Die Ziegelstadel im Gemeindegebiet

 

von Claudia Heigl

 

 

Im heutigen Gemeindegebiet von Steinach gab es früher drei Ziegelstadel.

 

  • Einer befand sich in Steinach und wurde vom Schlossherrn betrieben.
  • Ein weiterer in Münster, im Eigentum des Chorherrenstifts St. Jakob und St. Tiburtius in Straubing.
  • Der dritte in Wolferszell, der vom Bauern Jakob Wacker betrieben wurde

 

karte gemeinde

 

 

Hier dürfte es sich um sog. Feldbrandziegeleien gehandelt haben. Der Brand erfolgte auf einem Feld, auf dem der natürliche Rohstoff für die Ziegelherstellung vorhanden war.

Lehmgruben, genannt Lehmkuhlen, dienten als Quelle des natürlichen Rohmaterials wie Lehm, Löss und Ton. Diese bildeten die Grundlage für die Ziegelproduktion. Dazu kamen gebäudeähnliche Strukturen, manchmal nur mit auf Balken ruhenden Dächern (Ziegelstadel), unter denen die geformten Rohziegel zum Trocknen und Lagern abgelegt wurden.

Der eigentliche Ofen war ein rechteckiger Meiler, aufgebaut aus den getrockneten Rohziegeln. Er bestand aus mehreren langen Reihen, in denen die getrockneten Rohziegel hoch aufeinander gestapelt wurden. Die Ziegel wurden auf ihrer langen, schmalen Seite platziert, wobei in jeder zweiten Schicht die Ziegel schräg gestellt wurden, um die Stabilität zu erhöhen. Zwischen den Ziegeln entstanden Lücken, durch die während des Brennens heiße Verbrennungsgase strömten. Holz, das in die unteren Zwischenräume der Steine eingelegt wurde, diente als Brennstoff. Die so errichteten, mehrere Meter hohen, rechteckigen Steinhaufen wurden mit Lehm verputzt. Unten blieben Öffnungen für das Entzünden des Brennstoffs, während oben Öffnungen für den Abzug der heißen Verbrennungsgase verblieben.

Das Brennverfahren hatte einige Nachteile: Etwa ein Drittel der gebrannten Steine war unbrauchbar, da sie durch Asche, Schlacken oder Schmolz beschädigt wurden. Selbst die restlichen Steine waren nicht immer von einwandfreier Qualität, da die Temperatur innerhalb des Meilers uneinheitlich war und ungleiche Brände sowie Mängel verursachte. Starker Wind konnte ebenfalls zu einem ungleichmäßigen Brand führen.

Der Rohstoff Lehm, Löss und Ton wurde im Herbst mit Hacken und Spaten abgebaut und mit Schubkarren aus den Gruben transportiert. Das Material wurde dann in dünnen Lagen ausgelegt, um zu verwittern, ein Prozess, der auch als Mauken bezeichnet wurde. Mindestens ein halbes Jahr musste der Rohstoff liegen, bevor er in ausgekleidete Gruben gebracht wurde, wo er mit Wasser vermischt und von Steinen sowie Wurzeln gereinigt wurde. Um das Material zu homogenisieren, wurde es von Menschen oder Tieren gestampft. Der nasse Rohstoff wurde dann auf Streichtischen von Hand in rechteckige Formrahmen gepresst und geglättet.

Die geformten Feldbrandziegel blieben anschließend 12 bis 14 Tage oder sogar länger unter Schutzdächern (Ziegelhütten) zur Trocknung liegen. Sie wurden dabei in mehrere Meter hohen Schichten aufeinandergestapelt, wobei zwischen den einzelnen Reihen Hohlräume verblieben.

 

Der Ziegelstadel in Steinach

Der Ziegelstadel in Steinach lag am Anfang der heutigen Riedstraße am westlichen Ortsrand

 

 uraufnahme ziegelstadel steinach

Uraufnahme aus dem Jahr 1838
Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas

 

Er war im Eigentum des Steinacher Schlossherrn. Es gibt keine Aufzeichnungen darüber, wann genau dieser Ziegelstadel errichtet wurde, doch es könnte bereits im 16. Jahrhundert in der Nähe ein Hafneranwesen existiert haben.

Im Salbuch von 15831 wird u.a. ein Erasmus Hafner auf der “Sölde am Bach neben der Mühleerwähnt. Im Gegensatz zu den anderen neun Hafneranwesen lag dieses im unteren Dorf, nahe der alten Mühle (dem heutigen Thanner-Wirtshaus), in der Nähe des späteren Ziegelstadels.

Zu jener Zeit war der Bedarf an Ziegeln im Dorfgebiet gering, da die Häuser größtenteils aus Holz erbaut und mit Holzschindeln gedeckt wurden. Falls benötigt, wurden Ziegel wahrscheinlich von den Hafner in Steinach hergestellt.

