Bärnzell
von Claudia Heigl
Ca. 1 km nördlich von Steinach liegt der Weiler Bärnzell, der zum Gemeindegebiet von Ascha gehört.
Der Weiler Bärnzell, im Hintergrund Steinach
aufgenommen im Oktober 2022
(Bild: Claudia Heigl)
Bei Bärnzell handelte sich ursprünglich um einen Ministerialsitz der Grafen von Bogen.
Bereits in einer alten Traditionsurkunde des Oberalteicher Klosters, die von Cornelia Mohr auf die Zeit um 1119/20 datiert wird, werden in der Zeugenreihe u.a. ein „Heinrich und Pernhart de Perncelle“ aufgeführt1. Dies ist die erste urkundliche Nennung von Bärnzell.
In der gleichen Urkunde werden auch Rudolf und Odalschalk von Steinach und Englmar von Gschwendt als Zeugen aufgeführt.
Der kleine Ort lag an einer alten Handelsstraße, die sich von Straubing über Steinach nach Cham zog.
Uraufnahme von Bärnzell aus dem Jahr 1827
(Quelle: Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas)
Die Familie Pernzeller
Die Pernzeller werden um 1119/20 erstmals urkundlich in Bärnzell erwähnt1. Höchstwahrscheinlich handelte es sich in Bärnzell zuerst um einen großen Besitz, von dem Teile dann durch div. Schenkungen an das Chorherrenstift Münster und ggf. durch Verkauf an die Warter kam.
1446 verpflichtet sich ein „Michel Pernzeller zu Pernzell“ jährlich ein Pfund Wachs an die Pfarrkirche St. Michael zu geben, die sein seliger Vater gestiftet hat, als er ihm die Gilt auf der Hofwiese und Hofmühle in Gschwendt vermacht hat2.
14443 finden wir auch einen Martin Pernzeller und seine Ehefrau Agnes als Besitzer von Grundbesitz in Rotham, für das sie an das Augsburger Domkapitel Abgaben entrichten.
Ein Hans Pernzeller stiftet zusammen mit seiner Ehefrau Margareth und seiner Tochter Anna um 1496 eine Jahrtagsmesse in der Pfarrei Steinach. Das Kaplanhaus in Steinach gehörte ihnen und als Stiftung brachten sie ihre Steinachische Sölde und das Bernzeller Holz ein (siehe hierzu auch Schlossbenefizium Steinach).
Die Pernzeller werden auch als Hausinhaber und Bürger in Straubing genannt. Im Stadtsteuerbuch von 1462 besitzen sie ein Haus im 3. Viertel4. 1501 wird hier ein Thomas Pernzeller namentlich genannt. Er war mit der Tochter der Straubinger Bürger Hans und Margareth Preu verheiratet5.
Die Höfe in Bärnzell
In Bärnzell finden wir jahrhundertelang drei Höfe6:
- die „Seidl-Sölde“war im 13. Jahrhundert im Besitz der Steinacher Burgherren, der Warter von der Wart und kam dann über die reiche Straubinger Handelsfamilie Zeller in das Eigentum des Karmelitenkloster Straubing
- der „ganzen Foidlhof“ gehörte spätestens im 16. Jahrhundert zum Chorherrenstift St. Tiburtius nach Münster
- der „ganzen Söldnerhof“ blieb freilediges Eigentum. D.h. die Bauersfamilie Söldner hatte den Hof als wirkliches Eigentum und der Hof gehörte keinem Grundherrn. Sie könnten Nachfahren der Pernzeller gewesen sein.
Zu dem Hof gehörte noch eine „Zubausölde“, die auch im Eigentum des Chorherrenstifts St. Tiburtius war.
Die drei Höfe in Bärnzell um 1842:
gelb: die Seidl-Sölde mit etwa 32 Tagwerk (≙ 10 ha) Grundbesitz
grün: der ganze Foidl-Hof mit 121 Tagwerk (≙ 41 ha) Grundbesitz
rot: der Söldner-Hof mit ca. 302 Tagwerk (≙ 102 ha) Grundbesitz, davon 168 Tagwerk Wald
Quelle: Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas und StA Landshut, Grundsteuerkataster 1/4 Band 1, Urkataster Bärnzell 1842
Pfarrzugehörigkeit bis 1854 zu Parkstetten
Interessanterweise gehörten die drei Höfe seelsorgerisch zur Pfarrei Parkstetten. Erst 1854 wurde der Weiler in die Pfarrei Steinach umgefparrt, zu der er auch heute noch gehört7.
