Das Schmiedgütl in Wolferszell

 

von Claudia Heigl

 

 

 

 

Dieses Anwesen war seit Urzeiten eine Schmiede, die den bayerischen Kurfürsten als Grundherrn hatte1. Die Lage direkt an der Handelsstraße zwischen Straubing und Cham war hierfür prädestiniert.  Die vorbeikommenden Gespanne, die repariert werden mussten und deren Pferde immer wieder die Hufeisen verloren, waren eine gute Kundschaft.

 

fo wolf 2 auszug

 Wolferszell ca. 1927
Bild: Max Hiegeist, Hoerabach

 

15122 wird erstmals ein Hans Schmidt in den Büchern des Kastenamts Straubing aufgeführt. Er zahlt von einer Hofstatt und von einer Sölden je 12 Pfennig Pfenniggilt. Hier dürfte es sich um die Schmiede gehandelt haben. Wahrscheinlich war das Gewerbe jedoch schon im 15. Jahrhundert, wenn nicht noch früher in Wolferszell vorhanden.

 

uraufnahme grueneislhof

Die Schmiede erhält ab 1808 die Hs.Nr. 6

Uraufnahme aus dem Jahr 1827
(Quelle: Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas)

 

 

 

Im Salbuch von 1579 wird die Werkstatt genauer aufgeführt3: „Anndre Schmid gibt von der Hofstatt, darauf die Schmid steht und Kohlhütten, so dem Fürsten und Herren aigenthumblich zugehörig, darum er keinen Brief hat, jährlich auf den fürstl. Kasten Straubing 2 Regensburger Pfennige.“

Dann folgen Valtin Widenpachs Hausfrau, Witwe, Hans Schütz und Michael Grieneisen.

 

Grüneisl ein alter Schmiedname

In den alten Kirchenbüchern finden wir die Schreibweise „Grieneisen“ oder auch „Krieneisen“ als frühere Schreibweise des Namens Grüneisl. Krinnen bedeutet so viel wie kerben, einschneiden4.

 

Söhne des Michael Grieneisen wurden Schmiede in Steinach und Münster bzw. Kößnach. Der Hafner Georg Grieneisen von Steinach war ein Enkel des Michael. Von ihm stammen alle Grüneisl-Hafner ab. (siehe auch Grüneislhof)

 

Grieneisen Schmied Familie

 

 

 

 

Nachfolger des Michael Grieneisen wird ein Sebastian Schmidbauer. Evtl. hat er die Witwe oder eine Tochter des Vorgängers geheiratet. 1646 kauft er gestohlene Ware und muss dafür Strafe zahlen: „Sebastian Schmidtpaur Schmidt zu Wolferszell, hat vom Amtmann Georg Riedlinger Ampos und etliche Zangen erkauft, die der Amtmann von dem Schmid von Gossersdorf bei dessen Abwesenheit aus der Werkstatt entwendet hatte. Der Schmid war dies dem Amtmann angeblich noch schuldig. Sebastian wurde deshalb abgestraft5.

Seine Ehefrau Maria stirbt am 24.09.1664 im Alter von 64 Jahren und der 63jährige heiratet vier Monate später Magdalena Zänger, Witwe des Wolfgang Zänger (Zängl), Hufschmied zu Falkenstein. Der Hausname Grüneisen hat sich wohl gehalten, dann beim Sterbeeintrag am 27.02.1670 von Sebastian wird er als „Grüneüsen Sebastian, Hufschmied von Wolferszell“ bezeichnet. In Klammern steht Schmidbauer daneben.

 

 

Besitzerfolge Grieneisen

 

 

 

Sohn Michael Schmidbauer, der seit 08.05.1656 mit einer Maria Grünbreiß (Grüneisl?) Tochter des Georg Grünbreiß von Steinach verheiratet ist, wird 1665 als Schmied in Haunkenzell genannt6.
Dort kommt auch Sohn Wolfgang Schmidbauer (*20.02.1665) zur Welt, der ab 1691 in Au bei Ascha lebt7.

 

Am 17.10.16708 wird ein Vertrag auf Absterben d. Sebastian Schmidbauer, Schmid zu Wolferszell zwischen der Witwe Magdalena, vertr. d. Dominik Riegers von Kelhamb, und den Kindern von seiner ersten Ehefrau (die Ehe mit Magdalena war kinderlos) Michael Schmidpauer, Bestandsschmid zu Haunkenzell, Katharina, Ehefr. d. Sebastian Artmayer zu Steinach u. Barbara, Ehefrau des Kaspar Perger zu Steinach geschlossen. Michael übernimmt die Schmidtstatt, die weder Äcker noch Wiesen, sondern große Baufälligkeit hat, samt allen Haus und Schmiedfahrniss.

