Hs.Nr. 4 - Die "1/8 Zubausölde" zum Wirtshaus
von Claudia Heigl
Das Haus an der Chamer Str. 6 in Wolferszell kann auf eine lange bewegte Geschichte zurückblicken.
Die Sölde wurde bereits 1446 urkundlich erwähnt und war zu dieser Zeit Eigentum des reichen Straubinger Handelsmann und Patriziers Herman Zeller. Auf diesem Anwesen befand sich damals "seit Alters her" das Schenkrecht. Hier direkt an der Handelsstraße nach Böhmen, ist also das erste Wirtshaus in Wolferszell nachgewiesen. Im 16. Jahrhundert kam das Schenkrecht auf die Mühle, bis es schließlich 1657 auf das heutige Wirtshaus in Wolferszell übertragen wurde.
Mit ein paar Lücken lassen sich die Besitzer bis heute nachweisen. Im Liquidationsprotokoll von 1838 wird das Anwesen als "1/8 Zubausölde" bezeichnet, da es fast 150 Jahre zum Wirtsanwesen in Wolferszell gehörte.
Uraufnahme aus dem Jahr 1827
Quelle: Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas
1446 als Wirtshaus geführt
Am 27.03.14461 verkauft "Hans Hienn, gegessen zu Rotham, dem Friderich Meindl zu Wolfzell sein Erbrecht auf dem Gut zu Wolferszell, darauf seit alters die Taferne gewesen ist, unbeschadet der Gütl und Herrlichkeit des Hörman Zeller, Bürger zu Straubing. Zeugen des Kaufes sind: Marthan Pabst von Agenndorf, Hanns Pabst von Gswendt, Jorg Mullner von Wolfferzell und Steffann Paillstainer von Stannach.“
Als am 20.12.14492 Herman Zeller ein Benefizium in der neu gebauten Kirche St. Jakob in Straubing einrichtet, stiftet er für dessen Unterhalt diversen Grundbesitz, u.a. den Berghof, den Sackhof und diese Sölde in Wolferszell. Somit waren ab diesem Zeitpunkt die Abgaben der jeweiligen Besitzer an das Zellersche Benefizium in Straubing zu entrichten.
Schon bald finden sich nochmals Aufzeichnungen zu dem Besitz in Wolferszell in den Archivalien der Familie Zeller:
Am 10.03.14633 verkaufte „Friderich Meindl zu Wolfferzell seinem Vetter Wugl Meindl das „Erbrecht auf dem Gut zu Wolfferzell, darauf vor alters die Taferne gewesen ist, unbeschadet dem Hainrich Smaltz, Hörman des alten Zeller selig Kaplan.
Siegler: Wilhalm Zeler, Bürger zu Straubing. Siegelbittzeugen: Hanns Sibenwurger, Bürger zu Straubing, Jörg Wulln zu Wolfferzell."
Das Schenkrecht kommt zur Mühle
Die nächsten 80 Jahre bleiben im Dunkeln, bis sich in einem Akt über einen Streit bezgl. der Verbriefung der Sölde eine Abschrift einer Kaufurkunde aus dem Jahr 1540 findet:
Am 06.03.1540 überlassen die Geschwister Michael, Barbara, Anna, Walburga, Katharina, Kinder des Hans Wenzl von Wolferszell und Margaretha seiner Frau, beide selig ged., ihrem Bruder Hans Wenzl und dessen Ehefrau Anna die Erbrechtsölde in Wolferszell4.
Von einem Schenkrecht war bei dieser Überlassung kein Hinweis mehr. Dieses könnte bereits mit der Tochter Katharina, die mit dem Müller Melchior Grimm (Grüm) verheiratet war, auf die Mühle gekommen sein.
Als nächste Besitzer werden 15785 ein Michael Wenzl und 15876 ein Sigmund Wenzl in den Steuerbüchern genannt.
Der Müller Sigmund Grimb von Wolferszell kaufte schließlich 1603 die Sölde von der verwitweten Barbara Wenzl, die dann nach Bogen zog7.
