Die Amtmänner und Gendarme in Steinach

 
von Claudia Heigl

 

Bis 1848 wurden in Steinach kleinere Vergehen direkt vom Gutsbesitzer, dem Hofmarksherren, abgestraft.

Die Hofmarksherren von Steinach besaßen die sog. niedere Gerichtsbarkeit, auch patrimoniale Gerichtsbarkeit genannt, die mit dem Besitz eines Gutes (patrimonium) verbunden war.  Der Grundherr war als solcher befugt, seine Gerichtsbarkeit gegenüber seinen Untertanen selbst oder durch bestellte Rechtsgelehrte auszuüben, was in Steinach der Fall war. Die Hofmarksrichter befassten sich in der Regel mit den geringen Delikten des Alltages, wie Eigentums- und Erbangelegenheiten, einfache Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Beschimpfungen und Beleidigungen, Verstöße gegen die Flur- und Waldordnung, Leichtfertigkeiten (wie Ehebruch oder Geschlechtsverkehr zwischen Nichtverheirateten) sowie mit alle kleineren Vergehen. Als Strafe wurden vor allem Geldstrafen oder Ehrenstrafen, wie z.B. das öffentliche zur Schau stellen mit der Halsgeige, verhängt.

Die sog. Amtmänner (lat. Lictoris) waren ihre Strafvollstrecker, auch Schergen genannt. Zu ihren Aufgaben gehörten außerdem sämtliche Vergehen und strafbare Handlungen aufzuspüren, Steuern einzutreiben, die Scharwerksarbeiten zu verteilen, die Feuerbeschau durchzuführen und im Dorf für Zucht und Ordnung zu sorgen.

Sie hatten keine festen Bezüge, sondern wurden nach Tätigkeitsaufwand bezahlt. So erhielt der Steinacher Amtmann im 18. Jahrhundert 10 Kreuzer vom Gerichtsspruch, jeweils 17 Kreuzer als Liefergebühr und für das Ein- und Ausschlagen in Stock und noch Nachrecht und Sitzgeld.

Aufgrund ihres Anteils an den Urteilssprüchen hatten sie natürlich Interesse möglichst viele Vergehen aufzudecken und waren dadurch im Dorf nicht sonderlich beliebt. Die Amtmänner heirateten meist innerhalb ihrer Berufsgruppe und kamen von außerhalb, d.h. es gab keine verwandtschaftlichen Verflechtungen mit ihnen in der Dorfgemeinschaft. Sie lebten mit ihren Familien in der Schlossanlage von Steinach.

 

Uraufnahme 1827

Bis ca. 1841 wohnten die  Amtmänner in dem Haus auf dem Schlossgelände (Nr. 2).
1869 wurde es als Jägerhaus bezeichnet.
Quelle: Bayerische Vermessungsverwaltung, Bayernatlas Uraufnahme 1827

 

Der erste bekannte Steinacher Amtmann, Paul Kumpfmüller, wurde am 22.01.1641 bei einem Überfall von schwedischen Reitern im Schloss erschossen, als er sich Ihnen wahrscheinlich in den Weg stellte.

 

Weitere bekannte Amtmannsfamilien in Steinach:

1643: Undentaller Johann und Barbara (Taufe des Sohnes Georg)
1644: Niedermayer Wolfgang und Anna (Taufe der Tochter Ursula)
1646: Schlegl Florian und Elisabeth (Taufe der Tochter Walburga)
1650: Stainbihler Georg
1651: Bauernfeind Simon und Maria (Taufe der Tochter Maria)
1653: Löcher Johann und Maria (Taufe des Sohnes Georg)
1661-1672: Schreiber Mathias (+1672) und Katharina (Taufen von sieben Kindern)
1677: Mayr Paul und Margaretha (gen. 1677 in Steinach bei der Taufe des Sohnes Johann und 1693 in Gschwendt als Amtmann)
1686: Der Amtmann Lambert Peter stirbt mit 55 Jahren in Steinach.
1687: Petz Emeran und Anna (Taufe Tochter Margaretha)
1690: Fläxel Nikolaus und Margaretha (vorher in Kollburg und in Mitterfels tätig)
1690: Fläxel Thomas (Sohn obigen) heiratet Katharina Stadler, die Tochter des Falkenfelser Amtmannes Georg und dessen Ehefrau Anna.
1695: Augst Johann von Hofdorf b. Wörth (Sohn des Amtmannes Georg u. Anna Augst)  heiratet die Witwe Anna des o.g. Emeran Petz
1728: Hölzel Martin stirbt als Amtmann mit 45 Jahren in Steinach.
1730: Schmidt Georg und Eva. Georg war der Sohn des Amtmann von Oberalteich und Steinburg Lukas Schmid und dessen Ehefrau Katharina. 1696 wird er in Roßhaupten erwähnt und ab 1730 in Steinach.
1731: JULIUS Joseph ebenfalls ein Amtmannssohn von Landshut (Eltern JULIUS Vitus und Magdalena) heiratet die Tochter namens Maria des o.g. Georg Schmidt
vor 1736: Schwanzl Johann und Ursula
1736: Schwanzl Johann (Sohn o.g.) heiratet Zenzlhuber Anna Maria, Tochter des Amtmannes Joseph Zenzlhuber und dessen Ehefrau Elisabeth von Alten..hofshaim?
1764: Eissnhofer Joseph, Sohn des Amtmannes Joseph Eissenhofer und dessen Ehefrau Maria von Premfeld b. Viechtach, heiratet Edlmayer Maria Magdalena
1769: Hilmer Johann Georg u. Barbara geb. Brunner von Gaishausen (Taufe Sohn Franz)

 

Dem Hofmarksherren und Vizedom Adam Graf Hörwarth von Hohenburg (Hofmarksherr in Steinach 1710-1761)  kam bereits der Gedanke, dass das Steinacher Hofmarksgericht zu klein sei und somit sich ein Richter nicht lohnte. Sein Nachfolger übergab daher die Amtsgeschäfte einem Juristen in Straubing.

Im 19. Jahrhundert wurden die früheren Steinacher Amtmänner nur noch als Gerichtsdiener, später als Gemeindediener bezeichnet.
1796 heiratete der Gerichtsdiener Kaufmann Wolfgang v. Strahlfeld die Maurerstochter Katharina Haseneder von Steinach und lebte mit seiner Familie im Schloss Steinach.
Als sein Sohn Joseph Kaufmann (*1806), ebenfalls Gerichtsdiener, 1841 die Steinacher Maurerstochter Katharina Gruber heiratete, übernahm er mit seiner Ehefrau Katharina deren Elternhaus in Steinach Hs.Nr. 7 (heute Brunnenweg 6). Hinzu kam, dass mit der Aufhebung der Patriimonialgerichte im Jahr 1848 keine Gerichtsdiener in den Hofmarken mehr gebraucht wurden. Sie übernahmen die Aufgaben eines Gemeindediener.

Durch den Minister Montgelas kam es zu umfangreichen Reformen in Bayern. Darunter auch bei der Rechtsprechung und deren Ausübung. Am 11. Oktober 1812 gründete der Bayerische König Maximilian Josef die bayerische Gendarmerie. Diese war nach dem Vorbild Frankreichs dezentral über Bayern verteilt und militärisch organisiert. 1894 errichtete man auch in Steinach eine feste Gendarmerie-Station.

Als August von Schmieder 1901 das Schlossgut erwarb, plante er zuerst das Alte Schloss im großen Stile umzubauen und zu erweitern. Da die alte Benefiziumskirche bei diesem geplanten Umbau im Wege gestanden hätte, wollte von Schmieder, in unmittelbarer Schlossnähe auf dem Anwesen Nr. 34, eine neue Benefiziumskirche errichten.

 

 

Karte 1915

alte Haus Nr. 34, heute August-Schmieder-Str. 19
Karte um 1915 mit dem neu eingezeichneten Gendarmhaus

Vermesssungsamt Straubing, Katasterkarte Steinach

 

 

