Das Hirtenhaus in Agendorf

 

von Claudia Heigl

 

 

Wie in allen Gemeindeteilen, war auch in Agendorf ein eigener Dorfhirte beschäftigt.

 

Das Hirtenhaus befand sich in der Dorfmitte, auf dem sog. „Burget“.
Hier standen, neben dem Haus und dem Backofen des Hirten, auch die Backöfen des Wirtsanwesens (Hs.Nr. 45) und des „Hagenauerhofes“ (Hs.Nr. 35).

 

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Uraufname aus dem Jahr 1827
Quelle: Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas

 

Die Aufgabe des Hirten war es, das Vieh der Agendorfer Bauern auf die Weiden zu treiben, dafür zu sorgen, dass sie das richtige Futter bekamen und auch wohlbehalten zurückkehrten.
Dafür stellten ihm die neun Bauern unentgeltlich ein Wohnhaus zur Verfügung, das ihnen als Gemeinschaftseigentum gehörte.

 

Das Weiderecht der Gemeinde Agendorf dehnte sich auf die ganze Feldflur aus. An der Grenze zu Rotham hatten sie auf fünf Weiden das Beihutrecht1 in den Rothamer Fluren, im Gegenzug hatten dafür die Rothamer Bauern das gleiche Recht auf fünf Grundstücken im Agendorfer Gebiet.

1810 wurden die Gemeindegründe größtenteils unter den neun Agendorfer Bauern verteilt. Darunter auch die sog. Kälberweide.

 agendorf gemeindegruende

Uraufname aus dem Jahr 1827
Der Saufleck und Schafnger waren weiter südlich und grenzten an die Kinsach
Quelle: Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas

 

Etliche Grundstücke gehörten 1838 den neun Agendorfer Bauern noch als Gemeinschaftsanteil. Dazu gehörten folgende Weiden:

Fl.Nr. 109 Saufleck
Fl.Nr. 110 Schafanger
Fl.Nr. 460 Schwarzholzanger
Fl.Nr. 264 Grubweide
Fl.Nr. 289 Geierberg und Himmelreich

 

 

 

Die Hirtenfamilien in Agendorf:


1639: Leonhard und Anna Wolff (Taufe d. Sohnes Wolfgang)
1640: Wolfgang Khrabler (+)
1645: Konrad und Barbara Zänkl (Taufe d. Tochter Katharina)
1649: Mathias Distinger +
1663: Korand und Eva Zetl (Taufe d. Sohnes Georg)
1670: Johann und Margaretha Weuss (Taufe d. Tochter Ursula)
1672: Georg und Margaretha Altenweck (+1672)
1675: Jakob und Christina Schiessl (Taufe d. Tochter Margaretha)
1689: Georg und Katharina Plechinger (Taufe d. Sohnes Vitus)
1693: Magdalena Grim, Hirtenwitwe +
1694: Sebastian Schambeck (Tod d. Sohnes Nikolaus)
1702: Johann Pummer, Rinderhirte +
1704: Georg Wuzelhofer (+1712), Viehhirte (Tod d. Sohnes Urban)
1706: Johann und Walburga Hollermayer (Taufe d. Sohnes Joseph)
1707: Georg Obermayer, Hirte +
1720: Vitus Geigner (Tod des Sohnes Adam)
1754: Georg (+1754, 52 J.) und Magdalena Fuchs (Taufe d. Sohnes Mathias)
1856: Georg Decker
1876: Georg und Katharina Urban
1897: Joseph Maier und Franziska, geb. Lehner (Taufe d. Sohnes Johann )
1918 - 1937: Johann und Franziska Wanninger

Der letzte Agendorfer Hirte, Johann Wanninger (geb. 23.06.1862 in Glasthütt b. Englmar), zieht mit seiner Ehefrau 1937 nach Steinach und wohnt dort zur Miete im Simmel-Anwesen (Hs.Nr. 33). Am 14.02.1940 stirbt er im Alter von 77 Jahren in Steinach. Seine Witwe Franziska Wanninger stirbt am 11.10.1947 mit 84 Jahren in Steinach.

 

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Das Hirtenhaus aufgenommen 1963, wahrscheinlich kurz vor dem Umbau
Bild: Familie Mandl, Pellham

 

Das Hirtenhaus erwirbt die Familie Dietl vom benachbarten Hof und baut darin drei Garagen ein.

 

fo agdf 79Das Hirtenhaus nach dem Umbau
Bild: Familie Mandl, Pellham


Im Rahmen der Dorferneuerung 1999/2000 wird das Gebäude von der Gemeinde Steinach gekauft und abgerissen, um Platz für eine Dorfmitte mit einer neuen Kapelle zu machen.

 

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 Das ehemalige "Burget" ist heute der Dorfplatz mit Kapelle. Das ehemalige Feuerwehrhaus und Gemeindekanzlei wurde in ein Gemeinschaftshaus umgebaut.

Bild: Claudia Heigl, aufgenommen im Oktober 2018

 

 

 

1 Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Agendorf von 1838, S. 428

Weitere Quellen:
BZA Regensburg, Pfarrmatrikel der Pfarrei Steinach

 

 

Stand: 15.06.2023