 

Michael stirbt jedoch um 1673, denn die Witwe „Balburga weil. Michael Schmidtpaurens gewester Schmied zu Wolferszell sel. nachgelassene Witwe verkauft am 10.10.1674 dem erbaren Georg Zwickenpflug Schmid zu Gschwendt und Johanna seinem Eheweib die von ihrem Eheman sel eine zeitlang ingehabte Schmidtstatt zu Wolferszell  vermög Saalbuch de anno 1579 fol. 149 zu hiesigem Kastenambt Urbar und dem vorhandenen Schmidhandwerkszeug um 100 Gulden und ½ Schaf Korn Straubinger Maas9

 

 

1700 geht die Schmiede an Sohn Sebastian Zwickenpflug3. Als erste Ehefrau holt er sich Maria Geiger von Agendorf Nr. 41, die ihm sechs Kinder schenkt:
- Anna Maria *1706
- Johann Georg *1709 +
- Johann Georg *1710, Hofnachfolger
- Christoph *1711 +
- Georg *1713, Schmied in Gschwendt
- Markus *1716

 

Als Maria 1719 im Kindsbett stirbt, heiratet er wieder eine Maria Geiger, diesmal vom Sackhof.
In der Ehe kommt nochmals ein Sohn zur Welt, Johann Michael (*1729), der 1755 in Aiterhofen die Bauerstochter Katharina Wacker von Wolferszell heiratet und sich als Schmied in Geltolfing niederlässt.

Die Mutter Maria Zwickenpflug zieht mit ihrem Sohn mit und stirbt auch in Geltolfing.

 

Nach dem Tod des Vaters, folgt 1748 Sohn Johann Georg aus erster Ehe als Erbe nach, der mit der Müllerstocher Anna Maria Schreyer von Landorf verheiratet ist.
Das Ehepaar hat fünf Kinder:
- Maria *1742
- Maria Walburga *1746
- Joseph *1749, Hoferbe
- Maria Katharina *1752
- Jakob *1754

 

Besitzerfolge Zwickenpflug Georg

 

Joseph Zwickenpflug übernimmt 1778 die Schmidwerkstatt und heiratet Anna Maria Grüneisl, die einzige Tochter des Hafners Johann Mathias Grüneisl von Wolferszell Nr. 5. Durch diese Heirat kommt der Grüneisl-Hof ebenfalls in den Besitz der Zwickenpflug’s.

Sechs Kinder kommen in der Ehe zur Welt:
- Katharina *1779
- Mathias *1783 Hoferbe
- Joseph *1785
- Anna Maria *1786
- Walburga *1788 heiratet 1816 Joseph Michael Flurl von Straubing, einen Neffen des berühmten Geologen Mathias von Flurl.

 Flurl Familie

 

 

Am 28.12.1809 übernimmt Mathias Zwickenpflug die Schmiede und den ehemaligen Grüneisl-Hof vom Vater zum Anschlag von 2.200 Gulden. Mathias Zwickenpflug ist mit der Bauerstochter Katharina Bachl von Pellham verheiratet.
Katharina bringt dreizehn Kinder zur Welt, von denen sieben im Kindsalter sterben:
- Joseph *10.02.1812, Hoferbe
- Anna * 19.12.1812 heiratet 1834 Jakob Weber, Bauer in Wolferszell Nr. 21
- Katharina *13.05.1815
- Mathias *29.08.1816
- Theresia *06.09.1820 heiratet 1842 Josef Wolf, Bauer auf dem Pürstenberg
- Anna Maria *16.10.1821 heiratet 1844 Martin Knott, Bauer in Steinach Nr. 32

 

1847 folgt Sohn Joseph Zwickenpflug, der in erster Ehe die Bauerstochter Therese Eidenschink von Rattenberg heiratet.
Kurz nach der Geburt des vierten Kindes stirbt die junge Mutter 1853 im Alter von 30 Jahren.
Fünf Monate später holt der Witwer die Söldnerstochter Anna Fischer von Wolferszell als neue Mutter für seine Kinder ins Haus.

 

 

Besitzerfolge Zwickenpflug Mathias

 

 

Am 23.01.1861 verkaufen Joseph und Anna Zwickenpflug die Schmiede an Simon Herrnberger von Lanzlberg und dieser heiratet zwei Wochen später am Elisabeth Golderer, eine Söldnerstochter von Thal bei Traitsching.

