Das Singberg-Anwesen
von Claudia Heigl
Auf dem Singberg, dem Baugelände des Neuen Schlosses Steinach, befanden sich ursprünglich zwei Einöd-Höfe: ein kleiner Hof – das Singberg-Anwesen auf der Bergspitze und das etwas tiefergelegene sog. Helmberg-Anwesen, das August von Schmieder zum heute noch bestehenden Gärtnerhaus umgestaltet hat.
Nach Josef Schlicht hieß der Singberg bis 1634 noch Gerhartsberg, d.h. Berg bzw. Bergsiedlung eines Gerhart. Weshalb sich die Bezeichnung „Singberg“ eingebürgert hat, ist nicht bekannt. Schlicht vermutet, dass der nahe gelegene Vogelherd für die Umbenennung maßgeblich war.
Im Gegensatz zum Helmberg-Anwesen ist das Gütleranwesen am Singberg erst im 19. Jahrhundert entstanden.
Der 5 Tagwerk große Holzgrund gehörte ursprünglich zum sog. „Richtergut“ Hs.Nr. 12 (heute August-Schmieder-Str. 4) in Steinach.
Bei der Zertrümmerung des Hofes am 07.12.1821 durch den Bauern Johann Richter kaufte das Holz der Müller Michael Groll von Kay.
Groll verkaufte den Waldgrund am 29.12.1829 an Andreas Niemetz von Neuklitschau/Böhmen um 600 Gulden weiter. Der neue Besitzer errichtete auf dem Grundstück ein neues Wohnhaus mit Stall und Stadel und siedelte sich somit auf dem Singberg an. Das Anwesen gehörte, aufgrund der früheren Zugehörigkeit zum Richtergut zur Steuergemeinde Steinach und erhielt die neue Hausnummer 74.
Das Singberg-Anwesen gehörte zur Steuergemeinde Steinach, während der Helmberger Hof zur Steuergemeinde Münster gehörte.
Im Liquidationsprotokoll von 1838 wurde es als "Neue Ansiedlung mit der Hs.Nr. 74" bezeichnet.
Karte: Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokoll aus dem Jahr 1838 der Steuergemeinde Steinach
Brautstehlen durch Michael Groll
Der Sohn des ehemaligen Besitzers, ebenfalls namens Johann Michael Groll, erwarb wohl von Niemetz nochmals ein kleines Häusl und heiratete 1830 als "Häusler von Singberg".
Dies hatte wohl zwei Gründe:
Michael Groll jun. wollte die Bauerstochter Katharina Burgstaller von Metting heiraten, deren Eltern verweigerten jedoch ihre Einwilligung hierzu. Aufgrund des damaligen Ansässigmachungsgesetz war es jedoch nur möglich mit Grundbesitz eine Heiratserlaubnis zu erhalten. Um schnell heiraten zu können, erwarb er kurzfristig ein Häusl auf dem Singberg und erhielt so von der Herrschaft in Steinach die Heiratserlaubnis. Er entführte seine Braut und ließ sich am 22.12.1830 mit ihr in Münster trauen. Ihr Vater kam mit seinem Protest zu spät.
Ein halbes Jahr später, am 29.07.1831, kaufte Michael Groll jun. um 7.000 Gulden den Unterharthof, der damals 324,76 Tagwerk umfasste. Da er "nur" als Häusler heiratete, brauchte er bei der Hofmarksherrschaft in Steinach bei seiner Hochzeit nicht so viel Laudemium zu zahlen.
Bischöfl. Zentralachiv Regensburg, Pfarrmatrikel Sossau, Bd. 5, FN 31, Familien und Häuser der Pfarrei Sossau, erstellt von Pfarrer Gerard Wieselhuber im Jahre 1877, Hofgeschichte Unterharthof
Die Familie Niemetz auf dem Singberg
Die Familie blieb bis 1902 auf dem Anwesen. Als August von Schmieder den Bau seinen Neuen Schlosses auf dem Singberg plante, machte der Schlossherrn dem Singberg-Bauern ein lukratives Angebot und Xaver und Kreszenz Holmer verkauften am 3. November 1902 ihr Anwesen mit 6,455 ha Grundbesitz um 11.975 Mark an den Gutsherrn von Steinach. Im Gegenzug hierzu erwarben sie um 12.000 Mark das Anwesen in Moos Nr. 3 mit 10 ha Grund von Mandl Johann. (Diese Hofstelle wurde inzwischen ebenfalls abgetragen und auf dem Gelände entsteht hier zur Zeit das neue Sennebogen-Werk im Gewergebiet von Steinach.)
Lageplan Neues Schloss Steinach
Der Pfeil zeigt die Lage des ehemaligen Singberg-Anwesens
(Quelle: Staatsarchiv Landshut, Bauakten Gemeinde Steinach, Rep. 162; Verz. 17; Sch. 32; Nr. 3715)
Die Gebäude des ehemaligen Singberg-Gütl wurden alle abgerissen und an der Stelle das Volierenhaus (auch Vogerlhaus) des Neuen Schlosses errichtet.
Luftbild Neues Schloss Steinach von Westen um 1920/1925, im Vordergrund das Volierenhaus
(Quelle: Carlmax von Schmieder, Dublin)
Das Volierenhaus
(Quelle: Hubertus Meckel, Alben von Mary von Schmieder)
Die Steinkreuze bei Münster
von Claudia Heigl
Am früheren Kirchweg von Thalstetten nach Münster, auf einer kleinen Anhöhe, dem „Höherl“, steht ein hohes Holzkreuz, das auf beiden Seiten von je einem alten Steinkreuz eingerahmt ist. Im Volksmund werden diese Steinkreuze auch „Hussitenkreuze“ genannt, da hier nach einer Überlieferung Hussiten begraben sein sollen. Bei einer Ausgrabung im Jahre 1980 wurde jedoch diese Annahme nicht bestätigt.
Eine weitere Vermutung war, dass es sich hier um sogenannte Sühnekreuze handelte, die im Rahmen eines Sühnevertrages nach einer Bluttat errichtet wurden. Neue Quellenfunde deuten jedoch darauf hin, dass es sich hier um alte Grenzsteine handelt.
Der alte Kirchweg zwischen Thalstetten und Münster mit der Kreuzgruppe im April 2020
Das Holzkreuz wurde 1980 ebenfalls erneuert. Die Pappel ist inzwischen nicht mehr vorhanden.
Bild: Claudia Heigl
Sühnekreuze
Sühnekreuze sind Denkmale mittelalterlicher Rechtsmale und stammen aus der Zeit des ausgehenden 13. Jh. bis Ende des 16. Jh. Der Totschlag, also eine Affekthandlung, war im Mittelalter eine Privatangelegenheit, um die sich die Gerichte wenig kümmerten. So konnte sich der Täter mit den Hinterbliebenen auf gütlichem Wege einigen, um der weltlichen Strafe zu entgehen. Hierzu wurden sog. Sühneverträge geschlossen. Neben dem Lesen von Messen, Geldzahlungen, Wallfahrten, stiften von Wachs, gehörte auch dazu am Tatort ein steinernes Kreuz errichten zu lassen. Zur eigenen Buße und vor allem zum Seelenheil des Getöteten, der ja ohne die Sterbesakramente verschieden war und dadurch die Seligkeit nur schwer erlangen konnte. Jeder Vorübergehende betete an einer solchen Stelle ein Vaterunser für die Rettung der Seele des Opfers.
Mit Einführung der Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. im Jahre 1533 wurden diese Verträge durch ein ordentliches Gericht abgelöst und diese privaten Abmachungen nicht mehr geduldet. Es dauerte jedoch noch bis ins 17. Jhd. hinein, bis diese Landessitte ganz abgeschafft wurde.
Gelegentlich wurden auch solche Kreuze errichtet, wenn ein Mensch durch einen Unglücksfall ohne Sterbesakramente zu Tode gekommen ist. Auch hier erhoffte man sich, durch die Gebete der Vorübergehenden, die Rettung des Seelenheiles des Verstorbenen. Oftmals ist eine Mordwaffe oder ein Standeszeichen in den Stein gehauen. Selten eine Jahreszahl oder ein Text, da dieser vom normalen Volk nicht gelesen werden konnte.
Grenzsteine
Bei der Auswertung einer „Beschreibung der Grenzen des fürstlichen Landgerichts Straubings von 1618“ stieß das Mitglied unseres Arbeitskreises Cornelia Landstorfer auf eine Beschreibung der Hofmark Pfaffmünster. Hier heißt es sinngemäß niedergeschrieben: „Liegt enterhalb der Donau, auf eine starke Meile Weges von Straubing. Stoßt mit ihren Grenzen an die Hofmark Steinach, Hofmark Falkenfels und an das frtl. Landgericht Mitterfels, bis herauf auf die Straubinger Straße, zu einer neu gesetzten steinern Martersäule, aldort die gefangenen Malefiz-Personen auch in das frtl. Landgericht Straubing übernommen werden.“
Die Hofmarken hatten die sog. „niedere Gerichtsbarkeit“ Sie waren vor allem für Streitigkeiten, Raufereien und Beleidigungen, Grenzstreitigkeiten und Leichtfertigkeiten (uneheliche Schwangerschaften) zuständig und verhängten dafür Bußgelder und kleinere Arreststrafen.
Für die Vergehen, auf welche die Todesstrafe stand (urspr. Mord, Vergewaltigung, Diebstahl) war das hohe Gericht in Straubing oder Mitterfels zuständig, auch als Malefiz- oder Halsgericht (abgeleitet vom Hängen) bezeichnet. Die Amtsleute durften in Ausübung ihrer offiziellen Tätigkeit die Grenze des Gerichts nicht überschreiten. Es gab für die Delinquenten genau festgesetzte Übergabeorte, wo sie von den Schergen des zuständigen Gerichts übernommen wurden.
In dem Hexenprozess der Bettlerin Anna Maria Radlerin aus St. Pölten wird dieser Vorgang sogar urkundlich erwähnt. Die Bettlerin kam im Juli 1710 durch Münster, beichtete bei dem Vikar und ließ sich mit den heiligen Sterbesakramenten versehen. Der Landgerichtsamtmann hatte jedoch inzwischen in Erfahrung gebracht, dass die Bettlerin sich öfters an diesem Tag mit dem „Hochwürdigen Guth“ habe speisen lassen. Er ließ sie gefangen nehmen und erfuhr durch „gütliches“ Befragen, dass sie „die heilige Hostie aus dem Mund genommen, entehrt, mit Nägel gestupfet und zu den Hexen-Tänz angewandt worden sey“. Hexerei war ein Vergehen, auf das die Todesstrafe stand. Sodann hat man die Radlerin an der Hofmarksgrenze den Straubinger Landgerichtsbeamten übergeben. In Straubing wurde sie dann nach einem Prozess auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.
Bei der Übergabestelle handelt es sich hierbei höchstwahrscheinlich um das Steinkreuz mit dem Schwert, als Symbol für diese hohe Gerichtsbarkeit.
Das Kreuz dürfte früher südlich von Münster gestanden haben. Evtl. wurde es später versetzt und mit dem zweiten Steinkreuz zusammen aufgestellt. Das zweite Steinkreuz mit dem Kelch ist nirgends dokumentiert. Evtl. markierte es die östliche Landgerichtsgrenze der Hofmark Pfaffmünster zum Hochstift Regensburg bzw. dessen Herrschaft Wörth.
links die ehemalige Landgerichtsgrenze zum Hochstift Regensburg
Uraufnahme aus dem Jahre 1827
Quelle: Bayerische Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas
Im Landkreis Straubing-Bogen sind noch 18 solcher Steinkreuze erhalten.
