereins zur Förderung der Grünlandwirtschaft und des Feldfutterbaues“. In diesem Verein sind die maßgeblichen Mitglieder das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und die Verkaufsgemeinschaft Deutscher Kaliwerke (WOLF; 1995). Nach dem Tod von Prof. Dr. König im Jahr 1961 wird Prof. Dr. Franz Zürn, der 1953 aus Admont als Mitarbeiter nach Steinach kommt, Leiter des Instituts und Dr. Horst Wolf sein Mitarbeiter.

 

Vorstnad

stehend v.l. Dr. Zürn, ?, Schwaiger, von Bleichert, Schweighardt, Dr. Wolf
sitzend v.l.: Böttrich, Niggl
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

Die Lehrgangs- und Versuchstätigkeit wird weiter geführt, oft werden auswärtige Referenten wie Prof. Dr. Voigtländer, Dr. Vollrath, Dr. h.c. Priehäuser, Prof. Dr. Bachthaler, Dr. Scheller, Dr. Rieder in die Lehrgänge einbezogen (WOLF, 1995).

 

Zuern

Prof. Dr. Franz Zürn mit Lehrgangsteilnehmern
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

 

In den anderen Bundesländern sind inzwischen auch Grünlandinstitute entstanden und so werden von dort in den 60er Jahren immer weniger Lehrgangsteilnehmer nach Steinach entsandt. Die Unterbringungsmöglichkeiten sind nicht mehrzeitgemäß, in Bayern wird gerade eine „Ämterreform“ durchgeführt und als zudem 1972 Prof. Dr. Zürn überraschend verstirbt, wird der Lehrgangsbetrieb mit dem letzten Kurs 1973 eingestellt (WOLF,1995).

 

Lehrkraeutergarten

Lehr-Kräutergarten im Steinacher Grünlandinstitut

 

 

Insgesamt erleben in 41 Jahren 2.965 Lehrgangsteilnehmer in 200 Kursen (WOLF, 1995) das Grünlandinstitut Steinach mit seinem besonderen Flair, der persönlichen, sehr privaten Atmosphäre und behalten ihr Leben lang Steinach als Wiege der deutschen Grünlandbewegung und damit der gesamten Grünlandforschung in bester Erinnerung.

 

Staehlin

"Der Boden auf dem wir hier in Steinach stehen, ist für jeden Grünlandfachmann heilig!"

Adolf Stählin, 1966

 

Trotz der Auflösung des Institutes gelingt es, den Versuchsstandort Steinach mit seinen zum Teil historischen Grünlandversuchen zu erhalten. Das technische Personal wird vom Bayerischen Staat übernommen, Dr. Horst Wolf wechselt an das Amt für Landwirtschaft und Bodenkultur Deggendorf und leitet von dort aus die Versuchsanstellungen in Steinach.

 

Wolf

"Steinach, die Wiege der deutschen Grünlandbewegung"

Horst Wolf, 1995

 

 

Es entsteht die dem jetzigen Amt für Landwirtschaft und Forsten Deggendorf zugeordnete „Versuchsstelle Steinach“, die sich weiterhin intensiv, im Rahmen ihrer Möglichkeiten (die leider nicht mehr die Möglichkeiten des früheren „Grünlandinstitutes sind) unter der technischen Führung vom Herrn Hans Fuchs mit Versuchsfragen auf dem Grünland und im Feldfutterbau beschäftigt.

 

 Versuchsstelle Steinach

ab 1997 Versuchsstelle Steinach des AELF DEG in neuen Räumen in Oberniedersteinach

 

 

Beitrag des Bayerischen Fernsehens vom 12.Juni 2020 über die Entstehung der Grünlandforschung in Steinach, gedreht u.a. im Archiv für Heimatgeschichte in Steinach, im Alten Schloss und in der Saatzucht in Steinach mit Franziska Wagner (Bayer. Landesanstalt für Landwirtschaft), Prof. Dr. Thomas Grundler (Agrarwissenschaftler und Mitglied des Arbeitskreises Heimatgeschichte Steinach ) und  Dr. Thomas Eckardt (Leiter Saatzucht Steinach)

 

 

 

 Grünlandforschung - Gras ist nicht gleich Gras

 

 

 

 

 

 

 

Literaturverzeichnis:
GRUNDLER, T. (2005): Die Geschichte der Familie von Schmieder in Steinach, Beilage zum Gemeindeboten Steinach.
NIGGL, L. (1953): Die Geschichte der deutschen Grünlandbewegung 1914-1945.
N:N:: Protokolle und Programme der Tagungen des Vereins zur Förderung der Grünlandwirtschaft in Bayern, Archiv Versuchstelle Steinach.
WOLF, H. (1995): Steinach, die Wiege der deutschen Grünlandbewegung.
ZORN, W. (1914): Manuskript Studienreise 1914 A.v.Schmieder, L.Niggl, W.Zorn, Archiv Versuchstelle Steinach.