„Das 1/8 Schuhbauerngut“ Hs.Nr. 22 mit der Kramergerechtigkeit
heute Chamer Str. 4
von Claudia Heigl
Das sog. „Schuhbauerngut“ wurde ursprünglich auch „Peckersölde“ oder „Pöckengütl“ genannt.
Grundherr war, wie auch beim Windmayergütl Hs.Nr. 9 und dem Müllergut Hs.Nr. 16 das Kloster Oberalteich. Auf dem Häusl lag die Kramergerechtigkeit.
Mit der Vogtei, also der Gerichtsbarkeit, gehörte es jedoch dem churfürstlichen Kastenamt Straubing an.
Direkt an der alten Handelsstraße nach Cham gelegen, hatte es eine prädestinierte Lage zum Verkauf von Waren.
Die "Bäckersölde" lag direkt an der alten Handelsstraße nach Cham
Quelle: Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas
1579 hieß es: „Hannß Grimb besitzt eine Sölde. Dazu gehört ein hölzernes Haus, Stadl und Stall, auch ein Backofen. So mit Grund und Boden dem Kloster Oberalteich zugehörig. Er gibt davon auf den fürstl. Kasten Straubing an Geld 22 Regensburger Pfennige.
Gehört mit der Gantschaft Steuer und Scharwerk in das fürstl. Renthaus Straubing“1
Im Steuerbuch von 1599 finden wir einen Melchior Wör (Werl) und als dessen Nachfolger einen Georg Leitl und dann Georg Weinzierl. 2
Es wurde dann noch ein Michael Eisenharter aufgelistet, der jedoch nur „Stifter“ war.
D.h. dieser Michael Eisenharter hatte das Nutzungsrecht auf der Sölde nur auf begrenzte Zeit (z.B. drei oder sechs Jahre. Dies ist gleichzusetzen mit einem heutigen Pachtverhältnis). 1638 kaufen er und seine Ehefrau die Sölde Hs.Nr. 16 in Wolferszell.3
Um diese Zeit dürften Kaspar Kratzer und dessen Ehefrau Ursula auf den Hof gekommen sein. Sie sind nachweislich bis 1643 in Wolferszell, ab ca. 1655 waren sie in Steinach als Bauerseheleute auf den Hof Nr. 27 (heute Bachner-Hahn).
Vier Kinder sind von Ihnen bekannt, davon ist eines 1644 gestorben:
- Margaretha (*11.12.1640 in Wolferszell + 28.02.1663 in Wolferszell), ledig
- Maria (*02.11.1643 in Wolferszell + 1682 in Steinach) heiratet 1666 in Steinach den Bauern Wolfgang Grimm
- Ursula (*ca. 1651 + 1691 in Steinach) heiratet 1678 den Bauerssohn Georg Rothamer übernimmt den Hof in Steinach
Zwischen 1643 und 1650 finden wir einen Hans Köll im Schmalzbuch des Kastenamt Straubing.4
Sebastian Obermayer wird als Bäcker, Wirt und Müller in Wolferszell ansässig
1647 kauft der Straubinger Bäcker Sebastian Obermayer und seine Ehefrau Maria die Tafern mit Mühle und Bäckenstatt in Wolferszell. Neben dem Hof Nr. 15 (Löfflergut) erwerben sie auch die Sölde Nr. 22, die ab nun „Peckensölde“ genannt wurde. Die Sölde mit dem Krämerhäusl verstiftete er im Laufe der Jahre an verschieden Personen.
Obermayers Tochter Eva übernimmt mit ihrem Ehemann Johann Schink 1657 den Erbrechtshof Nr. 15. Im Jahr 1667 verkaufen Sebastian und Maria Obermayer auch die Mühle in Wolferszell und bleiben dann auf der Peckensölde wohnen.
Von seinen insgesamt acht Kindern ist, außer der Tochter Eva, nur noch von Tochter Katharina bekannt, dass sie 1679 den Neukirchener Bauern und Witwer Mathias Pamer (ältere Schreibweise von Bachmayer) heiratete. Als Sebastian Obermayer als „Bäcker in Wolferszell“ am 11.04.1674 im Alter von 60 Jahren stirbt, übernimmt kein Kind das Anwesen.
