1618 – 1648

Der Dreißigjährige Krieg und seine Auswirkungen in unserer Gegend

 

 

 

von Claudia Heigl

 

 

Keine kriegerische Auseinandersetzung hat eine solche verheerende Auswirkungen auf die hiesige Bevölkerung gehabt, wie die Ereignisse während des 30jährigen Krieges.

Natürlich haben die beiden letzten beiden Weltkriege in der Summe viel mehr Menschenleben gefordert und sind auch noch in unserem Gedächtnis tief verankert.

Im Laufe des 30jährigen Krieges wurde jedoch ein Drittel der gesamten Bevölkerung ausgelöscht und ganze Landstriche für Jahre entvölkert, was nachhaltige Folgen für unsere Vorfahren hatte.

 

Der erste Schwedeneinfall von November 1633 bis April 1634

Im April 1632 dringt der schwedische König Gustav Adolf II. in Bayern ein, um das mit den Habsburgern verbündete Kurfürstentum Bayern zu erobern.

In den folgenden Wochen konnte er in Augsburg, Landshut und Freising und am 17. Mai 1632 in München einziehen, die sich ihm kampflos ergaben. Die Städte wurden zwar gegen Zahlung einer Kontribution vor Plünderungen verschont, das Umland wurde jedoch mit Billigung des Königs geplündert und verheert.  Der Schwedenkönig starb am 16. November 1632 bei der Schlacht in Lützen, doch seine Generäle führten den Krieg weiter fort.
Gustav Adolf II. ließ bei seinem Durchzug „verbrannten Erde“, um die Gegner zu schwächen und deren Soldaten die Versorgungsmöglichkeit zu entziehen.  

Die Soldaten holten sich von der Bevölkerung selbst, was sie benötigten oder verkaufen konnten. Das alles ging natürlich zu Lasten der Dorfbewohner, der jegliche Nahrungsgrundlage entzogen wurde.

Im November 1633 kam der Schwedengeneral Bernhard von Weimar zu der strategisch wichtigen Reichsstadt Regensburg, um dort nach Ostbayern und Österreich vorzudringen. Er suchte ein gutes und reiches Winterquartier und die bisher noch verschonte Donaugegend bot sich hierfür an. Zudem wollte den unterdrückten protestantischen Bauern in Österreich ob der Enns zur Hilfe kommen, die unter der Herrschaft des bayerischen Kurfürsten litten.

Die protestantische Reichsstadt war zuvor durch bayerische Truppen besetzt worden, um deren freiwillige Aufgabe zu verhindern. Nach der Belagerung und Einnahme von Regensburg, zog er weiter nach Straubing, dass schließlich am 23. November 1633 nach vier Tage Belagerung durch ca. 6.000 Mann eingenommen wurde.

Bereits am 7. November 1633 versuchte eine kleine schwedische Truppe Straubing zu überrumpeln, was jedoch misslang und nur die Vorstadt ging in Flammen auf. Anschließend zogen schwedische Truppen nach Donaustauf, wo die Burg gesprengt wurde. Nacheinander gingen Falkenstein, Frauenzell, Brennberg, Wiesent und Wörth in Flammen auf.

Am 17. November wurde nachts Reibersdorf überfallen. Allerdings konnten die Bewohner nicht sagen, ob es schwedische oder bayerisch/kaiserliche Soldaten waren.
Dann auch die eigentlich „eigenen“ Soldaten hausten genauso schlimm, wie die Schweden und nahmen den Landbewohnern alles an Nahrung und Vieh weg, was sie bekommen konnten.

Straubing entkommt einer Plünderung durch Zahlung einer sog. Brandschatzung in Höhe von 75.000 Gulden.

In dem sog. Ranzion-Register1 sind auch der Wirt von Münster, Andre Permer (Bergmaier) mit 200 Gulden und der Wirt von Gschwendt Georg Stubenhofer mit 46 Gulden vermerkt2.