Ab dann ist die Quellenlage sehr spärlich und lückenhaft. 16698 starb der nächste bekannte Besitzer Hans Permair9 und die Sölde wurde auf 150 Gulden geschätzt. Die weiteren Baumanns- und Hausfahrnisse, einschl. zwei Ochsen und zwei Kühe bewerteten die Schätzer Simon Rothamer vom Rotham und Georg Schmidtpaur von Wolferszell mit 50 Gulden10.
Nach dem Tod von Johann Permair kommt es am 04.08.1669 zu einem Vergleich zwischen der Mutter mit den Kindern, wegen dem väterlichen Erbe11: Die sechs Söhne Sebastian 16 Jahre, Georg 15, Hans 13, Andreas 11, wieder Sebastian 9 Jahre und Georg 5 Jahre, sollen demnach 20 Gulden väterliches Erbteil erhalten und der jüngste Sohn Georg die Sölde, allerdings erst nach 15 Jahren, zuvor bekommt die Witwe noch ein Nutzungsrecht. Diese heiratet den Witwer Konrad Vilsmeier aus Gschwendt.
Den Hof hat schließlich nicht der jüngste Sohn, sondern Sebastian Permair, der Älteste, ca. 1676 übernommen12. Als er 1678 mit 26 Jahren stirbt, hinterlässt er zwei Kinder, Katharina (1 ½ Jahre) und Georg (6 Monate). Seine Witwe Maria Permair heiratet den ledigen Bauerssohn Blasius Schmidbauer von Wolferszell. Das Ehepaar verkaufte am 26.04.1681 die Erbrechtssölde samt den „angebauten Winter- und Sommerfeldern, einen beschlagenen Wagen, einen Pflug und einer Egge mit eisernen Zinken“ um 160 Gulden an den Schwagern Mathias Stubenhofer und dessen Ehefrau Magdalena und übernehmen hierfür den elterlichen „Schmidbauernhof“ Hs.Nr. 13 (heute Mühlenweg 5, Bauer) in Wolferszell13.
Das Zens-Anwesen
aufgenommen 1956
Bild: Archiv für Heimatgeschichte
Zubausölde zum Wirtsanwesen
Am 7. März 171014 kauft der Wolferszeller Wirt Hans Georg Rieger den Hof von Georg Stubenhofer. Die nächsten 145 Jahre gehörte der Hof dann als Zubausölde zum Wirtsanwesen in Wolferszell.
Die Vorderseite des Hauses
ca. 1956
Bild: Familie Schmid, Wolfsberg
Am 11.01.1856 verkaufte der Wirt Josef Schreiber die Sölde mit 18,26 Tagwerk Grund an einen Georg Prommersberger. 1852 hatte Schreiber bereits das Wirtshausanwesen verkauft. Prommersberger behält sie jedoch nicht, sondern veräussert sie am 21.02 gleich weiter an einen Michael Radlbeck und der am 02.06. an eine Katharina Wagner, bis schließlich am 05.01.1857 Michael Altschäffel von Unterperasdorf das Anwesen um 4.350 Gulden erwirbt.
Michael Altschäffl heiratet zwei Wochen nach dem Kauf die Bauerstochter Maria Hartl von Datting. Das Ehepaar hatte fünf Kinder:
- Die älteste Tochter Kreszenz (*1856) heiratete 1884 Alois Bachl und war 44 Jahre Hebamme in Steinach.
- Tochter Maria (*1860) heiratete 1888 den Steinacher Wirt und Witwer Johann Wenninger und wurde Wirtin im Gasthaus Goldene Krone. 1897 heiratete sie in zweiter Ehe Otto Gößl.
- Sohn Josef (*1867) heiratete 1897 die Lehrerstochter Anna Schmid und baute 1901 die Krämerei Altschäffl in Steinach Hs.Nr. 44 ½ auf.
- Sohn Michael (*1868) war Metzger und heiratet 1895 die Gütlerstochter Franziska Fuchs vom Wolfsberg Nr. 23 1/5
- Sohn Johann Altschäffl (*21.12.1857) übernahm das Anwesen von seinen Eltern und heiratet am 27.06.1887 Theresia Nißl von Zachersdorf. Das Ehepaar hatte nur eine gemeinsame Tochter, Theresia, die jedoch am 31.05.1890 mit zwei Jahren an Diphterie starb.
