Die Dorfner-Mühle in Wolferszell

 

von Claudia Heigl

 

wolferszell 2016

Dorfner-Mühle in Wolferszell 2016
Bild: Claudia Heigl

 

 

 

Von den unzähligen Getreidemühlen im Umkreis finden wir heute nur noch eine einzige die noch in Betrieb ist – die Dorfner-Mühle in Wolferszell.

Ursprünglich war die Mühle eine Wassermühle, die vom Kinsachbach angetrieben wurde. Bereits 1376 wurden die Wolferszeller Müllerseheleute Stephan und seine Frau Offrney in den Urkunden des Klosters Oberalteich erwähnt1. Die Mühle selbst dürfte wahrscheinlich jedoch noch viel älter sein, auch wenn sich für die Mutmaßung kein Beleg findet.  Wolferszell war 1147 bereits besiedelt  und zur Verarbeitung des wichtigen Mehls war dieser Standort an der Kinsach, vielleicht sogar am Fuße einer Wehrburg auf dem Kapflberg, für eine Mühle ideal.

Im Salbuch des Augsburger Domkapitels aus dem Jahr 1444 finden wir einen „Gorg Mulner von Wolferzell“. Er und Katharina, seine Hausfrau, und Erben zahlten 4 ½ Pfennig Gilt für eine halbe Wiese, genannt Proenorlin, die sie von Conrad dem alten Pergermair und Conrad dem Kundlinsperger gekauft haben2.

Am 11.08.1555 verkauften Hans Staininger, Bürger zu Deggendorf und seine Frau Katherina an Leonhard Fux zu Wolferszell und dessen Frau Anna ihr Erbrecht auf einer Sölde und der Mühle zu Wolferszell3.

Die spärlichen Quellen aus dieser Zeit werden nun mehr und die Bedeutung dieser Mühle für das Dorf wird langsam ersichtlich.

 

Uraufnahme 1827

Der ursprüngliche Verlauf des Mühlbaches mit der Mühle (Hs.Nr. 17) und dem Nebenhaus (Hs.Nr. 18)
Heute ist der Bachverlauf bei der Mühle unterirdisch.
Das alte Gebäude ist immer noch ein Teil der Mühle, die inzwischen sehr stark erweitert wurde.
Quelle: Bayerische Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas, Uraufnahme aus dem Jahr 1827. Rechts überlagert mit der Bebauung Stand 2017

 

Mühle, Schenkrecht und Backstatt unter einer Hand

Im Steuerbuch des fürstl. Kasten von Straubing 15784 wurde die Mühle mit einem Wert von 30 Pfund Regensburger Pfennige aufgeführt. Nur der Hof des Steinacher Benefiziums (Hs.Nr. 12, heute Mühlenweg 3, Haimerl) war noch höher bewertet. Der damalige Müller Michael Grimb musste 1 Pfund Regensburger Pfennige und 4 Schillinge jährlich an Steuer nach Straubing zahlen.

Michael war mit Katharina Wenzl von der Zellerschen Sölde (Hs.Nr. 4, heute Chamer Str. 4, Zens) in Wolferszell verheiratet5. Auf dieser Sölde lag schon seit mindestens Mitte des 15. Jahrhundert das Schenkrecht. Durch die Heirat nutzte Michael die Gelegenheit und brachte dieses Recht auf die Mühle. Da auf einer Mühle alle Zutaten vorhanden waren, verstand es Grimm diese Rechte optimal miteinander zu verbinden.

Die ursprüngliche Bedeutung der Mühle im dörflichen Lebenskreis ist mit ihrer heutigen nicht zu vergleichen. Mühlen waren bis zum 20. Jahrhundert in jedem kleinen Dorf zu finden. Ja hatten sogar sehr große Höfe eigene Mühlen mit angeschlossen. Bei der Ernte im Spätsommer wurden die Ähren mit den Körnern nach Hause gebracht und dort im Winter gedroschen. Die Bauern lagerten den Weizen und Roggen selbst auf dem Hof und ließen je nach Bedarf beim Müller mahlen. Sie brachten, je nach Hofgröße, 2 bis 10 Zentner, zum Müller und holten dann nach ein paar Tagen das daraus gemahlene Mehl wieder ab. Durch das Bäcker- und Schenkrecht konnte der Wolferszeller Müller überschüssiges Getreide aufkaufen und selbst verwerten.

