Dorf Wolferszell
Die Grafen von Bogen als Grundherren
Im Gegensatz zu Steinach und Agendorf war Wolferszell nie im Besitz des Domkapitel Augsburg, sondern gehörte zum Besitz der Grafen von Bogen. Wolferszell dürfte Sitz eines Ministerialen gewesen sein.
Auf dem Kapflberg werden noch unterirdische Mauerzüge vermutet, die die vorsichtige Vermutung zulassen, dass es sich hier früher um eine Wehrburg gehandelt haben könnte. Im Schatten dieser Burg, die zur Überwachung der vorbeiführenden Handelsstraße gedient haben könnte, hätten sich Bauern gefahrlos niederlassen können.
Bereits um 1094 wird ein "Gerhoch des Wolfoltescella" als Zeuge in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Oberalteich urkundlich erwähnt1. Der Ort selbst dürfte jedoch wesentlich älter sein.
Das Dorf Wolferszell hatte seit dem 16. Jahrhundert nachweislich 17 Anwesen.
Im 17. Jahrhundert finden wir bei zehn Höfen in Wolferszell den bayerischen Kurfürsten als Grundherrn, die vom Kastenamt Straubing verwaltet wurden.
Drei Höfe gehörten zum Kloster Oberalteich, und jeweils ein Gut gehörte grundherrschaftlich zur Pfarrei Steinach, zum Benefizium Steinach, zum Zellerschen Benefizium in Straubing und zum Bürgerspital Straubing. Die zehn Bauern der kurfürstlichen Höfe wurden auch Urbarsbauern genannt, da die Höfe in sog. Herzogsurbare aufgeführt waren.
Wolferszell als Hafnerzentrum
Neben dem Wirtshaus und der Mühle waren die Hafner das bedeutendste Gewerbe in Wolferszell.
Auf drei Anwesen war das Recht geschrieben „auf dem Wolfsberg nach Degel zu graben“. Hierauf waren seit Urzeiten Hafner ansässig. Für diesen „Degel“ (=Tegel) mussten sie 1579 jährlich jeweils 24 Pfennige Steuer an das Kastenamt Straubing abführen
- Nr. 8 das Schneidergütl (Kreuzstr. 1)
- Nr. 10 das Mayerhofergütl (Chamer Str. 9)
- Nr. 16 das Müllergut (Mühlenweg 15)
Zwischen 1687 und 1788 war auch die Hafnersfamilie Grüneisl auf dem Grüneislhof Hs.Nr. 5 (Kreuzstr. 9) ansässig, so dass in dieser Zeit sogar vier Hafner in Wolferszell tätig waren.
Der 30jährige Krieg 1618 - 1648
Im November 1633 überfielen die Schweden das nahegelegene Kloster Oberalteich. Die umherziehenden Soldaten plünderten und terrorisierten die nächsten fünf Monate alle umliegenden Ortschaften. Davon wurde auch Wolferszell schwer getroffen.Im Januar 1641 zogen sie nochmals durch die Gegend und zwischen Juli und September 1647 kamen sie schließlich ein drittes Mal und vernichteten hier die komplette Ernte, bzw. verhinderten, dass diese eingebracht werden konnte. Der dritte Überfall war so folgenschwer, dass im darauffolgenden Jahr - 1648 - von keinem Hof eine Abgabe entrichtet werden konnte.
Von den insgesamt 17 Hofstellen in Wolferszell sind nur bei fünf die Besitzerfamilien vor und nach diesen Überfällen gleich geblieben.
- Hs.Nr. 5 Grüneislhof: Paul und Agathe Fischer bzw. deren Sohn Georg Fischer
- Hs.Nr. 7 Webergütl: Grüneisl Kaspar
- Hs.Nr. 10 Mayerhofergütl: der Hafner Bartholomäus Ziflinger
- Hs.Nr. 15 Löfflergut und Nr. 17 Mühle: Bielmeier Vitus, Müller und dessen Ehefrau Eva bzw. deren späterer Stiefsohn Stubenhofer Georg d. Ältere und dessen Ehefrau Rosina.
Wolferszell kommt zur Gemeinde Agendorf
Etwa um 1803 wurden erstmals Hausnummern eingeführt. In Wolferszell hatte das Wirtsanwesen als erste Hausnummer die Nummer 3. Die Hausnummer 1 und 2 wurde nicht vergeben. Bereits 1838 waren von zwei Urbars-Höfen die „Nebengütl“ von den Hofbesitzern verkauft worden, so dass hierfür eigene Hausnummern gebildet wurden.
