Wiedenhof bei Münster

 

von Claudia Heigl

 

Bei dem heutigen Weiler Wiedenhof handelte es sich ursprünglich um einen einzigen ganzen Hof.
Die Hofstelle lag am Fuße des Helmberg und wurde bis ins 18. Jahrhundert auch als Helmhof bezeichnet1.

 

Wiedenhof 2020

Der Weiler Wiedenhof
vorne links ist noch die Hofstelle des alten Einödhofes zu sehen
im Hintergrund Münster
aufgenommen im November 2020
Bild: Claudia Heigl

 

 

 

Hof am Helmberg oder Helmhof war die alte Bezeichnung für den Wiedenhof

Der Hof gehörte ebenfalls zum umfangreichen Grundbesitz des Domkapitels von Augsburg. Es liegt nahe, dass es sich bei den urkundlichen Nennungen des Hofes „am oder zu Helmberg“  im 14. und 15. Jahrhundert um den Wiedenhof handelte.

Der ab dem 17. Jahrhundert bezeichnete „Helmberger-Einödhof“, der später zum Gärtnerhaus des Neuen Schlosses umgewandelt wurde, lag eigentlich auf dem Singberg (Gerhartsberg) und war nur ein „halber Hof“. Erst beim Wiederaufbau, nach dem 30jährigen Krieg, wurde der nördlichere Hof als „Helmberghof“ bezeichnet, während der südöstliche Hof am Fuße des Helmberg den Namen Wiedenhof erhielt. In den Kirchenbüchern findet sich parallel dazu immer noch die Bezeichnung „Helmhof“ für den Wiedenhof.

 

Liquidationsprotokoll Wiedenhof 2

Karte zum Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Münster von 1838
Der Wiedenhof erhielt die Hs.Nr. 59
Vermessungsamt Straubing

 

 

Die Weinberge am Helmberg

Der „Helmperg“ wird im Jahr 1271 in einem Revers des Ritters Otto von Straubing als Weinberg erwähnt2. Dies ist die erste urkundliche Nennung des Ortes.
Weitere Schreibweisen sind  Helnperg (1313,1444) , Helenperg (1324), Hellnperg (1458), Helbmperg (1498), Helmberg (ab 1583).

Im Urbarsbuch des Domkapitels aus dem Jahr 1280 wird vermerkt, dass der Hofmarksherr Albrecht von Steinach zwei Viertelgüter „am Helmberg“ zum Lehen erhalten hatte. Hier handelte es sich um einen Weinberg3.

Lt. einem Salbuch von 14444 besitzen Hans und Anna Zaun ein Viertelbau zu Helnperg als Lehen vom Domkapitel von Augsburg, dass sie von Conrad Chundlingsperger erkauft haben.
Die Warter von Steinach (Hans von Steinach und seine Vorderen) haben ein halbes Viertelbau zu Helmperg als Hoflehen erhalten, das kaufweise an sie gekommen ist.

Außerdem wird in dem Salbuch aufgeführt, dass Maister Peter, der Dechant von Münster, die Weingärten am Helnperg zu Lehen genommen hat und dass er die Weingärten mit zaunen, misten und mergeln und allem Zugehören fürsehen soll, ohne dem Domherren von Augspurg zu schaden….“

Der Weinanbau dürfte vom Kollegiatstift bereits im 16. Jahrhundert eingestellt worden sein. In einem Salbucheintrag von 1579 findet sich folgender Vermerk: „Erstlich von fünff Weingärten zwischen Stainach und Münster an gemeltem helm Perg gelegen… Die … Yetz ödt ligen und alles ain holzwachs ist…“.5

Die Weingärten befanden sich an der südlichen Seite des Berges. Die Flurbezeichnung „Weingartenwiese“ (Fl.Nr. 1095) am südlichen Fuße des Berges weist noch heute darauf hin.