Lt. Salbuch des Rentkastenamts Straubing von 15796 besaß Michael Grimb die Mühle als Freistift, „dazu hat er das Schenkrecht und die Backstatt, samt einem Fischwasser auf der Kinsach. Die Mühle war aus Holz erbaut und hat drei Gang, ein Stadel, eine Tenne, Stall und einen Backofen, alles mittelmässig erbaut“.

Mit der Mühle konnten also drei Gänge gleichzeitig gemahlen werden. Genauso wie bei der nahegelegenen Bruckmühle, deren Obereigentümer die Stadt Straubing war. 1580 erwarb Grimm für die Mühle das Leibrecht auf sich, seine Ehefrau Katharina und seinen beiden Söhne Sigmund und Hans und ließ sich hierfür von Herzog Wilhelm in Bayern einen Leibgedingsbrief ausstellen. Dies bedeutet, dass Grim und seine Söhne auf der Mühle bleiben konnten und nicht, wie bei dem ungünstigeren "Freistift" nach einer gewissen Zeit das Nutzungsrecht enden konnte. Das Freistift-Recht ist in etwa mit einem Pachtverhältnis vergleichbar.

15877 wurde sein Sohn  Sigmund Grimb als Nachfolger geführt. 1603 kaufte dieser auch das Erbrecht auf der Zellerschen Sölde (Hs.Nr. 4, heute Chamer Str. 6).  Als er 1605 verstarb, erneuerte seine Witwe für sich und ihre vier Kinder namens Melchior, Abraham, Ursula und Anna wieder das Leibrecht auf der Mühle samt Schenkrecht, Backstatt und Fischwasser8.

Sohn Melchior Grim übernahm die Mühle und heiratete ca. 1619 die Pellhamer Bauerstochter Eva Fläckl. Melchiors Schwester war mit ihrem Ehemann Andreas Bergmayer (Permayer) auf dem Nachbarhof (Hs.Nr. 15, heute Mühlenweg 9, Prommersberger) ansässig. Melchior übernahm deren Hof, als beide als Wirtsleute nach Münster gingen. Daneben besaßen Melchior und Eva Grim noch ein Leibrecht auf dem Mayerhofergütl (Nr. 10, heute Chamerstr. 7 und 9, Landstorfer), dass sie 1621 an den Steinacher Hafner Ziflinger Bartholomäus verkauften9.
Als Melchior starb wurde ein Vertrag zwischen seiner Witwe und den Kindern bzgl. des väterlichen Erbes verfertigt10.

 

Erbvertrag

 

 

In zweiter Ehe hatte die Witwe Eva bereits 1627 den Wirtssohn Vitus Pielmayer geheiratet. 1632 finden wir Vitus Pielmayer auch als Kirchenprobst der Kapfelberger Kirche in den Urkunden11.

 Besitzerfolge Grimm

 

 

Georg Stubenhofer - Eine strategische Heirat

Um 1636 starb auch der zweite Ehemann und Eva heiratete den reichen Wirt und Witwer Georg Stubenhofer von Gschwendt. Georg Stubenhofer, durch den Handel mit Salz und Hopfen zu einem beträchtlichen Vermögen gekommen, besaß - neben dem komplett aus Stein neu erbauten Wirtshaus in Gschwendt - auch den dort benachbarten Hälligmayer-Hof (heute Landstorfer), die Schneidersölde,  das Lohhaus mit der Krämergerechtigkeit, das Khellerhäusl, das Fischwasser und vier Weiher. Durch den Zusammenschluss der beiden, war  die Familie jetzt noch im Besitz der Mühle mit dem benachbarten Erbrechtshof (Hs.Nr. 15), dem Schenkrecht und dem Bäckerrecht in Wolferszell. Damit gehörten sie mit Abstand zur wohlhabendsten und einflussreichsten bäuerlichen Familie in der Gegend.

Georg Stubenhofer hatte u.a. zwei Söhne - beide ebenfalls mit Vornamen Georg - aus seiner ersten Ehe, die wir nun die nächsten Jahre auf den Höfen in Wolferszell antreffen. Georg, den Älteren,  finden wir immer wieder als Wirt, während sein jüngerer Bruder als Bauer genannt wird. Das Schenkrecht in Wolferszell nutzte Anfangs "Georg der Ältere".

