Der Bäcker in Steinach

 

 von Claudia Heigl

 

 

Die Bäckerei in Steinach kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Bereits in dem „Stift-, Kasten- und Salbuch über Schloß und Hofmarch Steinach“ von 1583 hat „die Backstatt“ der Bäcker Stefan Talmaier auf Erbrecht inne. Hier dürfte es sich bereits um die Bäckerei im oberen Dorf gehandelt haben. Im gleichen Salbuch ist auch eine Mühle mit Backstatt aufgeführt, die im unteren Dorf lag und die ein Schreibkrug Blasius auf Freistift innehatte.

1623 wird ein Khlimmer Hans auf der Backstatt genannt und  1639/40 üben Christopher und Elisabeth Brändl  das Bäckerhandwerk aus.  1641 besitz ein Sittenpöckh die „Backstatt im obern Dorf“ und bis 1644 werden Ursula und Mathias Pizelmayr als Bäckerseheleute genannt.

Nach den Schwedeneinfällen, spätestens 1647, muss die Bäckerei vakant gewesen sein. Es wird kein Bäcker mehr darauf genannt, bis 1663 Elisabeth und Georg Bielmeier bei der Hochzeit ihrer Tochter Maria als Bäckerseheleute in Steinach wieder in den Kirchenbüchern erscheinen. Hier handelt es sich auch um die ältesten Vorfahren der Familie Röckl, deren Familie damit über 350 Jahre das Bäckerhandwerk in Steinach ausüben.

1671 heiratete die jüngste Tochter Anna Susanna den Bierbrauerssohn Ulrich Pösl (Peßl) von Bogen und übernimmt die Bäckerei. Es folgen 1701 Sohn Mathias und 1728 Enkel Johann Georg Pösl als Nachfolger. 1737 errichtet Johann Georg Pösl neben seinem Bäckerhaus ein neues Wirtshaus (Gasthaus Krone). 1746 verkauft er die Bäckerei an seine Schwester Anna Maria, die am 10. Januar 1746 den Wagnerssohn Lorenz Röckl aus Ruhmannsfelden heiratet.

 

Bielmeier

Roeckl

 

 

Johann Baptist Röckl (1809-1882) erbaut im Jahr 1857 das Bäckerhaus aus Stein vollkommen neu.

 

AK STEI 111 2

 Das Bäckerhaus aus dem Jahre 1857 aufgenommen ca. 1910
(Auszug aus einer Postkarte)

 

Familie Roeckl

Der Bäcker Johann Röckl (1846-1925)  mit seiner Ehefrau Karolina, geb. Häuslbetz (1856-1940) und seinen Kindern aus erster und zweiter Ehe
stehend hinten: Johann (*1873) und Karl (*1874) aus erster Ehe
links stehend die Mädchen aus zweiter Ehe v.l.: Anna (*1882), Maria (*1880), Karolina (*1879), Maria Magdalena (*1887) und Hedwig (*1890)

rechts stehend: Franz Seraph (*1885) und Ferdinand (*1883-1914)
auf dem Schoß der Mutter: Adam (*1892-1915)
aufgenommen ca. 1893/1894
(Bild: Familie Röckl)

Das Schwarzbrot wurde von den Bauern ja zum großen Teil noch selbst gebacken. Ein Backofen bei jedem Hof war eine Selbstverständlichkeit.

Die Bauern brachten ihr Getreide zum Müller und lagerten anschließend das gemahlene Mehl selbst zu Hause. Erst als dies nicht mehr in großen Umfang erlaubt wurde, bekamen sie für ihr Getreide statt Mehl sogenannte „Brotmakerl“. Hier konnten sie sich das Brot gegen ein Aufgeld - den Backlohn - von 20 Pfennig pro Kilogramm vom Bäcker abholen. Diese Brotmakerl gab es bis  in die 1960er Jahre.

 

brotmakerl 2Die Brotmakerl der Bäckerei Röckl gab es als ganzen Bogen
Quelle: Archiv für Heimatgeschichte Steinach

 

 

roeckl franz kreszenz

Der Bäckermeister Franz Röckl (1885-1955) und seine Ehefrau Kreszenz (1884-1963)
Bilder: Familie Röckl

 

1956 übernimmt Franz Röckl II. die elterliche Bäckerei mit der Landwirtschaft.

Er und seine Ehefrau Sonja bauen einen Laden, der von der Strasse aus betreten werden kann, in das alte Bäckerhaus.