Bei den Ausgrabungen 1980 wurden die Kreuze aus Granit bei Münster freigelegt und von Nürnberger Steinkreuzforscher genauestens untersucht. Dabei wurde das rechte Kreuz, dass durch die Wurzeln der danebenstehenden Pappel beschädigt wurde, wieder instand gesetzt. Vor 40 Jahren wurden auch nach der Reinigung die Symbole auf den beiden Kreuzen sichtbar, die inzwischen wieder verwittert sind.
1980 stand bei den Kreuzen noch eine mächtige Pappel
Bild: Saller Barbara in "Steinkreuze im Landkreis Straubing-Bogen, JHVS 85, 1983 (1984)"
Auf dem linken Steinkreuz, mit seiner lateinischen Form, war ein 53 cm langes Schwert erhaben herausgearbeitet. Auf der Rückseite wurde später, wohl aus einem bestimmten Anlass, die Zahl 1810 eingeritzt. Das Kreuz dürfte jedoch aus dem 16. Jahrhundert stammen. Die Zahl war schwer lesbar. Entweder handelte es sich um einen Lesefehler und es war 1610/1618 gemeint oder das Kreuz wurde um diese Zeit versetzt.
Der Schaft verbreitet sich nach unten und geht in eine unbehauene Knolle über. Das Kreuz hat insgesamt eine Höhe von 1,76 m.
Das freigelegte linke Kreuz mit dem Schwert im Jahr 1980
Bild: Saller Barbara in "Steinkreuze im Landkreis Straubing-Bogen, JHVS 85, 1983 (1984)"
2020 ist das Schwert bereits wieder vollständig verwittert.
Bild: Claudia Heigl
Auf dem rechten Kreuz ist ein 27 cm hoher Krug mit Fuß, Henkel und geöffnetem Deckel eingeritzt. Es weist die Malteser Kreuzform auf und an den abgewetterten Armen sind Schleifspuren erkennbar. Durch Wetzen der Schleifsteine erhoffte man sich bei der Ernte Gottes Segen.
Das Kreuz hat eine Gesamthöhe von 1,34 cm incl. dem sich im Boden befindlichen unbehauenen Schaft.
Das rechte Kreuz mit dem deutlich erkennbaren Krug im Jahr 1980
Bild: Saller Barbara in "Steinkreuze im Landkreis Straubing-Bogen, JHVS 85, 1983 (1984)"
Auch der eingeritzte Krug ist im Jahr 2020 nicht mehr sichtbar.
Bild: Claudia Heigl
Bilder:
Saller Barbara, Steinkreuze im Landkreis Straubing-Bogen, Jahresbericht des Historischen Vereins Straubing JHVS 85, 1983 (1984) S. 183
Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Claudia Heigl
Quellen:
Saller Barbara, Steinkreuze im Landkreis Straubing-Bogen, Jahresbericht des Historischen Vereins Straubing JHVS 85, 1983 (1984) S. 183
Agsteiner Hans, Chronik der Gemeinde Steinach, 1996, S. 380, 387
StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B36, Beschreibung des Landgerichts Straubing von 1618, fol 5'
Der Kellerberg
von Claudia Heigl
Der Steinacher „Kellerberg“ – nach ihm ist auch die dortige Siedlung benannt – hat seinen Namen von dem weitläufigem Bierkeller im Berginneren, der zur einstigen Schlossbrauerei Steinach gehörte. Der Quarzhügel südwestlich von Steinach hat eine lange bewegte Geschichte.
Weinberg
Lt. der alten Flurbezeichnung im Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Steinach aus dem Jahr 1838 war am Nordhang des Berges früher ein Weinberg, der zum Schlossgut von Steinach gehörte. Die dortige Straßenbezeichnung "Am Weingarten" erinnert noch heute daran.
Weinberge wurden bereits 1398 in der ältesten bekannten Kaufurkunde des Alten Schloss Steinach erwähnt. Im Stiftsregister aus dem Jahr 1623 wird aufgeführt, dass Margaretha Weber, die Witwe des Weinzierls Wolf Weber, keine Stift zahlen muss, da sie die „Weingartt Arbeit auf den 24 Tagwerk Weinberg“ verrichtet.
1646 wird ein Kind des Andreas Schmidt, Weinzierl in Steinach getauft. Das ist die letzte Aufzeichnung, in der ein Weinzierl in Steinach erwähnt wird.
Ursache hierfür könnte höchstwahrscheinlich der dritte und verheerendste Überfall des Schwedenheeres gewesen sein. Von Juli bis September 1647 plünderten und verwüsteten die Schweden die gesamte Gegend und das Dorf. Sie stahlen oder vernichteten die kompletten Ernteerträge mit dem Ziel das bayerische Land zu ruinieren. Mit Sicherheit zerstörten sie auch die Weinberge, die danach nicht mehr angepflanzt wurden, da das Bier als Getränk sich beim Volk einer immer mehr wachsenden Beliebtheit erfreute. Der größte Teil der damaligen alten Steinacher Familien sind nach dieser Zeit in den Aufzeichnungen auch nicht mehr vorhanden.
In der Karte von 1827 ist auf dem Berggrundstück, das ein Teil dieser Weinberge war, nur noch Gebüsch eingezeichnet.
Eine aktuelle Karte überlagert mit einem Ausschnitt aus der Karte von 1827.
Nummer 1 gehörte zum Schlossgut und zeigt die Lage des ursprünglichen Weinberges.
Quelle: Bayernaltas, Bayerisches Vermessungsamt München
Holländische Turm-Windmühle
Um 1850 ließ der als Holland-Freund geltende Steinacher Schlossgutsbesitzer Eduard Freiherr von Berchem-Königsfeld eine Turm-Windmühle nach holländischem Vorbild auf dem Hügel erbauen. Im Gegensatz zur deutschen Bockwindmühle ist bei einer holländischen Turm-Windmühle nur das als Kappe ausgeführte Dach drehbar. Die Drehung wird mit Hilfe eines eisernen Räderkranzes, auf welchem die Kappe aufsitzt, möglich. Durch Getriebe wurden die Mühlsteine und die Hilfseinrichtungen in Gang gesetzt. Der konische Rundturm hat im Erdgeschoß einen Innendurchmesser von 7 Metern, die Mauerstärke beträgt am Turmfuß 1,20 Meter.
Dieser Mühlentyp war untypisch für unsere Gegend, in der Wassermühlen dominierten. Anscheinend brachte die Mühle nicht den gewünschten Ertrag, denn der Schlossbenefiziat Josef Schlicht schreibt: „Gekauft und zum Berchemschen Gut geschlagen sind: ... 1868 das Mühlanwesen zu Wolferszell um 8.000 Gulden und umgebaut zur jetzigen herrschaftlichen Kunstmühle, nachdem der Betrieb einer Windmühle an den örtlichen Windströmungen fehlgeschlagen.“
Und der Steinacher Pfarrer Josef Aschenbrenner schreibt in seiner Chronik: „Die Windmühle war um das Jahr 1860 herum noch in Betrieb. Ein Kind des Müllers wurde eines Tages von der Transmisse erfasst und zerdrückt. Von diesem Tage an wurde die Mühle nicht mehr betrieben und verfiel.“
In den Kirchenbüchern findet sich tatsächlich am 14.03.1860 ein Eintrag in dem verzeichnet ist, dass der Häuslerssohn Joseph Berger im Alter von 12 Jahren an einem Unglück starb. Es war der Sohn von Joseph und Barbara Berger, die in dem Anwesen in der Wittelsbacher Str. 2 wohnten. Ggf. hatte Joseph Berger als Angestellter des Schlossherrn die Mühle bedient. In der alten Katasterkarte ist auf dem Berg nur der Mühlenturm und kein Wohngebäude eingezeichnet.
Auf der Karte von 1843 ist auf dem Berg nur ein kleiner Steinbruch eingezeichnet. Der Mühlenturm wurde später rot ergänzt.
1860 wurde die Karte um das Kellerhaus und dem Stadel ergänzt. Die Mühle stand hier aber bereits.
Quelle: Vermessungsamt Straubing, Auszug aus der Katasterkarte der Gemeinde Steinach Nr. 173a und 173b
Diese sehr alte Aufnahme stammte ca. aus dem Jahr 1895. Auf dem Bild sieht man noch das Dach der Windmühle.
Die großen Flügel, die ursprünglich bis zum Türsturz heruntergingen, waren bereits abmontiert.
Bild: Nachlass Ludwig Niggl
Dieses Aquarell entstand im Juni 1900.
Es stammte vom evangelischen Hauslehrer im Schloss Steinach, dem Theologen Friedrich Leonhard Leuthel (1879-1958).
Die Windräder dürften damals nicht mehr vorhanden gewesen sein. Der Maler hatte sie jedoch wahrscheinlich wegen der Optik hinzugefügt.
Quelle: Irmgard Leuhtel, München
Auf der Aufnahme aus dem Jahr 1930 war das Dach ebenfalls noch vorhanden.
Bild: Nachlass Ludwig Niggl
Sommerkeller
Nach Stilllegung der Mühle ließ Eduard von Berchem-Königsfeld den Windmühlenberg zum herrschaftlichen Steinacher Sommerkeller umgestalten. 1860 grub man einen Bierkeller in den ursprünglichen Weinberg und errichtete über den Eingang ein sog. Kellerhaus, das auch als Gaststätte im Sommer betrieben wurde. Der Sommerkeller wurde von dem Steinacher Wirt Josef Unger und ab 1866 von dessen Schwiegersohn Johann Wenninger bewirtschaftet, die ihn in den Sommermonaten zusätzlich zu dem Krone-Wirtshaus betrieben.
Zum Kellerbetrieb gehörten auch noch ein östlich gelegener Schuppen und ein Brunnen mit einer großen eisernen Wasserpumpe. Der große Bierkeller diente gleichzeit als Lager für das Bier des Berchem'schen Bräuhauses im Schloss Steinach.
Anzeigen aus dem Straubinger Tagblatt vom 12. Mai 1865 und aus dem Straubinger Tagblatt vom 09.05.1866.
Der "Steinacher Keller" erfreute sich großer Beliebtheit und diente auch als Ausflugsziel vieler Vereine aus der Stadt und der Umgebung, auch wenn es manchmal turbulenter zuging.
Straubinger Zeitung Nr. 55 vom Samstag, den 23. Mai 1868
Auszug aus einer Ansichtskarte von 1903 vom Sommerkeller.
Höhepunkt des Kellerbetriebes dürfte der Besuch des Bayerischen Prinzregenten Prinz Ludwig von Bayern (dem späteren König Ludwig III.) am 31. Mai 1910 gewesen sein. Im Rahmen der 45. Wanderversammlung Bayerischer Landwirte die vom 28. Mai bis 1. Juni 1910 in Straubing stattfand, besichtigte er auch den Gutsbetrieb von August von Schmieder in Steinach.
Der Besuch des Prinzen in Steinach endete mit seiner Teilnahme an einem zünftigen Kellerfest, das für ihn und die vielen Landwirte aus ganz Bayern, die an der Exkursion nach Steinach teilnahmen, ausgerichtet wurde. (Siehe hierzu auch den Eintrag im Gästebuch des Neuen Schlosses)
Auf dem Bild aus dem Jahre 1930 sieht man das Kellerhaus mit der darunterliegenden Einfahrt zum Bierkeller.