 

Uraufnahme 1827 3Zur Mühle gehörte teilweise noch der Nachbarhof Nr. 15 dazu.
Quelle: Bayerische Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas, Uraufnahme aus dem Jahr 1827.

 

 

Der Schwedeneinfall

1641 zahlte ein Hans Häckl auf der Mühle Abgaben12. Leider lässt sich nicht feststellen, wie dieser in den Besitz der Mühle gekommen ist. Die Briefprotokolle zu diesem Vorgang sind vollständig verbrannt.  Im Juli 1646 übergaben Hans Häckl und seine Ehefrau Magdalena  ihrem Sohn Georg Häckl und dessen Ehefrau Katharina13 „die Leibgedingstafern, samt der dazugehörigen Mühl und  Bäckenstattgerechtigkeit und dem Fischwasser“ um 350 Gulden. Als Georg’s Heiratsgut wurden dabei  50 Gulden angerechnet. Als  zwischen Juli und September 1647 die Schweden  das Kloster Oberalteich überfielen und von dort aus die gesamte Umgebung terrorisierten, wurde auch die Mühle geplündert.  Damit war dem jungen Ehepaar die Lebensgrundlage entzogen und sie gaben den Besitz wieder an die Eltern zurück, um so das Heiratsgut in Höhe von 50 Gulden in bar zu erhalten und sich woanders eine Existenz aufbauen zu können14.

Die alten Häckl’s verkauften die verwüstete Mühle noch im gleichen Jahr an den Straubinger Bürger und Bäcker Sebastian Obermayer und dessen Ehefrau Maria 15.

Am 20.05.1651 erwarben Sebastian und Maria Obermayer das Erbrecht auf dem Nachbarhof Nr. 15 (heute Mühlenweg 9, Prommersberger) und auch auf dem brach liegenden, „Bachl-Hof“  Nr. 3 (heutiges Wirtshaus) in Wolferszell. Zudem besaßen sie das Erbrecht auf der „Peckersölde“ Hs.Nr. 22 (heute Chamer Str. 4, Haimerl). Sebastian wurde in den Kirchenbüchern von Steinach abwechselnd als Müller, Bäcker und Wirt bezeichnet.

Obermayer nutzt die Gunst der Stunde und verwandelte am 20.05.1651 das Leibrecht auf der Mühle und dem Schenkrecht in das wesentlich vorteilhaftere Erbrecht um. Die herzoglichen Güter lagen größtenteils brach nieder und man suchte händeringend tüchtige Bewirtschafter, so dass die Beamten zu Zugeständnissen bereit waren16. Dies bedeutet, dass die Mühle nun immer durch Weitervererbung in der Familie bleiben konnte. Dieses Recht war auch veräußerbar.

 

Das Schenkrecht kommt von der Mühle weg

Am 19.11.1657 verkaufte Sebastian Obermayer  sein Erbrecht an dem Bachl-Hof (heutiges Wirtshaus) an einen Johann Schink und auch das Schenkrecht wird auf den Bachl-Hof „zurückverlegt“17.  Von den acht nachgewiesenen Kindern der Obermayer's übernahm jedoch keines die Mühle und Bäckerei. 1662 verkaufte Obermayer an seine Tochter Eva  und deren Ehemann Paul Schink den Nachbarhof Hs.Nr. 15 (heute Mühlenweg 9, Prommersberger).

Am 10.01.166718 veräußerten Sebastian und Maria Obermayer auch die Mühle, Peckenstatt und Fischwasser samt dem Bäcken- und Mühlwerkzeug und Futterstand um 600 Gulden an den Bäckerssohn Hieronymus Pizlmayr von Steinach, der im gleichen Jahr Maria Rothamer von Rotham heiratete19. Die Pizlmayr’s blieben nur bis 1671 auf der Mühle und wurden anschließend als Bäckerseheleute in Gschwendt und ab 1679 in Rißmannsdorf ansässig. Sebastian Obermayer starb am 11.04.1674 in Wolferszell mit 60 Jahren.

