Das Kramergütl mit realer Kramergerechtigkeit Hs.Nr. 16
ab 1890 Hs.Nr. 22, heute Chorherrenstr. 8
von Claudia Heigl
Die Besitzer auf diesem Anwesen unterhalb des Wirtshauses, in dem bis Anfang 1900 eine Kramerei war, können bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgt werden.
1886 wurde das ehemalige Hösl-Gütl Hs.Nr. 17 mit dem Haus zusammengelegt.
Das Kramergütl Hs.Nr. 16
Uraufnahme1827
Quele: Bayernatlas, Vermessungsverwaltung München
1667 verkauft Thomas Haimerl, Bauer auf dem Harthof, seine Erbrechtsbehausung zu Münster an Balthasar Lackenbauer um 110 Gulden.1
Seine Tochter Katharina mit ihrem Ehemann Wolfgang Sternbauer übernehmen 1673 die „Erbrechtsbehausung mit Stadl und Garten“ um 110 Gulden.2
Wolfgang Sternbauer stammt von Mehrnbach, das liegt im Innkreis, Niederösterreich. Seine Eltern, Balthasar und Susanna Sternbauer, waren dort Bauerseheleute auf dem Sternhof.
1685 ist erstmals eine Kramerei auf den Anwesen nachgewiesen:
Der Weber Wolf Sternbauer zahlt an das Kollegiatstift Straubing folgende Abgaben:3
- vom Haus 10 Kreuzer
- vom Essighandel 1 Schilling
- vom Kramladen 1 Schilling
Katharina Sternbauer bringt acht Kinder zur Welt:
- Margaretha *1674
- Mathias (1677-1693)
- Agatha (1679-1680)
- Paul (*1681)
- Agatha (*1683), Hoferbin
- Georg (1686-1690)
- Mathias (*1688)
- Katharina (*1691)
Wolfgang Sternbauer verdient seinen Lebensunterhalt als Weber, während die Handlung vermutlich dazu beträgt, das Familieneinkommen noch zusätzlich aufzubessern.
Nach seinem Tod übergibt die Witwe 1707 den Hof an ihre Tochter Agatha und deren Ehemann Vitus Götz von Zisterau. Die beiden minderjährigen Kinder Mathias und Katharina erhalten ebenfalls ihren Erbteil.4
1741 übernimmt der Sohn Johann Joseph Götz das Anwesen und heiratet Maria Otterbacher, die Tochter eines Häuslers aus dem Nachbarhaus. Da die Ehe kinderlos bleibt, verkauft das Paar 1781 die Behausung samt Kramergerechtigkeit an Georg Löffler, einem ehemligen Braumeister aus Irlbach und dessen Ehefrau Anna.5
Georg Löffler stammte aus Buchhof bei Haselbach und hatte 1765 in Irlbach Maria Anna La Roi geheiratet. Der Vater der Braut, Johann Ludwig La Roi, war Koch beim Grafen von Santini, General und Gouverneur von Ingolstadt.
Georg, der als Braumeister in der Brauerei Irlbach angestellt gewesen war, zieht im Alter nach Münster. Neben der Kramerhandlung scheint Löffler auch noch Bier ausgeschenkt zu haben, da er auch als Schankwirt bezeichnet wird.
1786 stirbt er ehemalige Braumeister und die Witwe ehelicht den ebenfalls verwitweteten Einwohner Johann Georg Kamerl vom Sandhof.
Auch er scheint den Bierschank übernommen zu haben, da das Ehepaar bei den jeweiligen Sterbeeinträgen als Schankwirte bezeichnet werden.
Maria Annas Tochter aus erster Ehe, Anna Maria Löffler heiratet 1789 den Häuslerssohn Johann Michael Musi von Münster und übernimmt den Kramerladen.
Die junge Frau schenkt zwei Kindern das Leben, von denen nur die Tochter Maria Theresia (1790-1819) überlebt. Die junge Frau stirbt unverheiratet mit 28 Jahren an „Brand“.
Nach fünf Ehejahren stirbt die 26-jährige Anna Maria Musi, und der Witwer heiratet die Bauerstochter Anna Maria Schirmbrand aus Agendorf. Diese Ehe bleibt kinderlos
Nach dem Tod von Michael Musi geht Anna Maria Musi 1833 nochmals eine Ehe mit dem ebenfalls verwitweten Johann Michael Prommersberger von Münster ein, nachdem dieser seinen Hof in Münster (Hs.Nr. 27, Weiherstr. 1) an seinen Sohn übergeben hat.
1838, nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes, übergibt Anna Maria Prommersberger das Kramergütl samt Holzgrund und Kramergerechtigkeit an ihren Neffen Martin Färber aus Agendorf.