Bild: Nachlass Ludwig Niggl
Nach Aufgabe des Sommerkellers ca. 1920, nutzte man das alte Kellerhaus als Wohnhaus, bis es um 1956 abbrannte.
Das Kellerhaus mit der Windmühlenruine um 1955
Der schöne umlaufende Balkon ist nur noch zum Teil erhalten. Auch der Vorbau zum Eingang des Bierkellers besteht nicht mehr.
(Bild: Familie Kieninger)
Ein Zeitzeuge, Christoph Rohrmüller aus Steinach berichtet hierzu: „Ein doppelflügeliges schweres Tor verschloss die Kellereinfahrt. Im Laufe der Zeit ist das schwere Holztor sehr schadhaft geworden und wurde wohl verheizt. Nun trieben sich die Steinacher Kinder oft im Keller herum, in dem sich auch viele Fledermäuse aufhielten. Da entschloss sich die Steinacher Gutsverwaltung (um 1957), den Keller sprengen zu lassen. In Bogen war erst die Kaserne errichtet worden (um 1956) und für die Pioniere war es ein geeignetes Übungsobjekt. Mehrere Sprengladungen wurden angebracht und mit großem Krach stürzten große Teile des Kellers ein. Etwa 1000 Fledermäuse waren bei der Sprengung im Keller und dürften umgekommen sein. Der rückwärtige Teil des Kellers, der einen Luftschacht hat, dürfte nicht eingestürzt sein, denn dort findet man nicht die sonst übliche Geländemulde. Man konnte auch noch lange durch den Luftschacht in den nicht eingestürzten Kellerteil hinabsehen. Dieser Luftschacht war ein gefährliches Loch. Deshalb hat man später einen großen Betondeckel auf die Öffnung gesetzt.“
Übrig geblieben ist die Ruine der Windmühle. Nach Christoph Rohrmüller wurden die Balken herausgeschnitten und der Dachstuhl ist um 1930 heruntergefallen. Der Kellerberg befindet sich heute im Privatbesitz. Die abgelegene Windmühlen-Turmruine war seit jeher ein beliebter Treffpunkt der Steinacher Jugend.
Aufgrund des gesprengten Kellers gab es teilweise Gerüchte, dass hier ein unterirdischer Gang vom Neuen Schloss zur alten Mühle geführt hatte. Diese Vermutungen sind jedoch völlig aus der Luft gegriffen und entbehren jeglichem Warheitsgehalt.
Auf der Aufnahme von 1956 stand die Mühlenruine noch gut sichtbar auf dem Hügel.
Das Kellerhaus und der Stadel waren ebenfalls noch vorhanden.
1970 wurde beim Kellerberg eine Wohnsiedlung mit ursprünglich 100 Häusern geschaffen. Durch die Erweiterung um weitere Bauabschnitte, umschließen die Häuser mittlerweile den ganzen Berg. Die Mühlenruine ist im Laufe der Jahre komplett vom Baumbestand verdeckt und der Kellerberg liegt wie eine grüne Oase inmitten dieses Wohnbaugebietes.
Die Windmühlenruine am Kellerberg im Mai 2020
Video: Detlev Schneider
Quellen:
Agsteiner Hans: Die ehemalige Schlossbrauerei Steinach und ihr Bierkeller im Kellerberg, erschienen im Gemeindeboten der Gemeinde Steinach März und Juni 2001
Agsteiner Hans: Die holländische Windmühle am Kellerberg, erschienen im Gemeindeboten der Gemeinde Steinach September 2001
Schlicht Josef: Die Geschichte von Steinach, veröffentlicht im Straubinger Tagblatt am 24.7.1882
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Steinach 1838 mit Karte
Vermessungsamt Straubing, Katasterkarten der Gemeinde Steinach Katasterkarte Nr. 173b
Pfarrarchiv Steinach, Fortschreibung der Geschichte von Steinach durch Pfarrer Josef Aschenbrenner
Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Stiftregister Steinach 1623
Archiv für Heimatgeschichte Steinach, div. Bilder und Ansichtskarten
Bischl. Zentralarchiv Regensburg, Pfarrmatrikel Steinach
Die untere Schmiede Hs.Nr. 15
(heute Bachstr. 1
von Claudia Heigl
Der Schmied gehört zu den alten Gewerbebetrieben in Steinach. So wird bereits 1583 ein Veit Endres als Schmied in Steinach aufgeführt. Sein Grundherr war der Schloßherr in Steinach.
Die Arbeit eines Schmieds war für das tägliche Leben im Dorf unentbehrlich. Während sich in den Städten der Schmied zum Kunstschmied, Goldschmied, Silberschmied, Waffenschmied usw. spezialisierte, war er im ländlichen Bereich ein Universalhandwerker.
So hatte ein Dorfschmied Pferdehufe zu beschlagen, Wagenräder zu Bereifen, Eisenteile für die Wagen und Schlitten zu erstellen, Pflugscharen und andere Ackergeräte zu reparieren. Verlor z.B. ein Pferd ein Hufeisen, so wurde das Pferd direkt von der Arbeit zum Schmied gebracht, um dann gleich wieder einsatzbereit zu sein.
Bis 1873 war der Schmied im unteren Dorf ansässig. Durch den Bachzugang im unteren Dorf war genügend Wasser vorhanden, dass für die Schmiede benötigt wurde.
Die „Schmiedsölde“, früher Haus Nr. 15 (heute Bachstr. 1), wird im Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Steinach am 21.08.1838 wie folgt beschrieben: „Wohnhaus, Stallung und Wagenschupfe unter einem Dache mit Hofraum, Schmiedwerkstätte“.
Bei dem Hof Nr. 15 handelt es sich um die frühere Schmiedsölde.
Während sich die Hofstelle sich auf der einen Seite des Baches befand, war die Schmiedwerkstatt, wohl wegen der Feuergefahr, auf der gegenüberliegenden Seite im ausreichenden Abstand von den Holzgebäuden.
Karte: Uraufnahme aus dem Jahr 1827
Bay. Vermessungsverwaltung München
1618 wird ein Michael Prändl als Schmied aufgeführt. 1623 besitzen Starck Erhard und Margaretha die Schmiede auf Leibrecht
Auch Grieneisen Sebastian und Maria haben die Schmiede 1641 auf Leibrecht. Sebastian war der Sohn des Michael Grieneisen, Schmied in Wolferszell. Sein Bruder Anton ist Schmied in Münster und später in Kößnach. (Grieneisen ist eine alte Form des Familiennamens Grüneisl. Eine weitere Schreibweise des Namens ist auch "Krieneisen".1)
Ab 1738 folgt die Schmiedsfamilie Brandl. Michael Brandl stammt aus Elisabethszell und heiratet die Bauerstochter Magdalena Hien von Pellham. Er besitzt die Schmiede bereits auf Erbrecht.
Die Schmiede in Steinach übernimmt Sohn Andreas, während der jüngere Sohn Jakob (*1751) in die Münsterer Schmiede Landlsperger einheiratet.
1802 heiratet der Müllersohn Michael Oswald von der Stegmühl in die Steinacher Schmiede ein. Der 46jährige Sohn Jakob Oswald übernimmt sie 1856.
Er ist nicht verheiratet und übergibt die Schmiede 1858 seiner Nichte Kreszenz, die sich mit Martin Resch verheiratet. Auch er ist als Schmied tätig.
10 Jahre später, am 04.04.1868, erwirbt der Schmied Ignaz Handl das Anwesen mit 19 Tagwerk Grundbesitz.
1873, fünf Jahre später, verkauft er die Hofstelle an Jakob und Helena Almer und errichtete für sich auf dem gegenüberliegenden Grund der Schmiedwerkstätte ein Haus (Hs.Nr. 15 1/2, heute August-Schmieder-Str. 7), dass er 1874 ebenfalls weiterveräußerte.
Helena Almer stammt von dem Nachbarhof der Petzenhauser.
1887 ist Helena Almer verwitwet. Sie erbaut in diesem Jahr das Haus neu. Am 02.04.1891 tauscht sie ihr Anwesen in Steinach gegen das Anwesen Nr. 41/42 in Hofweinzier um 22.400 Mark mit Baumgartner Karl und Josef Primbs. Diese verkaufen das Anwesen am 20.07.1891 um 1.200 Mark an Johann und Barbara Lang von Tragenschwand.
Ihre Nachkommen sind heute noch auf dem Hof.
1 Das altdeutsche Wort Krinne" bedeutet Kerbe, Einschnitt oder Rinne. Der Familienname Krieneisen/Grüneisen/Grüneisl dürfte ein alter Schmied-Name sein.
Bilder: Archiv für Heimatgeschichte / Familie Edenhofer
Quellen:
Archiv für Heimatgeschichte, Untertanen der Hofmark Steinach 1623
Archiv für Heimatgeschichte, Stiftregister 1641
StA Landshut, Rentamt Straubing B78 dund B79; Häuser- u. Rustikalsteuerkataster Münster incl. Steinach 1808 und 1814-1843
StA Landshut, Grundsteuerkataster Sig. 17/42-4, 17/42-8, 17/42-11, Steuergemeinde Steinach 1843-1960,
Bischöfl. Zentralarchiv Regensburg, Kirchenbücher Pfarrei Steinach
Schlicht Josef, Die Geschichte von Steinach erschienen in der Unterhaltunsbeilage im StraubingerTagblatt 1881-1883
Das Wagner-Anwesen in Steinach Hs.Nr. 44
(August-Schmieder-Str. 30 und 31)
oder
Scherm-Haus
von Claudia Heigl
Während in Gschwendt und in Wolferszell das Wagnergewerbe schon im 17. Jahrhundert anzutreffen sind, lässt sich in Steinach mit Konrad Wurst erst um 1709 ein Wagner nieder.
Konrad Wurst stammte aus Kösching und war zuerst als Kutscher beim Steinacher Schlossherrn Karl Freiherr von Hörwarth (1680-1709) angestellt.
Als der Gutsherr im Oktober 1709 stirbt, werden seine Dienste nicht mehr benötigt und er verdient seinen Lebensunterhalt nun als Wagner. Als Kutscher kannte er sich mit den Wagen aus und musste sie auch reparieren können.
Das ehemalige Wagnerhaus bzw. Schermhaus um 1920
Der Geologe Anton Scherm mit Lina und Maria Meier, die ihm damals den Haushalt führten.
Quelle: Familie Meier, Agendorf
Josef Wurst lässt sich mit seiner jungen Ehefrau Elisabeth Felhorn, einer Bäckerstocher von Schwarzenhofen, in der heutigen oberen August-Schmieder-Str. 30, nieder.
Das Wagnergewerbe wird die nächsten vier Generationen an die Söhne weitergegeben und auf dem Anwesen ausgeübt. Das Einkommen und Vermögen der Familie dürfte, durch das Gewerbe, ausreichend gewesen sein. Seine Nachkommen holten sich ihre Frauen alle aus größeren Höfen in der Umgebung:
- 1737 Barbara Foidl von Bärnzell
- 1773 Walburga Laumer von Spornhüttling
- 1819 Anna Pongratz von Untergoßzell
- 1855 Katharina Fischer von Oberschneiding
1822 brennt das Kufner-Haus in der Nachbarschaft nieder und mit ihm noch weitere vier Häuser. Ob die Wagnerei davon betroffen war, lässt sich nicht feststellt.
