Neues Schloss Steinach

Baugeschichte

 

von Dr. Thomas Grundler

 

 

 

AK STEI 23

Neues Schloss Steinach, Ansicht von Süden
( Aquarell von Angelo Graf von Courten)

 

 

Der Entschluss zum Bau des Neuen Schlosses

„Euer Hochwürden, Euer Hochwohlgeborener!“
„Soeben erhalte ich von Herrn Dr. von Schmieder einen Brief, worin er mir mitteilt: „Ich habe den Entschluss gefasst, den bisherigen Schlossbau nebst Ökonomiegebäuden in ihrer jetzigen Gestalt stehen zu lassen und mein Wohnhaus an einer anderen Stelle, am Waldrande, wahrscheinlich oberhalb des so genannten Berghofes neu zu bauen.“ (Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg)

Mit diesen Sätzen beginnt ein Brief, den Graf Carl von Seinsheim, Sünching am 16. Mai 1902 an Generalvikar Dr. Leitner am Bischöflichen Ordinariat in Regensburg richtet. Damit steht fest, dass August von Schmieder im Mai 1902 seinen ursprünglichen Plan, das „Alte Schloss Steinach“ zu erweitern, fallen lässt und ein „Neues Schloss Steinach“ errichten wird.

1901 hatte er von seinem Freund und späteren Schwiegervater Carl von Lang-Puchhof Schloss und Schlossgut Steinach erworben und nach dem Umzug von Frankfurt a. M. zu seinem Wohnsitz gemacht. Oft reitet er, begleitet von seinem dänischen „Reitburschen“ Johann Welker, den er aus Frankfurt mitgebracht hat, hinüber nach Puchhof, um seine Auserwählte, Mary von Lang-Puchhof zu besuchen (Hedwig Simmel, Mündliche Mitteilung, 2008).

 

Bild 1 Portraet AvS

Der Bauherr Dr. jur. August von Schmieder um 1901
( Hubertus Meckel, Alben von Mary von Schmieder)

 

 

Das „Alte Schloss Steinach“ stammt aus dem Jahr 1549 und ist, wie der Steinacher Schlossbenefiziat Joseph Schlicht in seiner „Geschichte von Steinach“ so treffend formuliert: „für die Besitzverhältnisse von 1901 durchwegs ungenügend!“ Mit den „Besitzverhältnissen von 1901“ meint Schlicht, dass das „Alte Schloss“ viel zu klein ist für das, was der außerordentlich vermögende, neue Schlossbesitzer August von Schmieder vorhat. Er will es wesentlich vergrößern, um seiner zukünftigen Frau Mary von Lang-Puchhof Ähnliches zu bieten, wie zu Hause in Puchhof, wo Marys Vater Carl von Lang das vom seinem Vater erbaute Schloss Puchhof großzügig erweitern hat lassen. Um einen mit Schloss Puchhof vergleichbaren Bau zu errichten, stören in Steinach die nahe am Schloss liegenden Ökonomiegebäude und vor allem die im Schloss befindliche Schloss- und Benefiziumskapelle St. Georg. Seit dem 20. Dezember 1901 liegt - wie aus einem Brief des Schlossbenefiziaten Josef Schlicht hervorgeht - dem Bischöflichen Ordinariat in Regensburg das folgende, großzügige Angebot des allerdings protestantischen August von Schmieder vor: „ Er (August von Schmieder) würde es sich zu großer Ehre schätzen, wenn er ebenfalls dem katholischen Volk und der katholischen Geistlichkeit dafür eine Ersatzkirche zum Gebrauch anbieten könnte und nur wegen seines Um- und Neubaues bitte er um die Verlegung, baue aber dafür eine neue Beneficiumskirche und untergebe sich hierin in allen Anordnungen der Bischöflichen Stelle“ (Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg). Es ist nicht überliefert, ob August von Schmieder den Entschluss, ein neues Schloss in Steinach zu errichten, fasst, weil das Bischöfliche Ordinariat in Regensburg fünf Monate zögert, auf sein Angebot einzugehen oder weil für eine wirklich groß angelegte Schlossanlage mit Nebengebäuden und Park die Steinacher Ökonomiegebäude weichen und an anderer Stelle neu errichtet werden müssten. Jedenfalls wird ab 1902 der Plan ein neues Schloss zu errichten vorangetrieben. Die Steinacher, die beinahe eine neue Benefiziumskirche (sh. Teil 1) bekommen hätten, sollen aber nicht leer ausgehen. Das für den Bau einer neuen Benefiziumskirche notwendige Geld in Höhe von ca. 10 000 Mark stellt August von Schmieder der Pfarrei als Spende für den Um- oder Neubau der Pfarrkirche zur Verfügung. Leider kommt es auch dazu nicht, denn es dauert bis ins Jahr 1922, bis die für einen Neubau benötigten 80 000 Mark in der Pfarrei endlich zusammenkommen und die genau in diesem Jahr einsetzende, fürchterliche Inflation vernichtet das von den Steinacher Bürgern gespendete und mühsam von den Steinacher Pfarrern Wilhelm Falzboden und Albert Lang gesammelte Geldvermögen.

Die eigenen Grundstücke „oberhalb des Berghofes“ erscheinen August von Schmieder und seinen Beratern, das ist vor allem sicherlich sein Architekt Iwan Bartcky, als nicht geeignet. Bartcky firmiert als Architekt in Straubing unter dem Namen „Niederbayerische Bauhütte Bureau für Architektur & Bauausführung“, hatte schon in Puchhof das Schloss erweitert, wo ihn August von Schmieder kennen lernt. Er beauftragt ihn mit der Renovierung des alten Schlosses, sowie mit der Durchführung aller Um- und Neubauten der Ökonomiegebäude in Steinach.

Als am Helmberg, mit seinem unvergleichlich schönen, unverwehrten Ausblick auf die Donauebene nicht alle für den Bau notwendigen Grundstücke zugekauft werden können, fällt schlussendlich die Wahl des „Bauplatzes“ für die Errichtung des „Neuen Schlosses Steinach“ auf den zwischen Steinach und Münster gelegenen Singberg. Dort kann August von Schmieder im November 1902 mit dem Singberganwesen und im Juli 1903 mit dem Helmberghof zwei bäuerliche Anwesen mit einer Gesamtgröße von etwa 25 ha erwerben.

 

Die Planungsphase

Nach dem Ankauf der Grundstücke beginnt die intensive Planungsphase. Zunächst wird das Baugelände von „Civiling. & Geometer Fr. Rothenhäusler“ exakt vermessen und in einem im Dezember 1903 gefertigten Situations- und Höhenschichtenplan (Staatsarchiv Landshut) im Maßstab 1:500 detailliert beschrieben. Auf seinem Plan gibt Rothenhäusler folgende „Anmerkung“: „Der Nullpunkt nebiger Höhenschichtenlinien ist die Haustürschwelle (O. K.) der Neumeyer`schen Gastwirtschaft in Steinach.“ Die „Neumeyer`sche Gastwirtschaft ist das heutige Gasthaus „Thanner“ im unteren Dorf.

Mit der Planung für das „Neue Schloss Steinach“ beauftragt August von Schmieder mit Gabriel von Seidl (1848 – 1913) den zu dieser Zeit berühmtesten Architekten Bayerns.
Gabriel von Seidl kann diese neue Aufgabe „ohne nennenswerte Hemmungen in einem Zuge durchführen“ (Der Profanbau, 1909). Das heißt der Reichtum seines Bauherrn setzt ihm keine finanziellen Grenzen. Gabriel von Seidl hat eine große Zahl bedeutender Bauten in Bayern errichtet. Er gilt als der Altmeister unter den bayerischen Architekten und in der Zeit des Prinzregenten Luitpold ist er sicherlich der bedeutendste Architekt Bayerns. Das „Neue Schloss Steinach“ wird sein letzter Großbau und zugleich sein größter Schlossbau. Mit der Bauleitung wird wieder Iwan Bartcky beauftragt, der dafür sogar den Sitz seiner „Niederbayerischen Bauhütte“ von Straubing nach Steinach verlegt. Für die Gestaltung des großen, fast 20 ha großen Parks holt August von Schmieder Gartenbaudirektor Paul Lorenz (1850 – 1935) aus Zwickau, der Königlicher Obergärtner am „Herzogin-Garten“ in Dresden war und als langjähriger Berater die Parks des Prinzen Heinrich von Reuß in Trebschen mitgestaltete und als einer der bestrenommierten Landschaftsgärtner im Deutschen Reich bekannt ist.

 

 

Bild 2 Portraet Seidl

Der planende Architekt des Neuen Schlosses Steinach Gabriel von Seidl
(Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München)

 

Mit Eingangsstempel vom 1. Mai 1905 reicht August von Schmieder unter dem Aktenzeichen II-93/05 am Königlichen Bezirksamt Straubing den Bauantrag Nr.776 vom 30. April 1905 von Iwan Bartcky, mit folgendem Text ein: „Auf dem in der Steuergemeinde Steinach gelegenen Singberg Plan No. 671 1/3 beabsichtigt Herr von Schmieder ein neues Schloss zu bauen, worüber die 9 Stück Pläne genügende Auskunft erteilen. Zur Errichtung des Schlossbaues ist für die Zwecke der Bauleitung auf die Dauer von 3 Jahren eine Bauhütte erforderlich, worüber ebenfalls Plan beiliegt. Auf Plan No 684a soll ein Pförtnerhaus (das ist das spätere Försterhaus, Anm. des Verfassers) erbaut werden, welches sogleich in Angriff genommen werden soll. Die in den beiliegenden Lageplänen 1:5 000 grün angelegte Fläche von zusammen 50 ½ Tagwerk wird eingefriedet. Für die weiteren Gebäulichkeiten wie Stallung, Gärtnerwohnung mit Gewächshäuser sowie Kraftanlage mit Wäscherei in der Steuergemeinde Münster Plan No 1078 a gelegen, wird nach fertiger Bearbeitung derselben getrennte Vorlage erfolgen. Für die heutigen Beilagen wird um recht baldige baupolizeiliche Genehmigung ersucht. Für die Ausführung: Der Bauleitende Architekt Iwan Bartcky, Niederbayerische Bauhütte.“
Die „Beilagen“ bestehen aus: „Hofseitenansicht, Westseitenansicht, Empfangbau (?), Situations- und Höhenschichtenplan, Kellergeschoßplan, Erdgeschoßplan, Obergeschoßplan, Dachgeschoßplan, Längenschnittplan, Querschnittplan“.

