Das ehemalige Uhrmann-Wirtshaus
oder ehemalige Fassbinderanwesen in Steinach
von Claudia Heigl
Auf dem Anwesen in der heutigen August-Schmieder-Str. 28 waren ursprünglich seit Anfang des 18. Jahrhunderts die Kufner (Küfner) bzw. Fassbinder in Steinach ansässig.
Das Anwesen hatte bis 1967 die alte Hs.Nr. 42
Uraufnahme aus dem Jahr 1827
Quelle: Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas
1720 wird ein Lorenz Fumi erstmals als Kufner in Steinach erwähnt. Bei der Taufe seines Sohnes Franz Joseph ist der Steinacher Hofmarksherr und spätere Straubinger Vitztum Franz Adam vom Hörwarth Taufpate.
Der ehrgeizige Hofmarksherr hat viele neue Familien und Gewerbe wieder in Steinach angesiedelt, nachdem durch die Plünderung der schwedischen Soldaten etliche Steinacher Gewerbe darniederlagen. Auch der neue Kufner dürfte eine Neuansiedlung durch den Steinacher Schlossherrn gewesen sein. Ein solcher war in Steinach vorher nicht ansässig.
Vor allem für die expandierende Schlossbrauerei brauchte man Bierfässer, die damit von den eigenen Hofmarksuntertanen hergestellt wurden.
1728 stirbt der 35jährige Kufner und erst ca. 1738 siedelt sich erneut mit Franz Jakob Haindl von Bärnzell ein neuer Fassbinder an.
Sohn Anton Haindl übernimmt ca. 1772 das Binderanwesen und heiratet die Bauerstochter Walburga Krebl von Muckenwinkling.
Am 07.09.1812 übernimmt Sohn Sebastian Haindl das Häusleranwesen mit der realen Bindergerechtigkeit von seiner Mutter Walburga Haindl. Ein Jahr später heiratet er die Steinacher Bauerstochter Magdalena Unger.
Am 08. Juni 1822 kommt es im Nachbaranwesen Hs.Nr. 40 zu einem Brandunglück. Ein Hausbewohner hatte zur Nachtzeit bei Spannlicht junge Tauben ausgenommen und ein Funken entzündete das gelagerte Stroh. Neben dem eigenen Haus vernichtet der Brand noch zusätzlich vier Häuser, darunter auch das Binderhaus.
Zu dem Unglück kommt noch hinzu, das die Kufnerin gerade eine schwere Geburt hinter sich hatte. Geschwächt wird sie von ihrem Ehemann auf der Schulter in ein benachbartes Haus geschleppt. Der Säugling kann noch von den herbeieilenden Helfern gerettet werden. Sieben Tage später stirbt die 35jährige Mutter jedoch an den Folgen der Geburt. Das schwächelnde Kind – ein kleines Mädchen – folgt der Mutter am 25. Juli ebenfalls ins Grab. Der 8jährige Sohn Georg (*1814) überlebt das Feuer.
Bereits im September 1822 heiratet der Witwer die Söldnerstochter Katharina Habrunner von Steinach. Er baut das Haus wieder auf. Sohn Rupert Haindl aus zweiter Ehe übernimmt am 17.07.1860 das Kufneranwesen. Er heiratet nicht und stirbt mit knapp 80 Jahren 1910 in Straubing.
Am 04. Februar 1908 erwirbt der Nachbar Simon Bugl das Haus. Der Maurer und Händler ist seit 1900 auch Bürgermeister von Steinach und hat große Pläne.
Nach dem Vorbild des Neuen Schlosses, bei dem er beim Bau auch als Maurer tätig war, erbaut er ein neues Gasthaus mit Brauerei an Stelle des ehemaligen Kufnerhauses. Hinter dem Haus befindet sich ein kleiner Eiskeller und ein Schlachthaus.
links die Kramerei Bugl und rechts das 1910 erbaute Wirtshaus mit Brauerei
Hinter des Wirtshaus befand sich ein kleiner Eiskeller und das Schlachthaus mit Metzgerei
aufgenommen 1956
Bild: Archiv für Heimatgeschichte Steinach
Rechts Simon Bugl vor seinem Wirtshaus
aufgenommen 1914
Ein alter Bierkrug der ehemaligen "Brauerei" Steinach.
Hier dürfte es sich um einen Stammtischkrug des Wirtshauses gehandelt haben.
Privatbesitz
Bild: Claudia Heigl
Simon Bugl kommt jedoch in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten in finanzielle Schwierigkeiten und muss das neu erbaute Wirtshaus am 18.04.1922 an die Bayr. Siedlungs- und Landbank München verkaufen. Er erhält hierfür 250.000 Mark und für das beweglichen Inventar 70.000 Mark.
Die Bank verkauft das Anwesen gleich wieder weiter und es kommt bei jedem Verkauf durch die damalige Inflation zu einer erheblichen Steigerung des Kaufpreises:
Kauf am 09.05.1922 durch die Gebrüder Neumeier von Straubing um 300.000 Mark zzgl. 70 000 Mark
Kauf am 20.05.1922 durch Georg Buchner von Waldmünchen um 352.000 Mark zzgl. 70 000 Mark
Kauf am 29.08.1922 durch Josef und Thekla Uhrmann um 450.000 Mark zzgl. 70.000 Mark f. d. bewegliche Inventar.
Das ist in vier Monaten fast eine Verdoppelung des Preises!
Josef Uhrmann ist ein Wirtssohn aus Böhmisch Eisenstein und seine Ehefrau Thekla geb. Müller eine Tischlermeisterstochter von Enns/Österreich. Beide waren vorher in Wien und Graz ansässig und ziehen nun nach Bayern.
Josef und Thekla Uhrmann
Bilder: Archiv für Heimatgeschichte Steinach
1950 übergeben sie das Wirtshaus an ihren Sohn Johann Uhrmann, der bis 1952 die Gastwirtschaft noch selbst betreibt. Die Familie bleibt noch bis 1961 in Steinach wohnen und zieht dann nach Straubing.
Gastwirtschaft zum grünen Kranz Bes. J. Uhrmann
aufgenommen 1956
Bild: Archiv für Heimatgeschichte Steinach
Die Gastwirtschaft mit Metzgerei wird 1952 an Willi und Karolina Hiendlmeier verpachtet, die sie bis 1969 bewirtschaften. Anschließend wird der Betrieb geschlossen.
1990 dient das Haus noch für einige Jahre als Asylunterkunft. Seitdem steht das Gebäude leer.
Das ehemalige Wirtshaus in der August-Schmieder-Straße 28
aufgenommen im September 2021
(Bild: Claudia Heigl)
Quellen:
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Steinach von 1838
StA Landshut, Grundsteuerkataster 17/42 Bd. 4 Umschreibehefte Steinach 1843 - 1859
StA Landshut, Grundsteuerkataster 17/42 Bd. 7 Umschreibehefte Steinach 1859 - 1906
StA Landshut, Grundsteuerkataster 17/42 Bd. 11 Umschreibehefte Steinach 1906 - 1960
Bischl. Zentralarchiv Regensburg, Pfarrmatrikel Pfarrei Steinach