Martin hat mit der Müllerstochter Theresia Solleder von der Aichmühl bereits zwei voreheliche Kinder und bekommt nun die Heiratserlaubnis.
Weitere fünf Kinder kommen in der Ehe zur Welt, davon stirbt eine Tochter im Säuglingsalter. Der älteste unehelich geboren Sohn, war ebenfalls kurz nach der Geburt gestorben.
- Joseph (1827-1899) Häusler in Münster Nr. 67, später Hs.Nr. 91
- Karolina (*1839)
- Franz Xaver (1841-1878) stirbt unverheiratet mit 37 Jahren an der Lungensucht
- Johann Baptist (1843-1926), Häusler in Münster Nr. 20 ½
- Florian (1845-1898), Hoferbe
Nach dem Tod der Eltern erben die Kinder den Besitz.
1875 übernimmt der jüngste Sohn Florian von seinen Geschwistern den Kramerladen und den gemeinschaftlichen Besitz mit 7,4 ha Grund und ehelicht die Halbbauerstochter Helena Weber von Wolferszell.
Gemeinsam erweitern durch Zukauf den Besitz nochmals auf 17,493 ha.
1886 erwerben sie das Nachbarhaus (Hs.Nr. 17) und können so den Hofraum vergrößern.
Nach Florians Tod wirtschaftet die Bäuerin alleine weiter. 1910 tauscht Helena Färber das alte Kramerhaus im Dorf gegen die großzügigere Hofstelle des Geithen-Hofes Hs. Nr. 2 (Obermayerstr. 2) mit dem Darlehenskassenverein.
Der vorhandene Grundbesitz wird auf den neuen Wohnsitz Hs.Nr. 2 übertragen.
1911 kaufen Lorenz und Karolina Haslbauer das Haus zusammen mit mehreren Grundstücken von der Darlehenskasse, und betreiben die Kramerei weiter.
Das Ehepaar hatte vorher das Gasthaus grüner Kranz gepachtet und war mit der Bierbrauersfamilie Neumayer entfernt verwandt.6
Handlung der Familie Haslbauer um 1924
Bild: Familie Luttner, Münster
1926 erwirbt die Bayerische Siedlungs- und Landesbank München den Besitz.
Im Juni 1926 tauschen Alois und Anna Krä ihr Haus Nr. 20 in Ried gegen das Anwesen in Münster, verkaufen es jedoch bereits zwei Wochen später an Alois und Maria Luttner.
Mit diesem Besitzerwechsel wird das Kramergeschäft endgültig aufgegeben.
Das Luttner-Anwesen in den 1930er Jahren.
Bild: Familie Luttner, Münster
1 BayHStA München, Kurbayern Geheimes Landesarchiv 1199, Grenz-, Güter- und Volksbeschreibung Langericht Straubing 1641 – 1799, S. 333
2 BayHStA München, Briefprotokolle Straubing 640 Ib, fol 53 Kaufbrief 16.09.1673
3 BayHStA München, Straubing Kollegiatstift St. Jakob und Tiburtius KL 3, Zins- und Stiftbuch, fol. 140
4 BayHStA München, Briefprotokolle Straubing 641, fol 34 Vertrag und Übergabebrief 1707
5 BayHStA München, Briefprotokolle Straubing 648 b, fol.31‘ Kaufbrief 500 fl 29.09.1781
6 Karolinas Mutter, Amalia, geb. Scheuerer und verh. Schedlbauer, war eine Schwester der Bierbrauersgattin Franziska Neumayer und damit eine Cousine des Bierbrauers Ludwig Neumayer. Ihr Vater Franz Neumayer, war ebenfalls mit der Bierbrauersfamilie Neumayer entfernt verwandt.
Weitere Quellen:
BayHStA München, KL Straubing Kollegiatstift St. Jakob und Tiburtius 3, ins- und Stiftbuch 1685
BayHStA München, Hofanlagsbuchhaltung 248, Steuerkonskription der Hofmark Münster 1752
StA Landshut, Rentamt Straubing B78, Häuser u Rustikalsteuerkataster Münster incl Steinach rev Duplikat 1808
StA Landshut, Rentamt Straubing B79, Umschreibbuch zum Häuser und Rustikalsteuerkataster Münster incl Steinach 1814-1843
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Münster von 1838
StA Landshut, Grundsteuerkataster 10279, Umschreibehefte Münster Hs.Nr. 3-59 von 1843 – 1859
StA Landshut, Grundsteuerkataster 10283, Umschreibehefte Münster Hs.Nr. 1 - 69 von 1859-1893
StA Landshut, Grundsteuerkataster 10288, Umschreibehefte Münster Hs.Nr. 1 - 82 von 1893 – 1960
Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg, Pfarrmatrikel Pfaffmünster
Stand: 06.01.2025