Der Bauantrag wird zur Prüfung weitergeleitet an die zuständigen Behörden. Für die Ortspolizeibehörde in Steinach bestätigt Bürgermeister Bugl schon am 4. Mai 1905 mit „Auftrag vollzogen“, dass I. keine Angrenzer in Betracht kommen, II. Bauherr, Planzeichner und Bauleiter unterschrieben haben und III. von den Ortspolizeiorganen gegen die Bauausführung keine Erinnerungen bestehen. Für das Bezirksamt Straubing unterzeichnet „Bezirkstechniker“ Schlegel am 17. Mai 1905 „ohne Revision“. Das königliche Forstamt Schwarzach gibt die Planung am 20. Mai1905 „ohne Erinnerung“ ans Kgl. Bezirksamt Straubing zurück. Am 23. Mai 1905 gehen die Pläne nach München an die Königliche Versicherungskammer, Abteilung Brandversicherung und kommen von dort schon am 25. Mai 1905 zurück ans Königliche Bezirksamt Straubing ohne Einsprüche, aber mit der netten handschriftlichen Randbemerkung: „Reg. Rat Stör dürften die Pläne interessieren, an ihn vorz. Gruß“(Unterschriftskürzel „Sch“). „Mit frdl. Grüßen. Akten m. Dank zurück. Ich gratuliere zu dieser Verschönerung des Bezirks“ (Unterschriftskürzel „St“.)

Zunächst werden also die Bauhütte, das im Norden des Parkgeländes gelegene, in Steinach als „Riedhaus“ bekannte Pförtnerhaus und der Schlossneubau in Angriff genommen. Schon am 31. Mai 1905 steht die Bauhütte, in der 120 Arbeiter und 20 Poliere Platz zum Essen finden. Das Pförtnerhaus, nahe an der zunächst einzigen Straßenanbindung des Bauareals, der damals einzigen Ortsverbindungsstrasse zwischen Steinach und Münster gelegen, erhält im Erdgeschoss bewusst einen recht großen, lang gestreckten Raum. Während der Bauzeit dient dieses Haus Iwan Bartcky als dem Bau leitenden Architekten, seinem Mitarbeiter Architekt Anton Nauer und wohl auch Gabriel von Seidl als Büro zum Auslegen und zum Zeichnen von Plänen sowie als Quartier. Das „Pförtnerhaus“ ist aus diesem Grund der erste, feste Bau der fertig gestellt wird. Schon am 12. September 1905, also nur knapp 5 Monate nach der Einreichung der Baupläne unterzeichnet Bürgermeister Bugl für die „Ortspolizeibehörde zu Steinach“ die „Bauvollendungsanzeige“ (Staatsarchiv Landshut).

Der Bauantrag für den Umbau des Gärtnerhauses und die Errichtung der Gewächshäuser, in der damaligen Steuergemeinde Münster eingereicht, wurde im Staatsarchiv Landshut nicht gefunden. Allerdings geht aus der Bilderserie, die der Straubinger Photograph Limbrunner während der Bauzeit anfertigt, eindeutig hervor, dass der Umbau des alten Bauernhauses des Helmberganwesens in das schmucke Gärtnerhaus und die Gewächshäuser schon vor dem Hauptgebäude oben am Singberg fertiggestellt sind. Es ist anzunehmen, dass mit dem Umbau des Gärtnerhauses ebenfalls sofort im Jahr 1905 begonnen wurde.

Für das Stallgebäude, das auf den Grundstücken No 1079 und 1080 in der „Steuergemeinde Münster“ errichtet werden soll, stellt August von Schmieder – wieder durch Iwan Bartcky - erst am 2. März 1907 an die „Gemeindebehörde Münster“ einen Bauantrag mit folgendem Text: „ Auf den in der eingefriedeten Parkfläche liegenden Grundstücken Plan No 1079 und 1080 der Steuergemeinde Münster beabsichtigt Herr von Schmieder die in beiliegenden 7 Plänen dargestellten Stallungen für Herrschaftspferde & Automobile zu errichten. Da das Bauwerk, des jetzt beginnenden besseren Wetters wegen, sobald als möglich in Angriff genommen werden soll, ersuche ich beschleunigte Weiterleitung behufs baupolizeilicher Genehmigung an das Kgl. Bez. Amt Straubing.“ Schon am 16. März 1907 wird auch dieser Bau durch die Behörden genehmigt.

 

Die Baupläne für das Hauptgebäude

Das „Neue Schloss Steinach“ liegt weitab vom Alten Schloss, den Ökonomiegebäuden und auch vom Ort Steinach. August von Schmieder entscheidet sich gegen eine Lösung im oder in der Nähe des Dorfes. Im Anschluss ans Alte Schloss nach Norden wäre genug eigener Grund vorhanden, um ein Schloss und einen großzügigen Park zu platzieren, allerdings fehlt dort der schöne Ausblick hinaus in die Donauebene, den können nur der Helmberg oder der Singberg bieten. Aus dem eingereichten Lageplan ist das weit vom Dorf Steinach liegende Areal für das Neue Schloss deutlich erkennbar. Auch die neu zu erbauende Strasse, abzweigend von der Strasse von Steinach nach Parkstetten, die August von Schmieder hinauf zu seinem Neuen Schloss bauen lässt, ist gut erkennbar. Dieser zu Anfang der Planungen erstellte Lageplan zeigt noch die ursprünglich angedachte Lage der Gebäude im Park des Neuen Schlosses. Während sich Lage und Größe des Hauptgebäudes nicht mehr wesentlich verändern, wurde das Stallgebäude später etwas nach Westen verlegt und nach Süden gedreht. Die Auffahrt hinauf zum Schlossgebäude führte in diesem Plan noch hinter dem Stallgebäude vorbei. Es fehlen noch das zum Gärtnerhaus umgebaute Helmberghaus, dessen Abriss man zu diesem Zeitpunkt wohl noch vorhatte, das Torhaus, der Rosenhaag und das Volierenhaus, dafür erkennt man ein Haus für die „Kraftanlage und Wäscherei“ das nicht errichtet wurde. Ein, für die Ausdehnung der Gärtnerei wesentliches Grundstück, östlich der Gewächshausanlage, Richtung Steinach gelegen, konnte offensichtlich erst später noch hinzu erworben werden.

 

Bild 4 Lageplan NS

Lageplan Neues Schloss Steinach
(Quelle: Staatsarchiv Landshut, Bauakten Gemeinde Steinach, Rep. 162; Verz. 17; Sch. 32; Nr. 3715)

 

Aus den vorgelegten Bauplänen Gabriel von Seidls gehen die selbst für ein Schloss außerordentlichen Dimensionen hervor. Für seinen unermesslich reichen, Pferde begeisterten und Pflanzen liebenden Bauherrn, der zudem ein passionierter Jäger und Tennisspieler ist, plant von Seidl eine reizvolle Gesamtanlage, die allen Wünschen gerecht wird und in dessen Mittelpunkt der außerordentlich große Schlossbau steht.

Nach der Fertigstellung wird der Bau in den wichtigen Zeitschriften für Architektur, der „Süddeutschen Bauzeitung, dem „Baumeister“ und im „Profanbau“ ausführlich dargestellt und als Meisterwerk Gabriel von Seidls gelobt. Leider wurde das gesamte private Archiv von Gabriel von Seidl in der Marsstrasse 28 in München im 2. Weltkrieg zerstört. Bei der Recherche fanden sich im Archiv des Architekturmuseums der TU München 5 Einlagen von Gabriel von Seidl, der selbst an der TU München unterrichtet hatte, darunter glücklicherweise ausgerechnet die Originalpläne zum Bau des Neuen Schlosses Steinach, mit 77 zum Teil von Gabriel von Seidl selbst gezeichneten Blättern. Weder den Mitarbeitern im Archiv, noch Veronika Hofer, der Herausgeberin der Biografie über Gabriel von Seidl war bekannt, dass Originale von Gabriel von Seidl in diesem Umfang noch existieren. Die Pläne wurden 1954 bei der TU München eingelegt, allerdings ist nicht dokumentiert, wer die Pläne dem Architekturmuseum übergab.

 

 

Die Beurteilung des Baues in der Fachpresse

Der 1909, kurz nach der Fertigstellung des „Neuen Schlosses Steinach“ erscheinende Artikel in Nr. 29 der „Süddeutschen Bauzeitung“ beginnt mit dem Satz: „Eine Bauaufgabe, wie sie Schloss Steinach geboten hat, ist selten, zumal in unserem Süden mit seinem vorwiegend bäuerlichen Landbesitz, ebenso selten aber, dass sie in so fesselnder Weise gelöst wird, was hier geschah“. Und weiter liest man dort zur Beschreibung des Baustiles: „Das eigentliche, zusammenhängend gebaute Schloss ist auf ein Grundstück, ca. 80m lang und 70m tief, auf dem Singberg südlich vor einen Tannenwald gestellt. Dazu gehört aber eine weitere Gebäudegruppe, die in ziemlicher Entfernung talwärts um den Torbau, durch den man das umfriedete Gut betritt, gelagert ist. Der Bau erscheint, obwohl er an Komfort und Eleganz einzig weit und breit dasteht, nicht als Fremdling in der Gegend. Das liegt in der Art, wie er in die Umgebung des Bergwaldes und der grünen Abhänge komponiert ist. Schöne Massenverteilung und gute Silhouette, leicht gebogene Grundrisslinien und ebensolcher Dachfirst geben dem Bau eine natürliche Form. Ein hoher, viereckiger Turm als Dominante der Silhouette ragt von der Hofseite her über die Dächer. Kleinere, runde Türme betonen nach aussen wie nach der Hofseite die Ecken und charakterisieren den Schlossbau. ..… Nach Süden ist dem Schloss ein Terrassengarten mit Ausblick auf den Bogenberg und nach Straubing vorgelagert. Besonders ausgesprochen zeigt hier das Äußere des Schlosses, ohne dass dem modernen Charakter des Baues Zwang angetan wird, Anklänge an die Renaissance  - in den Giebeln, in Gesimsführung und Fensteranordnung, in den maßwerkartigen Hallenfenstern sogar trauliche Erinnerung an den Übergang von der Gotik her. ….. Entsprechend kommt in die wuchtigere Masse der Südwestecke durch den Balkonvorbau und die Treppe von der Bibliothek zum Garten Bewegung und Leben. ….. Wegen ihrer malerischen Qualitäten verdienen noch die beiden Tore besondere Beachtung: Das westliche Tor unter dem hübsch proportionierten quadratischen Turm mit dem links unter das Dach eingezogenen Standerker, das östliche Tor mit den flankierenden Rundtürmen und dem farbenfrohen St. Georg von Professor Herterich. ….. Als auf eine besondere Schönheit ist noch hinzuweisen auf die schönen Durchblicke durch die mit Eisengittern geschlossenen Tore: Nach innen Blicke von intimem architektonischen Reiz und von innen nach außen solche von packendem landschaftlichen Zauber. So steht, von außen besehen, diese Meisterschöpfung der Neuzeit in der üppigen Natur der Donauberge so bodenständig-schön und warm-lebendig, dass es nur der abtönenden Wirkung der Zeit mit Wetter und Wind bedarf, um sich als organisch verwachsen mit ihrer Umgebung, wie wir es an alten Schlössern und Burgen bewundern, erscheinen lassen.“ (Süddeutsche Bauzeitung, 1909)