Vorbesitzer des Hauses Nr. 34, heute August-Schmieder-Str. 19

1662: Adam Semmelbeck u. Katharina /2.o 1662 Anna verw. Taimer
1698 Ü: Paul Semmelbeck u. Rosina geb. Lanzinger v. Wolferszell /2.oo 1727 Anna geb. Gäbauren v. Großaign
1716 K: Joseph Zollner v. Steinach Nr. 34 u. Maria geb. Hien, Tagelöhnerstochter von Agendorf
1769 Ü: Luttner Mathias v. Oberascha (unehel. Sohn d. Benedikt Luttner Halbbauern von Hagnzell) und Anna Maria geb. Hien, Tagelöhnerstochter von Agendorf (Nicht o.g. Maria Zollner geb. Hien)
1785 H: Vielreich Georg v. Haselbach u. Witwe Anna Maria Luttner
1799 Ü: Jakob Luttner (Sohn d. Mathias u. Anna Maria) und Anna Maria geb. Seidl v. Steinach Nr. 9
1836 Ü: Friedl Georg, Dachdecker v. Niedersteinach, und Walburga geb. Luttner, Tochter o.g.
1864 Ü: Georg Luttner (unehel. Sohn d. Walburga Luttner) u. Theres Dietl v. Neuvielreich
1877 K: Wolfgang Laschinger u. Anna geb. Wolf um 2828 Mark /2.oo 1881 Magdalena geb. Schelchshorn v. Dingolfing
1884: Kauf durch Rudolf Freiherr von Berchem-Königsfeld um 2730 Mark
1899: Dr. Karl von Lang-Puchhof
1901: Dr. August von Schmieder

Ü: Übergabe   K: Kauf   H: Heirat    ( Detaillierte Angaben zu den Hof- und Hausbesitzer liegen im Archiv für Heimatgeschichte in Steinach vor und können dort eingesehen werden.)

 

Als sich die Umbaupläne jedoch zerschlugen und dafür das Neue Schloss gebaut wurde, war dieser Platz frei für den Bau einer repräsentativen Gendarmerie-Station mit zwei Dienstwohnungen.

 

Plan

Ursprünglicher Plan des Gendarmerie-Wohnhauses von 1903

StA Landshut, Rep. 162-17, Schachtel 33 Nr. 3781, Baupläne Steinach

 

Unter den alten Steinacher Bauplänen im Staatsarchiv Landshut findet man einen „Plan zur Erbauung eines Gendarmerie-Wohnhauses in Steinach, Herrn Dr. Aug. v. Schmieder gehörig“ vom 13. Juni 1903. Als Bauherr unterzeichnete der Generalbevollmächtigte Kuchenmeister des Herrn von Schmieder. Als ausführender Architekt wird Iwan Bartcky genannt, der auch für die Renovierung des Alten Schlosses, sowie für die Durchführung aller Um- und Neubauten der Ökonomiegebäude in Steinach und dem Bau des Neuen Schlosses beauftragt wurde. Der ursprünglich aufwendig geplante Bau, wurde letztendlich doch einfacher gebaut. Hiervon liegt im Staatsarchiv auch der Ausführungsplan von 1905 vor.

 FO STEI 1302

Das "Gendarm-Haus" aufgenommen ca. 1940
Fotograf: Max Hiegeist, Hoerabach

 

1914 bis ca. 1919 bewohnte der damalige Gendarmerie-Sergant Joseph Schöberl mit seiner Ehefrau Rosa, geb. Kraml, die neue Gendarmarie-Station.

 

Schoeberl

Gendarmerie-Sergant Joseph Schöberl mit seiner Familie 1914 vor dem Gendarm-Haus.
Er trug einen dunkelgrünen Waffenrock mit dem bayerischen Polizei-Säbel.

1919 wurden alle Polizisten vom Militär losgelöst und zugleich dem Bayerischen Innenministerium unterstellt. Die Polizei stand nun unter ziviler Kontrolle des Landes oder aber der Gemeinden.

1923 bis 1928 besetzte ein Peter Wein die Polizeistation. 1923 bis 1927 wurde er dabei von Alfons Gunkel (*09.08.1889) unterstützt.

1928 bis 1930 war Gendarmerie Hauptwachtmeister Josef Jordan in Steinach stationiert. 1930 wurden Josef Jordan und seine Ehefrau Maria geb. Urban Eltern eines Sohnes.
1929 bis 1937 war ein Andreas Schürlein in Steinach als Komisär eingesetzt. Ein Johann Wild wird mit ihm 1932/1933 genannt.

Die Nationalsozialisten zentralisierten 1933 alle Polizisten in Deutschland. Personal und Kompetenzen blieben dieselben und das Innenministerium war nach wie vor die oberste Dienstbehörde. Als 1936 eine neue Polizeistruktur eingeführt wurde, gingen die kleinen Gemeindepolizeien in der sog. Ordnungspolizei auf.