Der Steinacher Pfarrer Adam Weissmayr erwirbt 1676 die „verödete Erbrechtsbeckensölde des verstorbenen Sebastian Obermayr samt Krämerei“ vom Kloster Oberalteich.5
Am 22.04.1678 veräußert das Kloster die Sölde an den Wolferszeller Hafner Sebastian Schuhbauer von Hs.Nr. 16 (Müllergut).6
Dieser richtete das Haus her, lässt es neu eindecken und einen Stadel bauen und verstifet es die nächsten sechs Jahre lang. Ca. 1684 übergibt Sebastian Schuhbauer das Krämerhäusl an seinen Stiefsohn Fuchs Sebastian, Hafner in Steinach, der es gleich an Johann Gaissinger weiterverkauft.7
Der Tagelöhnerssohn Johann Gaissinger von Kienberg wurde 1675 noch als „Knecht beim Wirt zu Gschwendt“ bezeichnet.8 1678 heiratet er Anna Hartberger von Wolferszell und steht fortan, bei den Taufen der Kinder, als Tagelöhner in Wolferszell in den Kirchenbüchern.
Neun Kinder werden geboren, von denen eines im Säuglingsalter stirbt:
- Michael (*1681) heiratet 1713 in Steinach Anna Diez und wird Tagelöhner in Wolferszell
- Margaretha (1684-1743) heiratet 1712 in Steinach den Bauerssohn Andreas Rothamer von Rotham. Beide übernehmen den Erbrechtshof Hs.Nr. 15 in Wolferszell.
- Ursula (*1687)
- Walburga (*1690)
- Maria (*1692)
- Joseph (*1697)
- Johann Georg
- Anna Maria (*1701)
Zwischen 1687 bis 1691 entbrennt zwischen Gaissinger und dem Wirt Johann Lanzinger ein Streit.7 Zuerst verklagte der Krämer Gaissinger den Wirt wegen des Verkaufs von Salz, Kerzen, Tabak und den dazugehörigen Pfeiffen, da ihm dies allein als Inhaber der Krämergerechtigkeit zusteht.
Daraufhin klagte der Wirt gegen Gaissinger, wegen dem Verkauf von Brot und Branntwein.
Der Kramer bringt aber drei Zeugen auf –
- Sebastian Artmann (Ortner), 65-jähriger Zimmermann von Steinach, der das Krämerhäusl vor 33 Jahre von Obermayer gestiftete hatte,
- Hans Wegerer, 66-jähriger Hirte, der 13 Jahre lang als Tagwerker und Hirte in Wolferszell tätig war
- Sebastian Schuhbauer, Hafner in Wolferszell, der das Kramerhäusl vor Gaissinger besessen hatte
Alle drei bezeugen, dass bereit vor 30 Jahre oder länger auf dem Krämerhäusl Brot und Branntwein verkauft wurde, so dass ihm dies der Wirt nicht streitig machen konnte.
1694 vertauscht Hans Gaissinger schließlich das Söldenhäusl mit Maria Bachmayer, Witwe des Dionys Bachmayer von Hof Nr. 15 (Löfflergut).9
Maria heiratet den Witwer Mathias Färber, Häusler von Scheibelsgrub. Der Vater von sieben Kindern, zieht mit vier seiner Kinder auf dem Anwesen ein:
- Sohn Johann Georg Färber (*13.07.1667) kauft jedoch bereits am 11.11.1694 eine Sölde in Bärnzell und heiratet am 03.01.1695 Margaretha Fuchs, Weberstochter von Gschwendt.
- Sohn Mathias (*21.02.1675) heiratete 1710 Maria Siepel von Scheibelsgrub
- Tochter Walburga (*05.04.1678) heiratete 1704 den Steinacher Hafner Georg Grüneisl.
- Sohn Vitus Färber (*1681) übernimmt die „Peckersölde“ am 19.08.1707 vom Vater und Stiefmutter und heiratet die Bauerstochter Barbara Pösl (*31.10.1684) von Oberniedersteinach Hs.Nr. 8.
Als Zusatzeinkommen betreibt er noch das Schneidergewerbe. Zwei Kinder kommen in Wolferszell zur Welt, dann zieht die Familie 1710 nach Oberniedersteinach und schließlich 1714 als Halbbauers- und Schneiderseheleute nach Münster Hs.Nr. 1 (spätere untere Wirtshaus).
Die Stiefmutter Maria, verw. Bachmayer, heiratete nach dem Tod von Mathias Färber 1711 noch ein drittes Mal den Witwer und Weber Mathias Stubenhofer von Wolferszell.
Als Nachfolger werden ab 1710 als Kramer und Bauer ein Peter Sigl und dessen Ehefrau Maria auf dem Anwesen genannt.
Zwei Kinder werden in Wolferszell geboren:
- Maria heiratet 1735 in Steinach Lorenz Sixt von Atting
- Eva (*1711)
- Margaretha (*1714)
1725 zieht die Familie Sigl nach Steinach und Stephan Echinger kommt auf das Anwesen. Stephan finden wir vorher als Pfeiffer ein Steinach in den Kirchenbüchern.