 

Bild 5 Ansicht von Sued

Neues Schloss Steinach, Ansicht von Süden
(Quelle: Architekturmuseum der TU München)

 

Bild 6 Ansicht von Nord

Neues Schloss Steinach, Ansicht von Nord
(Quelle: Architekturmuseum der TU München)

 

 

 

In Heft 6 des „Baumeister“ vom März 1909 heißt es: „Eine höchst vornehm in die Erscheinung tretende, den neuzeitlichen Forderungen entsprechende Bauanlage, die an prächtige sog. Edelsitze verflossener Zeiten erinnert und in ihrer Monumentalität das Landschaftsbild weithin beherrscht, ohne dessen Charakter ungünstig zu beeinflussen, bei aller Größe, Ausdehnung und Vornehmheit ein in seiner Umgebung heimatlich anmutendes Bauwerk“ (Der Baumeister, 1909).

Damit ist deutlich ausgedrückt: Gabriel von Seidl hat ein Bauwerk von außerordentlicher Größe geschaffen, es aber durch seine geschickte Anordnung der von verschiedenen Stilrichtungen beeinflussten Teilelementen erreicht, dass dieses „Monument“ seine Umgebung zwar beherrscht, aber gut in das Landschaftsbild einfügt.

Die Kosten für das Neue Schloss Steinach werden in der Familie von Schmieder mit ca. 4 Mio. Mark angegeben, etwa das Doppelte des Kostenvoranschlages, bei einem geschätzten Vermögen des Bauherrn von etwa 60 Mio. Mark aber durchaus verkraftbar.

Die Grundrisse geben Einblick, welche luxuriösen Möglichkeiten der Schlossbau seinen Bewohnern seinerzeit bot. Allein die Außenmaße waren beeindruckend:

Der Mittelbau des Schlosses besaß eine Außenlänge von fast 60m bei einer Tiefe von ca. 17m, dazu kamen noch der Westflügel mit Außenmaßen von 34m x 15m und der Ostflügel mit ca. 30m x 15m. Insgesamt errechnet sich eine Wohnfläche von über 3 000m². Die Räume sind auf den Plänen durchnummeriert und unter Berücksichtigung der Kellerräume wird die stattliche Anzahl von 200 Räumen erreicht. Das Haus hat zwei große Treppenhäuser, dazu noch eine große und eine kleine Wendeltreppe. Für das Haupthaus allein werden 440 Fenster und 230 Türen gefertigt.

Die großen, mit einer Geschosshöhe von 5,10m sehr hohen Wohn- und Repräsentationsräume im Erdgeschoss erreichte man durch das Hauptportal in der „Durchfahrt“ im unten offenen Turm. Im hereinführenden 4m breiten Entre konnte man entweder nach links in die große Garderobe treten oder nach rechts über die Haupttreppe in die oberen Stockwerke gehen oder direkt geradeaus in die ca. 135m² umfassende Halle (17m x 8m), den größten Raum im Neuen Schloss schreiten. Direkt neben der Halle lag der „Französische Salon“ mit einem offenen Kamin. Anschließend daran das große Esszimmer mit seinem dreifenstrigen Erker hinaus auf die Südterrasse und einer Gesamtlänge von über 12m, Platz genug für eine lange Tafel. Nach Osten schlossen sich die Anrichte und ein Raum für das Essgeschirr an. Der weitere Bereich im Ostflügel war für die Versorgung gedacht. Hier gab es eine über 40m² große Kochküche, eine Spülküche, Vorratsraum und Zimmer für das Küchenpersonal, eine eigene Jagdgarderobe, zwei Dienerzimmer und ein Esszimmer für die „Leute“. Im Westflügel lagen die weiteren Gesellschaftsräume mit der Bibliothek, einem Schreibzimmer für den Schlossherrn, zwei Spielzimmer, ein Bureau, das Jagdschlafzimmer und noch zwei Dienerräume. Nur aus der Bibliothek konnte man über eine am westlichen Turm entlang führende, leicht geschwungene Treppe hinunter auf die 2,70m tiefer gelegene Südterrasse gelangen. Die Repräsentationsräume waren alle mit Parkettböden, der gesamte Küchentrakt mit Steinböden ausgelegt.

 

Bild 7 Grundriss EG

Neues Schloss Steinach, Grundriss Erdgeschoss
(Quelle: Staatsarchiv Landshut, Bauakten Gemeinde Steinach, Rep. 162; Verz. 17; Sch. 32; Nr. 3715)

 

Im Obergeschoss war der gesamte Westflügel für die Schlafräume, Ankleide- und Schrankzimmer sowie für die Bäder der Schlossherrschaft reserviert. Darüber hinaus finden sich neben einem Frühstückszimmer und einem Boudoir im Seidl`schen Plan noch 15 Zimmer, die alle samt als „Fremdenzimmer“ bezeichnet sind und vier dazu gehörige Bäder. Allerdings erscheinen hier keine Kinderzimmer, in einer Beschreibung des Baues in der Zeitschrift „Der Profanbau“ von 1909 werden 4 Kinderzimmer und ein Schreib- und Musikzimmer ausgewiesen.

 

Bild 8 Grundriss OG

Neues Schloss Steinach, Grundriss Obergeschoss
(Quelle: Staatsarchiv Landshut, Bauakten Gemeinde Steinach, Rep. 162; Verz. 17; Sch. 32; Nr. 3715)

 

Das Dachgeschoss enthielt 14 Fremdenzimmer mit 3 Bädern, 8 sog. „Jungfern- und Mädchenzimmer“, das Näh- und Wäschezimmer und ein Bad für Bedienstete.

 

Bild 9 Grundriss DG

 Neues Schloss Steinach, Grundriss Dachgeschoss
(Quelle: Staatsarchiv Landshut, Bauakten Gemeinde Steinach, Rep. 162; Verz. 17; Sch. 32; Nr. 3715)

 

 

Im Kellergeschoss befanden sich die mit Koks betriebene Zentralheizung, die dazu gehörenden Kokslagerräume, eine Entstaubungsanlage, eine Natureiskühlanlage mit Kühlräumen und im westlichen Bereich in einem zweiten, tiefer liegenden Kellergeschoss der große Weinkeller. Unter dem Schlosshof wurde der große, 185 m³ fassende Wasservorratsbehälter aus Stahl eingebaut.

 

Im großen Turm waren der 50m³ fassende Hochbehälter für das Wasser, ein Fremdenzimmer und ganz oben das Turmzimmer mit dem grandiosen Ausblick, der heute noch von dort genossen werden kann, untergebracht.

 

 

Die Bauphase

Ab Juni 1905 beginnt man mit den Baumaßnahmen. Der Straubinger Photograph Limbrunner wird beauftragt den Baufortschritt auf großformatigen Bildern festzuhalten. Diese Bilderserie besteht aus 46 auf Karton aufgezogenen Fotografien und zeigt die einzelnen Gebäude in verschiedenen Bauabschnitten. Sie beginnt am 28. Juli 1905 und endet am 26. September 1907, also leider schon im Herbst vor der endgültigen Fertigstellung. Die Serie ist in mehrfacher Ausfertigung erhalten, wenn auch nicht immer ganz vollständig. Offensichtlich hat sie der Bauherr, zusammengefasst in einem blauen Aktendeckel, versehen mit seinem „Ex Libris“, mehrfach an Verwandte, Bekannte bzw. am Bau Mitwirkende verschenkt. Nachfolgend wird eine Auswahl der wichtigsten Fotografien Limbrunners abgebildet, die das Entstehen des Schlossgebäudes und der Nebenhäuser hervorragend dokumentieren.

 

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Neues Schloss Steinach, Blick vom Helmberg aus auf die zukünftige Baustelle auf dem Singberg
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Bild 10 Helmberganwesen

Das Helmberganwesen, am 28.07.1905, später umgebaut in das Gärtnerhaus, kurz nach Baubeginn des Neuen Schlosses
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Das Bild, das vom gegenüberliegenden Helmberg aufgenommen wurde, zeigt das Helmberganwesen vor dem Umbau zum Gärtnerhaus und den noch unbebauten Südhang des Singberges. Die von August von Schmieder eigens für das Neue Schloss angelegte Zufahrtsstrasse ist bereits fertig und auch die Mauer, die die Gärtnerei im Süden einfasst, steht bereits. Im Vordergrund erkennt man die elegant in Weiß gekleidete Mary von Schmieder.

 

 

Bild 11 Steinbruch

 Gewinnung der Bruchsteine im nahe gelegenen sog. "Schmieder Steinbruch" hinterm Schanzlweiher
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Im hinter dem Schanzlweiher gelgenen sog. "Schmieder Steinbruch" wird ein Großteil der groben Steine für den Wegeunterbau und die Rollierungen selbst gebrochen und mit einer Lorenbahn hinaufgebracht ins Neue Schloss

 

Bild 12 Ausheben Fundament

Ausheben der Fundamente und der Keller für das Hauptgebäude 1905
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Auf dem Bild kann das per Hand (!) erfolgende Ausheben der tiefen Fundamente und eines Kellergeschosses beobachtet werden. Bei dem am Singberg anstehenden, aus der Verwitterung von Gneis und Granit entstandenen „Flinz“ eine ungeheure Schufterei. Nachdem das Bild den Westteil des Schlossbaues zeigt, wird hier gerade der nach den Plänen dort gelegene Weinkeller ausgehoben. Im Hintergrund erkennt man den Buchberg bei Münster und sogar die Buchberg Kapelle.