Nach dem 30-jährigen Krieg waren nur noch fünf Hafner in Steinach vorhanden, alle im oberen Dorf und hauptsächlich für die Herstellung von Töpferwaren tätig. Sie benötigten einen feineren "Hafnertegel" als für Ziegel. Ihr Rohmaterial bezogen sie aus dem nördlichen Dorfgebiet am Rande des Steinachbachs.

1752 wird in Steinach erstmals ein „Ziegl-Häusl“ urkundlich belegt. Es lag direkt neben der Ziegelhütte (alte Hs.Nr. 5, heute Riedstr. 1, Bauer-Anwesen). Besitzer war ein Andreas Zollner.

Das Rohmaterial für die Ziegel wurde direkt nebenan gestochen.

 

Im Jahr 1873 erwarben Michael und Anna Maria Romier das "Ziegl-Häusl" und errichteten ein vollständig neues Wohnhaus. Zu dieser Zeit wurde wahrscheinlich auch der Ziegelbrennbetrieb eingestellt. Auf einer Ortskarte ist der Neubau des Hauses verzeichnet, während die benachbarten Gebäude des Ziegelstadels (Hütte und Brennofen) gestrichen wurden.

 

 ortskarte steinach 187c

Ortskarte Steinach 187c
Vermessungsamt Straubing

 

Im Jahr 1894 erwarben die späteren Eigentümer des Anwesens auch das Grundstück, auf dem der ehemalige Ziegelstadel stand (Flur-Nummer 153a), von Schlossherr Eduard von Berchem-Königsfeld. Der Holzlageplatz und der Brennofen (Flur-Nummer 153) befanden sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurde auch dieses Grundstück vom Gutsherrn von Steinach weiterveräußert.

 

 

 

 

Der Ziegelstadel in Münster

Das Kollegiatstift St. Jakob und St. Tiburtius in Straubing, das sich bis zur Stiftsverlegung 1581 in Münster befand, hatte das Obereigentum an den Münsterer Höfen und besaß auch einen Ziegelstadel

Die notwendigen Rohstoffe, Lehm und Ton standen ausreichend zur Verfügung. Zudem besaß das Stift einen 320 Tagwerk großen Waldbesitz, aus dem das Brennholz für den Ziegelofen gewonnen genommen werden konnte.

 

 uraufnahme ziegelstadel muenster

Uraufnahme aus dem Jahr 1838
Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas

 

1744 ist erstmals in Münster ein Ziegelofen urkundlich dokumentiert, doch vermutlich existierte er schon länger.

Nach dem Tod des benachbarten Schreiners Kaspar Guggenberger muss dessen Witwe Juliana das Laudemium (Erbschafts- oder Besitzübergangssteuer) entrichten. „Da jedoch die Obstbäume durch den benachbarten Ziegelofen einige Jahre Schaden gelitten haben“, wird der Betrag auf 10 Gulden reduziert, statt der geforderten 15 Gulden2. Da sie und ihr zukünftiger zweiter Ehemann Georg Riedl das Geld nicht aufbringen können, verkaufen sie einen kleinen Teil des Grundstückes an das Kollegiatstift, mit der Auflage, „diesen Fleck nur zur Zu- und Abfahrt zum Ziegelofen zu nutzen“3. Die Riedl’s besaßen das Anwesen Hs.Nr. 48 (heute Berghofstr. 2)

1750 verkaufen Juliana und Georg Riedl „wegen der schweren Schuldenlast“ nochmals einen Teil ihres Gartens an das Stift. Hier wird vermerkt, dass „das Kapitel den erkauften Grund zu dero Ziegelofen nutzen und gebrauchen werden“4.

Als 1780 bei dem großen Stadtbrand in Straubing der gesamte Nordwesten der Stadt um die Stiftskirche in Schutt und Asche gelegt wurde, bestand ein hoher Bedarf an Ziegel, der durch den städtischen Ziegelstadel allein nicht gedeckt werden konnte. Das Chorherrenstift, selbst von dem Brand betroffen, bot eine verstärkte Produktion an und erweiterte seinen Ziegelstadel in Münster.

Als im Rahmen der Säkularisation 1803 das Stift aufgehoben wurde, ging der Ziegelstadel auf den Staat über, der ihn am 20. Juni 1811 meistbietend versteigerte. Eingesteigert hat ihn der pensionierte Revierförster Michael Zäch aus Münster.  In dem Versteigerungsprotokoll wird das Objekt wie folgt beschrieben:
„Der Ziegelstaden zu Münster, bestehend aus dem Trockenstadel, Brennofen, dem älteren Trockenstadel nebst Raum fürs Holz und Ziegelzeug.“

Der Schätzpreis wurde für die Versteigerung mit 530 Gulden veranschlagt. Im Versteigerungsverfahren konnten aber 1 115 Gulden erlöst werden.