 

Besitzer Pizelmayr

 

Nach ihnen hatte ein Georg Schöffleitnerdie Mühl, Peckenstatt und Fischwasser als Stift“., d.h. er hatte alles gepachtet und bewirtschaftete die Mühle auf Zeit. Georg war der Sohn des Aichmüller Johann Schöffleitner. Er bleib allerdings nur kurze Zeit und ging dann als Wirt nach Höhenberg bei Wiesenfelden.

 

 Besitzer Schoeffleitner

 

 

Am 30.03.1672 heiratete der Müllerssohn Andreas Kraus von Pillersried bei Rötz in der Pfarrei Pfaffmünster Christine Schönauer, Tochter des Straubinger Huterers Christopher Schönauer und dessen Ehefrau Christina. Beide übernahmen die Mühle in Wolferszell. Nach dem Tod der Ehefrau Christine im Jahr 1678 heiratete Andreas die Straubingerin Elisabeth Ferstl, Tochter von Elias und Elisabeth Ferstl. Von den zehn Kindern übernahm Tochter Katharina die Mühle, die den Bauerssohn Jakob Rothamer aus Rotham heiratete.
Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor. Jakob Rothamer starb jedoch bereits im Alter von 37 Jahren.

 

Besitzerfolge Kraus Lang 

 

Familie Lang kommt auf die Mühle

Die 35jährige Witwe Katharina Kraus heiratete sechs Wochen später den 24jährigen Müllerssohn Christopher Lang von der Höllmühl. Die Lang‘s waren eine weit verbreitete Müllersfamilie und waren auf vielen Mühlen in der Umgebung anzutreffen. Christopher‘s Bruder, Joachim Lang, heiratete in die Apoiger Mühle ein und war der Urgroßvater des berühmten „Mühl-Hiasl“. Aus dieser Ehe gingen nochmals drei Kinder hervor. Dem Sohn bzw. Stiefsohn Johann Christoph Rothamer  wurde sogar ein Studium finanziert, dieser sollte Priester werden. Er  stand bereits in den niederen geistlichen Weihen, doch ehe er seine Primiz halten konnte, starb er nach längerer Krankheit im Alter von 30 Jahren am 25.03.1745.  Der jüngste Sohn, Johann Jakob Lang übernahmt dann bei seiner Verheiratung 1754 die elterliche Mühle. Aus der Ehe mit der Müllerstochter  Anna Karl von Schickersgrub gingen zehn Kinder hervor, von denen neun das Erwachsenenalter erreichten:

- Sohn Georg (*11.04.1755) heiratete 1791 Magdalena Erndl, eine Bauerstochter von Pellham und wurde Müller in Ainhausen und Sinkofen.

- Tochter Maria Katharina (*03.09.1756) heiratete1792 den verwitweten Schullehrer Johann Georg Schiedermayr von Münster. Sie war die Stiefmutter des berühmten Komponisten und Kirchenmusiker Johann Baptist Schiedermayr.

- Dem Sohn Andreas (*05.11.1759) wurde ebenfalls wieder ein Studium ermöglicht und  1784 zum Priester geweiht. Von 1799 bis 1804 war er Vikar in Steinach, dann Pfarrer in Schambach, ab 1814 Pfarrer in Otzing und ab 1840 Benefiziat in Straubing. Am 29.12.1841 starb Andreas Lang im Alter von 82 Jahren in Straubing.

- Tochter Anna (*24.10.1765 + 06.08.1844) heiratete 1798 in den Stegbauern-Hof in Agendorf Hs.Nr. 43 (heute Mitterfelser Str. 18, Schreiner) ein.

- Die jüngste Tochter Magdalena (*03.05.1772 +05.01.1839) heiratete den Parkstettener Lehrer Josef Stadler.
Ein Sohn von ihr, Johann Evangelist Stadler, galt als sehr begabt,  studierte Theologie und Sprachen und wurde zum Professor an der Universität München und später an das Domkapitel nach Augsburg berufen. Er sprach 15 Sprachen und verstand 30. Sein bedeutendstes Werk war das mehrbändige Heiligenlexikon. Er unternahm viele Reisen durch Deutschland, Österreich, Italien, Belgien, England, Irland und Frankreich. Er war als sehr liberal und freundlich beschrieben. Im Dezember 1868 starb er mit 64 Jahren in Augsburg. Die Schule in Parkstetten ist nach ihm benannt.