 

 

 

Weinberge Helmberg 2020

Am südlichen Hang des Helmberges befanden sich die Weinberge
aufgenommen im November 2020
Bild: Claudia Heigl

 

 

Die Bauern auf dem Hof

Der Grundherr des Wiedenhofes war bis zur Säkularisation im Jahr 1803 das Kollegiatstift Pfaffmünster, dass seit 1581 seinen Sitz in Straubing hatte.

Als erster Bauer wird 1573 ein Wolf Engelperger namentlich auf dem Hof genannt6. Hier wird der Besitz in dem Salbuch des Chorherrenstifts St. Tiburtius unter Helmberg als „curia“ (= ganzer Hof) bezeichnet. 1578 folgt ein Thomas Gierl6.

Dieser Hof dürfte wahrscheinlich im 30jährigen Krieg (1618-1648) eingegangen sein. Jedenfalls finden sich in den Kirchenbüchern von Münster bis 1674 keine Aufzeichnungen eines Helmberg- oder Wiedenhofbauern.

 

 

Uraufnahme 1827

Uraufnahme des Wiedenhofes aus dem Jahre 1827
Bayerische Vermessungsverwaltung, Bayernatlas

 

 

Familie Spießl

Am 04.06.1674 wird erstmals beim Taufeintrag seiner Tochter Maria Johann Spießl der Ältere, als „Bauer auf dem Widenhoff“ bezeichnet. Etwa um diese Zeit dürfte der Hof wieder aufgebaut worden sein. Bei den Taufen der ersten vier Kinder war Johann noch Tagelöhner und Spieler in Münster. Dies ist auch das erste Mal, dass der Hof den Namen „Wiedenhof“ erhielt. Die Spießl-Bauern wurden dann abwechselnd bis 1719 immer wieder als Bauern „auf dem Wiedenhof“, „zum Helmberg“ oder „auf dem Helmhof“ bezeichnet. 

Die Bezeichnung „Wiedenhof“ lässt sich auf „Widdumgsgut oder -hof“ zurückführen. Das war ein Bauernhof, der dem persönlichen Unterhalt des Pfarrers diente und von diesem verpachtet wurde.

Neben den üblichen Abgaben an das Kollegiatstift musste der Hofbesitzer noch zusätzliche jährliche Leistungen entrichten:

  • an den Ortslehrer von Münster von jeder Getreidegattung zwei Läutgarben
  • an den Ehehaftsbader und Ehehaftsschmied jeweils ein Vierling Korn im Straubinger Maß

 

Johann Spießl der Ältere (geb. ca. 1635) war der älteste Sohn von Johann Spießl, der als Söldner und Pfeiffer in Münster wohnte. Ein Bruder gleichen Namens, genannt Johann Spießl der Jüngere (geb. 18.02.1646), erbt den Hof des Vaters in Münster.

 

Spiessl 1Spiessl 2

 

 

 

 

Sechs Generationen von Spießl-Bauern bewirtschafteten den Wiedenhof. Am 04.07.1846 übergibt Tiburtius Spießl seinen 123 Tagwerk großen Hof an seine einzige Tochter Anna Maria und deren Ehemann Joseph Geith. Fünf weitere seiner Kinder waren alle bereits im Kindsalter verstorben.

 

 

Der Wiedenhof wird zertrümmert

Doch auch an diesem Hof gehen die turbulenten Zeiten nach der Säkularisation und Bauernbefreiung in Bayern nicht spurlos vorüber. Am 27.09.1861, 10 Monate nach dem Tod des Vaters, verkaufen Anna Maria und Joseph Geith den Hof mit 120 Tagwerk (≅ 40 ha) Grund um 25.400 Gulden an Michael Gampel aus Regensburg, nachdem er über 187 Jahre im Besitz der Familie gewesen war.

 

 

Bucher

 

 

Der Immobilienhändler zertrümmert den Hof und verkauft die Hofstelle am 30.07.1863 mit 43 Tagwerk Grund an Andreas und Maria Bucher um 11.975 Gulden. Am 17.05.1890 übernimmt  Sohn Johann Bucher den Hof mit insg. 52 Tagwerk (≅ 17,7 ha) und verkauft ihn im September 1902 an den Immobilienhändler Bernhard Buxbaum aus Regensburg um 17.000 Mark.