 

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Ausheben der Fundamente und der Keller für das Hauptgebäude 1905
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Mit dieser kleinen, selbst gestalteten Einladungskarte im Postkartenformat lud Iwan Bartcky zum Richtfest am 22.12.1906 hinauf ins Neue Schloss ein.

 

Bild 17 Einladung

Einladung zum Richtfest am 22.12.1906, gezeichnet von Architekt Iwan Bartcky, dem Bauleiter
(Quelle: Nachlass Ludwig Niggl, Steinach)

 

Bild 18 Richtfest

Richtfest für das Hauptgebäude am 22.12.1906
(Foto: Nachlass Ludwig Niggl, Steinach)

    

Am 22.12.1906 wird das Richtfest gefeiert, sozusagen als Weihnachtsgeschenk für den Bauherrn, August von Schmieder, der unten rechts, in einen dicken Pelzmantel gehüllt auf der mit Tannenreisig geschmückten kleinen Holzbühne steht. Dieses Ereignis hat Joseph Schlicht in seiner „Geschichte von Steinach“ als geladener Augenzeuge folgendermaßen geschildert: „Die Schlosszinnen wimmelten von 200 Arbeitern, unten auf dem Vorplatz standen die Bauführer, Gutsbeamten, Unternehmer und zahlreiche Gäste. Es erschien der Bauherr August von Schmieder, seine Frau zur Seite, im Prachtschlitten mit dem 2 feurige Halbblutfüchse daherflogen. Zu den Trompetentönen der Leichten Reiter von Straubing erklang aus den Kehlen der steinachischen Schulknaben die bayerische Königshymne. Der Wortführer auf der Schlosszinne brachte Reimspruch und Hoch zuerst dem Regenten und königlichen Haus, hernach dem Bauherrn und der Schlossgebieterin, sodann der Reihe nach dem Schöpfer des Bauplanes, dem Bauleiter, den Unternehmern, den Bauführern, auch die Gäste und Gönner wurden nicht vergessen. Hinter jedem Spruch und Hoch rann ein herzhafter Hebetrunk durch die Kehle, die geleerte Weinflasche aber zerschellte an den Dachsparren. Nun trat der Bauleiter vor, gab eine kurze Geschichte über den bisherigen, glücklichen Bau und gelobte seinem Bauherrn mit Mund und Hand, er werde, soviel es an ihm liege, mit Vertragstreue das neue Schloss seinem Herrn bis zum 1. Mai 1908 fertig stellen. Der Bauherr schloss alle, die ihm sein neues Schloss bauen in seinen Dank ein und gab ihnen einen fröhlichen Ehren- und Freudentag: In der Baukantine bei Imbiss und schäumendem Gerstensaft, in der Parkhausstube bei einer Jause mit fliegenden Propfen.“ Im obigen Bild ist genau der Moment festgehalten, als der Bauleiter Iwan Bartcky „hervor trat“ und August von Schmieder verspricht, das Schloss bis zum 1. Mai 1908 fertig gestellt zu haben. Leider ist bis dato keine Porträtaufnahme von Iwan Bartcky aufgetaucht, obiges Bild ist derzeit die einzige Aufnahme auf der man sicher sein kann, dass der Abgebildete auch tatsächlich Iwan Bartcky ist.

 

 

 

 

Bild 13 Rohbau Haupthaus

Das Haupthaus im Rohbau, Ansicht von Süden, April 1907
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

 

Noch im September 1907 sind auf Bild Teile der Südfassade im Rohbau zu erkennen. Der Turm wird gerade hochgezogen, noch ist die Treppe, die von der Bibliothek auf die Südterrasse führt, nicht zu erkennen, allerdings erscheint der Ostflügel (rechts) bereits verputzt zu sein.

 

Bild 14 Baustelle von Sued

Die Baustelle von Süden, Gärtnerhaus, Gewächshäuser, Gartenanlage und Rosenhaag sind bereits fertiggestellt, Juni 1907
(Foto: Limbrunner, Straubing)

Das Bild bietet einen sehr guten Überblick über die gesamte Baustelle von Süden her. Hier im Juni 1907 sind das Gärtnerhaus, die Gewächshäuser und der „Rosenhaag“ offensichtlich komplett fertig gestellt, sogar die Spaliere und die Gartenbeete sowie darin arbeitende Personen sind zu sehen, das heißt im Sommer 1907 wurde in der Gärtnerei schon produziert. Hier am Südhang scheinen auch schon die Einzelbäume und Obstbaumanlagen gepflanzt zu sein, da die weißen Pflanzpflöcke auf dem Bild gut zu erkennen sind.

 

 

Bild 15 Hauptschloss von West

 Das Haupthaus von Westen während der Bauphase, Juni 1907
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Auf dem Bild wurde die Baustelle ebenfalls im Juni 1907 von Nordwesten her aufgenommen. Noch ist der Turm nicht ganz hoch gezogen, aber das Westtor scheint einschließlich Turmuhr fertig zu sein und auch der Ostflügel blitzt bereits weiß verputzt bzw. gestrichen von hinten hervor. Rechts im Bild sieht man die große Bauhütte, in der bis zu 150 Bauarbeiter Platz fanden und verköstigt werden konnten.

 

 

Bild 16 Turm im Bau

Der Hauptturm im Bau, Juni 1907
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Das Bild zeigt den mit einem sehr hohen Holzstangengerüst eingerüsteten Turm, beeindruckend auch die angelehnte, 35 Sprossen hohe Leiter, im Vordergrund lagern die großen zum Teil speziell angefertigten, wuchtigen Dachreiterziegeln.

 

 

 

 

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Blick in den Innenhof auf den Ostflügel im Juni 1907 vor der Fertigstellung
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

 

Bild 19 Blick Innenhof

Blick in den Innenhof im Herbst 1907 vor der Fertigstellung
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Das Bild vermittelt einen der wunderbaren Durchblicke durch den östlichen Torbau in den Innenhof, aufgenommen im Herbst vor der Fertigstellung des Schlosses. Man sieht die reich gegliederte Fassade in ihrem strahlenden weißen Anstrich und die Durchfahrt unten im Turm, die heute aus Sicherheitsgründen vermauert ist, damals dazu diente, dass die Ankommenden trockenen Fußes ihrer Kutsche oder dem Automobil entsteigen und das Haus betreten konnten.

 

 

Bild 20 Suedfassade

Südfassade im Herbst vor der Fertigstellung, Herbst 1907
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Das Bild zeigt die grandiose Südfassade mit ihren, zu unterschiedlichen Baustilen gehörenden, Fensteröffnungen, dem kleinen Balkon und den mächtigen Gauben für die späteren Fremdenzimmer im Obergeschoss.

 

Die Nebengebäude

 

Das Westtor

 

 

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Das Westtor im April 1907, im Vordergrund das große Trinwasserreservoir im Innenhof
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

 

Bild 21 Westtor

Das Westtor von außen kurz vor der Fertigstellung
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Durch dieses Haupteingangstor gelangten die Besucher in den Schlosshof. Oben krönt die Turmuhr, die heute noch auf dem ehemaligen Brennereigebäude im Alten Schloss Steinach zu sehen ist. Die Räume im Torbau dienten für die im Schloss tätigen Bediensteten als Wohnung.

 

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Das Westtor von außen nach der Fertigstellung
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

 

Das Osttor

 

 

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 Das geplante Osttor im Winter 1905
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

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Das Osttor vom Innenhof aus gesehen im Bau, Mai 1907
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Bild 22 Osttor

Das Osttor von außen mit dem Fresko des Hl. St. Georg von Ludwig von Herterich kurz nach der Fertigstellung, September 1907
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Vom Osttor gelangt man hinein in den Park und hinunter zum Tennisplatz oder zum nördlichen Ausgang am Riedhaus. An seiner Außenseite prangt das Fresco von Prof. Herterich, München, das den Hl. St. Georg als Reiter darstellt. Für diesen St. Georg stand bei Prof. Herterich übrigens der damals 19jährige, spätere Steinacher Schreiner und Zimmerer Karl Kimberger Modell (Hedwig Simmel, mündliche Mitteilung, 2008).

 

 

Das Stallgebäude

Das große Stallgebäude, im Bereich des sog. „Unteren Schlosses“, also auf Münsterer Flur gelegen, wurde zusammen mit dem unteren Torhaus als letztes der Bauten im Neuen Schloss errichtet. Der Bau wird erst 1907 begonnen und steht direkt gegenüber dem Gärtnerhaus und dem unteren Torhaus.

 

 Bild 23 Lageplan Stallgebaeude

Neues Schloss Steinach, Lageplan des Stallgebäudes (rechts das Gärtnerhaus und die Gewächshausanlagen)
(Quelle: Staatsarchiv Landshut, Bauakten Gemeinde Steinach, Rep. 162; Verz. 17; Sch. 32; Nr. 3715)

 

Das Neue Schloss Steinach wurde zu einer Zeit erbaut, in der meist noch mit der Pferdekutsche bzw. im Winter mit dem Pferdeschlitten gefahren wurde. Die ersten Automobile wurden gerade erst angeschafft. Die meisten Gäste der Familie von Schmieder reisten noch mit der Kutsche an, ließen sich hinauf bringen in den Schlosshof, die Kutscher fuhren dann leer herunter ins Stallgebäude, um die Pferde auszuspannen, zu versorgen und um wieder auf die Abfahrt ihrer Herrschaft zu warten. Zudem waren August und auch Mary von Schmieder begeisterte Reiter, also musste für etliche Kutsch- und Reitpferde eine große Stallung gebaut werden.

 

Bild 26 Stallgebaeude Ansicht von Sued

Neues Schloss Steinach, Stallgebäude, Eingabeplan Ansichten von Süden und Westen
(Quelle: Staatsarchiv Landshut, Bauakten Gemeinde Steinach, Rep. 162; Verz. 17; Sch. 32; Nr. 3715)

 

Das Stallgebäude ist deswegen auch das größte der Nebengebäude. Es bot, wie aus dem Grundrissplan des Erdgeschosses hervorgeht, immerhin Stallplatz für 14 „Herrschaftspferde“, aufgeteilt in 10 Stände und 4 Boxen. Gegenüber lag ein „Gaststall“ für 5 Gastpferde und ein Aufenthaltsraum für „Fremde Kutscher“. Dazu kommt im Erdgeschoss die große Wagenremise, die Garagen für die beiden ersten Automobile, sowie die große Geschirr- und Sattelkammer sowie der Raum für „Apotheke und Livreen“, im westlichen Eck eine große Wohnung. Der große Innenhof bot ausreichend Platz zum Wenden der Gespanne und bot in seiner U-Form vor allem auch Schutz vor Zug, denn die Kutschpferde waren meist erhitzt von der getanen Arbeit im Geschirr. Vor dem gesamten Stallbereich schützte ein großes Glasvordach beim Ein- und Ausspannen die Pferde vor Regen und Schnee.