- Von den weiteren drei Kindern Anna Maria (*1761), Michael (*1767) und Jakob (*1769) ist der weitere Lebensweg unbekannt.

 lang jakob 2

 Der Müller Jakob Lang von Wolferszell hat 1784 wegen einer überstandenen Krankheit ein Votivbild  gestiftet.
Er starb am 20.11.1806 im Alter von 78 Jahren.

Votivbild in der Wallfahrtskirche Sossau bei Straubing

 

 

 

176020 wurde der Besitz wie folgt beschrieben:
Jakob Lang besitzt die Stöger Mühl alda mit 3 Gäng und einem vor einigen Jahren auf seinem Grund erbauten Ausnahmshäusl, wobei auf vermög Saalbuch und Steuermatrikel eine Pöckenstatt vorhanden ist.
Der Name „Stöger Mühl“ tauchte hier das erste Mal auf. Woher sich dieser Name ableitete bleibt ein Rätsel.

 

Besitzerfolge Lang

 

 

Sohn Martin Lang übernahm das Mühlgut 1795 vom Vater zum Anschlag von 2.350 Gulden und heiratete im selben Jahr die Müllerstochter Maria Anna Kraus von der Stallwanger „Bäckermühl“. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor, von denen jedoch nur der Sohn Johann (*09.05.1801) als jüngstes Kind das Kindsalter überlebte. Anna starb drei Monate nach seiner Geburt im Alter von 34 Jahren.
Der Witwer Martin Lang heiratete fünf Monate später die Bauerstochter Anna Maria Söldner von Bärnzell. In dieser Ehe kamen nochmals neun Kinder zur Welt, wovon fünf Kinder das Kindsalter überlebten:

- Theresia (*23.02.1807) heiratete 1841 den Steinacher Bäcker Johann Baptist Röckl

- Martin (*08.05.1810) weiterer Lebensweg unbekannt

- Franz Xaver (*29.08.1812) Er war wohl das schwarze Schaf der Familie. 1846 hatte er mit Katharina Heigl, einer Häuslerstochter von Auggenbach ein lediges Kind namens Xaver Heigl, der später Gütler in Steinach wurde. Im November 1854 wurde Franz Xaver zu vier Jahren Arbeitshaus wegen Diebstahl verurteilt. In der Nacht vom 21. auf den 22. März hatte er vom Johann Marchner, Dienstknecht beim Wirt in Wolferszell, Geld und Kleider im Wert von 20 Gulden entwendete und in der darauffolgenden Nacht vom 22. auf den 23. März stieg er in das Haus des Bauern Jakob Söldner von Ellaberg ein und entwendete  dort einen Betrag von 53 Gulden und 18 Kreuzer. Nach seiner Entlassung erhängte er sich am 31.01.1859 am Stallfenster des Wirts in Gschwendt bei dem Versuch auch hier wieder einzusteigen.

 

Lang XaverDieser Vorfall erschien in verschiedenen Bay. Zeitungen. Hier aus der Kempter Zeitung Nr. 34 vom 09.02.1859

 

- Kreszenz (*04.06.1821) heiratete 1857 den Steinacher Söldner Michael Thanner (Hs.Nr. 12, heute August-Schmieder-Str. 4, Fellinger)

 

Nach dem Tod von Martin Lang übergab die Witwe Anna Maria am 11.10.1838 die Mühle an ihre 25jährige Tochter Anna. Diese heiratete Joseph Attsberger und bekam aus dieser Ehe sieben Kinder.

Das Ehepaar kam in finanzielle Schwierigkeiten und 1867 kam zu ersten Versteigerungen von Mobilien, bis das Mühlenanwesen am 14.05.1867 der damalige Steinacher Hofmarksinhaber Baron Eduard von Berchem-Königsfeldum 8.450 Mark kaufte. Baron Berchem hatte in Steinach auf dem Kellerberg eine Windmühle erbaut, die jedoch an den örtlichen Windströmungen fehlgeschlagen war und eingestellt wurde.


