Der Wagner in Gschwendt
früher Hs.Nr. 6
von Cornelia Landstorfer
Wagner produzierten und reparierten Speichenräder, Wagen, Karren und Kufenschlitten verschiedener Art sowie landwirtschaftliche Geräte wie Pfluggestelle, Eggen, Deichseln, Leitern und Werkzeugstiele. Sie stellten aber auch Kutschen, Anhänger und Aufbauten her. Zum Aufgabengebiet gehörte auch die Anfertigung der benötigten Zeichnung. Hauptsächlich arbeiteten diese Handwerker mit Holz, das sie je nach Anwendungsfall sorgsam auswählten. Wagner waren vielfach auf die Zusammenarbeit mit anderen Handwerkern wie Schmieden, Riemern und Sattlern angewiesen. Der Name Wagner kommt vom althochdeutschen wagan – das Sichbewegende. Heute ist dieser Beruf fast ausgestorben oder kommt nur noch bei speziellen Anfertigungen wie beispielsweise der Restauration historischer Gefährte zum Einsatz.
Die Tatsache, dass sich Gschwendt an einer Handelsstraße befand und das Wirtshaus eine Säumerraststätte war, brachte dem Wagner sicher die ein oder andere Reparaturarbeit ein, wenn die Wagen und Fuhrwerke auf der Durchreise schnell wieder fahrtüchtig sein mussten. 1887/88 sind sogar zwei Wagnerbetriebe in der Gewerbeliste von Gschwendt eingetragen.
Mit Bärtlme Willermaier ist 1651 die erste Nennung eines Wagners in Gschwendt dokumentiert. 1657 wird Willermaier auf dem Erbrecht-Hiengütl erwähnt. 1685 gab es den Wagner Sebastian Fux in Gschwendt. 1702 erfahren wir vom Tod der Wagnerin Eva Hiermann. Auf welchen Hausnummern sich diese Wagnersleute befanden, konnte bisher nicht festgestellt werden.
Erst 1761 ist der Standort des Wagnerbetriebes in Gschwendt auf der Hausnummer 6 nachweisbar, wo bereits 1630 im Salbuch des Bürgerspitals Straubing das sog. „Kellerhäusl“ beschrieben wird.
Uraufnahme ca. 1827
Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas
Neben dem Wirtshaus und dem Hällingmayerhof gehörte auch dieses Haus, das neben dem Wirtshaus am Bach lag, um 1630 zu den Besitztümern des Wirtes Georg Stubenhofer. Das Gebäude war teilweise gezimmert und zum Teil gemauert. Im Wohngebäude befand sich ein Wohnraum und eine kleine Kammer. Zum Anwesen gehörten eine Schupfe und ein Stadel1:
Das „Kellerhäusl“ war ludeigen, es gehörte keinem Grundherrn, sondern war Eigenbesitz.
Bild: Luftaufnahme Gschwendt, Martina Landstorfer um 1990
Die Besitzerfolge
Inwohner
Georg Stubenhofer hat das Anwesen vermutlich einer „Inwohnersfamilie“ (Mieter) überlassen. 1630 sind beim Wirt die „Inleith“ Hans Lehner (Zimmermann), Marx Freinfurtner (in der Schneidersölde), Hans Preu, Christoph Freindorfer und Bärtlme Hueber verzeichnet.
1743 ist der Metzger Gregor Freundorfer auf dem Kelnerhäusl erwähnt.
Besitzer
1761 erwirbt der Wagner Thomas Rösl, der mit Anna Maria Staudinger aus Reibersdorf verheiratet war, das Anwesen. Es ist die erste Nennung eines Wagners auf diesem Haus. Vor 1760 bringt Anna Rösl ein Kind mit Namen Wolfgang zur Welt, 1760 folgt Sohn Michael. Der 1763 geborene Johannes verstirbt mit vier Jahren. 1765 folgt Simon, 1768 wird Sohn Jakob geboren, der später in die Schmiede in Pfelling einheiratet2. 1771 kommt Tochter Regina zur Welt, Tochter Anna Maria folgt 1774.
Am 19.05.1794 übergibt das Ehepaar Rösl an Tochter Regina:
„Thomas Rösl, Häusler und Wagner zu Gschwendt und Maria, dessen Eheweib bekennen hiermit, dass sie ihr vermög Briefs vom 28. Januar 1761 durch Kauf an sich gebrachtes frei eigentümliches Häusl zu Gschwendt und einem kleinen Tagwerk Wismat, der Tochter Regina, vogtbaren Stands um die Summe von 238 Gulden übergeben.
Den noch vorhandenen sechs Kindern wird die Summe von 100 Gulden ausgezahlt:
„Wolfgang Rösl, Häusler zu Steinach 10fl
Michael Rösl, Dienstknecht zu Kößnach 20 fl
Simon Rösl, Dienstknecht zu Pihling 20 fl
Jakob Rösl, Schmied zu Pfelling 20 fl
Anna Maria Rösl, Dienstmagd zu Pfelling 30 fl“ 3
1794 heiratet der Müllerssohn Johann Lang von der Höllmühl Regina Rösl, Tochter von Thomas und Anna Maria Rösl.
