Die "Fleischbauernsölde" oder "Haimerl-Hof" Hs.Nr. 11

 1808: Hs.Nr. 43 ½ Gerstl-Hof  - heute Brunnenweg 1

 

 von Claudia Heigl

 

 

Der Hof gehörte zu den zehn großen Höfen in Steinach. Eigentümer und Grundherr war bis Anfang des 19. Jahrhunderts immer der jeweilige Hofmarksherr und Schlossbesitzer von Steinach.

 

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aufgenommen ca. 1956
(Bild: Archiv für Heimatgeschichte)

 

 

15831 wird das Anwesen als Mittermairgut bezeichnet. Ein Sixt Widmann hat darauf Freistift, d.h. er hatte auf den Hof auf eine bestimmte Zeit Nutzungsrecht. Dies ähnelt einem heutigen Pachtverhältnis.

Ihm folgt ein Andre Fuchs

16232 sitzt ein Andre Wolf auf dem Hof. Er und seine Ehefrau Barbara haben mit ihren kleinen Söhnen Michael und Georg das „Leibrecht“ als Nutzungsrecht. Das bedeutet, dass die Nutznießer, in diesem Fall das Ehepaar und die zwei Buben, den Hof ihr Leben lang bewirtschaften dürfen. Erst mit dem Tod der vier endet das Nutzungsrecht und der Hof fällt auf dem Hofmarksherrn in Steinach zurück.

Die Familie dürfte bei dem Schwedeneinfall 1633/1634 vertrieben oder getötet worden sein.

1639 erwirbt Peter Weber den Besitz. Im Giltregister von 16413 wird der Hof als „Fleischbauernsölde“ bezeichnet. Diesen Namen sollte er nun die nächsten Jahrhunderte behalten.

 

1641 kommen die schwedischen Soldaten ein zweites Mal und wieder wechselt der Besitzer.

1642 werden Ursula und Georg Gruber Bewirtschafter des Anwesens. Sie waren vorher als Bauerseheleute in Trudendorf Nr. 70 anzutreffen. Doch bereits ein Jahr später stirbt Georg und die Witwe vermählt sich mit Wolfgang Gürster von Roßhaupten.

1659 übernimmt der Stiefsohn Stephan Gruber. Er und seine Ehefrau Rosina, geb. Leitl, waren vorher in Wolferszell ansässig.
Das Ehepaar hat sieben Kinder
- Eva *1652
- Barbara *1655
- Eva *1657
- Mathias *1660, heiratet 1687 die Bauerstochter Magdalena Foidl von Agendorf und wird Zimmermann in Agendorf
- Stephan *1663 heiratet 1687 die Schmiedstochter Elisabeth Vielreich von Haselbach und lässt sich als Schuster in Hinterbuchberg nieder.
- Christoph *1667, Hoferbe
- Katharina heiratet 1693 den Bauern Michael Fuchs vom Nachbarhof Hs.Nr. 14 (später Hilmer-Sieber)

 

1694 folgt Sohn Christoph Gruber, der 1696 die Bauerstochter Barbara Petzenhauser von Irlbach zur Ehefrau nimmt.

Von dem Ehepaar kommen drei Kinder in Steinach zur Welt:
- Veronika *1697
- Simon *1698
- Maria *1701

Nach 1701 muss die Familie weggezogen sein und die Spur verliert sich.

 

 

Besitzer Gruber

 

 

16994 wird der Hof auf 25 Pfund geschätzt. Nur die Hoftafern (Hs.Nr. 24), die Sölde im oberen Dorf (Hs.Nr. 55, Kramer) und der Nachbarhof Hs.Nr. 12 werden höher bewertet.

 

Etwa ab 1718 ist das Ehepaar Stephan und Christina Aufhauser auf dem Hof.
Stephan Aufhauser stammt von Langenerling und ist der Sohn der dortigen Bauerseheleute Andreas und Barbara Aufhauser.

1716 musste Stephan 10 Gulden Strafe zahlen, da er Christina Ränftl aus Langenerling geschwängert hatte5. Bis zum 19. Jahrhundert fiel dies unter die „Leichtfertigkeits-Strafe“ und wurde finanziell von den Hofmarksherren geahndet.
Das Paar hat dann an einem unbekannten Ort geheiratet und lässt sich ab 1718 in Steinach nieder.
Hier kommen nochmals drei Kinder zur Welt, von denen jedoch zwei das Kleinkinderalter nicht überleben.
- Michael *1716 in Langenerling heiratet 1739 die Bauerstochter Magdalena Unger von Gschwendt und 1768 Cäcilia Payerbeck von Niedersteinach. Bis 1779 ist er als Tagelöhner in Steinach anzutreffen.
- Andreas *1718 in Steinach

 

Die Bäuerin stirbt 1724 wohl an den Folgen der vierten Geburt. Der verwitwete Stephan Aufhauser holt sich die Bauerstochter Margaretha Pözinger von Gundhöring als neue Bäuerin auf den Hof.
Aus der Ehe gehen nochmals vier Kinder hervor, von denen zwei das Erwachsenenalter erreichen:
- Bartholomäus *1726, Hoferbe
- Anna Maria *1729 heiratet 1757 den Schuster Franz Joseph Billinger von Steinach Nr. 33 (August-Schmieder-Str. 18)

 

Als man Stephan Aufhauser mit 50 Jahren zu Grabe trägt, vermählt sich Margaretha 1739 mit dem Bauerssohn Sebastian Unger von Unterniedersteinach Nr. 4.