Über die Zeit während der Belagerung der Stadt Straubing berichtete der Oberalteicher Abt Veit Höser in seinem Kriegstagebuch3 unter dem 22. November 1633:
„Während der Belagerungszeit schon schwärmten die Räuberrotten aus, vertrieben weit und breit die Landbevölkerung, plünderten sie aus, unterwarfen jeden, dessen sie habhaft werden konnten, qualvollen Torturen, metzelten sie nieder, verschleppten sie in Ketten, warfen sie ins Feuer und suchten die Bevölkerung so schwer heim, dass mehrere Meilen weit in der Mehrzahl der Gegenden, Dörfer, Höfe und Güter, Landsitze und Burgen nur mehr wenige oder gar keine Menschenseele mehr zu finden ist.“

 

Erschütternd ist auch der Eintrag vom 23. November:
„Mitten in der Nacht stiegen wir auf den höchsten Berggipfel und blickten hinaus in die Weiten des Landes. Wir sahen den Straubinger Gäu. Die auf beiden Seiten und Ufern der Donau verstreuten Dörfer leuchteten wie in einer Brandröte, soviel Lagerfeuer hatten die Schweden überall herum für die Nacht angezündet, die alle zusammen brannten und die Nacht erhellten. Sicher standen auch Dörfer in Flammen, brannten Landsitze und Gehöfte. Im Feuerschein leuchteten Burgen, Kirchen und Türme, loderten die Klöster und Kapellen. Dörfer, Einöden und Gutshöfe glichen Scheiterhaufen.“

 

Im Kloster Oberalteich quartierten sich etwa 1.000 Soldaten ein. Sie plünderten das reiche Kloster vollständig und zogen von dort aus durch die umliegenden Gebiete, um Beute zu machen. Im Kloster selbst rissen sie alles Holz bis auf die Grundmauern heraus und verbrannten es.

Die einfache Landbevölkerung war ihrem Treiben schutzlos ausgeliefert und konnte nur fliehen. Wer gefasst wurde, dem wurde alles abgenommen und durch Folter und Misshandlung noch die Verstecke der letzten Wertsachen herausgepresst.
Vor allem die Geistlichen und wohlhabenden Bauern waren ein beliebtes Zielobjekt, da hier am meisten zu holen war.

Nach ihrem Abzug zündeten sie oftmals die Höfe an, um den Menschen die Rückkehr nicht mehr zu ermöglichen. Wurde bei trockenem Wetter ein Strohdach angezündet, brannte das ganze Dorf ab. Kirchen sowie Schloss- und Herrschaftsgebäude, die aus Stein gebaut waren, blieben in der Regel verschont, da nur die hölzernen Dachkonstruktionen brandgefährdet waren. Das kostbare Schießpulver wurde nicht für das Sprengen von Kirchtürmen verschwendet

Der Oberalteicher Abt Veit Höser, der vor den Schweden im bayerischen Wald auf der Flucht ist, notiert hierzu in seinem Tagebuch:
„Auf dem Weg ins Gebirge, durch diese waldreichen Täler und Höhen sah ich die Anwohner unserer Donauseite dahinziehen. Leute, die den Vorwald bewohnen und dem vorrückenden Feinde am meisten ausgesetzt sind, wie sie ihre Siebensachen, ihre kleine Habe und ihr Vermögen mit allem Eifer, mühevoll auf ihrem Rücken wegschleppen oder auf Karren und Wagen mit Viehgespann wegfahren. Die Menschen selbst verstecken sich in Waldhütten, Dörfern, Einöden und Schlupfwinkeln. Hütten, noch so abgelegen, Verstecke noch so unscheinbar, füllen sich wie der Impenstock mit seinen Bienen. Das ist aber nur der Anfang der Leiden.“...

 

Über den Steinacher Pfarrer Simon Steingräber schreibt Höser als er im Unterschlupft in Straubing war: „Mit meinen eigenen Augen sah ich eines Tages beim Blick durch mein Fenster den Pfarrer von Steinach auf der Straße, diesen Mann von auffallender Bildung, ehrenwert in jeder Beziehung. Jetzt wankt er daher, nicht mehr zu erkennen, in zerrissener lumpiger Kleidung, eine verachtenswerte Kreatur. Er kann sich kaum mehr auf den Füßen halten. Infolge der Misshandlungen durch die Schweden zittert er am ganzen Leibe. So schleppt er sich mühsam zwischen den feindlichen Haufen durch die Stadt und leistet er seinem mürrischen Herrn, dessen Gefangener er ist, die gemeinsten Dienste wie ein letzter Stallknecht.“

Am 16. Dezember 1633 war Steingräber vor den schwedischen Soldaten geflohen, fiel aber in seinem Versteck in Elisabethszell in deren Hände und wurde unter Misshandlungen nach Straubing hinausgeschleppt. Er kehrte nicht mehr nach Steinach zurück und starb in Folge der Tortouren.

