Die Wagner in Steinach

 

 

von Claudia Heigl

 

 

Während in Gschwendt und in Wolferszell das Wagnergewerbe schon im 17. Jahrhundert anzutreffen sind, lässt sich in Steinach mit Konrad Wurst erst um 1709 ein Wagner nieder.
Konrad Wurst stammte aus Kösching und war zuerst als Kutscher beim Steinacher Schlossherrn Karl Freiherr von Hörwarth (1680-1709) angestellt.

Als der Gutsherr im Oktober 1709 stirbt, werden seine Dienste nicht mehr benötigt und er verdient seinen Lebensunterhalt nun als Wagner. Als Kutscher kannte er sich mit den Wagen aus und musste sie auch reparieren können.

 

 

 

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Das ehemalige Wagnerhaus bzw. Schermhaus um 1920
Der Geologe Anton Scherm mit Lina und Maria Maria, die ihm damals den Haushalt führten.
Quelle: Familie Meier, Agendorf

 

Josef Wurst lässt sich mit seiner jungen Ehefrau Elisabeth Felhorn, einer Bäckerstocher von Schwarzenhofen, in der heutigen oberen August-Schmieder-Str. 30, nieder.
Das Wagnergewerbe wird die nächsten vier Generationen an die Söhne weitergegeben und auf dem Anwesen ausgeübt. Das Einkommen und Vermögen der Familie dürfte, durch das Gewerbe, ausreichend gewesen sein. Seine Nachkommen holten sich ihre Frauen alle aus größeren Höfen in der Umgebung:

- 1737 Barbara Foidl von Bärnzell

- 1773 Walburga Laumer von Spornhüttling

- 1819 Anna Pongratz von Untergoßzell

- 1855 Katharina Fischer von Oberschneiding

 

Wurst Besitzer

 

 

1822 brennt das Kufner-Haus in der Nachbarschaft nieder und mit ihm noch weitere vier Häuser. Ob die Wagnerei davon betroffen war, lässt sich nicht feststellt.

Aber spätestens 1869 brennt auch das Wohnhaus der Wagnerei ab. In einem Plan vom März 1869 wird das Wohnhaus als „abgebranntes, neu zu erbauendes Wohnhaus“ aufgeführt[i]. Eine Katastrophe für die Familie, da dieser Zeit kaum jemand eine Brandversicherung hatte.
Zu allem Überfluss kommt noch hinzu, dass der Wagner Joseph Wurst im Alter von 47 Jahren im Februar 1871 an Abzehrung stirbt.
Er hinterlässt eine 38jährige Witwe und vier Kinder: Joseph (15), Andreas (11), Katharina (5) und Anna Maria (1). Die kleine Tochter Anna Maria folgt ihrem Vater im August des selben Jahres mit 1 ¾ Jahr auf dem Friedhof nach.

Da die Witwe die Wagnerei alleine nicht weiterbetreiben kann und der älteste Sohn Joseph noch nicht ausgelernt hat, verkauft sie das Anwesen mit dem neu erbauten Haus und 2,68 Tagwerk Grundbesitz am 01.07.1873 um 2.600 Gulden an den Wagner Joseph Köppl von Ascha.

Die Witwe wird wohl mit ihren Kindern vorerst weiter im Wagnerhaus mit ihren Kindern gewohnt haben und Joseph Wurst jun. seine Wagnerlehre bei dem neuen Wagner Köppl weitergeführt haben.

Auf dem Grundstück errichtet Köppl noch ein Ausnahmhaus, das ihm die Witwe am 22.03.1879 mit dem 220 qm großen Garten um 271 Mark abkauft. Sie betreibt in dem Haus eine Kramerei, um den Unterhalt für sich und ihre drei Kinder zu gewährleisten. siehe hierzu Hs.Nr. 44 ½

 

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 Ortsplan von Steinach um 1879
Quelle: Vermessungsamt Straubing Nr. 187c

 

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links das ehemalige Wagneranwesen, rechts davon das neue Kramer-Häusl
aufgenommen beim Gründungsfest der Feuerwehr 1922
Quelle: Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Nachlass Ludwig Niggl

 

Im November 1879 heiratet Köppl die Müllerstochter Katharina Hartberger von der Aichmühl. Aber bereits am 13.12.1886 verkauft das Ehepaar die Wagnerei an Katharina’s Bruder Joseph Hartberger.