An Grundstücken kam noch hinzu: „An Tegelgrund zwei Tagwerk, an Lehmgrund vier Tagwerk, der sog. Buchberg zum Kalksteingraben vier Tagwerk.“ Der Schätzpreis wurde hierfür mit 180 Gulden festgelegt, bei der Versteigerung konnten 400 Gulden erzielt werden.

Zäch selbst bewohnte das Jägerhaus Hs.Nr. 49 (heute Falkenfelser Str. 1), dass an den Ziegelofen anstieß. 1809 hatte er bereits das Jägerhaus erworben, dass auch dem Chorherrenstift gehört hatte und durch die Säkularisation in Staatsbesitz gekommen war.

 Die Ziegelei wurde später von Zächs Sohn und Enkel, wenn auch in verkleinertem Umfang, weiterbetrieben. Die beiden waren ebenfalls Jäger und Ziegler.

- ab 1823 Rupert Zäch (1786-1858), Jäger und Ziegler

- ab 1860 Ignaz Zäch (1832- ), Jäger und Ziegler

 

1891 übernahm Rupert Zäch jun. (*1865) das Anwesen und baute das Wohnhaus neu, während die Nebengebäude abgerissen wurden. Der Ziegelstadel dürfte wohl, wie viele andere auch, wegen Unrentabilität eingestellt worden sein.

 

 

 

Der Ziegelstadel in Wolferszell

Einen Hinweis auf die Herstellung von Ziegel in Wolferszell gibt es erstmals 1838.

Im Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Wolferszell werden ein Ziegelstadel und eine Lehmgrube aufgeführt. Das Grundstück, an der Straße zwischen Steinach und Wolferszell, auf dem der Stadel stand, gehörte zum sog. „halben Fischerhof“ (Hs.Nr. 21, heute Mühlenweg 2) in Wolferszell.

 

 ziegelstadel wolferszell

Uraufnahme aus dem Jahr 1838
Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas

 

Zu dieser Zeit gehörte der Hof einem gewissen Jakob Weber, der neben der Landwirtschaft auch das Brennen von Ziegeln als Nebenerwerb betrieb. Als der spätere Eigentümer Jakob Götz den Hof im Jahr 1875 verkaufte, wurde der Ziegelstadel vom Hof abgetrennt und separat weiterverkauft. Die Ziegelproduktion dürfte um diese Zeit eingestellt worden sein.

Um 1880 errichtete  Martin Urban auf diesem Grundstück des ehemaligen Ziegelstadels ein neues Wohnhaus mit Wirtschaftsgebäuden, und veräußerte sein Anwesen Hausnummer 69 ½ (heute Hafnerstr. 15, Schwanzer) in Steinach. Die Nachkommen dieser Familie leben noch heute auf dem Anwesen in der Kreuzstr. 8 (Kinzkofer).

 

1 Schlicht Josef, Die Geschichte von Steinach, 1908, „Stift-, Kasten- und Salbuch über Schloß und Hofmarch Steinach 1583“
2 Der Schätzwert des Anwesens lag bei 200 Gulden und das Laudemium war in Höhe von 7,5 Prozent fällig.
3 BayHStA München, Briefprotokolle Straubing 645 I, fol 47‘  Vorkommen 29.05.1744
4 BayHStA München, Briefprotokolle Straubing 645 I, fol.150‘   Kauf fl. 100 05.09.1750

 

 

Wie in dieser historischen Dokumentation gezeigt, dürften auch die Ziegel in den drei Feldbrandziegeleien hergestellt worden sein.

 

 

 

 

 

 

 

 

Weitere Quellen:
Agsteiner Hans, Ziegel aus Münster für den Wiederaufbau, veröffentlicht in der Straubinger Zeitung am 21.10.1991
Seite „Feldbrandziegelei“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. Mai 2023, 08:22 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Feldbrandziegelei&oldid=233322161 (Abgerufen: 6. Januar 2024, 15:45 UTC)
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokolle der Steuergemeinde Steinach von 1838
StA Landshut, Grundsteuerkataster (Rep.127), Sig. 17/42-4, Umschreibehefte zum Urkataster  der Gemarkung Steinach Hs.Nr. 1 – 72, 1843-1859
StA Landshut, Grundsteuerkataster (Rep.127), Sig. 17/42-7, Umschreibehefte zum 1. Renov. Kataster der Gemarkung Steinach Hs.Nr. 1 – 55, 1859 – 1906
StA Landshut, Rentamt Straubing B79, Umschreibbuch zum Häuser und Rustikalsteuerkataster Münster incl Steinach 1814-1843
StA Landshut, Grundsteuerkataster 17/22-5, Umschreibehefte Münster Hs.Nr. 3-59 von 1843 – 1859
StA Landshut, Grundsteuerkataster 17/22-9, Umschreibehefte Münster Hs.Nr. 1 - 69 von 1859-1893

 

 

Stand: 26.03.2024