 

Bild 24 Stallgebaeude EG

Neues Schloss Steinach, Stallgebäude, Grundriss Erdgeschoss
(Quelle: Staatsarchiv Landshut, Bauakten Gemeinde Steinach, Rep. 162; Verz. 17; Sch. 32; Nr. 3715)

 

Im Obergeschoss lagen zwei Wohnungen für den Oberkutscher und die Wäscherin, sowie Zimmer für 5 Stallburschen, dazu der große Wäscheboden und über der Wagenremise ein Heu- und Strohlager.

Bild 25 Stallgebaeude OG

Neues Schloss Steinach, Stallgebäude, Grundriss Obergeschoss
(Quelle: Staatsarchiv Landshut, Bauakten Gemeinde Steinach, Rep. 162; Verz. 17; Sch. 32; Nr. 3715)

 

 

Das folgende Bild  aus der Serie von Limbrunner wurde 26. September 1907 aufgenommen. Die beiden zuletzt, nämlich erst im Frühjahr 1907, begonnenen Gebäude, der Stallbau und das untere Torhaus sind noch im Rohbau, zwischen beiden Gebäuden steht noch eine Bauhütte, dagegen sind das Gärtnerhaus und auch der Turm oben am Schloss zumindest außen fertig gestellt.  Die darauf folgenden Bilder 29 und 30 zeigen den Stallbau im Rohbau und direkt nach der Fertigstellung.

 

 

Bild 28 Stall u Torhaus

Stallgebäude und Torhaus im Bau, dahinter das fertiggestellte Gärtnerhaus September 1907
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

 

Bild 29 Stall im Bau

Stallgebäude kurz vor der Fertigstellung, Oktober 1907
(Foto: Nachlass Ludwig Niggl, Steinach)

 

 

Bild 30 Stall fertig

Stallgebäude kurz nach der Fertigstellung
(Foto: Nachlass Ludwig Niggl, Steinach)

 

Einen interessanten Einblick, wie penibel sauber die „Herrschaftspferde“ gehalten und gepflegt wurden, bieten die beiden folgenden Bilder Nr. 31 und 32. Auf dem einen ist die Stallgasse abgebildet, rechts die Pferdeboxen und links die Stände. Wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass das Einstreustroh in jedem Stand von Hand nach vorne gebürstet wurde, um eine einheitliche Linie durch den ganzen Stall zu erzeugen. In der Geschirrkammer hängen links und rechts die Geschirre für die Kutschenpferde und im Bildhintergrund die Sättel für die Reitpferde.

 

Bild 31 Stallgasse

Stallgebäude, Stallgasse
(Foto: Nachlass Ludwig Niggl, Steinach)

 

 

Bild 32 Stall Geschirrkammer

Stallgebäude, Geschirrkammer
(Foto: Nachlass Ludwig Niggl, Steinach)

 

 

 

bild 32a Trensenkammer

Kutscherstube und Trensenschränke
(Foto: Nachlass Ludwig Niggl, Steinach)

 

 

Das Torhaus

Anfänglich wohl gar nicht geplant, denn auf den ersten Lageplänen erscheint kein Torgebäude am südlichen Eingang, wird dieses Haus, wie das Stallgebäude erst im Jahr 1907 begonnen. Aber der südliche Eingang ist allein schon wegen der guten, neuen Strasse der Haupteingang ins Neue Schloss Steinach. Damit nicht jedermann hier hereinkam, gab es einen Pförtner. Im Haus selbst befand sich neben der kleinen Pförtnerwohnung eine weitere Wohnung für einen „verheirateten Gärtner“. Direkt angebaut an das eigentliche hohe Torgebäude wurde eine Kantine mit Küche und Essraum für die unverheirateten Gärtner und die Pferdeburschen aus dem unteren Schlossbereich, sowie ein Wannen- und Brausebad, denn alle Bedienstetenwohnungen wiesen zwar Toiletten auf, aber keine Bäder.

Draußen auf der Straßenseite prangte als großes Wandgemälde das heute nur noch undeutlich erkennbare von Schmieder`sche Wappen mit dem springenden Pferd.

 

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Baubeginn Torhaus September 1907
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Bild 33 Torhaus

Innenansicht des Torhauses, rechts die Kantine und die Badezimmer für die nicht verheirateten Bediensteten
(Quelle. Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 31, 1909)

 

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Das Torhaus von außen mit dem Wappen der Familie Schmieder, links die Kantine und das Badehaus, rechts das Gärtnerhaus und im Hintergrund das Neue Schloss Steinach
(Foto: Limbrunner Straubing)

 

 

Das Gärtnerhaus und die Glashäuser

Schlösser hatten und haben oft ihre eigenen Gärtnereien, um die großen Häuser einerseits mit Blumenschmuck und andererseits mit Obst und Gemüse zu versorgen. August von Schmieder liebte diese beiden Aufgaben so sehr, dass er sich eine außerordentlich große Gärtnerei mit einer sehr großen Gewächshausanlage errichten ließ. Es wird berichtet, dass er z.B. Spaß daran hatte, seinen Gästen zu Weihnachten selbst gezogene Erdbeeren aus dem Gewächshaus servieren zu lassen. Schon Joseph Schlicht schwärmt von dieser Anlage in seiner Geschichte von Steinach: „Die Gewächshäuser, die in ihrer Ausdehnung wie Einrichtung eine Sehenswürdigkeit beim Neuen Schloss bilden“. Beide Baumaßnahmen – Gärtnerhaus und Gewächshäuser - erfolgten ganz zu Anfang der Bautätigkeiten im Neuen Schloss.

 

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Neues Schloss Steinach, Gewächshäuser und das noch nicht umgebaute Gärtnerhaus im Winter 1905
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Das Gärtnerhaus beherbergte zwei Wohnungen für „Verheiratete“, vier Zimmer für die Gartengehilfen und eines für den „Eselbuben“, einen Eselstall, ein Samenzimmer,  Lagerräume und ganz im Westen die Wäscherei.

Die Gewächshausanlage wurde gebaut von der Firma Mehlhorn, Schweinsburg, Sachsen der damals führenden Firma für Gewächshausanlagen und mit einer der ersten „Oberheizungen“ versehen, das heißt die Heizungsrohre waren oben und an den Seitenwänden der Gewächshäuser angebracht. Die Anlagen umfassten ein Vermehrungshaus, zwei große Warmhäuser, darunter das hohe Palmenhaus, ein temperiertes Haus, einen geheizten Verpflanzraum, einen Kalt- und Überwinterungsraum, ein großes Wein– und Kalthaus sowie zahlreiche Frühbeetkästen.

Für den Anbau von Gemüse stand eine Freilandfläche von ca. 2 ha zur Verfügung, die Obstanlagen unterhalb des Rosenhaags umfassen allein 1,2 ha, dazu gab es natürlich noch ein eigenes Bienenhaus.

 

 

Bild 34 Gaertnerhaus u Gewaechshaeuser

Neues Schloss Steinach, Gärtnerhaus und Gewächshausanlage, Juni 1907
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

 

Bild 35 Gaertnerhaus

Neues Schloss Steinach, das Gärtnerhaus, Ansicht von Süden, April 1907
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

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 Neues Schloss Steinach, das Gärtnerhaus, Ansicht von Osten, Juni 1907
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

 

 

Der Rosenhaag

Ein ganz besonders schönes Detail im von Schmieder`schen Park am Neuen Schloss war der „Rosenhaag“, eine zweiflügelige, L-förmige, mit weißen Holzleisten versehene Eisenkonstruktion mit einer über 5m hohen, runden Kuppel in der Mitte, von wildem Wein als Regen- und Sonnenschutz überwuchert und mit vielen Rosen bewachsen.

 

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Der Rosenhaag kurz vor der Fertigstellung
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

 

Bild 36 Rosenhaag

Der Rosenhaag nach der Fertigstellung, Juni 1907
(Foto: Limbrunner, Straubing)

 

Auf dem Bild steht die weiß gestrichene Eisen-/Holzkonstruktion noch ganz allein in der Landschaft und ist noch nicht vom Wein überwuchert. Von hier hatte man einen wunderbaren Blick hinaus in die Donauebene, auf den Bogenberg und auch hinein in den Bayerischen Wald. Daher wurde der „Rosenhaag“ auch zuweilen „Luginsland im Rosenhaag“ genannt. Hier konnte man im Sommer sicher herrlich Tee trinken und die Umgebung genießen.

 

 

Bild 37 MvS im R haag

Mary von Schmieder im Rosenhaag, ca. 1908
(Foto:Hubertus Meckel, Privatalben von Mary von Schmieder)

Auf dem Bild sieht man die Schlossherrin Mary von Schmieder, wie sie im Rosenhaag gerade ein paar Rosen pflückt und in den mitgebrachten Korb legt. Man erkennt auf dem Bild gut, wie die Rosen von außen durch das Spalier in den Rosenhaag herein wachsen, das heißt diese Laubenkonstruktion war ursprünglich nicht verglast.

 

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 Blick auf den Rosenhaag aus südöstlicher Richtung
darunter zahlreiche frisch gepflanzte Obstbäume
(Quelle: Nachlass Ludwig Niggl, Steinach)

 

 

 

Das Försterhaus („Riedhaus“)

 

Bild 38 Foersterhaus

Neues Schloss, das Försterhaus, September 1907

 

 

Dieses Haus – den Steinachern als „Riedhaus“ gut bekannt, benannt nach dem dort lang lebenden Förster und Jäger Josef Ried – steht am Tor am nördlichen Ende des Parks, eigentlich schon außerhalb der Parkeinfriedung. Es diente vor und während des Baus den Architekten Iwan Bartcky und Anton Nauer, wahrscheinlich aber auch Gabriel von Seidl, der sicherlich oft in Steinach war, als Quartier und vor allem auch als Büro und Planstube. Es war aber – obwohl im Eingabeplan als Pförtnerhaus bezeichnet – von Anfang an als Förster- bzw. Jägerhaus gedacht, da das heute noch zu sehende, stolze Hirschgeweih aus Metall, von Anfang an dieses Haus ziert.