Durch das organische Edikt vom Jahre 1808 wurde Wolferszell der neu gegründeten Gemeinde Agendorf zugewiesen.
Am 1. 7. 1974 wurde die Gemeinde Agendorf aufgelöst und Wolferszell wurde mit Kapflberg in die Gemeinde Steinach eingegliedert. Zur Pfarrei Steinach gehörte der Ort schon seit Urzeiten. Da Wolferszell auch keine eigene Schule hatte, mussten die Kinder in die Steinacher Schule gehen.
Wolferszell um 1930
Übersicht der Wolferszeller Höfe
alte Hs.Nr. | Besitzer 1838 | Hofname 1838 |
Neue Strasse und |
früheste bekannte Besitzer | |
3 | Schreiber Joseph | Bachlhof 1/2 (Wirtshaus) | Chamer Str. | 1 | 1578 |
4 | Schreiber Joseph | Zubausölde z. Wirtshaus 1/8 | Chamer Str. | 6 | 1446 |
5 neu | neue Hausnummer | Chamer Str. | 3 | 1933 | |
5 | Zwickenpflug Mathias | Grüneislhof 1/8 | Kreuzstr. | 9 | 1579 |
6 | Zwickenpflug Mathias | Schmidgütl 1/16 | Chamer Str. | 5 | 1579 |
7 | Weichselgartner Joseph | Webergütl 1/16 | Kreuzstr. | 3 | 1579 |
8 | Schuhbauer Anton | Schneidergütl 1/16 | Kreuzstr. | 1 | 1579 |
9 | Lohringer Jakob | Windmayergütl 1/8 | Kreuzstr. | 9 | 1663 |
10 | Mayerhofer Joseph | Mayerhofergütl | Chamer Str. | 9 | 1579 |
10 1/2 | Mayerhofergütl | Chamer Str. | 7 | 1909 | |
11 | Drechsler Johann | Webergütl 1/16 | Chamer Str. | 8 | 1579 |
12 | Schlecht Johann | Gmeinwieserhof 1/2 | Mühlenweg | 3 | 1579 |
12 1/2 | Chamer Str. | 10 | 1873 | ||
13 | Girster Sebastian | Das Schmidbauerngut | Mühlenweg | 5 | 1579 |
14 | Schmid Christoph | Schmidbauer-Nebengütl | 1830 | ||
15 | Knott Gangulf | Das Löfflergut | Mühlenweg | 9 | 1579 |
16 | Dorfner Joseph | Das Müllergut | Mühlenweg | 15 | 1579 |
17 | Lang Anna Maria | Die Mühle | Mühlenweg | 7 | 1376 |
18 | Nebenhaus zur Mühle | Mühlenweg | 7 | 1579 | |
19 | Zollner Mathias | Der Jägerhof | Mühlenweg | 6 | 1579 |
20 | Wiesmüller Joseph | Zubaugütl zu 19 | Mühlenweg | 4 | 1834 |
21 | Weber Jakob | Der Fischerhof | Mühlenweg | 2 | 1579 |
22 | Wiesmüller Joseph | Das Schuhbauerngut | Chamer Str. | 4 | 1579 |
22 1/2 | 1848 | Chamer Str. | 2 | 1852 | |
23 | Das Hirtenhaus | 1516 | |||
23 1/2 | Auf der Spek | Spitalweg | 2 | 1852 | |
23 1/4 | Das Wolf-Anwesen | Kreuzstr. | 7 | 1866 | |
78 | Das Kinzkofer-Anwesen | Kreuzstr. | 8 | 1880 | |
79 | 1890 | Chamer Str. | 11 | 1890 | |
81 | Spitalweg | 1 | 1927 | ||
82 | Kreuzstr. | 6 | 1935 | ||
83 | Spitalweg | 4 | 1936 | ||
84 | Chamer Str. | 13 | 1936 | ||
85 | 1954 | Kreuzstr. | 4 | 1954 | |
88 | 1950 | Birkenstr. | 3 | 1950 | |
92 | Birkenstr. | 6 | 1956 |
Die Besitzer der Höfe sind bis ins 16. Jahrhundert zurück lückenlos bekannt und können im Heimatarchiv eingesehen werden.
Text: Claudia Heigl
Bilder: Archiv für Heimatgeschichte
1 Mohr Cornelia, die Traditionen des Klosters Oberalteich, Tr. 1q, S. 26