Aber spätestens 1869 brennt auch das Wohnhaus der Wagnerei ab. In einem Plan vom März 1869 wird das Wohnhaus als „abgebranntes, neu zu erbauendes Wohnhaus“ aufgeführt[i]. Eine Katastrophe für die Familie, da dieser Zeit kaum jemand eine Brandversicherung hatte.
Zu allem Überfluss kommt noch hinzu, dass der Wagner Joseph Wurst im Alter von 47 Jahren im Februar 1871 an Abzehrung stirbt.
Er hinterlässt eine 38jährige Witwe und vier Kinder: Joseph (15), Andreas (11), Katharina (5) und Anna Maria (1). Die kleine Tochter Anna Maria folgt ihrem Vater im August des selben Jahres mit 1 ¾ Jahr auf dem Friedhof nach.
Da die Witwe die Wagnerei alleine nicht weiterbetreiben kann und der älteste Sohn Joseph noch nicht ausgelernt hat, verkauft sie das Anwesen mit dem neu erbauten Haus und 2,68 Tagwerk Grundbesitz am 01.07.1873 um 2.600 Gulden an den Wagner Joseph Köppl von Ascha.
Die Witwe wird wohl mit ihren Kindern vorerst weiter im Wagnerhaus mit ihren Kindern gewohnt haben und Joseph Wurst jun. seine Wagnerlehre bei dem neuen Wagner Köppl weitergeführt haben.
Auf dem Grundstück errichtet Köppl noch ein Ausnahmhaus, das ihm die Witwe am 22.03.1879 mit dem 220 qm großen Garten um 271 Mark abkauft. Sie betreibt in dem Haus eine Kramerei, um den Unterhalt für sich und ihre drei Kinder zu gewährleisten. siehe hierzu Hs.Nr. 44 ½
Ortsplan von Steinach um 1879
Quelle: Vermessungsamt Straubing Nr. 187c
links das ehemalige Wagneranwesen, rechts davon das neue Kramer-Häusl
aufgenommen beim Gründungsfest der Feuerwehr 1922
Quelle: Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Nachlass Ludwig Niggl
Im November 1879 heiratet Köppl die Müllerstochter Katharina Hartberger von der Aichmühl. Aber bereits am 13.12.1886 verkauft das Ehepaar die Wagnerei an Katharina’s Bruder Joseph Hartberger.
Der Wagnerssohn Joseph Wurst jun., inzwischen 30 Jahre alt, heiratet die Häuslerstochter Katharina Raith und übernimmt mit ihr deren Elternhaus in Steinach Nr. 37 (heute August-Schmieder-Str. 23, Schreinerei Laumer-Bierl) Dort richtet er sich eine eigene Werkstätte ein, nachdem sein alter Lehrherr Köppl die bisherige Wagnerei verkauft hat.
Das Schermhaus von der Rückseite um 1920
Quelle: Willi Kiefel, Tuam (Irland)
Joseph Hartberger veräußert das Anwesen drei Monate später, am 26.03.1887, weiter an den Sattler Anton Scherm und dessen Ehefrau Therese. Die Scherm‘s waren vorher auf dem Anwesen Nr. 15 ½ (August-Schmieder-Str. 7a, heute Fischer) in Steinach ansässig. Der Sattler übt bis ca. 1921 das Gewerbe auf dem Anwesen aus. Siehe Sattler in Steinach
Anton Scherm’s einziger Sohn gleichen Namens ist äußerst intelligent und studiert Geologie. Durch seine Initiative wurden zwischen Hoerabach und Muckenwinkling 1921 die Hügelgräber archäologisch untersucht und deren Inhalt sichergestellt. Die ausgegrabenen Urnen und Grabbeigaben sind heute im Gäubodenmuseum zu besichtigen[ii].
Nach dem Tod seines Vaters veröffentlicht der Geologe einen Nachruf über ihn "Der Bayerwald" in Vergangenhiet und Gegenwart Heft 1, 1923, S. 11 u. 12 [iii]
Ein Steinacher Leben
Steinach. Wieder ist ein echter Bayernwäldler dahin. Sie haben einen guten Mann begraben in den sonnarmen Tagen des scheidenden Jahres. Und wenn im ländlichen Altbayern die „Leich“ ein Gradmesser der Beliebtheit ist, war das Grabgeleite, das die ganze Dorfschaft Steinach am 12. Dezember 1922 ihrem alten Sattlermeister Anton Scherm gab, ein güttig Zeugnis, wie er in Ehren geachtet war, allwo er durch nahezu ein halbjahrhundert seine flinkgeschickten Meisterhände arbeitsfreudig zur Verfügung gestellt hat. Sein Heimatdorf war das uralte Pfatter. Bei einem alten Vetter machte er zu Deggendorf seine Lehrzeit durch, seine Wanderjahre führten ihn auf Fuß und Floß hinunter bis nach Budapest, als Gesellen sah ihn Cham. Im Jänner 1870/71 ward er Landsberger-Jäger, Gefreiter dann und 73 mit der Kriegsdenkmünze von Stahl „Für treuerfüllte Pflicht im Kriege“ entlassen. Nun finden wir ihn zu Straubing wieder bei Schütz arbeitend.
1876 siedelte Hr. Scherm nach Steinach über, holte sich von Hornstorf seine Lebensgefährtin Theresia Reiserer und begann in bescheidenen Wohnungsverhältnissen mit der selbständigen Ausübung seines Sattlerhandwerkes. Von der Wundermühle bis weit in die Vorwaldberge hinter Falkenfels trifft man den frischen Meister in den Gehöften an. Er war ein schöner, großer, rascher Mann, rotbackig, mit blauen Augen und schwarzen Haaren, mit einem goldguten Herzen und sonnigem Humor, war nur erst häufige Arbeit da. Gar gern war er überall geseh’n, wohin er auf die Stöhr kam, wohlaufgenommen, weil er für zwei gut richtete und raschest sein Werkzeugränzel zum „Fertig“ übernahm. In Marsch und Leistung kam keiner mit, wenn Sattler Scherm anzog, dem lag alte Jägerschrittdisziplin und Mannesenergie im Blute, durchhaltend bis in sein vierundsiebzigstes Lebensjahr.
Was er tat, geschah noch dies heurige Jahr mit eben gleicher Gewissenhaftigkeit wie Genauigkeit, die seine Arbeiten all als Meistermal tragen. Solch emsige Fleiß bleibt der Erfolg nicht fern; bald nannte er Häuschen sein, das im Verein mit der rastlosen Arbeit seiner Ehefrau sich Ende der achtziger Jahre auf ein Haus in schönster Lage verbesserte, mit eigenem Grund und Boden. Das war mein Kindesparadies – meinen lieben Vater Scherm hatten die Leute gern, weil er keinen übernahm, keinem ein Leid antat, aber vielen viel Gutes erwies und wieder erwiesen bekam. Wie übermütig im erarbeiteten Glück, blieb er auch aufrecht in unverschuldetem Kummer und Unglück, wie’s nur Väter treffen kann, deren Einziger im Studium fort durch Leib und Krankheit geht.
Von allen Menschenmännern einziger hielt er her in allem Malheur, daß sein Junge sich den Geologen erstudieren konnte, und wie hat er sich gefreut, als sein Bub bei Münster die Steinzeit- bei Hörabach die Bronzefunde hob, gefreut, daß er so seltene Dinge sehen konnte; der einfach Mann hat helle Augen und Freude an der heimatlichen Natur und ihrem Schönen gehabt, wie manche Seltenheit brachte er heim von seinen Arbeitsgängen, Gestein und Blumen, daran hielt er sich aufrecht.
Mein Vater, der seelengute Mann, verlor auch dann den Mut nicht, als er selber schwer erkrankte und arbeitend verunglückte. Aufrecht blieb der tiefreligiöse Mann in den langen, bangen Kriegsjahren, tat alt und invalid seine Arbeit still und unentwegt im schlichten Gewand, über dem ein feiner Kopf stand in schneeweißem Haar und seine Hände hielten in der jungmännerarmen Zeit noch einmal alle Gespannzeuge intakt und zugfest, damit so die Landwirtschaft ihren Heimatdienst aufrecht erhalten konnte, das war stilles Heldentum, wenn es auch kein Verdienstkreuz lohnte. Sattlermeister Scherm Leben war restlose Pflichterfüllung. Als Ehrenmann hat er seine Pflicht erfüllt mit Gott, in jungen und greisen Tagen, für seinen König und unser Vaterland. Als todkranker mann noch von altem Schrot und Korn hielt er stand nach Arbeitsnot und nicht nach Tarif und Stunde. An solchen Männern wäre Not, die arbeiten und nicht verzagen, die leiden, ohne zu klagen, da sollte der Tod Halt machen, auf daß die jungen nicht ohne Beispiel wären und Spiegel. Alle, die ihn von Herzen lieben gelernt, hielten ihm die Treue, wie er ihnen.
Bis ihm sein Werkzeug aus den Händen glitt, hat er gearbeitet, der liebe, greise Sattlermeister Scherm zu Stenach für seine ihm Gebliebenen, für Schloßkundschaft und Oekonomen, unter schwerstem Leiden unermüdlich arbeitend um seine Familie. Am zweiten Samstag dieser Adventzeit machte er Feierabend für immer. Todmüde rüstete er sich nach sieben Uhr abends zum zubettegehen um auszuruhen, und fing kaum hingelagert das Sterben an. Wohlversehen mit allem religiösem Beistand veratmete er in der ersten Stunde des zweiten Advent-Sonntagsmorgens. Von weit und breit kam ihm das Grabgeleit und Beileid uns durch Schrift und persönlich Wort.
Habt alle Dank! Habt Dank ihr, die das Grabesweh‘ durch Trostesred‘ und Lied entspannt. habt Dank, die ihr meinen Vater truget den letzten Weg und habe Dank wer seinen Hügel mit des Waldkranzes grünem Busche deckte. Ihr wißt, wie gern der liebe Tote uns und euch gehabt, wie gern er noch lang unter uns gewesen wäre. „Ich hab euch so gern gehabt“, hat er den letzten Tag zu Frau und Sohn gesagt. Sie haben einen guten Mann begraben, doch mir war er mehr, mein Vater.
Ihm aber ward gnädig erfüllt, worum Freiherr Börries von Münchhausen in seinem Kriegsfeldbüchlein dichterinnig fleht: „Wenn zwei Eheleute zum Sternenhimmel starrn, oder ein Bruder hält seiner lieben Schwester das Garn, oder ein Freund schenkt bedachtsam dem Freunde ein, schwebt ein dunkler Falter über den zwei’n; einer von uns muß hinter dem Sarge geh’n, d’ran im Straßenwinde die Schleifen weh’n, einer von uns muß streuen mit kalter Hand, Erde dernieder vom bretternen Grabesrand, einer von uns muß geh’n nach Haus allein, Lieber Gott, laß mich der andere sein!“
Lt. Überlieferung wurde Scherm bei einem Heimatbesuch irrsinnig, nachdem er in einen kalten Bach gesprungen war. Der Geologe starb 1942 ledig im Alter von 57 Jahren.
Das Haus erbt eine Nachbarin, die sich um Anton Scherm gekümmert hat.
Das ehemalige Scherm-Haus wurde in den 1950er Jahren nach links erweitert.