 

 

Das Volierenhaus

Von diesem Haus existieren nur ganz wenige Bilder. Es stand westlich vom Schlossgebäude und wurde auch als „Vogerlhaus“ bezeichnet, heute ist nur noch die Ruine sichtbar. Es bestand aus einem festen, gemauerten Bauteil und einem Blumengarten vor dem Haus mit einem großen Wasserbassin und einer umlaufenden Voliere aus Eisengitter, hergestellt, wie das Gerüst des Rosenhaags, von der Firma Mitterer aus Straubing. In der Voliere wurden „Brasilianer, Indier und Ostasier“ gehalten, wie Schlicht die dort gehaltenen verschiedenen Ziervögel in seiner Geschichte von Steinach bezeichnet (Joseph Schlicht, Die Geschichte von Steinach).

 

Bild 39 Volierenhaus

Das Volierenhaus
(Quelle: Hubertus Meckel, Alben von Mary von Schmieder)

 

 

Der Park des Neuen Schlosses

Paul Lorenz aus Zwickau wird beauftragt den großen Park zu planen und anzulegen. Er wählt eine sehr reizvolle Variante: Unten um die Gärtnerei herum wird ein intensiv betriebener „Nutzgarten“ mit Obstbäumen und Spalieren für Beerenobst angelegt, direkt um das Schloss herum und vor allem nach Süden hinaus folgte im Anschluss daran ein „Kunstpark“ mit schönen Einzelbäumen, gepflegten Hecken und feinen Rasenflächen. Nördlich des Schlosses lag noch der Tennisplatz mit seinem roten Ziegelsplittbelag, einer Zuschauerterrasse und einem kleinen Umkleidehäuschen, danach bestand der Park aus standortgerechten Laub- und Nadelhölzern und ging langsam in den dort bereits bestehenden Nutzwald über.

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 Der Schlosspark - mit abwechselnden, prachtvollen Blühflächen
(Fotos: Nachlass Ludwig Niggl, Steinach)

 

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Die ganze Parkfläche ist durchzogen von einem lockeren Netz von fein gesplitteten Spazier- und Fahrwegen, deren Charakteristikum sind die sehr schönen, an vielen Stellen noch heute gut erhaltenen, mit Donaukiesel ausgelegten Regenrinnen. Als Besonderheiten, die den Park herausheben, sind der selten erwähnte kleine Weiher unten an der Ostseite des Parks und natürlich die erlesenen, aus verschiedenen Ländern stammenden Solitärbäume zu nennen. Leider ist bis dato kein Pflanzplan von Paul Lorenz aufgetaucht, meist sind solche Pläne auch nicht erhalten geblieben, da die Parkanlage für sich nicht genehmigungspflichtig war, musste auch kein Parkplan dem Bauantrag beigelegt werden. In einer von mir an der Fachhochschule Weihenstephan 2006 initiierten Diplomarbeit die in der Gemeindeverwaltung in Steinach vorliegt, hat Frau Manuela Pappenberger die einzelnen Bäume und Sträucher im Park neu kartiert. Frau Pappenberger hat versucht anhand des Alters der Bäume abzuschätzen, ob sie aus der Zeit der Parkanlage stammen. Zugleich enthält die Diplomarbeit ein Pflegekonzept für die Parkvegetation (Manuela Pappenberger, Parkpflegekonzept Neues Schloss Steinach, 2006)

 

Bild 40 Lageplan TUM

Neues Schloss Steinach, Lageplan der Parkanlagen von Paul Lorenz, Zwickau
(Quelle: Architekturmuseum der TU München)

 

Bild 41 Lorenz

Der Planer des Schlossparks Paul Lorenz, Zwickau
(Foto: Nachlass Ludwig Niggl)

 

 

 

Das Neue Schloss Steinach nach der Fertigstellung

 

Am 1. Mai 1908 feiert man oben am Singberg die Fertigstellung des Neuen Schlosses, so wie es Iwan Bartcky seinem Bauherrn August von Schmieder noch bei der „Hebefeier“ versprochen hatte. Vier Wochen zuvor, am 1.4.1908, wird der Familie von Schmieder nach der Tochter Ernestine (1905) der erste Sohn Maximilian von Schmieder geboren, also ist alles angerichtet für eine wunderbare Zeit in einem prachtvollen Schloss, wie die folgenden Bilder, die das Äußere des fertigen Schlosses zeigen, erahnen lassen.

 

Bild 42 Suedfassade

Südfassade des Neuen Schlosses Steinach
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Nr.31, 1909)

 

Die grandiose Südfassade des Schlosses. Hier liegen im Erdgeschoss die großen Gesellschaftsräume. In der Mitte hinter den vier mächtigen Rundbogenfenstern lag die Halle, links daneben die Bibliothek, aus der man über die ganz links sichtbare Treppe hinunter auf die breite Südterrasse gelangte, wo sich die Schlossherrschaft und ihre Besucher im Sommer sicher oft aufhielten. Ganz rechts führte eine Treppe, die heute noch im Park existiert, von der Terrasse herunter in den Park. Nach rechts, anschließend an die große Halle, erkennt man drei kleinere Fenster, die Licht in den Salon warfen. Hinter dem als Turm geformten Erker lag das Speisezimmer, weiter nach rechts folgte der zurückspringende Küchentrakt, von dort hatte die Dienerschaft keinen Einblick mehr auf die Terrasse.

 

Bild 43 Ansicht von Nord

Ansicht Neues Schloss Steinach von Nord
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Nr.31, 1909)

 

Auf dem Bild wirft man einen Blick auf die nach Norden gerichtete Hofseite des Schlossbaues. Vorne begrenzt die mächtige Hofmauer den Innenhof, dahinter ragt der mächtige Turm empor. Die kleineren, eher einfach gehaltenen Fenster lassen erahnen, dass auf dieser Nordseite nur die Garderoben und Zimmer für die Dienerschaft lagen.

 

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Neues Schloss Steinach, Ansicht des westlichen Innenhofs kurz nach der Fertigstellung
(Foto: Nachlass Ludwig Niggl, Steinach)

 

 

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Die Westseite und Südfassade des Schlossgebäudes
(Ausschnitt aus einer Ansichtskarte)

 

 

Bild 44 Luftbild 1920

Luftbild Neues Schloss Steinach von Westen um 1920/1925, im Vordergrund das Folierenhaus
(Quelle: Carlmax von Schmieder, Dublin)

Dieses Bild ist eines der schönen Luftbilder, die vom Neuen Schloss Steinach existieren, leider ist es nicht datiert. Da aber im Vordergrund das Volierenhaus mit dem Wasserbecken und der umlaufenden Eisenvoliere gut zu erkennen ist, dürfte es in der Zeit, als das Schloss von der Familie von Schmieder noch bewohnt wurde, also vor 1930 aufgenommen worden sein. Besonders beeindruckt auf diesem Luftbild der Größenunterschied zwischen den heute noch existierenden Häusern für die Bediensteten und dem eigentlichen Schlossbau. Darüber hinaus sind die von Rabatten eingefasste Südterrasse und die weitläufigen Rasenflächen um das Schloss herum ersichtlich. Ganz hinten erahnt man den Tennisplatz.

 

Bild 45 Luftbild Neues Schloss

Luftbild Neues Schloss Steinach von Südwesten um 1930
(Quelle Carlmax von Schmieder, Dublin)

 

Das zweite Luftbild ist zeitlich ebenfalls nicht eindeutig zuzuordnen, wurde aber wesentlich später aufgenommen, da die gesamte Südfront bis oben bereits mit Efeu bewachsen ist. Der ehemals hellweiße Anstrich hat Einiges an Patina bekommen, die Rasenflächen machen nicht mehr den bestens gepflegten Eindruck. Das Bild könnte um 1930 oder später entstanden sein.

 

 

Bild 46 Suedterrasse

Neues Schloss Steinach, Südterrasse mit Treppenaufgang in die Bibliothek, rechts hinter den vier Rundbogenfenstern die große Halle
(Quelle: Der Baumeister, Heft 6, 1909)

 

Die große Südterrasse ist auf dem Bild zu sehen. Auch wenn das 1909, also im Jahr nach dem Bezug des Neuen Schlosses aufgenommene Bild nicht allzu scharf wiedergegeben werden kann, so lässt es doch die strenge Gestaltung und vor allem Größe der Südterrasse bestens erkennen.

 

 

Bild 47 AvS Kinder am Brunnen

Neues Schloss Steinach, August von Schmieder mit seinen Kindern Ernestine und Max von Schmieder vor dem Brunnen auf der Südterrasse, ca. 1915
            (Quelle: Photo Grainer, Hubertus Meckel, München, Alben Mary von Schmieder)

 

Auf dem Bild sitzt August von Schmieder mit seinen Kindern Ernestine und Max am Rand des mit einer Bronzefigur künstlerisch gestalteten Brunnens auf der Südterrasse. Der Beckenrand ist heute noch im Park erhalten, die hinter August von Schmieder zu erkennenden Figuren nicht mehr.

 

 

Bild 48 AvS u Gaeste auf S Terrasse

Neues Schloss Steinach, links August von Schmieder und Gäste auf der Südterrasse
(Quelle: Hubertus Meckel, München, Alben Mary von Schmieder)

 

August von Schmieder (links) und verschiedene Gäste sind auf der Südterrasse abgebildet. Die großen, weiß lackierten Holzbänke standen auf einem freien, fein gekiesten Platz vor der im Hintergrund noch erkennbaren Treppe hinauf in die Bibliothek, die übrigens die einzige Möglichkeit war direkt vom Schloss heraus auf die Terrasse hinunter zu gelangen.

 

 

Bild 49 Auto vor Portal

Neues Schloss Steinach, Automobil in der Turmeinfahrt, ca. 1912/14
(von links: Carl von Lang-Puchhof,  Elisabeth Gräfin von Courten, Baron Speidel)
(Quelle: Hubertus Meckel, München, Alben Mary von Schmieder)

 

Hier kann man erkennen, wie die hohe Durchfahrt unterm Hauptturm genutzt wurde. Gerade ist eines der ersten Automobile vorgefahren, es handelt sich wahrscheinlich um das Automobil von Carl von Lang-Puchhof, der links im Bild zu erkennen ist, sitzend Elisabeth Gräfin von Courten, rechts Baron von Speidel. Im Hintergrund sieht man das mächtige Eingangsportal in das Neue Schloss Steinach mit dem reich dekorierten schmiedeeisernen Gitter im oberen, verglasten Bereich.