 

 

Koeppl Besitzer

 

Der Wagnerssohn Joseph Köppl jun., inzwischen 30 Jahre alt, heiratet die Häuslerstochter Katharina Raith und übernimmt mit ihr deren Elternhaus in Steinach Nr. 37 (heute August-Schmieder-Str. 23, Schreinerei Laumer-Bierl) Dort richtet er sich eine eigene Werkstätte ein, nachdem sein alter Lehrherr Köppl die bisherige Wagnerei verkauft hat.

 

 

 Wurst Raith Besitzer

 

 

Nachdem Joseph Wurst 1910 im Alter von 53 Jahren stirbt, erben die Witwe Katharina Wurst mit ihren fünf Töchtern Katharina (23 J.), Elisabeth (19 J.), Berta (15 J.), Therese (11 J.) und Maria (11 J.) das Haus.

 

Zwei Jahre später, am 10.06.1912, verkauft sie die Wagnerei an Joseph Laumer von Agendorf.
Katharina Wurst verdient sich ihren Lebensunterhalt als Arbeiterin im Schloss Steinach.

 

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rechts Josef Laumer auf der Walz
Bild: Familie Maschke, Steinach

 

 

Laumer Besitzer

 

 

Sieben Monate später nimmt Joseph Laumer die Landwirtstochter Maria Bornschlegl von Wolferszell zur Ehefrau.

 

Laumer

 Josef und Maria Laumer

 

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 Wagnerei Laumer um 1920
rechts das Wohnhaus, links die Wagnerwerkstätte
links Karl Heimerl, daneben der Schreiner Josef Laumer. Auf dem Wagen die Kinder Josef und Therese Laumer
Bilder: Familie Maschke, Steinach

 

Ihr Sohn Josef Laumer jun. übernimmt 1948 die Wagnerei und heiratet 1950 die Steinacher Wirtstochter Irmingard Lutz.

 

Nachdem die Wagnerei durch die Industrialisierung immer mehr an Bedeutung verliert, stellt Josef Laumer jun. seine Werkstatt nach der Übernahme in einen Karosseriebau um und stellt Omnibusse her.

1955 wechselt er in den Betrieb einer Schreinerei, die er mit Hilfe seiner Ehefrau laufend erweiterte und modernisierte.

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 Schreinerei Laumer um 1956
Bild: Archiv für Heimatgeschichte Steinach

 

Seit 1987 führen sein Schwiegersohn Franz Bierl und seine Ehefrau Josefine Laumer-Bierl den Betrieb, die das Unternehmen ebenfalls immer weiter vergrößerten und erweiterten.

 

 

 

 

 

[i] Gemeinde Steinach: Baulinien-Plan von Steinach, Blatt 2. Erstellt am 5. März 1869 vom Königlichen Bezirksamt Straubing
[ii] Die Hügelgräber bei Muckenwinkling, Veröffentlicht im Jahresbericht d. Hist. Vereins Straubing u. Umgebung 40. Jhg. 1937

 

Weitere Quellen:
BayHStA München, Kurbayern Hofkammer, Hofanlagsbuchhaltung Band 248, Konskription der Untertanen der Hofmark Steinach 1752
BayHStA München, Kurbayern Hofkammer, Hofanlagsbuchhaltung Band 514, Hofanlagsbuch der Hofmark Steinach 1760
StA Landshut, Rentamt Straubing B78, Häuser- und Rustikalsteuerkataster d. Steuerdistriktes Münster incl. Steinach 1808
StA Landshut, Rentamt Straubing B79, Umschreibebuch zum Häuser- und Rustikalsteuerkataster d. Steuerdistriktes Münster incl. Steinach 1814-1843
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokolle der Steuergemeinde Steinach von 1838
StA Landshut, Grundsteuerkataster (Rep.127), Sig. 17/42-4, Umschreibehefte zum Urkataster  der Gemarkung Steinach Hs.Nr. 1 – 72, 1843-1859
StA Landshut, Grundsteuerkataster (Rep.127), Sig. 17/42-7, Umschreibehefte zum 1. Renov. Kataster der Gemarkung Steinach Hs.Nr. 1 – 55, 1859 – 1906
StA Landshut, Grundsteuerkataster (Rep.127), Sig. 17/42-11, Umschreibehefte zum 2. Renov. Kataster der Gemarkung Steinach Hs.Nr. 1-65, 1906 – 1960
BZAR Regensburg, Pfarrmatrikel der Pfarrei Steinach