Berta von Schmieder

 

von Dr. Thomas Grundler und Claudia Heigl

 

 

 


Berta von Schmieder wird am 15.02.1916 als jüngstes Kind von Karl August und Mary von Schmieder in München geboren. Benannt wird sie nach der besten Freundin ihrer Mutter Berta Morena, der berühmten Wagnersängerin an der Münchner Hofoper.

 

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Mary und August von Schmieder mit ihren Kindern Ernestine, Berta und Max im Park des  Neuen Schlosses Steinach, 1918
(Foto: Alben von Mary von Schmieder)

 

Das Nesthäkchen Berta ist Papa’s Liebling und wächst wohlbehütet im Neuen Schloss Steinach auf. Wie ihre älteren Geschwister Ernestine (*1905) und Max (*1908) wird auch sie von einem Privatlehrer unterrichtet und besucht keine öffentliche Schule.

Das riesige Schloss mit seiner weitläufigen Parkanlage ist für die Kinder ein Paradies. Viele Künstlerfreunde der Eltern und hochgestellte Personen des Bayerischen Adels sind oftmalige Gäste im Haus. Dies wirkt sich auch auf die Erziehung der Kinder aus.

 

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 Karl August von Schmieder mit den Kindern Berta, Max und Ernestine im Schlosspark
(Foto: Alben von Mary von Schmieder)

 

 

Nach dem Ende des 1. Weltkrieges verliert August von Schmieder einen beträchtlichen Teil seines Vermögens, das in Auslandspapieren angelegt war, die nun verloren sind. Durch die Inflation 1922 und die Weltwirtschaftskrise 1928 verringert sich das liquide Vermögen von August von Schmieder nochmals erheblich. Konnte die Familie von Schmieder vor dem Ersten Weltkrieg nicht einmal die Zinsen des Geldvermögens aufbrauchen, so müssen nun Sparmaßnahmen ergriffen werden.

 

 

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Mary von Schmieder mit ihren Töchtern Ernestine und Berta
(Foto Grainer)

 

 

1930 verlässt die Familie das Neue Schloss Steinach und legt es still, da die Unterhaltskosten der riesigen Schlossanlage zu hoch sind.  Die damals 14-jährige Berta zieht mit ihrer Familie nach München in die Wohnung in der Ohmstraße.

 

 

fo schmied 42Mary und August von Schmieder anlässlich ihrer Silbernen Hochzeit am 7. September 1929
mit ihren Kindern Berta, Max und Ernestine im Neuen Schloss Steinach
(Foto: Alben von Mary von Schmieder)

 

1934 heiratet Bertas Bruder Max und 1935 ihre Schwester Ernestine. 1937 kehrt Karl August von Schmieder zusammen mit der jungen Familie seines Sohnes Max und der nun 21-jährigen Berta zurück nach Steinach ins Alte Schloss. Dort wird im südlichen Teil des Zweiten Stocks im ehemaligen Schlosssaal für August von Schmieder und seine Tochter Berta eine eigene Wohnung eingerichtet. Max von Schmieder bewohnt mit seiner Frau Edith und den beiden Kindern Carlmax und Wolfgang das erste Stockwerk.

Bertas Mutter Mary von Schmieder bleibt in München wohnen und zieht später mit ihrer Freundin Berta Morena nach Rottach-Egern. Aufgrund ihrer freundschaftlichen Kontakte zu jüdischen Persönlichkeiten werden der Sängerin von den Nationalsozialisten unter dem falschen Vorwand, sie sei Jüdin, der Zutritt zum Nationaltheater verboten, sowie jegliches Auftreten erschwert1.

Während sich ihr Bruder Max 1937 freiwillig zur Luftwaffe meldet und 1939 am Polenfeldzug teilnimmt, bleibt Berta mit ihrem Vater und ihrer Schwägerin Edith allein in Steinach. Berta meldet sich zum freiwilligen Dienst als Krankenschwester und wird in den Lazaretten in Straubing und in Regensburg eingesetzt. Auch in Steinach hilft sie bei der Pflege von alten und kranken Menschen und ist dadurch im Dorf sehr beliebt.

 

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Berta von Schmieder
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

 

Während ihrer Tätigkeit im  Lazarett in Regensburg lernt sie den verwundeten Oberleutnant Fritz St. von Königsberg kennen und lieben.
Weihnachten 1939 feiern sie ihre Verlobung in Steinach, zu der auch ihre Mutter anreist. Laut Überlieferung in der Familie löst der Bräutigam die Verbindung jedoch schon bald wieder.

 

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Das Brautpaar mit August und Mary von Schmieder anlässlich der Verlobung
Bild: Ilse Grundler

 

Als Berta‘s geliebter Vater August von Schmieder am 6. März 1941 plötzlich und unerwartet verstirbt, ist dies für die Tochter ein zusätzlicher Schock. Ihr Bruder Max versieht zwar keinen Wehrdienst mehr, ist aber im Auftrag des Reichsnährstandes in den deutschen Ostgebieten unterwegs und erreicht Steinach nicht bis zur Beerdigung des Vaters und muss bald danach wieder abreisen und seinen Dienst versehen. Berta bleibt  mit ihrer Schwägerin und ihren zwei kleinen Neffen Carlmax (geb. 1938) und Wolfgang von Schmieder (geb. 1939) zurück in Steinach.