 

 

 

Die Inneneinrichtung des Neuen Schlosses Steinach

Die Pracht der wertvollen Einrichtung des Neuen Schlosses ist nur in wenigen Bildern erhalten, die im Folgenden einen Blick in die Haupträume ermöglichen. Gabriel von Seidl gestaltete als gelernter Innenarchitekt im Neuen Schloss Steinach, wie in vielen seiner Prachtbauten, auch die Inneneinrichtung selbst (Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 31, 1909).

 

Die große Halle

Mittelpunkt des Lebens und Wohnens im Neuen Schloss war die große Halle, die unten im Erdgeschoss den Kern der Repräsentationsräume bildete. In der Süddeutschen Bauzeitung von 1909 liest man über diesen Raum: „Sie (die Halle) gibt sich auf den ersten Blick als ein volles Werk von Seidls vornehm behaglicher Innenkunst. Durch die breiten, einseitigen Bogenfenster ergibt sich unter der in dunklem Holz kassettierten Decke zusammen mit der gleichen Vertäfelung und der oben weiß gehaltenen Wände eine prächtige Lichtwirkung, in welcher die bei allem Prunk doch anheimelnde und durch keine Stiluniformierung durchkältete Einrichtung trefflich zur Geltung kommt.“

Nachfolgend sollen drei Bilder die Halle aus verschiedenen Blickwinkeln zeigen.

 

Bild 50 Halle

Die große Halle (Blick vom Ende der Halle zurück auf den Eingang)
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909)

 

Bild 51 Halle

Die große Halle (Blick vom Eingang in die Halle. Hinten links erkennt man die Tür in die Bibliothek, der offene Bogen rechts führte über einen Gang ins Spielzimmer.

(Quelle: Hubertus Meckel, München, Alben Mary von Schmieder)

 

Bild 52 Kamin in der Halle

Das Bild zeigt den „kleinen“ Kamin in der Halle, die großen Ölgemälde und einen der Löwentische.
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909)

 

 

 

Die Bibliothek

Die Bibliothek war neben der Halle der zweite, sehr große Raum im Erdgeschoss. Die beiden nachfolgenden Bilder (Bild 53 und 54) zeigen diesen sehr wertvoll eingerichteten Raum mit dem runden Erkerraum. Gabriel von Seidl wählte nur für diesen Raum im Erdgeschoss eine Gewölbedecke. Teile der verschließbaren Bibliotheksschränke sind heute noch im Büro der Saatzucht Steinach erhalten.

 

Bild 53 Bibliothek

Bibliothek, Neues Schloss Steinach
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909)

 

 

Bild 54 Bibliothek

Bibliothek, Neues Schloss Steinach
(Quelle: Hubertus Meckel, München, Alben Mary von Schmieder)

 

 

 

Das Herrenzimmer

Das Herrenzimmer lag direkt im Anschluss an die Bibliothek im Westtrakt, es wurde dominiert von einem riesigen offenen Kamin. In diesem Raum hingen die meisten der vielen Jagdtrophäen des Schlossherrn.

 

Bild 55 Kamin Herrenzimmer

Großer Kamin im Herrenzimmer
(Quelle: Hubertus Meckel, München, Alben Mary von Schmieder)

 

FO NES 31

Der große Kamin war ein Hochzeitsgeschenk der Großeltern Scarisbrick von Mary von Schmieder mütterlicherseits aus England.

 

 

Der Salon

Dieser fürstlich elegante Salon war ganz in weiß im Louis XVI. Stil gehalten, mit eingelassenen, großformatigen klassischen Bildern an den Wänden.

 

Bild 56 Salon

Neues Schloss Steinach, Salon
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909)

 

 

 

Das Spielzimmer

Um die Gäste immer gut zu unterhalten, gab es im Neuen Schloss – wie in vielen großen Häusern dieser Zeit – ein eigenes Spielzimmer. Auf Bild 57 kann dieser mit poliertem Kirschbaum und dunklem Ebenholz ausgekleidete Raum mit den vielen in die Vertäfelung eingelassenen Bildern berühmter Steinacher Rennpferde und dem großen Billardtisch bewundert werden.

 

Bild 57 Spielzimmer

Neues Schloss Steinach, Spielzimmer
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909)

 

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Die Rennpferdebilder aus dem Spielzimmer, gemalt von Wilhelm Barth, sind zum Teil noch heute im Besitzer der Familie von Schmieder (links Colleoni in den Farben von August von Schmieder gelbe Jacke/grüne Kappe, rechts Skemming in den Farben des gemeinsamen Rennstalles von August von Schmieder und Carl von Lang-Puchhof, grüngelb gestreifte Jacke, gelbe Kappe)

 

Das Musik- und Schreibzimmer

Im Obergeschoss, über der darunter liegenden Bibliothek hatte Mary von Schmieder ihr mit Platanenholz (Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 31, 1909) ausgetäfeltes Musik- und Schreibzimmer, das - ebenfalls mit einer Gewölbedecke ausgestattet - auf dem folgenden Bild zu sehen ist.

 

Bild 58 Musikzimmer

Neues Schloss Steinach, Musik- und Schreibzimmer von Mary von Schmieder (1. Stock)
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909)

 

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Vorraum zum Musik- und Schreibzimmer von Mary von Schmieder

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Raum im Obergeschoss, links im Vordergrund ein Fernsprechapparat
 (Fotos: Nachlass Ludwig Niggl, Steinach)

 

 

 

Das Schlafzimmer

Das Schlafzimmer der Schlossherrschaft  war mit riesigen Gobelins an den Wänden geschmückt.

 

Bild 59 Schlafzimmer

Neues Schloss Steinach, Schlafzimmer
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909)

 

 

 

Ein Kinderzimmer

Es gab mehrere helle, ganz in Weiß gehaltene Kinderzimmer im Neuen Schloss (Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909).

 

Bild 60 Kiinderzimmer

Neues Schloss Steinach, Kinderzimmer
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909)

 

 

Das Badezimmer

Das Badezimmer für die Schlossherrschaft (Bild 61) war „mit kostbarer Mosaikarbeit, einer Marmorwanne und einem kassierten Gewölbe ausgestattet“ (Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909).

 

Bild 61 Badezimmer

Neues Schloss Steinach, Badezimmer
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909)

 

 

 

 

Die Haupttreppe

Das Schlossgebäude besaß drei Treppenhäuser, einmal die Haupttreppe, die gleich rechts nach dem Haupteingang lag und sowohl von dort als auch von der großen Halle aus betreten werden konnte. Sie war besonders dekorativ gestaltet mit Stufen aus Eichenholz und einem Geländer aus Nussbaum.

 

Bild 62 Haupttreppe

Neues Schloss Steinach, Haupttreppe
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909)

 

 

Bild 63 Treppe Halle

Neues Schloss Steinach, Aufgang zur Haupttreppe von der Halle aus
(Quelle: Hubertus Meckel, München, Alben Mary von Schmieder)

 

Bild 63a Haupttreppe 2

 Fortsetzung der Haupttreppe
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909)

 

 

Bild 63b Nebentreppe

Nebentreppe mit Zwischengeschoss
(Quelle: Süddeutsche Bauzeitung, Band 31, 1909)

 

 

Dem Neuen Schloss Steinach war leider nur eine sehr kurze Zeit beschieden: Ab 1902 geplant, von 1904 bis 1908 gebaut, am 1. Mai 1908 bezogen, am 23. 4. 1945 - also nur 37 Jahre danach - zerstört. Ganz im Gegensatz dazu steht im letzten Absatz des Artikels in „Der Profanbau“ von 1909 zu lesen:

„Die Geschichte des alten Schlosses Steinach geht in weite Jahrhunderte zurück. Sie hat durch die Neuschöpfung des genialen Baukünstlers Gabriel von Seidl, der eine umfassende neue Aufgabe ohne nennenswerte Hemmungen in einem Zuge durchführen konnte, eine gewichtige Mehrung erhalten, deren Monumentalität weit in die Zukunft reichen mag.“

Die „Monumentalität“ in Form des Hauptbaues ist nicht mehr vorhanden. Dennoch ist das, was immer noch erhalten blieb vom „Neuen Schloss Steinach“, der immer noch stimmungsvolle Schlossinnenhof mit seinem mächtigen Turm, die wunderbaren Bauten im „Unteren Schloss“ mit Stallgebäude, Gärtnerhaus und Torbau und vor allem der zauberhafte Park mit seinem traumhaften „Luginsland im Rosenhaag“, also das gesamte Ensemble sind in hohem Maße schützens- und erhaltenswert, damit es „für die Geschichte von Steinach noch weit in die Zukunft reichen mag!“

 

 

Die am Bau beteiligten Firmen

In der Zeitschrift „Der Profanbau“ von 1909 werden die am Bau beteiligten Firmen erwähnt. Die Aufstellung ist so interessant, dass sie hier im Originaltext wiedergegeben wird.