Nachdem das Vieh gestohlen und das Haus abgebrannt war, standen viele vor dem Nichts. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als dem Kriegsheer zu folgen und selbst zu plündern, um zu überleben.

Die Heere konnten ihre eigenen Verluste (durch Kampf, viele jedoch durch Krankheit und Erschöpfung) so mühelos ausgleichen. Am Ende des Krieges waren im Feindesheer nur noch wenige Schweden übrig. Dem Tross der Soldaten folgten ihre ganzen Familien mit Frauen und Kinder, die die Verletzten versorgten und durch Plünderung für den Unterhalt sorgten.

Im April 1634 eroberten die kaiserlich/bayerischen Truppen Straubing zurück und drängten die Schweden ab. Die Bevölkerung konnte kurz aufatmen.

 

Die Pest

Viele Menschen aus dem Umland hatten in Straubing Zuflucht vor den Übergriffen der Soldaten gesucht. In der überfüllten Stadt bot sich eine hohe Ansteckungsgefahr von Seuchen unter der geschwächten und ausgehungerten Bevölkerung. 

Wahrscheinlich gab es bereits im Mai die ersten Pestopfer, denn von Mai 1633 bis Dezember 1634 stiegen die Todesfälle in den Kirchenbüchern von Straubing überproportional an4. Wobei hier ausgegangen werden muss, dass bei weitem nicht alle Toten notiert wurden.

Die Menschen verließen fluchtartig die Stadt und verbreiteten so die Krankheit im Umland.

Aus unserer Gemeinde und Pfarrei starben in Straubing, wohl an der Pest:
26.02.1634: Georg Rothamer, Bauer zu Rotham
24.07.1634: Margaretha, Frau des Johann Fischer von Gschwendt
29.07.1634: Andreas Permair, Wirt von Münster

 

Nach Abklingen der Seuche versuchten die adligen Grundherren und die Geistlichkeit eine Bestandsaufnahme zu machen und wieder Ordnung in das Chaos zu bringen.

Im Bischöflichen Zentralarchiv Regensburg gibt es in den Dekanatsakten von Pondorf Aufzeichnungen hierüber.

Alleine im Januar und Februar 1634 gab es in Steinach 14 Trauungen, meist von verwitweten Personen oder „hinterlassenen“ Töchtern. Drei Beerdigungen waren zu verzeichnen und keine einzige Taufe5.

Die Geistlichen waren vor allem darauf bedacht, dass die Überlebenden nicht ohne kirchlichen Segen zusammenlebten.

Ähnlichkeiten zeigen sich auch in den anderen Pfarreien des Dekanats. Da die meisten Kirchenbücher erst viel später einsetzen sind diese namentlichen Aufzeichnungen auch eine wertvolle Quelle für die Familien- und Heimatforschung. Der Pfarrer von Rattenberg hat auch die 120 Pesttoten der Pfarrei namentlich notiert.

 

Pondorf 7 Januar Februar 1635

 Meldungen von den Pfarrern an das Dekanat über die kirchlichen Sakramente im Januar und Februar 1634
(Die Namen der Personen wurden jebenfalls aufgeführt).

 

 

 

Ein noch viel erschreckendes Bild zeigt die Aufstellung der Pfarrer über die Zahl der Kommunikaten im Jahr 1630 und im April 16366:

In der Pfarrei Steinach waren von den 800 Personen, die 1630 noch kommunizierten nur noch 115 vorhanden. 24 erhielten noch nicht die Kommunion, waren also jünger als etwa neun Jahre. Dies bedeutet einen Bevölkerungsschwund von 86 Prozent!