 

Hoferbe ist ca.1759  Bartholomäus Aufhauser, der mit einer Maria Elisabeth Schuster von Edenhofen bei Ascha verheiratet ist.
Von ihren zwei Kindern überlebt nur Sohn Lorenz *1761

 

Nachdem Bartholomäus bereits mit 37 Jahren stirbt, geht die 29jährige Witwe 1763 erneut eine Ehe mit den Bauerssohn Georg Wacker von Wolferszell ein.
Es kommen nochmals drei Kinder zur Welt. Zwei davon sterben als Säuglinge. Von Sohn Jakob Wacker (*1765) ist der Lebensweg unbekannt.

Nach dem Tod seiner 37jährigen Ehefrau heiratet der Witwer 1772 die Häuslerswitwe Maria Fuchs, geb. Piendl, von Furth.
Georg Wacker muss wohl finanzielle Schwierigkeiten gehabt haben. Er veräußert sein Erbrecht auf den Hof und zieht als Häusler nach Furth6.
Dort kommen nochmals drei Kinder zur Welt, von denen ein Mädchen im Säuglingsalter stirbt:
- Anna Maria *1774 in Furth
- Barbara *1780 in Furth
Taufpaten bei allen Kindern sind die Bauerseheleute Lorenz und Barbara Leibl von Unterniedersteinach Nr. 6.

 

Aufhauser Besitzer

 

 

 

 

Die Familie Gerstl kommt auf den Hof

Ab 1774 ist die Familie Gerstl auf dem Hof anzutreffen.
Joseph Gerstl stammte von Mietraching und war mit Maria Anna Bauer von Fischerdorf bei Deggendorf verheiratet.
Das Paar ist 1753 zunächst in Scheuering als Bauerseheleute ansässig. Ab 1756 betreiben sie eine Mühle in Mietraching bzw. in Bruck bei Deggendorf.

In Steinach kommt schließlich 1774 ihr zehntes Kind zur Welt:
- Franz Joseph (*+ 1753 in Scheuering)
- Franz Joseph (*1754 in Scheuering) heiratet 1800 in Steinach die Hafnerstochter Anna Miller von Wiesenfelden
- Johann Georg (*1756 in Mietraching + 1833 in Steinach an Lungenbrand), ledig
- Johann Ulrich (*1757 in Mietraching), Hoferbe
- Maria Anna (1761-1762 in Mietraching)
- Maria Anna (*1763 in Mietraching + 1824 in Steinach an Altersschwäche), ledig
- Anna Maria (*1765 in Mietraching + 1823 in Steinach an einem Schlaganfall), ledig
- Florian (*1868 in Bruck + 1797 in Steinach), ledig
- Franz Anton (*1770 in Bruck)
- Cäcilia (*1774 in Steinach)

 

uraufnahme haimerl

1808 erhielt der Hof die Hs.Nr. 11
Uraufnahme aus dem Jahr 1827
Quelle: Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas

 

Den Hof erbt Sohn Ulrich. Vier Geschwister von ihm bleiben unverheiratet auf dem Hof. Der 37jährige holt sich 1794 die Bauerstochter Anna Leiderer vom Roithof als Bäuerin nach Steinach.
Von ihren fünf Kindern sterben ebenfalls zwei im Kindesalter:
- Anna (1795-1799)
- Walburga (*1797) heiratet den Zimmermann Michael Urlberger von Radldorf
- Anna Maria (*1799)
- Katharina (1802-1807) stirbt an Entzündungsfieber
- Joseph (*1807) Hoferbe

Als Ulrich 1831 im Alter von 73 Jahren aus dieser Welt scheidet, schreibt der Pfarrer folgenden Text ins Sterbebuch: „ein echter Eisenkopf, wie in den Dingen dieser Welt, so auch in Sachen seines Seeleneifers; darin allen miteinander ein Musterbild, daß er seine gräulichen Schmerzen heldenmütig trug.“

 

Der einzige Sohn und Hoferbe Josef nimmt 1835 die Bauerstochter Anna Maria Lermer von Oberwalting zur Ehefrau.
Von ihren fünf Kindern erreichen nur zwei das Erwachsenenalter:
- Joseph (*1836), der Hoferbe
- Katharina (1838-1920) heiratet 1860 in Oberschneiding den Bauern Josef Krinner von Niederschneiding.

 

Sohn Joseph übernimmt 1863 den Hof mit 76 Tagwerk Grundbesitz und heiratet die Bauerstochter Anna Habichdobinger von Weiling.