 

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Berta von Schmieder kurz vor ihrem Tod
(Foto Ilse Grundler)

 

Knapp sieben Wochen nach dem Tod des Vaters, stirbt die 25-jährige am 22. April 1941 in ihrem Zimmer im 2. Stock des Alten Schlosses an einer Überdosis Schlaftabletten.

Ihren Freitod hat von Berta von Schmieder sorgfältig geplant. An ihrem Todestag liefert ein Straubinger Schreiner einen Sarg in das Alte Schloss. Was zunächst für einen Irrtum gehalten wird, denn  im Schloss war kein Todesfall zu verzeichnen. Erst nach längerer Nachforschung stößt man auf die verschlossene Tür von Berta’s Zimmer und bricht diese schließlich auf.

Es wird noch schnell nach der alten Hebamme Kreszenz Bachl geschickt, da diese medizinische Kenntnisse hat und in Schlossnähe wohnt. Doch auch sie kann nur noch den Tod der jungen Frau feststellen.

Berta von Schmieder wird sieben Wochen nach ihrem Vater in der Schmiederschen Familiengruft auf dem Steinacher Friedhof beerdigt.

Gut Einhausen, dass Berta nach dem Tod ihres Vaters geerbt hat, vermacht sie ihrem Neffen, dem erst zweijährigen Sohn ihres Bruders Wolfgang von Schmieder.

 

 

 

Beerdigung

 Die Beerdigung fand unter großer Anteilnahme der Steinacher Bevölkerung statt
Bilder: Max Hiegeist, Hoerabach

 

 

Der Schriftsteller und Heimatforscher Max Peinkofer nahm die tragische Geschichte der Berta von Schmieder als Grundlage für seinen 1959 erschienenen Roman Hochzeit mit dem Tode“.

Peinkofer gibt die Geschichte jedoch nicht detailgetreu wieder, sondern verändert sie stark. Nach seiner Erzählung wohnt die Braut im Neuen Schloss Steinach und ihr Vater war noch am Leben. Auch war die Familie in dem Roman schon seit Generationen auf dem Herrensitz mit eigener Familiengruft. In Wirklichkeit war die ehemalige alte Gruft der Steinacher Schlossbesitzer aber bereits lange abgetragen. Für August von Schmieder wurde nach seinem Tod eiligst eine neue, kleine Gruft auf dem Steinacher Friedhof gemauert. Neben ihm liegen dort auch die sterblichen Überreste seiner geliebten Tochter Berta.

 

Überraschenderweise existiert noch eine weitere Theorie zum Freitod der jungen Frau.

Der Steinacher Pfarrer Josef Aschenbrenner hat eine Notiz hinterlassen, die er am 6. September 1957 verfasst hat2:

Im Juli 1957 kam ich ins Bad Wörishofen-Sebastianeum. Dort fragte mich Fruktus über Frl. Berta von Schmieder, die 1941 durch Schlaftabletten das Leben nahm, und die er im Lazarett der Barmherzigen Brüder in Straubing bei ihrer Tätigkeit als Krankenschwester kennengelernt hatte.
Ich berichtete ihm, daß die liebenswürdige Dame eine hochangesehene Persönlichkeit kennengelernt und sich in ihn verliebt habe, er wurde untreu, und das sei ihr so nahe gegangen, daß sie sich das Leben nahm; sie wurde beerdigt in der Schmiederschen Familiengrabstätte, die beim Tode des Herrn von Schmieder errichtet wurde; dabei wurde vom Schloß und Pfarrkirche das Steinpflaster gelegt.

Fruktus stellte den Grund zum Freitod: Verfehlte Liebe in Abrede und sagte, was Aschenbrenner Pfarrer damals in Steinach ganz neu war:
Sie habe sich über Hitler und sein Tun abfällig geäußert, deswegen sei sie vor die Alternative gestellt worden: Entweder würde sie ehrlos getötet oder sie müsse sich selbst das Leben nehmen. Das letztere hat sie getan in ihrem Zimmer im hiesigen Schloß, allgemein in Steinach bedauert.

 

 

Dieser Fund wirft ein anderes Licht auf den Freitod von Berta von Schmieder. In der Familie von Schmieder wurde nur die Version der unglücklichen Liebe weitergegeben. Allerdings waren die beiden kleinen Neffen noch im Säuglingsalter und auch später wurde über den Selbstmord der Tante in der Familie kaum gesprochen. Pfarrer Aschenbrenner maß der Aussage jedoch große Bedeutung bei, ansonsten hätte er den Vermerk nicht der Chronik beigelegt.

 

Was nun wirklich ausschlaggebend für Bertas Selbstmord war, kann abschließend nicht mehr geklärt werden.  
Die Inszenierung des Freitodes und seine ungeklärten Hintergründe sind ein besonderes Kapitel in der bewegten Geschichte des Alten Schlosses Steinach und der Familie von Schmieder in Steinach.

 

 

 

1 Seite „Berta Morena“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 4. August 2020, 10:15 UTC.
URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Berta_Morena&oldid=202490086 (Abgerufen: 1. Mai 2021, 17:18 UTC)
2 Pfarrarchiv Steinach, Geschichte von Steinach mit Ergänzungen von Pfarrer Josef Aschenbrenner