Weitere Grundstücke werden verkauft und am 05.01.1903 erwerben Anna und Alois Wagner von Laichstätt Gde. Thierlstein b. Cham die Hofstelle mit 12 ha Grund um 12.000 Mark. Am 20.11.1908 tauschen sie das Anwesen  zum Anschlag von 14.000 Mark mit den Immobilienhändlern Schwarzhaupt Nathan von Regensburg und Petzenhauser Xaver von Straubing gegen das Anwesen Nr. 2 1/2 in Unterzeitldorn.

Am 17.12.1908 erwirbt Simmel Josef den Hof mit nur mehr 6 ha Grund und am 10.05.1910 kaufen ihn schließlich  Schütz Josef und Maria geb. Dobmaier.

 

 

Schuetz

 

 

Ab den 1950er Jahren entstanden rund um die alte Hofstelle, auf den zum Teil schon früher wegverkauften Grundstücken, weitere neue Wohnhäuser und der Wiedenhof entwickelte sich zum Weiler.

 

 

 Ortsplan Wiedenhof

Wiedenhof mit den rot eingezeichneten Neuansiedlungen Anfang der 1950er Jahre.
Quelle: Vermessungsamt Straubing, Ortsplan Münster NOXXXIX 32 172d

 

 Wiedenhof Hof 2020

Die alte Hofstelle im November 2020
Bild: Claudia Heigl

 

 

 

1808 wurde Wiedenhof im Steuerdistrikt von Münster aufgeführt8 und 1821 in die Gemeinde Münster eingegliedert.
Bei Einführung der Hausnummern erhielt die Hofstelle die Hs.Nr. 599, bei der Neuorganisation der Hausnummern in Münster im Jahr 1890 wurde die neue Hs.Nr. 95 vergeben.
Im Rahmen der Gebietsreform 1978 wurde Wiedenhof, zusammen mit Münster, ein Teil der vergrößerten Gemeinde Steinach.

 

 

1 Bischöfl. Zentralarchiv Regensburg, Pfarrmatrikel Pfaffmünster, Bd. 2, S. 389, 29.06.1717 Sterbeeintrag der Maria Spießl, Ehefrau des Johann Spiesl, Bauer auf dem Helmhof
2 Solleder Fridolin, Urkundenbuch der Stadt Straubing 1911-1918, Urkunde Nr. 1, Revers des Otto von Straubing, Prokurators des Herzogs Heinrich von Bayern, über die ihm und seinen Söhnen Albert, Karl und Leutwein von Propst und Kapitel zu Augsburg zu Leibgeding verliehenen Weinberg zu Sneitweg, Helmberg und Sacker. 21.03.1271
4 Salbuch des Augsburger Domkapitels von 1444, nach Keim in Jahresheft des Hist. Vereins Straubing und Umgebung 1965, S.35-38
5 BayHStA München, Kurbayern Hofkammer, Cons. Cam. Nr. 247
6 Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg, KL 5, Nr. 111, Salbuch des Chorherrenstifts St. Tiburtius zu Pfaffmünster von 1573
7 Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg, KL 5, Nr. 110, Salbuch des Chorherrenstifts St. Tiburtius zu Pfaffmünster von 1578
8 StA Landshut, Rentamt Straubing B78, Häuser- und Rustikalsteuerkataster Münster 1808
9 Vermessungsamt Straubing ,Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Münster 1838

Weitere Quellen:
StA Landshut, Grundsteuerkataster 17/22-5, Umschreibehefte Münster 1843 – 1859 Hs.Nr. 3 - 59
StA Landshut, Grundsteuerkataster 17/22-10, Umschreibehefte Münster 1859– 1893 Hs.Nr. 70 - Ende
StA Landshut, Grundsteuerkataster 17/22-15, Umschreibehefte Münster 1893 - 1960 Hs.Nr. 84 - Ende
Bischöfliches Zentralarchiv, Pfarrmatrikel der Pfarrei Pfaffmünster

 

 

 

 

letzte Änderung: 18.04.2021