Von ihm und seiner Ehefrau Walburga sind neun Kinder bekannt, von denen sechs im Kindsalter sterben:
- Maria (*1710 in Steinach) heiratet 1739 den Schuster Tiburtius Pummer von Münster Nr. 53
- Andreas (*1714 in Steinach) gestorben ca. 1739 in Ungarn
- Barbara (*1716)
1735 übergibt er seiner jüngsten Tochter Barbara das Anwesen, die den Bauerssohn Adam Krieger von Heubeckengrub heiratete. Adam verdiente seinen Lebensunterhalt ebenfalls als Kramer und Weber in Wolferszell.
Von den vier Kindern kommt nur Tochter Magdalena (*17.11.1740) über das Säuglingsalter hinaus, von der der weitere Lebensweg nicht bekannt ist.
Etwa 1746 veräußern Barbara und Adam Krieger das Anwesen.
Bettlägrig lässt Stephan Echinger 1751 im Hause seines Schwiegersohnes Tiburtius Pummer in Münster ein Testament beurkunden:10
Die Tochter Anna Maria und ihrem Ehemann Tiburtius Pummer werden die 50 Gulden nachgelassen, die er ihnen bereits vor vier Jahren geliehen hat. Der anderen Tochter Barbara und ihrem Ehemann Adam Krieger werden ebenfalls 10 Gulden nachgelassen. Sohn Andreas ist bereits vor über zwölf Jahren in Ungarn verstorben. Das restliche Vermögen, soll nach Abzug der Beerdigungskosten auf die Enkelkinder aufgeteilt werden.
Im Hofanlagsregister von 1760 wird als Besitzer ein Franz Schuchpaur genannt.11 Der Hafner war auf den Anwesen Nr. 8 in Wolferszell ansässig und hatte das Erbrechtsgütl gekauft, als sich die Gelegenheit dazu gab. In der Aufstellung wird es als „ 1/8 Grimbgütl“ bezeichnet und als „schlecht beschaffen“ beschrieben. Die Bezeichnung Grimbgütl dürfte noch von Hans Grimb stammen, der 1579 auf den Gütl saß.
Am 19.09.1806 kauft der Kramer Adam Wiesmüller und seine Ehefrau Ursula das Anwesen. Adam wohnt vorher im Webergütl Hs.Nr. 11, dass er am 13.05.1807 an den Schuhmacher Josef Drechsler verkaufte.
Von den sechs Kindern, sind zwei im Kindsalter gestorben.
- Anna Maria (*1781 in Wetzelsberg)
- Walburga (1783-1813) heiratet 1802 in Steinach den Häusler Joseph Schindlmayr von Steinach Nr. 50
- Katharina (*1785 in Wetzelsberg) heiratet 1808 in Ascha Franz Anton Schneider, Söldner in Ascha
- Joseph (*1793 in Wolferszell)
Am 16.05.1823 stirbt Adam Wiesmüller im Alter von 76 Jahren an einem Schlagfluß. Seine Witwe übergibt das „1/8 Schuhbauerngut“, wie es nun bezeichnet wird, am 17.09.1823 an ihren Sohn Joseph Wiesmüller zum Gegenwert von 1.200 Gulden.
1831 vermählte sich Joseph mit der 29-jährigen Inwohnerstochter Maria Anna Murr von Utzmannsdorf.
Im Liquidationsprotokoll von 1838 wird das Anwesen wie folgt beschrieben: „Wohnhaus, Stadel und Stallung unter einem Dache, Wagenschupfe, Backofen und Hofraum“.
Die Geschäfte von Joseph Wiesmüller laufen anscheinend so gut, dass er 1834 vom Aichmüller Michael Hartberger das Zubaugütl (Hs.Nr. 20) vom früheren Jägerhof (Nr. 19) um 700 Gulden dazukaufen kann.
Der Hof wird geteilt
Am 12.08.1843 verkaufte Joseph Wiesmüller das Schuhbauerngut mit insg. knapp 50 Tagwerk Grund für 5.100 Gulden an den 26-jährigen Sebastian Gainer von Forsthart. Joseph wohnte wohl dann in dem Haus des „Zubaugutes“ Nr. 20, dass er schließlich am 30.03.1855 auch an den Besitzer des Jägerhofes, Mathias Zollner, verkauft.
Vier Wochen nach dem Kauf heiratete Sebastian Gainer seine Braut Katharina Wenninger.
Rechts die alte "Bäckersölde"
aufgenommen ca. 1927
Bild: Max Hiegeist, Hoerabach
Zwischen 1843 und 1848 dürften sie ein neues Wohnhaus gebaut haben, denn am 05.06.1848 verkaufen sie das bisherige alte Wohnhaus Nr. 22, mit wenig Grund, um 800 Gulden an den Kapflberger Mesner und Schuster Jakob Agsteiner und dessen Ehefrau Anna Maria, geb. Wagner.