 

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roeckl franz jun

Franz Röckl II. (1926-2017) bei der Arbeit in der Backstube

Bilder: Familie Röckl

 

Hauptgeschäft der Bäckerei war jahrzehntelang der Verkauf der Weißwaren - also Semmeln. Täglich kamen an die 250 – 300 Schulkinder in der Pause (die alte Schule lag ja in unmittelbarer Nachbarschaft) in die Bäckerei und verlangten „zwei kleine Semmeln“. Diese kosteten in den 60er Jahren 5 Pfennig, genausoviel wie eine große Semmel.

 

Roeck 1957

 Das Bäckerhaus ca. 1956 im Hintergrund mit der alten Schule

 

Nach dem Neubau der Schule 1960 erwarb Franz Röckl das alte Schulgebäude mit der Verpflichtung den gegenüber dem Friedhof liegenden Teil abzureißen.

Ab 1966 riß die Familie Röckl dann das alte Wohnhaus in drei Teilschritten ab und baute die Bäckerei mit Wohnhaus ebenso in drei Abschnitten komplett neu. Somit war eine Weiterführung des Betriebes ohne Unterbrechung möglich. Das Haus mußte dabei ein paar Meter nach hinten versetzt werden, da die Straße zwischen dem Bäckerhaus und dem Schlachthaus des Metzgeranwesens sehr eng war. Neben dem Bäckerladen, kam auch mit dem Verkauf von Lebensmitteln, ein EDEKA-Laden hinzu.

 

Roeckl 1992

   Das heutige Bäckerhaus aufgenommen 1992
Bild: Claudia Heigl

 

Traditionell kamen Sonntag die Bauern der umliegenden Weiler und Ortschaften zum Gottesdienst in den Ort und kauften dort auch ein. So war die Bäckerei bis in die 1980er Jahre auch Sonntag geöffnet.

Bereits 1760 wurde der „obere Bäck“ mit 2 Gulden abgestraft, da er den Bader von Münster während der Sonntagskirche „balbieren“ ließ.

Seit 1915 gab es übrigends auch ein Nachtbackverbot. So waren „alle Arbeiten, die zur Bereitung von Backwaren dienten, in der Zeit von 7 Uhr abend bis 7 Uhr morgens verboten“. Diese Bestimmung sollte die Herstellung von Backwaren vermindern und damit die Getreidevorräte strecken. Auch später wurde das Verbot aus sozialpolitischen Gründen beibehalten, da die in Bäckereibeschäftigten vor Arbeitszeitüberschreitung und gesundheitsschädlicher Nachtarbeit geschützt werden sollten. 1938 wurde der Arbeitsbeginn ab 4 Uhr gestattet, und erst mit Änderung des Landeschlußgesetztes zum 1. November 1996 wurde auch das Nachtbackverbot aufgehoben.

Das Verbot galt auch, wenn keine Angestellten beschäftigt waren, so hat der Steinacher Gemeindepolizist  dies früher beim hiesigen Bäcker auch immer wieder kontrolliert.

Bei der Bäckerei Röckl gibt es auch die eher seltene „weiße Brezen“. In den Anfangs sehr heißen Ofen, kommen als erstes die aus Semmelteig bestehenden weißen Brezen, anschließend die Semmeln und zum Schluß das Schwarzbrot, das länger im Ofen verbleibt.

Nach 37 Jahren übergeben dann Franz und Sonja Röckl 1993 die Bäckerei an den Sohn Franz Röckl III. und dessen Ehefrau Christa, die 1997 den Supermarkt in Steinach erbauen.

Seit elf Generationen betreibt die Familie Röckl nun das Bäckergewerbe in Steinach und zählt somit zu den ältesten Familien des Dorfes.

 

 

 

Detaillierte Angaben zu den Bäckersfamilien liegen im Archiv für Heimatgeschichte in Steinach vor und können dort eingesehen werden.

 

 

Bilder: Familie Röckl und Archiv für Heimatgeschichte

Quellen:
Archiv für Heimatgeschichte, Untertanen der Hofmark Steinach 1623
Archiv für Heimatgeschichte, Stiftregister 1641
StA Landshut, Rentamt Straubing B78 dund B79; Häuser- u. Rustikalsteuerkataster Münster incl. Steinach 1808 und 1814-1843

StA Landshut,  Grundsteuerkataster Sig. 17/42-4, 17/42-8, 17/42-11,  Steuergemeinde Steinach 1843-1960,
Bischöfl. Zentralarchiv Regensburg, Kirchenbücher Pfarrei Steinach
Schlicht Josef, Die Geschichte von Steinach erschienen in der Unterhaltunsbeilage im StraubingerTagblatt 1881-1883
mdl. Auskunft von Franz Röckl sen. und jun.