Versteigerung 1867 SRTagblatt

Veröffentlichung der Versteigerung des Mühlenanwesens im Straubinger Tagblatt 1867

 

Die Familie Attsberger blieb zunächst als Mühlenpächter auf der Mühle und betrieb sie für den Schlossherrn. Ca. 1875 zogen sie nach Straubing in die Fraunhoferstr. 277. Die Mühle blieb bis 1891 im Eigentum der Familie von Berchem. Von 1885 bis 1889 werden Franz Xaver Brunner von Pilsting und dessen Ehefrau Barbara, geb. Atzinger, als Mühlenpächter auf der Mühle genannt.

 

Am 28.11.1891 kauften Xaver Ebner aus Manzing und dessen Ehefrau Theresia, geb. Huber aus Metten, um 11.000 Mark die Mühle mit insgesamt knapp 2 Tagwerk Grund. Bereits zwei Jahre später, am 07.08.1893, übergaben sie die Mühle an ihren Sohn Xaver Ebner und dessen Ehefrau Theresia, geb. Bachl von Pellham um Anschlag von 12.850 Mark und mit nun insg. 10 Tagwerk Grund. Die Mühle schien nicht mehr ausreichenden Ertrag gebracht zu haben, denn bereits am 18.05.1897 tauschen beide ihre Mühle in Wolferszell mit Josef Schmid und Franziska gegen die Moosmühle bei Landshut. Auch hier hatte das Ehepaar Ebner mit ihren fünf Kindern kein Glück und beide verkauften  die Moosmühle und lebten als Häuslerseheleute in Bogen. Franz Xaver Ebner starb bereits mit 43 Jahren am 22.01.1910. Die Witwe Theres Ebner, geb. Bachl, zog dann am 10.04.1912, wohl schon schwer krank, zu ihren Eltern nach Straubing, wo auch im Alter von 47 Jahren starb.

 

Besitzerfolge Ebner

 

 

 

Die alte Wassermühle wird zur Kunstmühle

Auch das Ehepaar Schmid hielt die Mühle nicht lange und schließlich kaufte am 20.05.1902 Dorfner Wolfgang (1870-1945) aus Ascha die Mühle um 20.000 Mark. Drei Monate später, am 10.09.1902 heiratete er die Bauerstochter Franziska Alt (1879-1943) aus Zachersdorf. Von den elf Kindern überlebten nur sechs das Kindesalter.

 

dorfner 1Im Vordergrund zwei Knechte beim Abholen von Mehl ca. 1911
Im Hintergrund die Müllerfamilie Wolfgang und Franziska Dorfner mit vier Kindern.
Bild: Familie Dorfner, Wolferszell

 

 

Gerade in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam das große „Mühlsterben“. Nur wenige Mühlen konnten sich am Markt noch behaupten. Die Landwirtschaft wurde industrialisiert.
Die Bauern brauchten weniger Arbeitskräfte und damit weniger Mehl. Für ihr Getreide erhielten sie als Gegenwert Gutscheine. Diese wurden beim Bäcker gegen sogenannte „Brotmakerl“ eingetauscht. Mit diesen Makerl konnten die Dorfbewohner während des ganzen Jahres, gegen Aufzahlung des sogenannten „Backlohnes“, Brot beim Bäcker eintauschen. Die Brotmakerl waren bis Ende der 1960er Jahre im Umlauf.

Der Mühlbetrieb war eine schwere körperliche Arbeit. Die Säcke mit dem Doppelzentner (100 kg) Getreide mussten auf den Schultern über Stiegen ganz nach oben getragen und über Trichter in den Mahlgang hineingeschüttet werden. Das Korn wurde durch Steine bzw. Walzen zerkleinert, und das zerkleinerte Produkt durch Siebmaschinen gesichtet. Das Mehl wurde in Säcke abgefaßt und die übrig gebliebenen groben Teile wiederum auf den Mahlsteinen zerkleinert. Diese Mahlvorgänge wurde div. Male wiederholt. Anfang des 20. Jahrhundert
wurde das Hinauftragen durch sog. "Elevatoren" (Aufzüge) abgenommen.