Weitere Grundstücke, bis auf einen Rest von 21 Tagwerk, werden anderweitig verkauft.
Sebastian und Katharina Gainer betreiben in dem neuen Haus, dass die Hs. Nr. 22 ½ (heute Foidl-Hof) (heute Foidl-Hof) erhält, die Kramerei weiter.
Von den sechs Agsteiner-Kinder, die auf dem Kapflberg geboren wurden, überlebten nur die zwei jüngsten:
- Joseph (*1838)
- Maria (*1840)
Jakob Agsteiner hält sich nur acht Jahre und verkauft 1856 um 6.400 Mark das Haus mit 3 Tagwerk Grund an Joseph Stelzl und dessen Ehefrau Maria, geb. Hohenaicher. Die Stelzl‘s waren bereits vorher Kramer im Loitzendorf Hs.Nr. 8.
Am 29.03.1887 übergeben sie ihrem Sohn Michael das Gütl mit 11 Tagwerk Grund, der die Gütlerstochter Katharina Feldmaier von Mitterbichl zur Ehefrau nimmt.
Michael und Katharina Stelzl verkaufen das Anwesen 1893 an Michael und Maria Spanner von Agendorf. Beide waren vorher als Bauerseheleute in Agendorf Hs.Nr. 41 ansässig. Am 28.11.1893 übergeben sie den Hof an ihren Sohn Franz Xaver Spanner und ziehen mit den unverheirateten Kindern Josef, Ludwig und Therese nach Wolferszell.
Nach dem Tod der Eltern bleiben die Söhne Josef (1871-1915) und Ludwig (1872-1929) auf dem Hof und heirateten nicht. Die ebenfalls ledige Schwester Therese (1878-1957) verkauft das Erbe 1929 an Johann und Franziska Bernhard und zieht wieder zu ihrem Bruder nach Agendorf.
aufgenommen 1969
hier steht noch das alte Wohnhaus
Bild: Familie Schmidbauer, Wolferszell
Das Ehepaar, von denen nicht weiteres bekannt ist, tauscht das Anwesen bereits 1933 mit Strotzer Maria, geb. Schollerer und deren Ehemann Ludwig Strotzer, gegen deren Anwesen Nr. 85 1/3 in Haibach.
Durch Heirat änderte sich der Name auf Haimerl.
rechts das Haimerl-Anwesen
das alte Wohnhaus wurde inzwischen abgerissen und durch einen Neubau ersetzt
aufgenommen 2017
Bild: Claudia Heigl
1 StaLa, Rentkastenamt Straubing B38, Sal- und Urbarsbuch des Rentkastenamts Straubing, Band II 1579-1807, fol 127‘
2 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B101, Steuerbuch des Kasten Straubing 1599, fol 104
3 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P51, fol.38 Kaufbrief vom 06.03. 1638
4 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B90, Schmalzbuch des Kasten Straubing 1641 - 1650
5 BayHStA, Kloster Oberalteich Urkunden 1549
6 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P64 III, fol. 173 Kaufbrief um 51 fl.
7 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing A650, Streit zwischen dem Wirt Lanzinger Johann und dem Kramer Gaissinger Johann wegen Verkauf von Brot und Branntwein, 1687-1691
8 KB Steinach/Bd.1, S.298, FN 14, 16.03.1675: Taufpate bei Johann Pachmayr, S.d. Georg u. Barbara Pachmayer, Söldner in Au
9 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P 69, fol. 93‘ Vertrag vom 27.09.1694
10 BayHStA München, Briefprotokolle Straubing 645 I, fol.173 Testament 08.06.1751
11 BayHStA München, Hofkammer Hofanlagsbuchhaltung 515, Rentkastenamt Straubing, Amt Trudendorf, S. 84
Weitere Quellen:
BayHStA Kurbayern Hofkammer 114, Konskription des Haupkastenamts Straubing von 1752
Rentamt Straubing B138, Häuser- und Rustikalsteuerkataster Wolferszell 1808
Rentamt Straubing B139, Umschreibbuch zum Häuser- und Rustikalsteuerkataster Wolferszell 1814-1843
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Agendorf von 1836
StA Landshut, Grundsteuerkataster 9932, Umschreibeheft von Agendorf 1843 - 1859
StA Landshut, Grundsteuerkataster 9935 Umschreibeheft von Agendorf 1859 - 1894
StA Landshut, Grundsteuerkataster 9939 Umschreibeheft von Agendorf 1894 - 1960
BZA Regensburg, Pfarrmatrikel der Pfarrei Steinach
Stand: 08.11.2024