Bild: Archiv für Heimatgeschichte Steinach
Nach seinem Tod wird in dem Haus ein Kindergarten eingerichtet, der jedoch nach Kriegsende wieder eingestellt wird.
Der Kindergarten im Scherm-Haus
Bild: Familie Schönauer, Steinach
[i] Gemeinde Steinach: Baulinien-Plan von Steinach, Blatt 2. Erstellt am 5. März 1869 vom Königlichen Bezirksamt Straubing
[ii] Die Hügelgräber bei Muckenwinkling, Veröffentlicht im Jahresbericht d. Hist. Vereins Straubing u. Umgebung 40. Jhg. 1937
[iii] Gedruckt in der Festschrift 700 Jahre Pfarrgemeinde Steinach 1985, S. 119
Weitere Quellen:
BayHStA München, Kurbayern Hofkammer, Hofanlagsbuchhaltung Band 248, Konskription der Untertanen der Hofmark Steinach 1752
BayHStA München, Kurbayern Hofkammer, Hofanlagsbuchhaltung Band 514, Hofanlagsbuch der Hofmark Steinach 1760
StA Landshut, Rentamt Straubing B78, Häuser- und Rustikalsteuerkataster d. Steuerdistriktes Münster incl. Steinach 1808
StA Landshut, Rentamt Straubing B79, Umschreibebuch zum Häuser- und Rustikalsteuerkataster d. Steuerdistriktes Münster incl. Steinach 1814-1843
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokolle der Steuergemeinde Steinach von 1838
StA Landshut, Grundsteuerkataster (Rep.127), Sig. 17/42-4, Umschreibehefte zum Urkataster der Gemarkung Steinach Hs.Nr. 1 – 72, 1843-1859
StA Landshut, Grundsteuerkataster (Rep.127), Sig. 17/42-7, Umschreibehefte zum 1. Renov. Kataster der Gemarkung Steinach Hs.Nr. 1 – 55, 1859 – 1906
StA Landshut, Grundsteuerkataster (Rep.127), Sig. 17/42-11, Umschreibehefte zum 2. Renov. Kataster der Gemarkung Steinach Hs.Nr. 1-65, 1906 – 1960
BZAR Regensburg, Pfarrmatrikel der Pfarrei Steinach
Sackhof
frühere Schreibweisen: Sacker (1271,1323), Sackham (1316), Sackhaimb (1700), Saghof
von Claudia Heigl
Bei dem Sackhof handelt es sich um einen uralten Hof, der an einem alten Handelsweg gelegen war.
Der in der Nähe gelegen „Berghof“ kann als Schwesternhof bezeichnet werden, da beide Höfe immer die gleichen Grundherren und ähnliche Bedingungen hatten.
Pfarrzugehörigkeit Kirchroth
Interessanterweise gehörte der Hof bis 1849 zur Pfarrei Kirchroth und wurde erst dann in die viel näher gelegene Pfarrei Steinach umgepfarrt.
Die Bauern auf dem Sackhof mussten ihre Kinder daher in Kirchroth taufen lassen, dort heiraten und sie wurden auch dort beerdigt. Da der Weg nach Kirchroth jedoch viel weiter war, brachte man die neugeborenen Kinder größtenteils zur Taufe in die Pfarrkirche Steinach.
Zeichnung aus dem Jahre 1905 von Angelo Graf von Courten aus dem Gästebuch des Neuen Schlosses Steinach.
Der bekannte Maler war oft Gast der Familie von Schmieder.
Die Eigentümer des Hofes
Die Bauern waren bis Mitte des 19. Jahrhunderts nicht die eigentlichen Eigentümer der Höfe, sondern hatten nur das Nutzungsrecht. Im Fall des Sackhofes war dies als Erbrecht vergeben, d.h. die Bauern konnten dieses Nutzungsrecht auf dem Hof vererben und auch verkaufen.
Sie hatten jedoch nicht die Möglichkeit Grundstücke vom Hof einzeln zu veräußern oder gar den Hof zu teilen. Dadurch blieb der Sackhof bis 1831(Ablösung durch Sebastian Ebner) in seiner Größe unverändert.
Das eigentliche Obereigentum hatten die jeweiligen Eigentümer.
1029 vermacht der Sohn des bayerischen Herzogs Heinrich II - Bruno Bischof von Augsburg - das Gut Straubing (zu dem auch die Stadt Straubing u.a. mit Steinach, Agendorf, Kindlasberg, Bruckmühle, Pellham, Rotham, Hoerabach, Berghof, Sackhof, gehörten) dem Domkapitel Augsburg.
12711 erhält Otto von Straubing, Prokurator (Vitztum) des Herzogs Heinrich von Bayern, vom Domkapitel den Hof in Sacker als Zinslehen. Dies ist bisher auch die erste Nennung des Hofes.
12992 verkauft der ehemalige Vitztum Albert von Straubing das Zinslehen an Hermann Tundorffer, Bürger zu Regensburg
13233 erhält Albert von Steinach, Sohn des alten Vitztum von Straubing, den Hof als Zinslehen vom Domkapitel.
13924 kauft Max der Warter zu Wart den Sakherhof um 9 Pfund ₰ Reg von seinen Vettern Erasm, Pangratz und Hans den Wartern und erteilt Friderich dem Sakmair darauf das Baurecht.
13995 sind Friderich der Ramsperger zu Ramsperkh und seine Ehefrau, eine geborene Warterin, Eigentümer des Hofes. Es dürfte sich hier um eine Mitgift für die Braut gehandelt haben.
14056 kauft Hans von Warter den Hof zu Perg und den Hof zu Sakarn von seinem Schwager Friderich der Ramsperger zurück.
1436 - 14497 erwirbt der reiche Handelsmann Hermann Zeller von Straubing den Hof. Als Handelsreisender war ihm vor allem die strategische Lage der Höfe an den Handelsstraßen wichtig. 1449 errichtet er in der Kirche Sankt Jakob in Straubing eine Seitenkapelle mit Altar und stiftet ein Benefizium. Neben weiteren Höfen stiftet er den Sackhof und den Berghof dem Benefizium in Straubing für den Unterhalt.
1831 kauft Sebastian Ebner (Emmer) den Besitz von Johann Wolf. Er dürfte auch die Grundherrschaft des Zellerischen Benefizium abgelöst haben.
1839 übergibt er den Hof an seinen Sohn Johann Ebner und dessen Ehefrau Katharina.
1851 erwirbt der Steinacher Schlossherr Eduard Freiherr von Berchem-Königsfeld den Hof und der 40 ha (= 119 Tagwerk) große Besitz wurde in den Gutshof Steinach einverleibt.
Das Wohn- und Nebenhaus wurde seitdem als Wohnhaus für die Gutsarbeiter verwendet.
1899 kauft das Gut Dr. Carl von Lang-Puchhof, der es
1901 an seinen Schwiegersohn Dr. August von Schmieder weiterverkauft.
Das Arbeiterhaus am Sackhof
geplant von Professor Ludwig Ruff, Nürnberg um 1910
Die Bauern auf dem Sackhof
13928: Friderich dem Sakmair kauft das Baurecht auf dem Hof von Max dem Warter zu der Wart
13999: Margareth der Sackhmairin und ihre Kinder Andre, Ulrich, Elspet und Anna erkaufen das Baurecht von Friederich der Ramsperger zu Ramspeckh. Ihr Ehemann Friderich dürfte bereits verstorben gewesen sein.
143610 sitzt ein Pez Ullmair auf dem Gut
148211: Andre Sackhmair von Sackhöven tritt als Zeuge beim Verkauf des Berghofes auf.
155312: Hans Obermair
Am 22.11.163813 verkaufen Georg Sterr von Sackhern und Maria seine Hausfrau dem ehrbaren Georg Meindl von der Linden und Maria dessen Hausfrau die Erbgerechtigkeit auf den Hof zu Sackhern um 450 Gulden.
Auch der Sackhof dürfte durch die Schwedeneinfälle stark in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Georg und Maria Meindl werden ab 1654 als Bauerseheleute in Wolferszell (Hs.Nr. 13, heute Mühlenweg 5) genannt.
1651 wird Leonhard Käpel von Hinterschida auf dem Hof erstmals genannt. Er ist zweimal verheiratet.
Aus erster Ehe sind drei Kinder bekannt:
- Barbara (*1661) ist mit einem Georg Schäffler verheiratet und lebt in Pfaffenberg
- Adam lebt 1688 in Münster
- Paul heiratet die Bauerswitwe Elisabeth Greindl von Bärnzell Hs.Nr. 2
Aus zweiter Ehe sind nochmals sechs Kinder hervorgegangen:
- Mathias, der Hoferbe
- Barbara heiratet ca. 1691 Stephan Unger, Söldner in Gschwendt
- Maria heiratet 1703 Gregor Wartner, Söldner in Weingarten
- August, Simon und Michael, alle drei sind 1688 noch ledig
Am 25.06.1688 übergeben die Geschwister Adam Käpel von Münster, Barbara, verh. mit Georg Schäffler zu Pfaffenberg, Paul Käpel von Bärnzell und die noch ledigen Geschwister Barbara, Augstin, Simon, Maria und Michael, vertreten durch ihre Vormünder, den Hof an ihren Bruder Mathias Käpel14.
Der Hof wird durch Heirat immer wieder übergeben. Da dritte Ehe von Johann Hilmer kinderlos bleibt, wird der Hof 1746 verkauft.
Käufer sind der Rothamer Bauerssohn Michael Foidl und seine Ehefrau Walburga. Doch Michael stirbt schon ein Jahr nach dem Kauf und die Witwe verheiratet sich mit Vitus Wolf von Pichlberg. 1780 übernimmt den Hof Sohn Thomas und 1823 dessen Sohn Johann, der sich mit Anna Maria Stubenhofer von Gschwendt verheiratet.
Johann und seine Ehefrau verkaufen den Hof allerdings 1831 an Sebastian und Katharina Ebner (Emmer) von Riekofen und ziehen nach Haidenkofen.
Deren Sohn Johann Ebner übernimmt 1839 den Hof und heiratet die jüngere Schwester Katharina Stubenhofer der Vorbesitzerin.
1851 kauft der Steinacher Gutsbesitzer Eduard Freiherr von Berchem-Königsfeld den 40 Hektar großen Hof um 15.000 Gulden und die Familie Ebner zieht nach Haader, wo sie noch heute ansässig ist.
Der Hof gehört seitdem zum Gutsbesitz von Steinach. Das Bauern- und Nebenhaus wurde als Wohnhaus für die Gutsarbeiter verwendet.
Der Sackhof um 1956
Wohnhaus für Arbeiter:
Der Sackhof diente ab 1851 als Wohnhaus für die Gutsarbeiter und –angestellten:
1854:Angerer Joseph
1865: Füchsl Lorenz
1871: Nebenhaus Weber Johann
1879: Ehringer Xaver
1879 Nebenhaus: Wolfgang u. Katharina Seibert
1896: Axinger
1898: Billinger Josef u. Brand
1899: Brand, Billinger, Axinger Michael, Heubeck
1900: Billinger Josef, Axinger Michael
1808 wird der Sackhof (Saghof) im Häuser- und Rustikalsteuerkataster von Münster aufgeführt.15
1838 gehörte der Weiler Saghof zur Rualsteuergemeinde Steinach und erhält die Hs.Nr. 116.
Detaillierte Angaben zu den Hof- und Hausbesitzer liegen im Archiv für Heimatgeschichte in Steinach vor und können dort eingesehen werden.