In der Pfarrei Münster lebten von den 256 Kommunikaten im Jahre 1630 noch 71 Personen in Münster. 24 Kinder erhielten noch nicht die Kommunion. Hier betrug der Verlust 71 Prozent!

 

Kommunikaten 1630 1635

Legende Kommunikaten

 

 

 

Die Pfarrei Steinach hatte, neben Arrach, den größten Schwund zu verzeichnen.

 

Sterberate in Prozent

Bevölkerungsschwund in Prozent

 

 

Der Bevölkerungsrückgang im ganzen Dekanat Pondorf lag im Durchschnitt bei 64 Prozent7.

 

 

 

Weiter zeigt der Bericht folgende Situation:

  • Die Pfarrer beklagen, dass aufgrund der fehlenden Salbücher, sie glauben müssen, was ihnen die „Pfarrkinder selbst gutwillig geben“.
  • In den Pfarreien Rattenberg, Steinach Haslbach und Stallwanghausen etliche Pfarrkinder noch ohne Trauung miteinander“, dies ist anzuzeigen.
  • Der Pfarrer von Ascha hält sich noch bei Herrn von Weichs im Falkenfelser Schloss auf, da der Pfarrhof ruiniert ist und auch der Pfarrer von Arrach wohnt im April 1636 im Schulhaus von Falkenstein, da das „Dorf von niemanden besetzt ist“. Beide sind angehalten in die Pfarrhöfe zurückzukehren, damit diese nicht völlig „abgeschleift“ werden.
  • Außerdem ist in Arrach, Ascha und Haibach kein Schulmeister oder Mesner mehr da.
  • Kinderlehre kann auch keine mehr gehalten werden, da „keine Jugend mehr vorhanden sei“.
  • In der Pfarrei Steinach befinden sich fünf „ketzerische Personen“ die nicht beichten, in Wiesenfelden gar 25. Die Pfarrer wurden angehalten auch dies der weltlichen Obrigkeit anzuzeigen.
  • Der Pfarrer von Steinach gibt an, dass sich in seiner Pfarrkirche und Friedhof 14 namenslose Gräber befinden, ob sie „Ketzer“ gewesen seien, wisse er nicht.

 

Auch wurde über einige wunderischen und merkwürdigen Sachen berichtet:

  • Pfarrer Friedrich Wirnberger von Bogenberg berichtet, dass sich ein Schwede den Ring „Unserer lieben Frau“ an den Finger gesteckt hat. Alsbald ist ihm ein „Plätterle“ am Finger aufgefahren, so dass er ihm zu Regensburg abgenommen werden musste.
  • Der Bader zu Bogen hat zu Lebzeiten ein Frauenbildnis machen lassen und dieses der Kapelle zu Bogenberg verehrt. Nachdem ein Schwede das Bild geraubt hatte und in sein Quartier in Bogen mitnahm, ist ihm der verstorbene Bader erschienen und hat ihn aufgefordert, das Bild wieder zurückzubringen. Was auch geschehen sei.
  • Außerdem hat ein schwedischer Soldat aus einem Messgewand ein Leib machen lassen. Der Käufer wurde in Straubing „mit Streichen traktiert“, so dass er das Gewand von sich riss und aussprach, dass es „mit den christlichen Sachen kein Glück sei und er dergleichen in Zukunft bleiben lassen wolle.“
  • Der Pfarrer Heinrich Willauer von St. Peter in Straubing berichtet, das die Schweden ein altes Kruzifix in der größeren Gruft nicht hinweg tragen haben können.
  • Und in der Provisor Hofdorf haben die heraldischen Reiter drei Glocken vom Turm herabgeworfen, dabei ist auch ein schwedischer Soldat herabgefallen und auf dem Friedhof tot liegen geblieben.