 

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Die Dorfnermühle um 1911

Der Vermahlungsablauf selbst geht über mehrere Stockwerke, da man sich hier die Schwerkraft zunutze machte.
Darum waren auch für die damalige Zeit große Gebäude nötig.
Bild: Familie Dorfner, Wolferszell

 

 

Mit viel Fleiß und Energie baute Wolfgang Dorfner die Mühle immer weiter aus, modernisiert sie und kaufte Grund dazu. Aus der ursprünglich alten Mühle wurde eine „Kunstmühle“. D.h. die alten Mahlgänge werden durch moderne Walzenstühle ersetzt  und die alten Wasserräder durch moderne Turbinen mit Elektromotoren abgelöst.
Nach der Übergabe zog das Ehepaar nach Straubing, wo Franziska am 20.02.1943 im Alter von 63 Jahren und Wolfgang am 04.12.1945 mit 75 Jahren verstarb.

 

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Rechts die Mühle um 1934 - Links das Wohn- und Nebenhaus Nr. 18
Auszug aus einer Ansichtskarte von 1934

 

Der älteste Sohn, Wolfgang Dorfner (1910-1993), übernahm 1938 die Mühle und heiratete die Bauerstochter Paula Eigner (1917-2004) von Lenach. Aus der Ehe gingen ein Sohn und zwei Töchter hervor.

Wolfgang Dorfner baute das Mühlenanwesen nach dem 2. Weltkrieg immer weiter aus und modernisierte laufend den Betrieb. Er stellte die Mühle komplett auf elektrische Energie um und automatisierte sie.

 

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Paula und Wolfgang Dorfner
Bild: Familie Dorfner, Wolferszell

 

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 Die Mühle Anfang der 1940er Jahren. Das Wohnhaus mit Büro wurde 1938 erbaut.
Bild: Max Hiegeist, Hoerabach

 

 

 

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Mehllieferung Ende der 1940er Jahre.
Die Doppelzentnersäcke (100 kg) wurden noch manuell verladen und ausgeliefert.
Die Umstellung auf die 50 kg Papiersäcke erfolgte Anfang der 1960er Jahre.
Bild: Familie Mühlbauer, Wolfsberg

 

 

wagen gespanne

Zur Erntezeit warteten die Landwirte in langen Schlangen vor der Mühle auf das Abladen des Getreides.
Die Ochsengespanne mit ihren Getreidesäcken wurden in den 1950er Jahren durch Traktorgespanne abgelöst.
Bilder: Familie Dorfner, Wolferszell

 

 

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Die Mühle 1956. Im Vordergrund die Kapflberger-Kirche.
Hier auf dem Hügel könnte sich im Mittelalter eine Wehrburg an der Landstrasse nach Böhmen befunden haben, in deren Schutz die Mühle errichtet wurde.
Bild: Archiv für Heimatgeschichte

 

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Walzenstühle und Plansichtern in den 1950er Jahren

pneumatikanlage

In den Verbindungsrohren wurde das Mahlgut mit Hilfe einer Luftdruck- und Sauganlage in die oberen Stockwerke transportiert.
1950 war dies die erste Pneumatikanlage in Bayern.

 

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Die Mühle um 1970
Bilder: Familie Dorfner, Wolferszell

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Dorfner Wolfgang sen. und Wolfgang jun.

 

1973 übergab das Ehepaar die Mühle an ihren Sohn Wolfgang jun., der 1982 Philomena Schlecht aus Reichsdorf heiratete.


Wolfgang jun.(1941-2020) arbeitete ebenfalls immer weiter an der Erweiterung und Modernisierung der Mühle und deren Konkurrenzfähigkeit. Es wurden Getreide-, Mehl- und Kleiesilos gebaut, sowie ein Mühlenlabor eingerichtet. Die Walzenstühle wurden modernisiert und auf insgesamt 16 aufgestockt.

 

walzenstuehle plansichter aktuell

Die modernen Walzenstühle und Quadratplansichtern
Durch die ständigen Rüttelbewegungen wird das Mahlgut mittels Siebe in den Plansichtern in verschiedene Körnungsgrade (z.B. Mehl, Dunst, Grieß) getrennt.


Die Mühle selbst ist heute ein modernes Unternehmen. Alle Prozesse sind computergesteuert und optimiert. Das Mehl wird in großen Silos aufgefangen und mit den Silolastwägen zum Bäcker transportiert. Dort wird das Mehl mit Druckluft in die Vorratskammern geblasen.