- Sohn Josef  (*07.12.1865) ist ebenfalls Schmied und heiratet am 06.05.1887 Katharina Schmid (*19.09.1866), Tochter des Steinacher Lehrers Ferdinand Schmid und dessen Ehefrau Katharina geb. Spitz. Der 62jährige Vater Simon übergibt ihm jedoch nicht die Schmiede, so dass sich dieser zunächst als Schmied in Steinach, dann in Wolferszell und schließlich in Niederharthausen niederlässt.

- Sohn Karl (*1869) auch ein Schmied, heiratet am 06.05.1895 die Müllerswitwe Franziska Hartberger von der Aichmühl und wird Müller auf der Aichmühl und später Krämer und Gütler in Steinach (späteres Herrnberger-Wirtshaus).

 

34 Jahre war Simon Herrnberger Schmied in Wolferszell, dann übergibt er am 14.01.1895 die Schmiede an seine Tochter Therese, die sich mit Joseph Ertl von Geisenstetten vermählt.  Ertl Joseph ist noch sechs Jahre als Schmied tätig.  Am 01.08.1901 wird das Anwesen jedoch versteigert.

Simon Herrnberger erlebt dies nicht mehr. Am 25.02.1899 stirbt er mit 74 Jahren an der Wassersucht. Seine Witwe Elisabeth Herrnberger zieht nach Steinach und stirbt dort im Alter von 80 Jahren.

 

Besitzerfolge Herrnberger

 

Zunächst ersteigert ein Josef Hartberger das Anwesen, der es jedoch am 01.04.1902 an den 58jährigen  Gossersdorfer Schmied Johann Meier und dessen Ehefrau Margaretha, geb. Steger weiterverkauft.

 

fo wolf 50 auszug

 aufgenommen 2017
(Bild: Claudia Heigl)

 

 

Die Schmiede übernimmt ihr Sohn gleichen Namens. Dieser Johann Meier jun. ist mit einer Therese Haslbeck verheiratet.  Das kinderlose Ehepaar nimmt Josef Popp vom Nachbarhaus „an Kindes statt“ an, der auch das Schmiedanwesen erbt. Wahrscheinlich bestand zwischen Josef Popp’s Großmutter (ebenfalls eine geborene Haslbeck) und Therese ein Verwandtschaftsverhältnis.

 

Besitzerfolge Meier

 

Da nun drei Familien Popp nebeneinander wohnen, entsteht der Hausname „Schmied-Popp“.

 

drei popp haeuser

 aufgenommen 1956
(Bild: Archiv für Heimatgeschichte Steinach)

 

 

 

 

1 Wolferszell war im Herrschaftsgebiet der Grafen von Bogen. Als der letzte Graf Adalbert IV. 1242 im Kreuzzug fiel, ging die Grafschaft Bogen an seinen Halbbruder Otto II. von Bayern über und verblieb von da an in der Hand der Wittelsbacher.
2 BayHStA München, Kurbayern Hofkammer Ämterrechnungen RMA Straubing 660 fol. 33, Pfenniggilt des Straubinger Kastenamts 1512
3 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing B38, Sal- und Urbarsbuch des Rentkastenamts Straubing, Band II 1579-1807, fol 149
4 Schmeller, Bayerisches Wörterbuch Band 1, 2008, S. 1372
5 StA Landshut, Amtsrechnungen der Hofmark Gossersdorf, R2027 = 1646
6 26.02.1665 wird Sohn Wolfgang in Haunkenzell geboren. Pfarrmatrikel Ascha, Bd.2, S.16, FN 1
7 Am 21.04.1691 heiratet er in Steinach Agnes Widmann von Aufhausen.
8 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P61 II, fol.112  Vertrag vom 07.10.1670
9 StA Landshut, Rentkastenamt Straubing, P62 II, fol.184  Kaufbrief pr. 100 fl vom 10.10.1674

 

Weitere Quellen:
BZA Regensburg, Pfarrmatrikel Pfarrei Steinach
StA Landshut, Rentamt Straubing B138, Häuser- und Rustikalsteuerkataster Wolferszell 1808
StA Landshut, Rentamt Straubing B139, Umschreibebuch zum Häuser- und rustikalsteuerkataster Wolferszell 1814-1843
StA Landshut, Grundsteuerkataster Agendorf 17/2-7, 17/2-10, 17/2-14

 

Stand: 12.03.2023