 

In den Briefprotokollen (Vorgänger der Notarurkunden) von April 1637 finden wir Hinweise zu den Schicksalen in unserer Gegend:

  • Die beiden fuchsischen Vormünder Hans Prindl und Wolf Perger zu Muckenwinkling quittieren dem erbaren Georg Pächel zu Trudendorf und weiland Erasmen Fuchsen zu ...berg sel. nachgelassene Erben über mehr gemelten Wolfen Fuchsens zu ermelten Trudendorf und Barbara dessen Ehewirtin beide nunmehr sel. nachgelassene Tochter Maria genannt, so im schweden Kriegslauff abgeht und unwissend wohin kommen ….8

 

  • Michael Hien und Sigmund Rothamer, beide zu Rotham, als des weiland Wolfen Frängls zu Wolferszell sel. hinderlassene drei eheleibl. Kinder, namens Hans, Georg, beide dermahlen zu der Fremde und unwissend wo sie seien, und Walburga verordnete Vormünder quittieren Ursula, weiland Andren Permairs gew. Wirt zu Münster ….9

 

 

 

 

1641 die Schweden kommen zurück

Nach einigen Jahren der Ruhe konnte sich die Bevölkerung wieder erholen. Viele Höfe wurden neu vergeben und aufgebaut.

Im Januar 1641 verließen die Truppen des Schwedengenerals Banér jedoch ihr norddeutsches Winterquartier und rückten auf Regensburg vor, um den dort versammelten deutschen Reichstag um Kaiser Ferdinand III. von Habsburg  zu überrumpeln.
Sein Plan wurde im letzten Moment durch Tauwetter und den dadurch verursachten Eisgang auf der Donau vereitelt. Nur eine kleine Abteilung von 600 Reitern war es vorher gelungen die gefrorene Donau zu überqueren. Diese unternahmen nun Beutezüge donauabwärts bis ins Österreichische hinein.

Der Steinacher Amtmann Paul Kumpfmüller wurde am 22. Januar 1641 dabei von den schwedischen Reitern erschossen10, vermutlich als diese das Steinacher Schloss plünderten.

 

 

 

Der dritte Schwedeneinfall vom Juli 1647 bis März 1648

Es kehrte wieder für einige Jahre Ruhe ein und das Leben normalisierte sich. Im Juli 1647 kommt das Kriegsgeschehen erneut mit voller Gewalt in unsere Gegend.

Am 6. Juli 1647 plündern 62 Reiter das Steinacher Schloss und erschießen dabei den Richter Albert Dietlmayr11.
Dabei wird auch den Bauern ihr Vieh abgenommen, die im Schloss Zuflucht gesucht hatten:
Andreas Fischer von Agendorf beklagt den Verlust seines „Pferdes, das ihm aus dem Schloss Steinach durch die geholnische Reiter hinaus genommen worden war“12.
Interessant ist hierbei, dass ihm vom Straubinger Rentmeister Wolf Jakob Freyman ein „Schein“ ausgestellt wurde, womit er das Pferd zurückholen konnte. Es war inzwischen weiterverkauft worden und Fischer kannte seinen neuen Besitzer.

Gleiche Scheine wurden ausgestellt an:
- Michael Foidl von Agendorf, als ihm drei Rösser ebenfalls im Schloss Steinach abgenommen wurden, wobei er den Aufenthalt eines Pferdes wusste13

- Peter Wenzl von Agendorf für eine tragende Kalbin, die ihm am 13.10.1647 aus dem Stall geholt worden war14

- Wolfgang Hagenberger von Muckenwinkling für ein Pferd, dass ihm drei Reiter abnahmen, als er Holz heimfahren wollte.15

 

Im September 1647 sammelten sich in und um Straubing 13 bayerische Regimenter, die nach Böhmen aufbrachen. Im Februar 1648 sammelten sich kaiserliche Reiter im Bayerischen Wald und hausten ebenso wie die Feinde.

Für die Bevölkerung machte es schließlich keinen Unterschied mehr, ob es sich um Freund oder Feind handelte. Die Soldaten waren durch das jahrlange marodierende Soldatenleben vollkommen verroht und nahmen sich ohne Rücksicht alles was sie brauchten und wollten.

Zudem durchzogen auch immer wieder "schwedische Streifscharen" die Dörfer und stahlen Tiere und Vorräte. Am Ende des Krieges waren fast keine Schweden mehr in der gegnerischen Armee. Sie waren im Laufe der Jahrzehnte durch Überläufer, bezahlte Söldner und heimatlose Vertriebene ersetzt worden, die ihren Lebensunterhalt durch Plünderungen bestritten.