Bilder: Archiv für Heimatgeschichte
Quellen:
1 Solleder Fridolin, Urkundenbuch der Stadt Straubing, 1918, S.8, Urkunde Nr. 1
2 Ebd. S.10, Urkunde Nr. 3
3 Ebd. S.16, Urkunde Nr. 7
4 Ebd. S.220, Urkunde Nr. 237
5 Ebd. S.239, Urkunde Nr. 256
6 Schlicht Josef, Steinach ein niederbayerisches Geschichtsbild, 1881 Nr. 31, 3.älteste Schlossurkunde von 1405
7 Solleder Fridolin, Urkundenbuch der Stadt Straubing, 1918, S.310, Urkunde Nr. 408
8 Ebd. S.220, Urkunde Nr. 237
9 Ebd. S.239, Urkunde Nr. 256
10 Schlicht Josef, Steinach ein niederbayerisches Geschichtsbild, 1881 Nr. 34, 5 u. 6..älteste Schlossurkunde von 1436. Es ist fraglich ob dieser Verkauf des Schlossgutes an die Ortenburger überhaupt zu Stande kam. In der Kaufurkunde wird jedoch der Bauer auf dem Sackhof genannt.
11 StA Landshut, Regierung Straubing A3940, Barbara Wenzl gegen Grundherr Kaspar Haug Zeller wegen Verfertigung der Sölde in Wolferszell 1603, in der Akte Abschrift des Übergabebriefes vom 26.04.1482
12 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B157, Sal- und Stiftbuch der St. Michaels-Pfarrkirche in Steinach mit Abschriften der Kaufbriefe u.a. Urkunden der Kirche undatiert (Es fußt auf der Kirchenrechnung von 1553, ist angelegt unter Pfarrer Simon Staingräber 1618 und gerichtsamtlich nachbeglaubigt 1781 unter Pfarrer Simon Stainer (wobei der Pfennig der alten Regensburger Währung umgerechnet in die Kreuzer unserer ehemaligen Guldenwährung) lt. Josef Schlicht, Beilage Straubinger Tagblatt Nr. 41 v. 9.10.1882, fol, 9‘
13 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P51, fol.85 Verkaufsbrief vom 22.11.1638
14 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P 66 II, fol. 267‘ Übergabebrief vom 25.06.1688
15 StA Landshut, Rentamt Straubing B 78, Häuser- und rustikalsteuerkataster Münster 1808
16 Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Steinach von 1838
Dorf Münster
von Claudia Heigl
Viele Indizien deuten darauf hin, dass in Münster im 8. Jahrhundert ein Benediktinerkloster gegründet wurde, das aus Rom die Reliquien des hl. Tiburtius, eines römischen Märtyrers erhielt.
Herzog Tassilo III. bzw. sein Vater Odilo werden als Stifter genannt. Mit Niederalteich und Metten gehörte das Kloster Münster als sogenanntes Donau- und Rodungskloster zu den ältesten klösterlichen Siedlungen Bayerns. Auch der Ortsname "Münster" (lat. monasterium = Kloster) deutet darauf hin, dass hier einst Mönche lebten, beteten und arbeiteten. Feldkirchen im Gäuboden gehörte zur Grundausstattung, denn ohne wirtschaftlichen Rückhalt wäre die umfangreiche Kultivierungsarbeit nicht durchführbar gewesen. Dieses Urkloster Münster soll in den Ungarnstürmen des 10. Jahrhunderts untergegangen sein.
Juni 2020
Bild: Detlev Schneider
Chorherren bestimmen jahrhundertelang das Leben
Nicht zugrunde gehen konnte der reiche Grundbesitz des Klosters. Er bildete Anfang des 12. Jahrhunderts die Grundlage für die Entstehung eines Kollegiatstifts.
Um 1148 übergibt Gerhoch de Wolfoltescella ein Gut in Wolferszell nach seinem und seiner Ehefrau Tod je zur Hälfte an die Klöster Oberalteich und „monasterium S. Tyburcii“ (Münster).
Die zehn meist adeligen und studierten Chorherren des Stifts widmeten sich neben der Seelsorge auch der Politik und den Wissenschaften und gelangten dadurch zu Berühmtheit. Die Chorherren lebten nach der alten Aachener Regel, kannten also nicht das Gebot der Armut. So besaßen sie eigene Häuser, die heute noch teilweise erhalten sind.
Im Rahmen der Gegenreformation wurde das Chorherrenstift Pfaffmünster, wie man es auch nannte, auf Betreiben der bayerischen Herzöge und mit Genehmigung des Papstes 1581 nach Straubing an die dortige Bürgerkirche St. Jakob verlegt.
1324 erlangten die Chorherren auch die Hofmarksrechte über Münster. Sie hatten damit die niedrige Gerichtsbarkeit über die Dorfbewohner. D.h. sie waren für alle Beurkundungen und Strafvergehen, mit Ausnahme der Schwerverbrechen, für welche die Todesstrafe in Frage kam, zuständig. Die Chorherren erhielten die Abgaben (Zehent) der Bauern und konnten bei Vergehen Bußgelder verhängen. Als sie nach Straubing zogen änderte sich an diesen Rechten nichts.
1808 hatte Münster 55 Häuser. Davon hatten die drei halben Höfe ca. 90 bis 100 Tagwerk an Grundbesitz. Bei den fünf 1/3 Höfen, zu denen auch der Wirt gehörte, waren 50 bis 80 Tagwerk Grund mit dabei und die 1/6 Höfe umfassten ca. 40 - 50 Tagwerk Grund.
Das 19. Jahrhundert bringt große Veränderungen
Am 26.10.1803 wurde das Chorherrenstift im Zuge der Säkularisation aufgelöst. Die Gerichtsrechte gingen an das Landgericht Straubing über. Die Güter kamen zum Rentamt Straubing und die Bauern hatten die Möglichkeit, gegen eine Ablösegebühr, ihre Höfe zum wirklichen Eigentum zu erwerben.
Die Anwesensbesitzer hatten jahrhundertelang nur das Recht die Höfe zu bewirtschaften. Sie konnten dieses Recht verkaufen oder die Höfe an ihre Erben übergeben, jedoch keine Felder ver- oder ankaufen, so dass die Hofgrößen unverändert blieben. Mit dem Erwerb des Obereigentums hatten sie nun freie Verfügungsgewalt über ihre Güter. Allerdings fiel auch die "schützende" Hand der Straubinger Pröpste weg.
In Münster kam es dadurch bei fast jedem Anwesen zu großen Besitzverschiebungen. Die größeren Höfe wurden zerschlagen und es entstanden viele kleinere Häusleranwesen mit wenig Grundbesitz. Von 1808 auf 1900 verdoppelte sich fast die Anzahl der Wohngebäude auf 92 Häuser.
Diese kleinen Anwesen warfen meist zu wenig ab, um die durch die Käufe entstandenen Schuldenlast zu tragen. Da die Landwirte keinen Zugang zu den Banken hatten, waren sie auf private Geldverleiher angewiesen. Sie konnten die meist hohen geforderten Zinsen nicht mehr tragen und verloren ihre wirtschaftliche Existenz. So wurden zwischen 1808 und und 1900 alleine 19 Anwesen zwangsversteigert, 10 Anwesen wurden von Immobilienhändler aufgekauft, zum Teil wieder zerschlagen und weiterverkauft. Das entsprach etwa 1/3 aller Anwesen.
Mit der Gründung der Darlehenskasse (späteren Raiffeisenbank) am 27.12.1901 war es den Landwirten möglich Saatgut und Dünger günstig einzukaufen und mit der späteren Ernte zu bezahlen. Damit waren die Bauern auch nicht mehr von den Geldverleihern abhängig und brachte eine große finanzielle Entlastung.
Durch den Ausbau des Gutshofes, des Grünlandvereins und der Saatzucht durch August von Schmieder im benachbarten Steinach wurden Anfang des 20. Jahrhunderts zudem viele neue Arbeitskräfte gebraucht, durch die das Einkommen aufgebessert werden konnte.
Im Jahre 1808 wurde der Steuerdistrikt Münster geschaffen, zu dem auch vorerst Steinach gehörte.
Im Jahr 1821 wurden die Gemeinde Münster endgütlig gebildet. Steinach wurde zur eigenen Gemeinde.
Die Gemeinde Münster umfasste neben Münster die Orte Helmberg, Höpflhof und Wiedenhof. Berghof kam nach Münster, während Sackhof der Gemeinde Agendorf zugeteilt wurde.
Im Rahmen der Gebietsreform wurde Münster am 1. Mai 1978 ein Teil der vergrößerten Gemeinde Steinach.
Bis 1966 war Münster ein eigener Schulsprengel. Am 07.09.1966 wurde von der Gemeinde Münster die Untersschrift zur Verbandschule mit Steinach erteilt.
1969 wurde mit Einführung der 9. Klasse der Schulverband wieder aufgelöst und man schloss sich dem Schulverband Parkstetten an.
Die Klassen 1 bis 4 wurden in Steinach, die Klassen 5 bis 9 in Parkstetten unterrichtet.
2018 hatte das Dorf Münster 263 Wohngebäude.
aufgenommen 1936
aufgenommen 1972
aufgenommen 2009
aufgenommen 2019
Bilder: Archiv für Heimatgeschichte
aktualisiert: 05.12.2024
Dorf Agendorf
Bei Agendorf handelt es sich um ein uraltes Siedlungsgebiet. Das Dorf selbst hatte bis ins 19. Jahrhundert nur neun Höfe.
1029 Der Sohn des bayerischen Herzogs Heinrich II - Bruno Bischof von Augsburg - vermacht das Gut Straubing (zu dem auch die Stadt Straubing u.a. mit Steinach, Agendorf, Kindlasberg, Bruckmühle, Pellham, Rotham, Hoerabach, Berghof, Sackhof, gehörten) dem Domkapitel Augsburg.
1535 verkaufte das Domkapitel die Rechte an der Stadt Straubing und div. Güter, u.a. auch von dem Dorf Agendorf, an Herzog Ludwig X. von Bayern.
Seitdem wurde der Grundbesitz vom Kastenamt Straubing verwaltet und als als "propsteiische Güter" bezeichnet
Agendorf im 30jährigen Krieg
Im November 1633 überfielen die Schweden das nahegelegene Kloster Oberalteich. Die umherziehenden Soldaten plünderten und verwüsteten die nächsten fünf Monate alle umliegenden Ortschaften. Davon wurde auch Agendorf schwer getroffen.Im Januar 1641 zogen sie nochmals durch die Gegend und zwischen Juli und September 1647 kamen sie schließlich ein drittes Mal und vernichteten hier die komplette Ernte, bzw. verhinderten, dass diese eingebracht werden konnte. Der dritte Überfall war so folgenschwer, dass im darauffolgenden Jahr - 1648 - von keinem Hof eine Abgabe entrichtet werden konnte.
Von den neun Familien im Ort überlebte nur die Familie Foidl bzw. war nach dem Krieg noch auf ihrem bisherigen Hof ansässig.
Das Dorf hatte keine eigene Kirche und Schule, sondern gehörte zur Pfarrei und dem Schulsprengel Steinach.
1808 wurde durch das organische Edikt Agendorf zur Gemeinde, zu der auch Wolferszell, Hoerabach, Muckenwinkling und Trudendorf gehörten.