Die Bäuerin bringt drei Kinder zur Welt, von denen eines als Säugling stirbt:
- Anna (*1870) bringt am 31.01.1888 Tochter Berta zur Welt. Vater ist der Bauerssohn Josef Hartmann vom Helmberger-Hof. Zur Hochzeit kommt es nicht mehr. Der 22jährige stirbt am 13.06.1889, nachdem er einen Schlag von einem Pferd erhalten hat.
- Franz Xaver (*1874)

 

1871 erwerben die Immobilienhändler Simon Mai und Rafael Hoechstetter den Besitz um 16.500 Gulden. Den Hof ereilt das gleiche Schicksal, wie es bei vielen anderen im 19 Jahrhundert der Fall ist - das 76 Tagwerk große Anwesen wird zerschlagen.

 

Joseph und Anna Gerstl behalten sich beim Verkauf knapp 9 Tagwerk Grund zurück und bauen neben der bisherigen Hofstelle 1872 ein neues „einstöckiges Wohnhaus, ein Gebäudehaus mit Stall und Stadel unter einem Dache“. Das neue Haus erhält die Haus Nr. 11 ½ und ist das spätere Högerl-Anwesen.

 

Gerstl Besitzer

 

 

Die Hofstelle des alten „Fleischbauernhofes“ mit restlichen 37 Tagwerk erwerben zunächst Rupert und Barbara Bemmerl.

1873 verkaufen sie ihn an Michael und Katharina Holz weiter, die nochmals Grundstücke veräußern.

 

Schließlich erwerben 1875 Michael und Barbara Haimerl die Hofstelle mit den restlichen 9 Tagwerk an Grundbesitz.

Das Ehepaar war vorher auf der Seidl-Sölde Hs.Nr. 9 (Kieninger-Anwesen, Brunnenweg 5) ansässig und überträgt auch noch Felder auf ihren neuen Besitz.
Das Ehepaar hat fünf Kinder:
- Kreszenz (1866-1902), ledig
- Michael (*1868) Hoferbe
- Anna *+ 1871
- Joseph (1874-1932), erwirbt 1900 die Lehnersölde Hs.Nr. 18 (August-Schmieder-Str. 8)
- Anna (*1875) heiratet 1909 den Landwirt Georg Urlinger von Pfatter

 

1894 übernimmt Michael Haimerl das Anwesen und vermählt sich mit Therese Niemaier von Unterniedersteinach Nr. 5

Drei Kinder erblicken das Licht der Welt, von denen zwei überleben:
- Therese (1898-1971) heiratet den Schmied Franz Xaver Lankes von Agendorf
- Johann (*1900) wird Krämer in Straubing

 

1901 stirbt die 29jährige in ihrem dritten Wochenbett.

Der Witwer nimmt Karolina Landstorfer von Großneundling zur zweiten Ehefrau, die nochmals sieben Kinder zur Welt bringt:
- Michael (1903-1985) heiratet 1926 Rosina Bachl von Steinach Nr. 24 (Bergbauern-Heimerl7)
- Maria (*1904) bleibt ledig auf dem Hof
- Joseph (*+ 1906)
- Joseph (*1907) wird Landwirt in Aiterhofen
- Franz Xaver (1909-1943), fällt im 2. Weltkrieg
- Ludwig (*1911), Hoferbe
- Karl (*1918)

 

Noch zwei Generationen der Familie Haimerl bleiben auf dem Anwesen, dass dann in neue Hände kommt.

 

Haimerl Besitzer

 

 

 

 

 

1 Schlicht Josef, Die Geschichte von Steinach, 1908, „Stift-, Kasten- und Salbuch über Schloß und Hofmarch Steinach 1583“
2 Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Untertanen der Hofmark Steinach 1623
3 Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Gilt und Ausstandregister der Untertanen zu Steinach 1641
4 Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Landsteuer der Hofmark Steinach 1699
5 Knapp Rosemarie, Die Aufhauser. Eine Bauernfamilie aus Langenerling, 2012, S.48
6 Bei seiner zweiten Trauung 1772 in Oberalteich wird er noch als Halbbauer in Steinach bezeichnet.
7 Bei Michael Heimerl verändert sich die Schreibweise von "Haimerl" in "Haimerl".

 

Weitere Quellen:
BayHStA München, Kurbayern Hofkammer, Hofanlagsbuchhaltung Band 514, Hofanlagsbuch der Hofmark Steinach 1760
StA Landshut, Rentamt Straubing B78, Häuser- und Rustikalsteuerkataster d. Steuerdistriktes Münster incl. Steinach 1808
StA Landshut, Rentamt Straubing B79, Umschreibebuch zum Häuser- und Rustikalsteuerkataster d. Steuerdistriktes Münster incl. Steinach 1814-1843
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokolle der Steuergemeinde Steinach von 1838
StA Landshut, Grundsteuerkataster (Rep.127), Umschreibehefte zum Urkataster  der Gemarkung Steinach 1843 - 1960, Sig.17/42-4, 17/42-7, 17/42-11
BZA Regensburg, Pfarrmatrikel Steinach

 

Stand: 08.05.2024