Am 12. Oktober 1648 zogen die Schweden schließlich von Bayern ab. Mit dem westfälischen Frieden endete der Krieg.

 

Altbayern war ein ausgehungertes und entvölkertes Land. Einige Dörfer verschwanden völlig und sind noch in alten Urkunden verzeichnet. In vielen Gegenden, in den Dörfern und Höfen, waren nur noch wenige Menschen oder gar keine mehr anzutreffen.
Die Überlebenden waren traumatisiert und es dauerte zum Teil Jahrzehnte, bis die Höfe wieder bewirtschaftet wurden.
Ein Bauernhof konnte für einen Bruchteil seines Wertes erworben werden, da die Grundherren froh waren, überhaupt jemanden zu finden, der ihn wieder aufbaute.

 

 

 

Familien, die den Krieg überlebten:

In der Pfarrei Steinach finden wir nach dem Krieg nur noch folgende Familien, die vorher bereits ansässig waren:

Steinach:
- Fuchs Wolfgang und Katharina, mit ihren Söhnen Bartholomäus, Wolfgang und Martin (Hs.Nr. 12, heute August-Schmieder-Str. 4)

- Götz Johann und Barbara (Hs.Nr. 16, heute Bachstr. 2)

- Grüneisl Sebastian u. Maria, Schmiedssohn von Wolferszell, ab 1641 Schmied in Steinach (Hs.Nr. 15)

- Grimm Wolfgang und Eva (Hs.Nr. 30, heute Götzstr. 10)

- Schuhbauer Georg, Hafner (Hs.Nr. 62, Hafnerstr. 4).
  Nachfahren lebten bis ins 21. Jahrhundert in Wolferszell.

 

Agendorf:

- Foidl Georg und Ursula mit ihren Kindern Jodokus, Michael, Georg, Sebastian, Magdalena, Maria, Michael und Ursula (Hs.Nr. 34, heute Mitterfelser Str. 2).
  Nachfahren finden wir noch heute im Gemeindegebiet.

- Rosenhamer Andreas und Barbara, Söldner (Hs.Nr. 43, Mitterfelser Str. 18)

- Wenzl Peter, Bauersohn von Hoerabach (dieser Hof ist zerstört) heiratet ca. 1638 die Wirtstochter Barbara Schleinkofer von Agendorf und wird Wirt in Agendorf

 

Wolferszell:

- Fischer Paul und Agathe bzw. deren Sohn Georg Fischer in Wolferszell, Hafner (Hs.Nr. 5, heute bei Kreuzstr. 9)

- Fuchs Johann, Hafner bzw. dessen Sohn Michael, Hafner (Hs.Nr. 16, Mühlenweg 15)

- Grüneisl Kaspar und Katharina, Schmiedssohn von Wolferszell (Hs.Nr. 7, heute Kreuzstr. 3)
   Nachfahren von ihm wurden Hafner und waren bis ins 20. Jahrhundert im Gemeindegebiet vorzufinden.

- Ziflinger Bartholomäus und Katharina, Hafner (Hs.Nr. 10, heute Chamerstr. 7 und 9)

- Bielmeier Vitus und Eva, Müller und Wirt und dessen Ehefrau Eva bzw. deren späterer Stiefsohn Stubenhofer Georg d. Ältere und dessen Ehefrau Rosina. (Hs.Nr. 17, heute Mühlenweg 7, Mühle)

 

Rotham:
- Rothamer Georg stirbt 1634 in Straubing, aber sein Sohn Simon überlebt und heiratet 1636 Anna Maria Sieber von Münster.
  Die Familie ist noch heute auf dem Hof.

 

Gschwendt:
- Stubenhofer Georg, Wirt. Die erste Ehefrau Ursula stirbt ca. 1636, seine 2. Ehefrau Eva stirbt am 12.10.1647 in Straubing. Die Nachfahren leben noch heute in Gschwendt.