„Regina Rösl, ledige Häuslers- und Wagnerstochter zu Gschwendt hat sich ehelich verlobt mit dem ehrengerechten Johann Lang, lediger Müllerssohn von der Höllmühl/Hofmark Hagen. Der Hochzeiter hat ein Heiratgut von 300 Gulden in Geld und an Werkzeugen und Gerätschaften auf 100 Gulden angeschlagen, zuzubringen. Zu Vergleichung bringt sie ihm ihr durch Übergab heutigen Datums an sich gebrachtes Häusel und Wagnergerechtigkeit entgegen. 19.05.1794“
1795 wird in der Ehe die Tochter Anna Maria geboren. 1796 kommt Tochter Anna zur Welt, die jedoch verstirbt. 1799 folgt Sohn Georg, 1802 Johann, 1806 Joseph, 1813 Jakob.
Im Jahr 1803 sterben zwei Kinder des Ehepaares im Alter von ½ und 6 ½ Jahren an den „Blattern“.
1836, fünf Jahre nach dem Tod von Johann Lang, ersucht dessen Sohn Jakob die Regierung um Anerkennung seiner Wanderjahre, um das Wagnergewerbe in Gschwendt weiterführen zu können. Er hatte die vorgeschriebene Zeit der Wanderschaft nicht einhalten können, da er „sich selbst fortbringen und seine alte gebrechliche Mutter unterstützen“ musste. Zwei Wagnermeister bestätigten, dass Jakob nach seiner Lehrzeit je ein halbes Jahr bei ihnen gearbeitet hat. Auch die Gemeinde Gschwendt war interessiert an der Fortführung des Gewerbes, um zu vermeiden, dass sie die kranke Mutter unterstützen muss und stellte Jakob Lang ein Zeugnis aus, um die Geschicklichkeit des Wagners zu bestätigen:
Die Königliche Regierung des Unterdonaukreises bezweifelte allerdings, dass die Lehrjahre wie beschrieben im elterlichen Betrieb absolviert worden sind, da der Vater schon fünf Jahre gestorben war. Dem entgegnete die Gemeinde Gschwendt in einem weiteren Schreiben, dass Jakob Lang schon als 12jähriger Knabe von seinem Vater als Lehrling des Wagnerhandwerks in dessen Werkstätte genommen worden ist.
Schließlich gab die Regierung nach und erteilte die Erlaubnis zur Ausübung des Wagnergewerbes4.
1837 übernimmt Jakob schließlich die Wagnerei von der Mutter Regina Lang und heiratet im selben Jahr Katharina Kiefel, Tochter des Schneiders Johann Baptist Kiefel aus Steinach und dessen Ehefrau Anna Maria Aigner.
1838 wird das Anwesen im Liquidationsprotokoll beschrieben: „Haus-Nr. 6 beim Wagner Jakob Lang. Das 1/16 Kelnergütl zu Dorf. Wohnhaus, Stall und Stadel unter einem Dach, dann Hofraum.“
Jakob Lang wird 1846 als Gemeindepfleger genannt.
1867 übernimmt Walburga Lang die Wagnerei von den Eltern und heiratet im selben Jahr Jakob Eyerer, Sohn des Söldners Lorenz Eyerer und dessen Ehefrau Katharina Ecker aus Gschwendt Nr. 19.
Folgende Kinder werden in der Ehe geboren:
- 1868 Rupert übt, wie sein Vater, das Wagner-Gewerbe aus und erwirbt 1895 die alte Schmiede in Gschwendt.
- 1870 Katharina
- 1871 Ludwig, Nachfolger auf dem Anwesen
- 1873 Kreszenz
- 1877 Maria
- 1878 Katharina
- 1880 Rosina
- 1882 Karl
Nachfolger Ludwig erlernt ebenfalls das Handwerk des Wagners.
Eintrag in der Gewerbeliste von Gschwendt:Februar 1898: Wagnerei ohne Gehilfe5
Ludwig Eyerer heiratet 1903 Katharina Kartmann, Tochter des Bauern Andreas Kartmann aus Höfling bei Mitterfels und dessen Ehefrau Katharina, geb. Zollner und übernimmt das Anwesen:
„Vorstehenden Gesamtbesitz nebst 1/1 Gemeinderecht erwerben, wie neben bemerkt: Der Sohn Eyerer Ludwig und dessen Braut Kartmann Katharina.“
1904 kommt Tochter Anna zur Welt, die an Lungenentzündung verstirbt. 1906 folgt Sohn Ludwig, 1907 Katharina, 1908 Theodor (Häusler in Steinach Nr. 84), 1910 Sohn Michael, 1912 Sohn Karl.
1935 wurde das Wohnhaus neu erbaut.
1943 stirbt Katharina, der Witwer Ludwig erbt den Wagnerbetrieb und übergibt diesen 1949 an Sohn Karl (2012-2002), der wie sein Vater Wagnermeister war als Wagner und Landwirt mit seiner Ehefrau Therese (1925-2023) auf seinem Hof gewirkt hat.
Bild aus Zirngibl Willi: Geschichte und Geschichten vom alten Ascha
1 Stadtarchiv Straubing, Salbuch 1630 von Gschwendt, fol. 813
2 Die Witwe Barbara, des Andreas Ammering, geb. Krebl, heiratete einen gewissen Schmied Jakob Resl, geb. 1769, zu Gschwänd, Sohn des Jakob Thomas Resl und der Anna Maria Staudinger
3 Vgl. StALa, Kommunalarchive (Rep. 219) 1593
4 StALa, Landgericht älterer Ordnung, Nr. A2330
5 Gewerbeliste von Gschwendt ab 1898