Am 1.7.1974 wurde die Gemeinde Agendorf aufgelöst und zusammen mit Wolferszell und Hoerabach in die Gemeinde Steinach eingegliedert.
Muckenwinkling und Trudendorf kamen zur Gemeinde Oberalteich.
Luftaufnahme aus dem Jahr 2018
Bilder: Claudia Heigl
Übersicht der Agendorfer Höfe
alte |
Besitzer 1838 | Hofname 1838 | Neue Strasse und Haus Nr. | frühester bekannter Besitzer |
|
34 | Bachl Jakob | Der halbe Bergbauernhof | Mitterfelser Str. | 2 | 1578 |
35 | Gierl Xaver | Hagenauer- oder Faltlhofes | Kinsachweg | 1 | 1578 |
36 | Gmeinwieser Michael | Nebenhaus und Ausbruch a.d. Hagenauergütl Nr. 35 |
Mitterfelser Str. | 14 | 1833 |
36 1/2 | Mitterfelser Str. | 16 | |||
37 | Dietl Joseph | Der 1/4 Foidlhof | Kinsachweg | 4 | 1578 |
38 | Zeindlmayer Michael | Der Hienhof | Mitterfelser Str. | 3 | 1578 |
39 | Brunner Georg | Das 1/4 Kappengut | Mitterfelser Str. | 5 | 1578 |
40 | Spanner Georg | Nebenhaus von 41 | Mitterfelser Str. | 20 | 1578 |
41 | Spanner Georg | Der halbe Geigerhof | Mitterfelser Str. | 20 | |
42 | Mayer Sebastian | Das 1/8 Trinkgütl | Mitterfelser Str. | 12 | 1578 |
43 | Eyrer Johann | Das 1/4 Schustergütl | Mitterfelser Str. | 18 | 1578 |
44 | Das Hirtenhaus | 1639 | |||
45 | Wurm Johann | Der 1/4 Wirtshof | Mitterfelser Str. | 6 | 1550 |
46 | Wurm Johann | Nebenhaus des Wirtshauses (Stautner) |
Mitterfelser Str. | 6 | |
46 neu | Mitterfelser Str. | 10 | 1880 | ||
46 1/3 | Fischl Georg | Ausbruch aus d. Bruckmühle | Kinsachweg | 7 | 1829 |
46 1/2 | Hierl Johann | Ausbrüche aus dem Wirtshaus, (Schmied) |
Mitterfelser Str. | 8 | 1829 |
48 neu | Mitterfelser Str. | 22 | |||
80 | Mitterfelser Str. | 1 | 1892 | ||
86 | Kinsachweg | 5 | 1950 | ||
96 | Mitterfelser Str. | 11 | 1959 | ||
100 | Mitterfelser Str. | 13 | 1970 |
Die Besitzer der Höfe sind bis ins 16. Jahrhundert zurück lückenlos bekannt und können im Heimatarchiv eingesehen werden.
Text und Bilder: Claudia Heigl
Gschwendt
von Cornelia Landstorfer
Der Name des Ortes leitet sich vermutlich vom Roden ab. „Schwenden“ ist eine langsame Form der Rodung, bei der die Rinde der Bäume eingekerbt wird; dadurch sterben die Bäume ab und trocknen aus.
Luftaufnahme von Gschwendt 1956
Gschwendt war, wie auch Wolferszell, ein Ministerialensitz der Grafen von Bogen.
1119/20 wird Englmar de Geswente in der Zeugenreihe einer Traditionsnotiz des Klosters Oberalteich genannt.
1125 ist Pabo de Geswenta im Gefolge des Grafen Berthold II. von Bogen als Inhaber gesichert.
Nach einer Überlieferungslücke von mehr als 250 Jahren ist der Ort 1381 in einer Kaufurkunde erneut dokumentiert.
Anna die Poxauerin, Wittwe des Hans Poxauer von Feldkirchen und deren Sohn Kaspar verkaufen einen Hof in Niedersteinach und einen Hof in Gschwendt an das Stift Unsere Liebe Frau zur Alten Kapelle in Regensburg. Die Urkunde beschreibt neben dem Verkauf des Besitzes in Niedersteinach, damals Innersteinach genannt, die Veräußerung des heutigen Landstorfer-Hofes. Erwähnt wird in dem Dokument auch die „Taverne“ und ein weiterer Hof in Gschwendt, der Anna Poxauers Vetter Friedrich dem Sattelboger gehörte.
Bei den Sattelbogern handelt es sich um ein mittelalterliches Adelsgeschlecht, das vor allem im Hochmittelalter als Ministerialen der Grafen von Bogen und auch der bayerischen Herzöge Bedeutung erlangte.
1435 erwarb das Heilig-Geist-Spital in Straubing das freieigene Dorf Gschwendt mit Hofmark, Gericht, Gütern und Gülten von Christoph Schönsteiner zum Schönstein und seiner Frau Balburg.
Die Kaufurkunde nennt sieben Höfe (darunter auch der Pielhof), Fischwasser und einige Wälder, nämlich das Oberholz, die Mossleiten und vier Hölzer Am Aigen, in Gschwendt.
Neben dem Bürgerspital finden sich die Kirchen von Steinach und Parkstetten, sowie das Karmelitenkloster Straubing als Grundherren in Gschwendt. Als Hofmarksherren stand dem Spital jedoch auch bei diesen Gütern das Besiegelungsrecht zu. Der Spitalwald in Gschwendt ist heute noch im Besitz des Bürgerspitals Straubing.
Wohlstand durch den Fuhrhandel
Die direkte Lage an der seit langer Zeit bestehenden vielbefahrenen Landstraße war für Gschwendt von großer Bedeutung.
Die Tatsache, dass es in dem Ort auch mehrere Fuhrgewerbe gab, lässt vermuten, dass neben dem bekannten Salz- und Hopfenhandel noch andere Waren gehandelt und transportiert wurden.
Das Wirtshaus war eine bedeutende Raststätte für die durchfahrenden Händler.
Im 16. Jahrhundert bezeichnete Philipp Apian Gschwendt als Dorf und Hofmark. Damals gab es im Ort noch keine Kirche.
Im Jahr 1675 wird mit der Hinterlassenschaft des wohlhabenden Christoph Wagner die Christophorus-Kirche in Gschwendt erbaut.
Als Salz- und Hopfenhändler konnte Wagner durch seine Geschäftsreisen nach Böhmen ein sehr großes Vermögen anhäufen.
1838 sind in Gschwendt 22 Häuser erwähnt, einschließlich der Einöden „Pühel“ (Pielhof) und Weingraben.
Gschwendt war von 1821 bis 1946 eine eigene Gemeinde, kirchlich sind die Einwohner allerdings schon immer der Pfarrei Steinach eingegliedert. Zum Stichtag 01.01.1946 teilte die amerikanische Militärregierung Gschwendt der Gemeinde Ascha zu. Einen Wechsel gab es immer wieder wegen der Schule, teilweise mussten die Kinder die Schule in Steinach besuchen, meist wurden sie jedoch in Ascha eingeschult.
Die Höfe in Gschwendt
Hs. Nr. 1838 |
Besitzer 1838 | Hofname | Hofname 1838 | Strasse und Hs.Nr. | |
1 | Leibl Leonhard | beim Leibl | 1/4 Stubenhofer Sölden oder Traglgütlsrest |
Hauptstraße | 1 |
2 | Kieninger Joseph | beim Schmied | 1/16 Schmiedanwesen mit realer Schmidgerechtigkeit |
Hauptstraße | 5 |
3 | Leibel Jakob | beim Dorfleibl | 1/2 Leibelhof | Kinsachstraße | 3 |
4 | Freindorfer Matthias | beim Schneider | 1/4 Zollnergutsrecht | Kinsachstraße | 1 |
5 | Foierl Georg | beim Foierl | 1/4 Hafnergütl | Kinsachstraße | 5 |
6 | Lang Jakob | beim Wagner | 1/16 Kelnergütl | Kinsachstraße | 4 |
7 | Stubenhofer Joseph | beim Bauer | der ganze Stubenhoferhof oder Hällingmayrhof |
Hauptstraße | 13 |
8 | Lehner Georg | beim Barthel | 1/16 Barthelgütl | Hauptstraße | 15 u. 17 |
9 | Brandstetter Lorenz | beim Wirth | 1/4 Wirtshof | Hauptstraße | 7 |
9 | Brandstetter Lorenz | 1/2 Durmairhof | Hauptstraße | 7 | |
10 | Schuheder Michael | Badhaus / Kramer | 1/32 Wolfenhäusl | Kinsachstraße | 7 |
11 | Fuchs Sebastian | beim Schuster | das ehemalige Gerichtsdienerhaus |
Kinsachstraße | 6 |
12 | Hallmayer Franz | Mühle | 1/4 Ritznermühlgut | Kinsachstraße | 9 |
12 | Hallmayer Franz | 1/8 Barthel oder Stubenhofersölde |
Kinsachstraße | 9 | |
13 | Hallmayer Franz | Müller | die Schmellmer oder Zeindelmaier Sölde |
Kinsachstraße | 8 |
14 | Holmer Matthias | beim Zimmermann | 1/16 Schustergütl | Ortsfeldweg | 2 |
15 | Hallmayer Martin | Schneiderhofstatt | 1/6 Schneidergütl | Kinsachstraße | 10 |
16 | Hirte | Hirthaus mit Gemeindegründe | aufgelöst | ||
17 | Zeindlmayr Martin | beim Götzenbauer | der Rest des ganzen Götzbauernhofes, auch Thurnhof |
Kinsachstraße | 18 |
18 | Leibel Georg | beim Thurnleibl | der ganze Thurn oder Rauschenhoferhof |
Kinsachstraße | 20 |
19 | beim Eirer | 1/8 Schützenhöfl | Im Moos | 1 | |
20 | Filialkirche St. Christopher | Hauptstraße | 10 | ||
21 | Weichselgartner Georg | aufm Pühelhof | Der 1/2 Pühelhof | Pielhof | 1 |
22 | Duschl Peter | beim Duschl | Ausbrüche aus dem Götzbauerngut Nr. 17 |
Weingraben | 3 |
Die Besitzer der Höfe sind bis ins 17. Jahrhundert zurück lückenlos bekannt und können im Heimatarchiv eingesehen werden.
Bilder: Archiv für Heimatgeschichte
Das Schmiedgütl in Wolferszell
von Claudia Heigl
Dieses Anwesen war seit Urzeiten eine Schmiede, die den bayerischen Kurfürsten als Grundherrn hatte1. Die Lage direkt an der Handelsstraße zwischen Straubing und Cham war hierfür prädestiniert. Die vorbeikommenden Gespanne, die repariert werden mussten und deren Pferde immer wieder die Hufeisen verloren, waren eine gute Kundschaft.
Wolferszell ca. 1927
Bild: Max Hiegeist, Hoerabach
15122 wird erstmals ein Hans Schmidt in den Büchern des Kastenamts Straubing aufgeführt. Er zahlt von einer Hofstatt und von einer Sölden je 12 Pfennig Pfenniggilt. Hier dürfte es sich um die Schmiede gehandelt haben. Wahrscheinlich war das Gewerbe jedoch schon im 15. Jahrhundert, wenn nicht noch früher in Wolferszell vorhanden.