- Fischer Michael, Hafner (Sohn d. Paul Fischer von Wolferszell) (Hs.Nr. 5, Kinsachstr. 5)

 

Muckenwinkling:

- Familie Engl (Hs.Nr. 55, Agendorfer Str. 15 und Hs.Nr. 61/62, Agendorfer Str. )

- Familie Bründl (Hs.Nr. 56)

- Familie Zaun, (Hs.Nr. 54 und 60)

 

Trudendorf:

- Bachl Georg, war vorher in Wolferszell Nr. 3 ansässig (Hs.Nr. 73 und 74, heute Trudendorf Nr. 4). Nachfahren leben heute noch in Steinach.
  Auch er ist erst nach dem ersten Schwedeneinfall  in Trudendorf anzutreffen.

Von den fünf alten Familien in Trudendorf war keine mehr vorhanden.

 

Bärnzell:
Auf den drei Höfen überlebte nur die Familie Söldner, die bis 1841 auf dem Hof anzutreffen war.

 

Unterniedersteinach:

Die Familie Permayer (Permer, Bergmaier) finden wir bereit 1538 auf dem „Hof auf der Wies“. 1733 veräußern sie ihn und gehen als Wirte nach Wolferszell.
Es ist die einzige Familie in Unter- und Oberniedersteinach, die auch nach dem Krieg noch da ist.

 

 

Von Münster gibt es leider keine zuverlässige Aufstellung von den Höfen Anfang des 17. Jahrhunderts, also vor den Überfällen.

Im Grunde gab es jedoch nur zwei Familien, die wir vor und nach dem Krieg in den Quellen finden: die Familien Sieber und Spießl

Ihre Nachfahren leben heute noch in Münster und Steinach.

 

Drei Personen sind nach dem ersten Schwedeneinfall in Münster ansässig geworden und überlebten auch die beiden weiteren Überfälle:

- Trägl Georg, Metzger in Münster Nr. 23, heiratet 1635 in zweiter Ehe die Witwe des Münsterer Wirts Andreas Bergmaier, ist ab 1643 Hofwirt in Steinach und Besitzer weiterer Höfe in Steinach (Hs.Nr. 27 und Nr. 17). Er war der Sohn des Steinacher Metzers Andre Trägl.

- Grüneisl Anton, Schmiedsohn von Wolferszell, ab 1641 Schmied in Münster

- Greimuth Michael, war bis 1641 Müller in Steinach und machte sich dann als Metzger in Münster ansässig.

 

 

 

Mühlen der Gemeinde und Pfarreien

Besonders die Mühlen waren ein strategisches Ziel, waren sie doch „systemrelevant“, da sie das Korn zu Mehl verarbeiten konnten, was ein wichtiges Grundnahrungsmittel war.
Zerstörte man die Mühle, war das mahlen von Mehl nicht mehr möglich. 
Außerdem galten die Müller als wohlhabend und schon daher waren sie potentielle Opfer.
Während die Bruckmühle bei Agendorf bereits im ersten Schwedeneinfall 1633 zerstört wurde, wird auch die Steinacher Mühle nach dem dritten Schwedeneinfall im Juli 1647 nicht mehr erwähnt und nicht mehr aufgebaut.

Die Mühlen in Wolferszell, Gschwendt und die Aichmühl wurden wohl geplündert, danach aber bald wieder in Stand gesetzt.

 

Die Bauernhöfe

Von Münster und Steinach gibt es über die Höfe kaum Aufzeichnungen während des Krieges. Viele dürften jedoch zerstört worden, bzw. dessen Besitzer umgekommen sein.

Der Hof in Lehmoos ist seit dem ersten Schwedeneinfall aus den Aufzeichnungen verschwunden.

 

Das Schmalzregister des Kastenamt Straubing bietet jedoch einen interessanten Überblick über die Abgaben der sog. Urbarshöfe von dem Zeitraum 1641 – 165016. Also genau in der Zeit der zweiten und dritten Überfälle.

Hier sind die Abgaben der Höfe in Agendorf, Kindlasberg, Hoerabach, Pellham, Rotham, Wolferszell, Sackhof, Berghof Muckenwinkling, Trudendorf und den Schieda-Höfen im Einzelnen aufgeführt und man kann genau sehen, wann welche Höfe in welchem Maße Erträge abwarfen bzw. gar verödet waren.