 

 

 

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Die Dorfner-Mühle 2008
Bild: Familie Dorfner, Wolferszell

 

 

Trotz drei älterer Brüder, erlernte die jüngste Tochter Susanne Dorfner das Müllerhandwerk und führt die Mühle seit 1. Juli 2018 nun in vierter Generation.

 

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Susanne Dorfner und ihr Vater Wolfgang Dorfner

 

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Susanne mit ihrer Mutter Philomena Dorfner in ihrem Mühlenladen, der 2015 eröffnet wurde.

 

 

 

 

Bilder, soweit nicht anders angegeben von der Familie Dorfner, Wolferszell.

 

Quellen:
1 BayHStA, Kloster Oberalteich Urkunden 184, 04.07.1376: Stephan, Müller von Wolferzell, und seine Frau Offmey reservieren dem Kloster Oberaltaich den Kauf des Erbrechts an der Mühle im Markt Bogen vom Pfarrer Heinrich auf dem Bogenberg
2 Jahresbericht d. Hist. Vereins f. Straubing u. Umgebung, 65. Jhg. 1963, S.37 Straubinger Salbuch des Augsburger Domkapitels von 1444
3 BayHStA, Kloster Oberalteich Urkunden 1173
4 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B99
5 StA Landshut, Regierung Straubing A3940, Barbara Wenzl gegen Grundherr Kaspar Haug Zeller wegen Verfertigung der Sölde in Wolfeszell 1603, in der Akte Abschrift des Kaufbriefes vom 06.03.1540
6 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B38, Sal- und Urbarsbuch des Rentkastenamts Straubing, Band II 1579-1807, fol. 127, fol. 124‘
7 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B105, Scharwerkbuch Rentamt Straubing der propsteiischen Untertanen von 1587, fol. 5
8 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, B38, Sal- und Urbarsbuch des Rentkastenamts Straubing, Band II 1579-1807, fol. 127
9 Stadtarchiv Straubing, Salbuch des Bürgerspital Straubing von 1630, fol. 459 ff. Abschrift des Kaufbriefes
10 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P45, fol. 46 Vertrag vom 21.03.1630
11 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P47, fol.24 Bürgschaftsbrief vom 16.03.1632
12 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B90, Schmalzbücher des Kastenamts Straubing 1641 – 1650
13 BZA Regensburg, KB Steinach/Bd.9, S.28, FN 165 Trauung 22.11.1645: Hochel Georg, Junior Wirt in Wolferszell oo Katharina Schreinerin von Plädling
14 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P54 I, fol. 57‘ Übergabsbrief vom 08.10.1647. In diesem Vertrag geben Georg und Katharina die Mühle „samt unterschiedlicher Fahrnis, die 50 fl angeschlagen, aber durch die Kriegsvölker alles hinweggenommen worden“ wieder an ihren lieben Vatern und Schwiegervatern zurück.
15 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P54 I, fol. 59‘ Kaufbrief vom 1647
16 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P64, fol. 276, Kaufbrief vom 30.03.1680 des Bachl-Hofes
17 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B38, Sal- und Urbarsbuch des Rentkastenamts Straubing, Band II 1579-1807, fol. 127, fol. 124‘
18 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P60 I, fol.1 Kaufbrief vom 10.01.1667
19 BZA Regensburg, KB Steinach/Bd.9, S.81, FN 168, Trauung 13.07.1667 Hieronymus (*26.09.1642 in Steinach) war der Sohn d. Steinacher Bäckerseheleute Mathias und Ursula Pizelmayr. Maria (*06.01.1644 in Rotham) starb am 21.08.1676 im Alter von 32 Jahren in Gschwendt. Der Witwer Hieronaymus Pizelmayr heiratete am 26.05.1679 in Loitzendorf eine Anna Hanberger von Ziegertshof.
20 BayHStA München, Kurbayern Hofkammer Hofanlagsbuchhaltung 515, Hofanlagsbuch Rentkastenamt Straubing 1760, fol. 85

Detaillierte Angaben zu den Müllersfamilien liegen im Archiv für Heimatgeschichte in Steinach vor und können dort eingesehen werden.

 

 

aktualisiert: 03.07.2022