 

Für die Anfertigung der Inneneinrichtung werden dort genannt: „Im Erdgeschoss das Schreibzimmer des Herrn, die Balkendecke und eichene Vertäfelung von A. Schoyerer, Cham, in der Bibliothek die Schränke und eingebauten Stellagen in Eiche schwarz von A. Obermayer, Passau; in der Halle die Vertäfelung in Nussbaum und Ebenholz von Gebr. Bauer, Berlin; Billard von J.B. Dorfelder, Mainz. Im weißen Salon die gesamte Vertäfelung einschließlich Anstrich von J. Glückert, Darmstadt; im Esszimmer die Austäfelung in Nussbaum mit Einspannung von vier großen Gobelins und Büfettnische von J. Glückert, Darmstadt; in Vestibül und Garderoben die Stufen, Belag und Türumrahmungen in Marmor von J. Zwiesler, München. Die Einrichtung der Garderoben in Rüsterholz mit Mattenbespannung und Schränken ist von C. Wild, Regensburg besorgt. Die Haupttreppe und Herrschafts-Nebentreppe mit Stufen in Eiche und Geländer in Nussbaum stammt von A. Schoyerer, Cham. Die Auskleidung im Bad mit Marmormosaiken ist durch J. Rappa & Co., München besorgt; der Marmor-Bodenbelag stammt aus Kiefersfelden. Die für sämtliche Holzbildhauer-Arbeiten erforderlichen Modelle fertigte Prof. Pruska, München; der steinbildnerische Schmuck im Schlosse ist entworfen von Bildhauer Seidler, München. Im Schreib- und Musikzimmer der Frau ist die Ausbildung des ganzen Raumes, Vertäfelung, Stukkierungen, Möbel usw. in Platanenholz mahagoniartig ausgeführt von Gebr. Bauer, Berlin. Die Einrichtung der Kinderzimmer in zartem Weiß, die Garderobe der Frau, Schränke für Wäschekammer und Anrichte stammen von der Firma W. Schröder, München. Die gesamte elektrische Installation einschließlich der Stromerzeugungsanlage und einer 1400m langen Kabelleitung wurde von den Siemens-Schuckert-Werken, München ausgeführt. Die großen Beleuchtungskörper in Bronze für Esszimmer, Halle, Bibliothek, Spielzimmer, Schreibzimmer usw. hat Architekt Wilhelm Maus, Frankfurt besorgt. Die Haustelephonanlage, ausgeführt von J. Fr. Heller, Nürnberg, erstreckt sich über sämtliche Fremden-, Diener- und Jungfernzimmer. Das Staatstelephon ist mit 6 Nebenstellen an Straubing angeschlossen“.

 

Darüber hinaus waren – ebenfalls nach der Aufstellung aus „Der Profanbau, 1909“ - folgende Firmen an der Bauausführung beteiligt:

Erd-, Beton-, Maurerarbeiten: Firma Gebr. Wildanger & Ruff, Regensburg, welche auch die sehr schwierigen und umfangreichen Achsentransporte von der Bahnstation Straubing, die Zufuhr der Ziegelsteine, Kies und Sand aus der Donau betätigte und auch das Betonmaterial (6000 cbm) im nahe gelegenen Steinbruch mittels Förderbahn zur Baustelle transportierte. Ziegelsteine (2 500 000 Stück) von den Ziegelwerken Straubing, ca. 180 Waggon Zement, 35 Waggon Kalk, 150 Waggon Hausteine,  950 sonstige Fuhren, 20 Waggon Eisen, 50 Waggon Kanal.-Kabel usw., 250 cbm Holz für Dachstühle. Von der Staatsstrasse Straubing – Cham zweigt eine 4 km lange neue Strasse ab, welche teils in eigener Regie der Gutsverwaltung, teils durch die Firma Scheuffele, Ennslin & Schneider, Regensburg ausgeführt wurde, die größtenteils auch die Parkwege, Stützmauern, Durchlässe sowie die umfangreichen Terrainbewegungen besorgte. Die Anlagen, Pflanzungen usw. wurden unter Leitung des Gartenbaudirektors Paul Lorenz, Zwickau durch die Gutsverwaltung in eigener Regie ausgeführt. Tennisplatz und Häusl, Terrassen, Teiche, Obstkulturen, Wasserbassins usw. bereichern das Ganze. Gewächshäuser sind ausgeführt von R.O. Mehlhorn, Schweinsburg.

In die Erledigung der umfangreichen Steinmetzarbeiten in Muschelkalk teilten sich J. Zwiesler, Bau- und Steingeschäft, München und J. Röder, Randersacker.

Granittreppen, Säulen, Turmgesimse, Bögen bei den Einfahrten usw. von Gebr. Kerber, Granitwerke Büchlberg.

Bildhauerarbeiten in Muschelkalk: Jos. Zwiesler, München; die erforderlichen Modelle von Bildhauer Seidler, München.

Eisenkonstruktionen und Lieferung der Eisenträger: Durch die Firma F.S. Kustermann, München.

Eisenkonstruktionen zum Vogelhaus, Laubengang, Stallung und Torwartgebäude von J. Mitterer & Sohn, Straubing.

Zimmermannsarbeiten: Firma Franz Dendl, Straubing.

Dachdeckerarbeiten: Mönch- und Nonnendach (ca. 2500qm) durch die Firma Fuchs & Co., Regensburg. Spengler- und Blitzableiterarbeiten (alles Kupfer): Firma Fuchs & Co., Regensburg.

Kupfertreibarbeiten (1 Adler und 2 Löwen): Ehrenböck & Vierthaler, München.

Fenster im Schloss (440) und Türen (230) verteilen sich auf die Firmen: A. Obermayer, Passau; A. Schoyerer, Cham; C. Wild, Regensburg; äußere Fenster Eichen-, innere Föhrenholz, Beschläge Bronze

Rolläden von Klett und Co., München.

Eichene Eingangstüren mit reichen Beschlägen und Gittern: Erstere von J. Glückert, Darmstadt und A. Schoyerer, Cham, letztere von R. Lotze, München.

Schlosserarbeiten: 49 Kellerfenstergitter, 4 große Balkongitter am Hauptturm und sonstige diverse Gitter von Jakob Kaiser, Regensburg.

Eiserne Bogenfenster in der Halle, 2 große Einfahrtstore und Eisentüren: Eisenwerk AG, München.

Eiserne Gitter an der Südfront: A. Leibold & Sohn, Nürnberg.

Schmiedeeiserne Wendeltreppe und elektrisch betriebenerLasten- und Speiseaufzug sowie Aufzug in der Wäscherei von P. Katz, München.

Große dreiteilige Stahlkammer für Silbergeschirr Franz Lechner, München.

In die Stukkateurarbeiten teilten sich die Firmen: J.Rappa, München und Maile & Blersch, München.

Ofenheizung und Kocheinrichtung: Diverse Kachelöfen, offene Kaminfeuer von J. & F. Hausleiter, München;

Herdanlage mit Wärmeapparaten, Anrichte und Spültische, Brat- und Backofen, Bratapparate, Wandbrunnen und Putzbecken aus Marmor: Firma A. Senking, Hildesheim

sämtliche Herde und Waschkessel für die Nebengebäude (9 Herde und 3 Waschkessel) von F. Wamsler, München.

Malerarbeiten: im Schloss einschließlich Sonnenuhr in Fresko am Bibliotheksturm und des Wappens am Torgebäude (Entwurf Konservator Müller, München) durch Fa. Boecks und Urbanisch, München.

Anstreicherarbeiten an den Nebengebäuden: Firmen Carl Throll, München und Prasch, Straubing.

Tapeziererarbeiten durch Marinus Mayer, München.

Wandbespannungen, Möbelbezüge usw. von L. Bernheimer, Kunstantiquariat, München. Linoleum (ca. 3500qm) Fabrikat Maximiliansau auf Korksteinestrich von der Firma Schleicher, München ausgeführt durch Wüst & Mohr, Inh. Pelletier, Nürnberg.

Riemenböden und Parkette (ca. 800 qm) von A. Bembè, Mainz. Steinbeläge: L.Aufschlägers Nachf., München.

Wandverkleidungen, Mosaik-Plattenböden usw. von Villeroy & Boch, Fabriklager Hesse, München.

Entstäubungsanlage: Siemens-Schuckert-Werke, München.

Elektrisches Lichtbad und Wärmeapparate: Reiniger Gebbert & Schall, München.

Die Einrichtung des Herrschaftsstalles und der Gaststallungen sowie der Geschirrkammer: Firma Capar Berg, Nürnberg.

Wäschereimaschinen: Gebr. Poenzgen AG, Düsseldorf.

Die im Schloss befindliche Zentralheizung mit ca. 170 Heizkörpern ist von der Firma Gebr. Körting AG Ing.-Bureau, München.

Kalt- und Warmwasserleitungen sowie Installation der gesamten Bäder usw. (insg. 110 Objekte) wurden von Pfister und Schmidt, München betätigt.

Einrichtungsgegenstände für die Bäder: Villeroy & Boch, Fabriklager Hesse, München. Kanalisation mit Klärgruben, sowie Feuerlöschleitungen vom Schloss und Gärtnerei von A.E. Thiergärtner, Baden-Baden; jene für die Stallungen, Torwart, Vogelhaus usw. von Pfister & Schmidt, München.

Die Wasserversorgung durch in der Gutsverwaltung stehende Pumpen in 60 und 100mm Gußrohrstrang, eine 50 qm fassende Reserve im Hauptturm und eine Untergrundreserve mit 185 qm Raumgehalt im Schlosshof, beide in Eisenbeton von Gebr. Rank, München nehmen das mittels der Pumpen beförderte Wasser auf.

Einfriedung: Größtenteils Drahtzaun an schmiedeeisernen Stützen von J.L. Kaltenecker Nachf., München und an dem südlichen Teile der Gärtnerei eine 450m lange Mauer, System „Prüß“ von der Bayer. Betonbau-Gesellschaft, Nürnberg.

 

Aus dieser Aufstellung kann ersehen werden, wie viele Gewerke zu errichten, wie viele Firmen, Handwerker und Geschäfte an der Einrichtung dieses großen Hauses beteiligt waren.

 

 

 

Quellenverzeichnis

  • Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg, Pfarramt Steinach, Signaturen 12 und 39
  • Joseph Schlicht, Die Geschichte von Steinach, Attenkofer`sche Buchhandlung Straubing, 1908
  • Staatsarchiv Landshut, Bauakten Gemeinde Steinach, Rep. 162; Verz. 17; Sch. 32; Nr.3715 und Rep. 95, Nr. 520, 521, 522
  • Archiv des Architekturmuseums der Technischen Universität München
  • Hedwig Simmel, Mündliche Mitteilungen, 2008
  • Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 29, 1909
  • Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 31, 1909
  • Der Baumeister, Heft 6, 1909
  • Der Profanbau, Nr. 5, Jahrgang 1909
  • Manuela Pappenberger, Parkpflegekonzept Neues Schloss Steinach, Diplomarbeit Fachhochschule Weihenstephan, 2006
  • Nachlass Ludwig Niggl, Steinach
  • Hans Agsteiner, Beilage zum Gemeindeboten Steinach, Teil1, 2008
  • Thomas Grundler, Beilage zum Gemeindeboten Steinach, Teil1, 2008
  • Thomas Grundler, Die Geschichte der Familie von Schmieder in Steinach, Beilage zum Gemeindeboten Steinach, 2005
  • Nöth Stefan, Das Neue Schloß Steinach 1905- 1945, im Jahresbericht d. Hist. Vereins f. Straubing und Umgebung Jhg. 90, 1988, S. 257 ff.