Der Salz-Fuhrhandel in und um Gschwendt

 

von Cornelia Landstorfer

 

Es hängt wohl in erster Linie mit der Lage des Ortes an einer alten, sehr bedeutenden Handelsstraße zusammen, weshalb sich in Gschwendt einst Fuhrleute mit dem Transport und Handel von Salz gute Nebeneinkünfte sichern konnten.

Meist waren es Bauern, die über die für das Transportgewerbe notwendigen Zugtiere, Wagen und Schlitten verfügten. Vor allem in den Wintermonaten, wenn die Feldarbeit ruhte, war Zeit für Handelsreisen. Die lukrativste Ware, die hauptsächlich nach Böhmen transportiert wurde, war das einst sehr kostbare Salz. Die begehrte Speisewürze, die in Zeiten ohne Kühlschrank auch das einzige Konservierungsmittel darstellte, fand zudem Anwendung in der Medizin, sowie verschiedenen Gewerben wie etwa bei der Lederherstellung.

Die Gegenfracht für den Rücktransport nach Bayern bestand aus Getreide, Malz, Schmalz, Käse, Bier, Wolle, Glas und weiteren meist landwirtschaftlichen Produkten. Die hohen Transportkosten und der hohe Aufwand erforderten, dass nicht ohne Gegenladung gereist wurde.

Vor allem der böhmische Hopfen aus Saaz galt als besonders qualitativ und wurde neben den bereits genannten Waren nach Bayern importiert. Der bekannteste Handelsmann in Gschwendt war der häufig als Hopfenhändler genannte Christoph Wagner, dessen hinterlassenem Vermögen der Bau der Christophorus-Kirche in Gschwendt zu verdanken ist. Der Reichtum dieses Mannes war enorm und hat sich vermutlich ausschließlich durch seine Handelsreisen angehäuft. Schwer erkrankt regelte Wagner im Jahr 1672 seinen Nachlass und setzte Pfarrer Georg Adam Weismeier aus Steinach und den freiherrlichen weichsischen Richter und Bestandsinha­ber Johann Weixlbämer von Falkenfels als Verwalter seines Erbes ein und instruierte diese, nach seinem Tod das rest­liche Vermögen an Arme und Bedürftige seiner „Seele zu Hilf und Trost“ zu spenden.
Gemäß dem Wunsch stifteten Weismeier und Weixlbämer nach dem Tod des Wohltäters einige tausend Gulden an Klöster und Bedürftige und beschlossen, mit dem noch verblie­benen Vermögen in Gschwendt eine Kirche oder Kapelle erbauen zu lassen. Aus der Korrespondenz zu dem Kirchenbau geht hervor, dass sich um diese Zeit in dem Ort einige vermögende Familien befanden.

 

 

christophorus kirche gschwendt

Christophorus-Kirche Gschwendt
aufgenommen 2017
Bild: Claudia Heigl

 

Neben Wagner sind in Gschwendt noch weitere Händler zu großem Wohlstand gekommen, wie beispielsweise die Stubenhofer, deren Herkunft der Ort Stubenhof bei Stallwang sein dürfte. Seit etwa 1607 lässt sich ein Vertreter dieser Familie auf dem Wirtshaus in Gschwendt nachweisen. Der Handelsmann und Hopfenhändler Georg Stubenhofer hatte die Wirtstochter Ursula Pichlmayr in Gschwendt geheiratet1 und im Jahr 1613 den „Hällingmayerhof“ in Gschwendt erworben. Dieser Hofname hat seinen Ursprung sehr wahrscheinlich im Salzhandel.
Es war nämlich das „hällingische“ Salz aus Hallein, das über die Donau mit Treidelzügen nach Straubing transportiert wurde und von dort mit Pferden und Wagen oder Karren ins Umland und nach Böhmen verteilt wurde. Zwei Generationen später wird auch der Enkel des zuvor genannten Georg Stubenhofer als Hopfenhändler genannt. Auch für die Jahre 17432 und 17593 sind Belege vorhanden, dass der damalige Hofinhaber als Fuhrmann Handelsreisen nach Böhmen unternommen hat. Das deckt sich auch mit den mündlichen Überlieferungen, wonach sich auf diesem Anwesen in Gschwendt einst Fuhrleute befanden, die mit Salz handelten. Auf dem Hof, der seit 1613 im Besitz der Familie ist, leben auch heute noch Nachfahren der Stubenhofer.

 

 stubenhofer hof

Haus der Familie Landstorfer, erbaut 1800 von Jakob Stubenhofer
aufgenommen 1970er Jahre

 

 

gschwendt

Gschwendt in den 1950er Jahren, das Wirtshaus und der heutige Landstorfer-Hof
gehörten einst der Familie Stubenhofer.

 

 

stubenhofer hof 2Landstorfer-Haus in den 1940er Jahren

 

 

Neben Christoph Wagner, den Stubenhofer-Brüdern Georg dem Älteren und Georg dem Jüngeren und dem Enkel des älteren Georg sind in Gschwendt noch Georg Schäffler und Melchior Wierl mit dem Transport von Salz nachgewiesen. Das Salbuch des Bürgerspitals Straubing nennt in der Hofmark Gschwendt den „Karnmann Wolf Gmeinwieser“ 4 und den „Karnmann Georg Schäffler“5. Ein „Karnmann“ ist vergleichbar mit einem Fuhrmann. 