Im Jahr 1648, also unmittelbar nach den Plünderungen durch die kaiserlich/bayerischen Soldaten (es ist fraglich, ob es her immer die Schweden waren) führte fast kein einziger Hof eine Abgabe ab.

 

 

 

1 Verzeichnis der für die von den Schweden 1633 nach der Übergabe der Stadt geforderte Brandschatzung gesammelten Beträge an Geld und Edelmetall
2 Keim J., Zur Geschichte Straubings im Zeitalter des dreißigjährigen Krieges, veröffentlicht im Jahresbericht des Hist. Vereins f. Straubing und Umgebung Band 60 (1957), S. 19 ff
3 Aus dem Kriegstagebuche des Oberalteicher Abtes Veit Höser. Erneut übersetzt und kommentiert von Dr. Rupert Sigl in „Sigl, R., Wallensteins Rache an Bayern – Der Schwedenschreck, Grafenau 1984“
4 Keim J., Die Jahre 1625 mit 1635 aus dem Totenbuch der Pfarrei St. Jakob in Straubing, veröffentlicht im Jahresbericht des Hist. Vereins f. Straubing und Umgebung Band 61 (1958), S. 65 ff
5 BZA Regensburg, OA/Dekanate Pondorf 7, Matrikel der Pfarreien des Dekanats Pondorf Januar und Februar 1635
6 BZA Regensburg, OA/Dekanate Pondorf 8, Bericht über die Pfarreien des Dekanats Pondorf vom 21. April 1636
7 1630 waren im Dekanat 13.820 Kommunikaten verzeichnet, im April betrug die Zahl nur noch 4.919 Seelen. Dazu kamen 690 Kinder, die noch keine Kommunion empfingen.
8 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P50,  fol.55‘   Schuldbrief vom 18.04.1637
9 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P50,  fol.71   Quittung vom 06.04.1637
10 KB Steinach Bd.11/10, S. 13
11 KB Steinach Bd.11/22 S. 36
12 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P54 I,  fol. 51  Schein wegen eines verlorenen Ross 20. Juli 1647

13 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P54 I,  fol. 111  Schein wegen eines verlorenen Ross vom 04.04.1648
14 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P54 I,  fol. 69  Schein wegen einer verlorenen Kuh vom 23.10.1647
15 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P54 II,  fol. 202‘  Schein um ein von Reitern abgenommenes Pferd  09.04.1649
16 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B90, In dem Schmalzbuch sind auch die Höfe folgender Orte enthalten: Allersdorf, Hofweinzier, Anning, Unterfreindorf, Ohmühl, Denkzell, Kumpfmühl (Gossersdorf), Wies?, Baumgarten, Kellburg, Maulendorf, Mainstorf, Hinterholzen, Weingarten, Kößnach, Pihel, Thurastorf (Parkstetten), Ober- und Unterparkstetten, Roihof, Hartberg, Hofweinzier, Stockmühl, Scheften, Krahof

 

Weitere Quellen:
Pfarrmatrikel der Pfarreien Steinach und Pfaffmünster
Mussinan Joseph von, Befestigung und Belagerung der baierischen Hauptstadt Straubing in den Jahren 1633, 1704 und 1741, 1816 
Fink Leo, Straubings Schwedenzeit  erschienen im Jahresbericht des Hist. Vereins f. Straubing u. Umgebung 35. Jhg. (1932)
Keim Josef, Zur Geschichte Straubings im Zeitalter des dreißigjährigen Krieges – Straubings Brandschatzung, erschienen im Jahresbericht des Hist. Vereins f. Straubing u. Umgebung 60. Jhg. (1957)
Sigl Rupert, Wallensteins Rache an Bayern – Der Schwedenschreck  (mit Tagebuch des Abtes Veit Höser) 1984, Morsak Verlag    ISBN 3-87553-234-1

 

Die Dekanatsakten im Bischöfl. Zentralarchiv in Regensburg wurden von Cornelia Landstorfer entdeckt und gesichtet. Vielen herzlichen Dank hierfür.

 

 

Stand: 28.07.2024