Von 1936-1941 ist ein Hauptwachtmeister Laußer in Steinach stationiert. Am 05.09.1938 zog erneut  Oberwachtmeister Alfons Gunkel  mit seiner Ehefrau Maria, geb. Kasper, und mit ihren zwei Kindern in das „Gendarmhaus“ in Steinach ein. Zu seinen traurigen Aufgaben gehörte es auch, den Familien die Todesnachricht zu übermitteln, wenn ein Sohn, Bruder oder Ehemann an der Front gefallen war. Er war es auch, der am 25.04.1945 in voller Uniform, den Revolver umgeschnallt, allein den Amerikanern nach Rotham entgegenging, um die Kapitulation des Dorfes mitzuteilen. Gunkel blieb bis Dezember 1949 in Steinach und zog dann, im Alter von 60 Jahren, nach Aicha.

Die neue US-Militärregierung löste zunächst alle bisherigen deutschen Polizeieinrichtungen auf, um deren Aufgaben selbst zu übernehmen. 1946 wurde die Polizeiorganisation wieder aufgebaut, indem man die Land- und die Gemeindepolizei (für Gemeinden ab 5.000 Einwohner) gründete.

Die Steinacher Polizisten waren der Landpolizei Straubing untergeordnet, mit Hauptsitz in der Äußeren Passauer Straße, hatten ihr Büro aber in der Polizei-Station in Steinach.

Ab 1947 kam Anton Kugler (*25.02.1904), mit Ehefrau Käthe und einem Kind, als Polizeibeamter nach Steinach. Sie wohnten bis zum Juni 1950 im Gendarmhaus und zogen dann nach Straubing. Dort starb Anton Kugler am 24.07.1986 im Alter von 82 Jahren.

Schmid Josef 2

 

 

Als Nachfolger von Kugler folgte am 01.05.1950 Josef Schmid, der zunächst auch mit seiner Ehefrau Luise und ihren acht Kindern im „Gendarm-Haus“ wohnte. Als er 1955 nach Straubing zur Landpolizei versetzt wurde, bezogen er und seine Familie ihr neugebautes eigenes Haus in der Hohen-Kreuz-Straße in Steinach.

Mit ihm kam fast zur gleichen Zeit im Oktober 1950 der Landespolizeibeamte Walter Brandl (*1919) und seine Ehefrau Margaretha mit ihren zwei Kindern nach Steinach. Brandl blieb noch fünf Jahre länger und zog im August 1960 wieder nach Straubing.

Als die beiden Polizisten Schmid und Brandl nach Straubing versetzt wurden, verlor das Haus, dass nach wie vor dem Eigentümer des Schlosskomplexes gehörte, seine Nutzung als „Polizei-Station“.

 

 

 

 

Man erinnerte sich nochmals kurz an seine Funktion, als in den 60er Jahren ein Gefangener, auf dem Transport von Cham nach Straubing, in der Arrestzelle über Nacht einquartiert wurde.

 

Gendarmhaus 2017 Arrestzelle

Die ca. 6 qm große Arrestzelle kann nur von innen betreten werden und ist gut gesichert.

 Gendarmhaus Eingang 2017

Das Haus aufgenommen 2017

 

Gendarmhaus 2017 Haustuere

Das Treppenhaus und die Eingangstüre sind noch im Originalzustand von 1903

 

 

Der Schlossverwalter Walter Knobloch bewohnte bis 1979 noch das Haus, dass danach überwiegend von Praktikanten der Saatzucht benutzt wurde.

1988 kaufte es der Nachbar Max Simmel sen. von dem damaligen Schlossbesitzer Lindbüchl. Seitdem gehört es zum Simmel-Hof und wird vermietet.

 

 

Quellen:
Bischöfl. Zentralarchiv Regensburg, Pfarrmatirkel der Pfarrei Steinach
StA Landshut, Rentamt Straubing B78, Häuser und Rustikalsteuerkataster Münster incl Steinach 1808
StA Landshut, Grundsteuerkataster (Rep.127), Sig. 17/42-4, 17/42-7, 17/42_11,  Umschreibehefte zum Urkataster  der Gemarkung Steinach, 1843 - 1906
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokolle der Steuergemeinde Steinach 1838

Bildquellen:
Archiv für Heimatgeschichte Steinach