 

In Ascha sind die Namen Moritz, Kädersbeck, Heuschneider, Bruckbauer und Schäffler dokumentiert, die sich ebenfalls mit Salz ein Zubrot verdienten.

Auch das günstig gelegene Rotham war laut Einträgen im Mautbuch von 15716 beteiligt. Hans Krapff von „Roitham“ führte zusammen mit dem Straubinger Bürger Peter Stainhover, samt ihren Gesellen, diverse Handelsfuhren durch und zahlte hierfür in Straubing Steuern. Neben Getreide, Flachs, Schmalz ist die beförderte Ware vor allem Salz. 1584 ist Krapf im Bogener Mautamt erneut mit einer großen Menge Salz verzeichnet.7

In erster Linie waren es Händler aus dem Raum Stallwang, Landorf, Konzell, Denkzell usw., die einen sehr intensiven Salzhandel betrieben. Mautrechnungen und Rechnungen des Straubinger Salzamtes liefern hierzu aufschlußreiche Daten. Namen wie Georg Lanzinger (im Kirchenbuch Stallwang „Georgius Lanzinger dictus dives“ bezeichnet)8 und Michael Eödl (Ettl) aus Gossersdorf sind vermerkt. Es fällt auf, dass dieser Eödl direkt mit Georg Lanzinger und an anderen Tagen mit Georg Stubenhofer in den Rechnungen zu lesen ist, und zwar sowohl 1615 als auch 1630. Das ist ein Indiz dafür, dass wegen der Gefahren auf diesen Handelsreisen Säumerzüge gebildet wurden. Bei vielen Einträgen ist nach dem jeweiligen Namen ein klarer Nachweis über die gemeinsamen Geschäftsreisen zu finden, wie beispielsweise „Hofer Hans und Gesellen aus Uttendorf“ oder „Zollner Hänsl und Konsorten aus Viechtach“.

Der älteste Rechnungsband stammt vom Mautamt Furth und wurde 1536 erstellt. In Straubing und Bogen sind im Jahr 1571 die Namen der Händler, der Schiffsführer und der zu vemautenden Waren dokumentiert. Auch eine Stallwanger Wegzollrechnung gibt Einblick in die umfangreichen Handelstätigkeiten. Neben den Handelsgütern wurde die Anzahl der Pferde, sowie die Wagen oder Schlitten in dem Stallwanger Rechnungsbuch notiert.    

Noch heute ist der sogenannte Salzbrunnen zwischen Denkzell und Konzell zu sehen. Dort haben Salzhändler, die aus dem Donauraum kommend über Herrnfehlburg, den Gallnerberg, die Burg Höhenstein, Konzell, Weihermühle und über den alten Handelsweg durch den Altlandkreis Kötzting nach Geleitsbach bei Rittsteig Salz nach Böhmen brachten, an diesem Brunnen die Lasttiere getränkt.

 

Salzbrunnen

Der Salzbrunnen zwischen Denkzell und Konzell

Bilder: Cornelia Landstorfer, 2018

 

 

Die Etappen, die beim Landtransport an einem Tag zurückgelegt werden konnten, waren etwa 20 bis 30 Kilometer lang. Nachts konnte nicht gereist werden, ausserdem mussten sich die Zugtiere erholen und gefüttert werden. Das Wirtshaus in Gschwendt war daher auch eine bedeutende Säumerraststätte. In einem Verhörsprotokoll ist 1760 erwähnt, dass sich in der Gaststube ein Tisch voller Fuhrleute befand.

 

Die Bauern in Gschwendt waren verpflichtet, Vorspanndienste für die Fuhrwerke zu leisten. Vor allem auf der Straße nach Mitterfels, die in der Ortsmitte von Gschwendt als einer der Stränge zum Bayerweg führte, waren für den steilen Anstieg Zugdienste notwendig. Problematisch war diese Arbeit vor allem in Kriegszeiten, da man den Bauern lange und kräftezehrende Reisen bei sehr schlechter Futterversorgung der Pferde und Ochsen aufbürdete. Weil sich 1743 der zum Kriegsvorspanndienst eingeteilte Bauer Daniel Löffler seiner Verpflichtung entzogen hatte, indem er sich auf Handelreisen nach Böhmen begeben hatte, mussten ersatzweise zwei andere Bauern ihren Militär-Vorspanndienst verlängern und hatten dadurch den Verlust ihrer Ochsen zu beklagen.9

 

Interessant im Zusammenhang mit dem Salzhandel ist auch ein Pferdediebstahl, der sich 1633 in Unterzeitldorn ereignet hat. Bei der Verfolgung des Diebes stellte sich heraus, dass ein Salzhändler das Pferd gestohlen hatte. In Gschwendt konnte der Verbrecher schließlich mit Hilfe des dortigen Amtmannes festgenommen werden:

„In der Hofmarch Gschwendt und auswärts
Den ersten Marty Ao 1633 ist Georg Klopfer von Niederhardtzeidldorn, mit einem Gerichtsschein von seiner Obrigkheit Wimperg erschien, daß ihme auf der waydt in der nacht ain schwarz praunß muetterpferdt gestollen worden, dasselb hat er zu Parchstetten so ainer in ainem wagen so mit salz beladen gewest, under dem sadl gewent, angetroffen, unnd deme biß in die herrschafft und hofmarch Gschwendt nachkhommen, unnd aldorten mit hilf des amtsmans, und ainer gmain, in arrest nemmen lassen, derowegen freygelt ausgeben 72 pfennig 2ß 3Rdn“10

 

Mit den genannten Belegen, die sich aus Salzrechnungen, Mautrechnungen, Verhörsprotokollen und Gerichtsstrafen zusammensetzen, lässt sich ein sehr aussagekräftiges und eindeutiges Bild des einstigen Salzhandels in der Gegend zwischen Straubing/Bogen und Böhmen rekonstruieren.

Aus der exakten Dokumentation der Zeit des 16. bis 18. Jahrhunderts sind wichtige Informationen ableitbar. Neben den angelieferten Mengen kann man den Rechnungen auch den Herkunftsort St. Nikola bei Passau sowie den Schiffstyp (Zille, Hohenau, Regensburger Salzzug oder Anhangzille) entnehmen. Zudem wurde zwischen den „inländischen“ und „ausländischen“ Fuhrleuten differenziert; Namen und Herkunftsort der Händler inklusive Abnahmemenge wurden akribisch aufgelistet. Die Summe der verkauften Kufen und die Höhe der Einnahmen wurden wöchentlich, vierteljährlich und jährlich, die Ausgaben jährlich aufgelistet.

Sogar Informationen über die Witterung sind in den Bänden enthalten. 1670 wird im ersten Vierteljahr beklagt, dass „wegen der vom eiss weggenommenen pruggen“, im zweiten Vierteljahr „wegen langwürigen regenwetters halber“ und im dritten Vierteljahr „grundlosen wündterwegs halber“  weniger Salz verkauft wurde.11 

 

Straubing, am Schnittpunkt der Handelsstraßen vom Rheinland nach Österreich und von Italien nach Böhmen gelegen, eignete sich hervorragend als Sitz einer Hauptmautstelle und verfügte über vier Salzstädel, von denen allerdings drei herzoglich waren. Die Ware wurde teilweise auf dem Landweg, vorwiegend aber über die Donau nach Straubing transportiert und von dort vor allem in das salzlose Böhmen gebracht.

Unter den Schiffsführern, die in Straubing erwähnt werden, sind auch Namen aus Steinach, nämlich Ennspaum Hans Wolf und Hueber Georg verzeichnet.12 

 

Leider lässt sich nicht mehr eruieren, in welcher Zeit der Salzhandel in und um Gschwendt seinen Anfang genommen hat.

Wohlstand und Beschäftigung durch vielfältige Berufe, die sich durch das Handelsgewerbe ergaben, wie Säumer, Schiffer, Schiffsbauer (Schopper), Küfer, Mautner, Salzmesser und Boten. Wagner, Schmiede, Sattler, Wirte und Krämer waren für die durchziehenden Fuhrleute essentiell und profitierten daher ebenfalls.

Aber auch Gefahren beispielsweise durch Überfälle resultierten aus den Handelsreisen. Vielfach belegt ist auch der Schmuggel mit Salz.  

 

Heute erinnert nichts mehr an die Fuhrleute und den Salzhandel in und um Gschwendt.

 

 

 

1 Stadtarchiv Straubing, Salbuch 1630 von Gschwendt, fol. 625.
2 StALa, Kommunalarchive, Rep. 219, Verhörsprotokoll der Straubinger Spitalh0fmark, fol. 6‘
3 BZAR, Pfarrakten Steinach, Nr. 34
4 Stadtarchiv Straubing, Salbuch Bürgerspital fol. 767
5 Stadtarchiv Straubing, Salbuch Bürgerspital fol. 729
6 StA Landshut, RMA Straubing Rep. 197-2 Nr. 4793 Hauptmautamtsrechnung Straubing 1571
7 RMA Straubing Ämterrechnung Nr. 1781 Mautamt Bogen 1583
8 Nach Meinhard Walther P.: Haunkenzell. Chronik und Heimatkunde einer Bayerwaldgemeinde, Straubing 1976, S.242
9 Vgl. StALa, Kommunalarchive, Rep. 219, Verhörsprotokoll der Straubinger Spitalhofmark, fol. 6‘
10 Stadtarchiv Straubing, Rechnung des Bürgerspitals 1634, Gerichtsstrafen fol. 79
11 StALa, Kurbayern Hofkammer Ämterrechnungen RMA Straubing Rep. 197-2 Nr. 4718., fol. 7, fol. 14., fol. 21.
12 Hans-Heinrich Vangerow: Handel und Wandel auf der Donau von Ulm bis Wien, in: Jahresbericht des Hist. Vereins für Straubing und Umgebung, Jahresbericht 215/2013, S. 178.