Bei ihrer Hochzeit brachte Theresia Nißl eine uneheliche Tochter namens Emilie mit in die Ehe, die 1908 das Anwesen von ihrer Mutter und ihrem Stiefvater übernahm und Johann Zens von Münster heiratete.
Seitdem ist das Anwesen im Besitz der Familie Zens.
Johann Zens und Ehefrau Maria geb. Frohnauer
mit ihren Kindern Johann Albert und Marianne
aufgenommen 1942
Bild: Altendorf, Bogen
Das Zens-Anwesen ca. 1970
Bild: Familie Zens, Wolferszell
1 Solleder Fridolin, Urkundenbuch der Stadt Straubing, 1918, S.301, Urkunde Nr. 392 vom 27.03.1446
2 Ebd. S.310, Urkunde Nr. 408 vom 20.12.1449
3 Ebd. S.336, Urkunde Nr. 454 von 20.12.1449
4 StA Landshut, Regierung Straubing A3940, Barbara Wenzl gegen Grundherr Kaspar Haug Zeller wegen Verfertigung der Sölde in Wolfeszell 1603, in der Akte Abschrift des Kaufbriefes vom 06.03.1540. Michael, Barbara, Anna, Walburga, Katharina, (im Beisein ihrer vier Ehemänner Jörg Roßhaubter zu Pillnach, Lorenz Schuster zu Falkenfels, Michl Zöll von Winkhling und Michl Grüm zu Wolferszell) alles Geschwister und Kinder des Hans Wenzl von Wolferszell und Margaretha seiner Frau, beide selig ged., überlassen ihren Bruder Hans Wenzl und dessen Ehefrau Anna die Erbrechtsölde in Wolferszell.
5 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B99, Steuerbuch des fürstl. Karten Straubing 1578
6 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B105, Scharwerkbuch des fürstl. Kasten Straubing 1597
7 StA Landshut, Regierung Straubing A3940, Barbara Wenzl gegen Grundherr Kaspar Haug Zeller wegen Verfertigung der Sölde in Wolferszell 1603
8 Sta Landshut, Rentkastenamt Straubing P 60 II, fol. 239, Briefprotokolle 1667-1669 Schätzung
9 Dieser Johann Permair (Bergmayer) könnte ein Sohn der Ursula Grimm gewesen sein, einer eine Tochter des o.g. Sigmund Grimm, die in erster Ehe mit dem Münsterer Wirt Andreas Bergmaier verheiratet war. Ein urkundlicher Nachweis hierfür lässt sich jedoch nicht erbringen. Hinweise zur Ursula Grimm finden sich in div. Urkunden: StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P45, fol. 46 Vertrag vom 21.03.1630
10 Hier steht auch ein Randvermerk, dass ein Übergabebrief vom 10. Mai 1607 von der Sölde mit Eigentum zur Zellerschen Mess in Straubing vorgelegt wurde.
11 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P60 II, fol.267 Vergleich vom 14.08.1669
12 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P 68, fol. 165 Am 11.04.1692 quittieren die Söhne Georg Permayer von Zachersdorf, Hans Permayer von Hartzeidldorn, Andreas Permayer von Falkenfels und die noch ledigen Brüder Georg Permayer und Sebastian Permayer den Empfang ihres vätterlichen und mütterlichen Erbteils von Blasius Schmidbauer und Mathias Stubenhofer.
13 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P64 I, fol. 94 Kaufbrief über 160 fl vom 26.04.1681
14 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P 93, fol. 89 Vertrag vom 18.07.1722 wegen Absterben des Hans Georg Riegers. Hier wird erwähnt, dass er die Sölde am 07.03.1710 erkauft hat.
Weitere Quellen:
StA Landshut, Grundsteuerkataster Umschreibehefte Agendorf 17/2-6, 17/2-10 und 17/2-14
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Agendorf vom 9. Oktober 1838
Bischöf. Zentralarchiv Regensburg, Pfarrmatrikel Steinach