Die Schmiede erhält ab 1808 die Hs.Nr. 6
Uraufnahme aus dem Jahr 1827
(Quelle: Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas)
Im Salbuch von 1579 wird die Werkstatt genauer aufgeführt3: „Anndre Schmid gibt von der Hofstatt, darauf die Schmid steht und Kohlhütten, so dem Fürsten und Herren aigenthumblich zugehörig, darum er keinen Brief hat, jährlich auf den fürstl. Kasten Straubing 2 Regensburger Pfennige.“
Dann folgen Valtin Widenpachs Hausfrau, Witwe, Hans Schütz und Michael Grieneisen.
Grüneisl ein alter Schmiedname
In den alten Kirchenbüchern finden wir die Schreibweise „Grieneisen“ oder auch „Krieneisen“ als frühere Schreibweise des Namens Grüneisl. Krinnen bedeutet so viel wie kerben, einschneiden4.
Söhne des Michael Grieneisen wurden Schmiede in Steinach und Münster bzw. Kößnach. Der Hafner Georg Grieneisen von Steinach war ein Enkel des Michael. Von ihm stammen alle Grüneisl-Hafner ab. (siehe auch Grüneislhof)
Nachfolger des Michael Grieneisen wird ein Sebastian Schmidbauer. Evtl. hat er die Witwe oder eine Tochter des Vorgängers geheiratet. 1646 kauft er gestohlene Ware und muss dafür Strafe zahlen: „Sebastian Schmidtpaur Schmidt zu Wolferszell, hat vom Amtmann Georg Riedlinger Ampos und etliche Zangen erkauft, die der Amtmann von dem Schmid von Gossersdorf bei dessen Abwesenheit aus der Werkstatt entwendet hatte. Der Schmid war dies dem Amtmann angeblich noch schuldig. Sebastian wurde deshalb abgestraft5.
Seine Ehefrau Maria stirbt am 24.09.1664 im Alter von 64 Jahren und der 63jährige heiratet vier Monate später Magdalena Zänger, Witwe des Wolfgang Zänger (Zängl), Hufschmied zu Falkenstein. Der Hausname Grüneisen hat sich wohl gehalten, dann beim Sterbeeintrag am 27.02.1670 von Sebastian wird er als „Grüneüsen Sebastian, Hufschmied von Wolferszell“ bezeichnet. In Klammern steht Schmidbauer daneben.
Sohn Michael Schmidbauer, der seit 08.05.1656 mit einer Maria Grünbreiß (Grüneisl?) Tochter des Georg Grünbreiß von Steinach verheiratet ist, wird 1665 als Schmied in Haunkenzell genannt6.
Dort kommt auch Sohn Wolfgang Schmidbauer (*20.02.1665) zur Welt, der ab 1691 in Au bei Ascha lebt7.
Am 17.10.16708 wird ein Vertrag auf Absterben d. Sebastian Schmidbauer, Schmid zu Wolferszell zwischen der Witwe Magdalena, vertr. d. Dominik Riegers von Kelhamb, und den Kindern von seiner ersten Ehefrau (die Ehe mit Magdalena war kinderlos) Michael Schmidpauer, Bestandsschmid zu Haunkenzell, Katharina, Ehefr. d. Sebastian Artmayer zu Steinach u. Barbara, Ehefrau des Kaspar Perger zu Steinach geschlossen. Michael übernimmt die Schmidtstatt, die weder Äcker noch Wiesen, sondern große Baufälligkeit hat, samt allen Haus und Schmiedfahrniss.
Michael stirbt jedoch um 1673, denn die Witwe „Balburga weil. Michael Schmidtpaurens gewester Schmied zu Wolferszell sel. nachgelassene Witwe verkauft am 10.10.1674 dem erbaren Georg Zwickenpflug Schmid zu Gschwendt und Johanna seinem Eheweib die von ihrem Eheman sel eine zeitlang ingehabte Schmidtstatt zu Wolferszell vermög Saalbuch de anno 1579 fol. 149 zu hiesigem Kastenambt Urbar und dem vorhandenen Schmidhandwerkszeug um 100 Gulden und ½ Schaf Korn Straubinger Maas“9
1700 geht die Schmiede an Sohn Sebastian Zwickenpflug3. Als erste Ehefrau holt er sich Maria Geiger von Agendorf Nr. 41, die ihm sechs Kinder schenkt:
- Anna Maria *1706
- Johann Georg *1709 +
- Johann Georg *1710, Hofnachfolger
- Christoph *1711 +
- Georg *1713, Schmied in Gschwendt
- Markus *1716
Als Maria 1719 im Kindsbett stirbt, heiratet er wieder eine Maria Geiger, diesmal vom Sackhof.
In der Ehe kommt nochmals ein Sohn zur Welt, Johann Michael (*1729), der 1755 in Aiterhofen die Bauerstochter Katharina Wacker von Wolferszell heiratet und sich als Schmied in Geltolfing niederlässt.
Die Mutter Maria Zwickenpflug zieht mit ihrem Sohn mit und stirbt auch in Geltolfing.
Nach dem Tod des Vaters, folgt 1748 Sohn Johann Georg aus erster Ehe als Erbe nach, der mit der Müllerstocher Anna Maria Schreyer von Landorf verheiratet ist.
Das Ehepaar hat fünf Kinder:
- Maria *1742
- Maria Walburga *1746
- Joseph *1749, Hoferbe
- Maria Katharina *1752
- Jakob *1754
Joseph Zwickenpflug übernimmt 1778 die Schmidwerkstatt und heiratet Anna Maria Grüneisl, die einzige Tochter des Hafners Johann Mathias Grüneisl von Wolferszell Nr. 5. Durch diese Heirat kommt der Grüneisl-Hof ebenfalls in den Besitz der Zwickenpflug’s.
Sechs Kinder kommen in der Ehe zur Welt:
- Katharina *1779
- Mathias *1783 Hoferbe
- Joseph *1785
- Anna Maria *1786
- Walburga *1788 heiratet 1816 Joseph Michael Flurl von Straubing, einen Neffen des berühmten Geologen Mathias von Flurl.
Am 28.12.1809 übernimmt Mathias Zwickenpflug die Schmiede und den ehemaligen Grüneisl-Hof vom Vater zum Anschlag von 2.200 Gulden. Mathias Zwickenpflug ist mit der Bauerstochter Katharina Bachl von Pellham verheiratet.
Katharina bringt dreizehn Kinder zur Welt, von denen sieben im Kindsalter sterben:
- Joseph *10.02.1812, Hoferbe
- Anna * 19.12.1812 heiratet 1834 Jakob Weber, Bauer in Wolferszell Nr. 21
- Katharina *13.05.1815
- Mathias *29.08.1816
- Theresia *06.09.1820 heiratet 1842 Josef Wolf, Bauer auf dem Pürstenberg
- Anna Maria *16.10.1821 heiratet 1844 Martin Knott, Bauer in Steinach Nr. 32
1847 folgt Sohn Joseph Zwickenpflug, der in erster Ehe die Bauerstochter Therese Eidenschink von Rattenberg heiratet.
Kurz nach der Geburt des vierten Kindes stirbt die junge Mutter 1853 im Alter von 30 Jahren.
Fünf Monate später holt der Witwer die Söldnerstochter Anna Fischer von Wolferszell als neue Mutter für seine Kinder ins Haus.
Am 23.01.1861 verkaufen Joseph und Anna Zwickenpflug die Schmiede an Simon Herrnberger von Lanzlberg und dieser heiratet zwei Wochen später am Elisabeth Golderer, eine Söldnerstochter von Thal bei Traitsching.
- Sohn Josef (*07.12.1865) ist ebenfalls Schmied und heiratet am 06.05.1887 Katharina Schmid (*19.09.1866), Tochter des Steinacher Lehrers Ferdinand Schmid und dessen Ehefrau Katharina geb. Spitz. Der 62jährige Vater Simon übergibt ihm jedoch nicht die Schmiede, so dass sich dieser zunächst als Schmied in Steinach, dann in Wolferszell und schließlich in Niederharthausen niederlässt.
- Sohn Karl (*1869) auch ein Schmied, heiratet am 06.05.1895 die Müllerswitwe Franziska Hartberger von der Aichmühl und wird Müller auf der Aichmühl und später Krämer und Gütler in Steinach (späteres Herrnberger-Wirtshaus).
34 Jahre war Simon Herrnberger Schmied in Wolferszell, dann übergibt er am 14.01.1895 die Schmiede an seine Tochter Therese, die sich mit Joseph Ertl von Geisenstetten vermählt. Ertl Joseph ist noch sechs Jahre als Schmied tätig. Am 01.08.1901 wird das Anwesen jedoch versteigert.
Simon Herrnberger erlebt dies nicht mehr. Am 25.02.1899 stirbt er mit 74 Jahren an der Wassersucht. Seine Witwe Elisabeth Herrnberger zieht nach Steinach und stirbt dort im Alter von 80 Jahren.
Zunächst ersteigert ein Josef Hartberger das Anwesen, der es jedoch am 01.04.1902 an den 58jährigen Gossersdorfer Schmied Johann Meier und dessen Ehefrau Margaretha, geb. Steger weiterverkauft.
aufgenommen 2017
(Bild: Claudia Heigl)
Die Schmiede übernimmt ihr Sohn gleichen Namens. Dieser Johann Meier jun. ist mit einer Therese Haslbeck verheiratet. Das kinderlose Ehepaar nimmt Josef Popp vom Nachbarhaus „an Kindes statt“ an, der auch das Schmiedanwesen erbt. Wahrscheinlich bestand zwischen Josef Popp’s Großmutter (ebenfalls eine geborene Haslbeck) und Therese ein Verwandtschaftsverhältnis.
Da nun drei Familien Popp nebeneinander wohnen, entsteht der Hausname „Schmied-Popp“.
aufgenommen 1956
(Bild: Archiv für Heimatgeschichte Steinach)
1 Wolferszell war im Herrschaftsgebiet der Grafen von Bogen. Als der letzte Graf Adalbert IV. 1242 im Kreuzzug fiel, ging die Grafschaft Bogen an seinen Halbbruder Otto II. von Bayern über und verblieb von da an in der Hand der Wittelsbacher.
2 BayHStA München, Kurbayern Hofkammer Ämterrechnungen RMA Straubing 660 fol. 33, Pfenniggilt des Straubinger Kastenamts 1512
3 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B38, Sal- und Urbarsbuch des Rentkastenamts Straubing, Band II 1579-1807, fol 149
4 Schmeller, Bayerisches Wörterbuch Band 1, 2008, S. 1372
5 StA Landshut, Amtsrechnungen der Hofmark Gossersdorf, R2027 = 1646
6 26.02.1665 wird Sohn Wolfgang in Haunkenzell geboren. Pfarrmatrikel Ascha, Bd.2, S.16, FN 1
7 Am 21.04.1691 heiratet er in Steinach Agnes Widmann von Aufhausen.
8 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P61 II, fol.112 Vertrag vom 07.10.1670
9 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P62 II, fol.184 Kaufbrief pr. 100 fl vom 10.10.1674
Weitere Quellen:
BZA Regensburg, Pfarrmatrikel Pfarrei Steinach
StA Landshut, Rentamt Straubing B138, Häuser- und Rustikalsteuerkataster Wolferszell 1808
StA Landshut, Rentamt Straubing B139, Umschreibebuch zum Häuser- und rustikalsteuerkataster Wolferszell 1814-1843
StA Landshut, Grundsteuerkataster Agendorf 17/2-7, 17/2-10, 17/2-14
Stand: 12.03.2023
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