Das bedeutete, dass die Bärnzeller ihre Kinder in Parkstetten taufen lassen mussten, dort heirateten und auch auf dem Parkstettener Friedhof zur letzten Ruhe gebettet wurden.
Dabei mussten sie das viel näher gelegene Steinach durchqueren, um in die etwa 6,5 km entfernte südlich gelegene Pfarrkirche nach Oberparkstetten zu kommen.
Da es einfach praktischer war, wurden einige Kinder auch in Steinach getauft und sind in den dortigen Kirchenbüchern eingetragen. Jedoch hatte der Parkstettener Pfarrer schon ein Eigeninteresse, dass die kirchlichen Sakramente bei ihm stattfanden und er die Stolgebühren hierfür einnahm.
Diese uralte Pfarrzugehörigkeit zu Parkstetten könnte damit zusammenhängen, dass auch Oberparkstetten Besitz der Grafen von Bogen war8, während Steinach zum bayerischen Herzogsgut gehörte und Bruno, der Herzogssohn und Bischof von Augsburg, 1029 seinen Besitz dem Domkapitel Augsburg vermachte.
Gemeinde Bärnzell
1808 wurde Bärnzell in den Steuerdistrikt Falkenfels einverleibt.
Schließlich entstand 1821 die eigenständige Gemeinde Bärnzell, durch Teilung des Steuerdistrikts Falkenfels und unter Einbeziehung eines Teiles aus dem Steuerdistrikt Ascha9.
Zur Gemeinde Bärnzell gehörten folgende Gemeindeteile:
- Bärnzell (bis 1854 Pfarrei Parkstetten, dann Pfarrei Steinach)
- Deglholz (Pfarrei Ascha)
- Edenhofen (Pfarrei Ascha)
- Hagnzell (bis 1827 Pfarrei Kirchroth, dann Pfarrei Ascha)
- Herrnberg (Pfarrei Ascha)
- Kienberg (bis 1827 Pfarrei Kirchroth, dann Pfarrei Ascha)
- Kumpfmühl (Pfarrei Ascha)
- Oberascha (Pfarrei Ascha)
- Oberniedersteinach (bis 1849 Pfarrei Kirchroth, dann Pfarrei Steinach)
- Thanhof (bis 1849 Pfarrei Kirchroth, dann Pfarrei Steinach)
- Unterniedersteinach (bis 1849 Pfarrei Kirchroth, dann Pfarrei Steinach)
- Willersberg (Pfarrei Ascha)
Im Rahmen der Gebietsreform verlor die Gemeinde Bärnzell 1971 ihre Eigenständigkeit und wurde in die Gemeinde Ascha eingegliedert.
Schulisch gehören die vier Orte – Oberniedersteinach, Unterniedersteinach, Thanhof und Bärnzell - auch heute noch, zum Schulsprengel Steinach.
1 Mohr C., Die Traditionen des Klosters Oberalteich, 1979, S.115, Urkunde Nr. 54
2 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B157, fol. 19, Sal- und Stiftbuch der St. Michaels-Pfarrkirche in Steinach mit Abschriften der Kaufbriefe u.a. Urkunden der Kirche undatiert
3 Jahresbericht des historischen Vereins f. Straubing u. Umgebung, 65. Jhg. 1962, S. 45, Straubinger Salbuch des Augsburger Domkapitels von 1444, fol. 39b von Dr. Jos. Keim
4 Jahresbericht des Hist. Vereins für Straubing und Umgebung, 54. Jhg. 1951, S. 31, Die Stadtsteuerbücher von 1462 und 1501 von Dr. Jos. Keim
5 Solleder Fridolin, Urkundenbuch der Stadt Straubing, 1911-1918, Urkunde Nr. 657
6 Die Hofnamen wurden aus dem Liquidaitonsprotokoll der Steuergemeinde Bärnzell von 1839 entnommen.
7 Bistum Regensburg (Hrsg.), Matrikel des Bistums Regensburg, 1997
8 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B38, Salbuch des Rentkastenamt Straubing 1579
9 Historischer Atlas von Bayern, Das Pfleggericht Mitterfels und Schwarzach, 2002