Das Hahn- bzw. Fischer-Anwesen in Steinach Hs.Nr. 55

 

1583/1623/1641/1691/1760: Badsölde – 1808: Hs.Nr. 22 Waasen Hof - ab 1838: Hs.Nr. 55

– heute August-Schmieder-Str. 40

 

von Claudia Heigl

 

 

Der Hof, um den es hier geht, ist die uralte „Bader-Sölde“ in Steinach.

Bereits im „Stift-, Kasten- und Salbuch über Schloss und Hofmark Steinach“ aus dem Jahr 1583 wird ein Bader erwähnt. Friedrich Schmied besitzt zu dieser Zeit das Erbrecht an der Badsölde und die sogenannte Herrengunst am Badhaus. Das bedeutet: Der Hofmarksherr kann das Nutzungsrecht am Badhaus frei vergeben, während die Badsölde innerhalb der Familie weitervererbt wird.

Bis in 20. Jahrhundert arbeiteten Bader als Wundärzte und waren somit die wichtigste medizinische Versorgung im Dorf. (siehe auch Bader)

 

 

uraufnahme kopie

Uraufnahme aus dem Jahr 1827
Quelle: Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas

 

Im Jahr 1623 ist ein Bader namens Michael Schmidt Eigentümer der Badsölde mit Erbrecht und Nutzer des Badhauses auf Grundlage der Herrengunst. Daraus lässt sich schließen: Badsölde und Badhaus sind zwei getrennte Gebäude.

Üblicherweise baut man Badhäuser in der Nähe von Flüssen oder Bächen, weil das Handwerk viel Wasser benötigt. Die Bader-Sölde profitiert wahrscheinlich von natürlichen Quellen direkt vor Ort.

 

Ab 1639 erscheint Stephan Walter in den Kirchenbüchern als Bader. Er und seine Frau Katharina haben mindestens sieben Kinder:
- Katharina heiratet 1642 den Bauern Christoph Ehringer von Gschwendt
- Jakob (1623-1659) Nachfolger des Vaters
- Michael heiratet 1654 Elisabeth Fuchs von Steinach
- Kaspar (*1639)
- Maria Salome (*1642)
- Melchior (*1643)
- Maria Jakobe (*1645)

Jakob Walter übernimmt das Baderhandwerk und heiratet Elisabeth Pongratz aus Furth.
Zwei Söhne werden geboren
- Joachim (*1653)
- Mathias (*1655)

Jakob stirbt 1659 im Alter von 36 Jahren. Nur zwei Tage später trägt der Pfarrer die Verlobung der Witwe mit Johann Georg Franz aus der Steiermark ins Kirchenbuch ein. Ob Franz das Baderhandwerk weiterführt, bleibt unklar. 1661 stirbt auch Elisabeth Franz, danach verliert sich die Spur der Familie in Steinach.

 

Walter Franz Besitzer

 

1665 übernehmen Georg Hürtner und seine Frau Barbara das Baderamt in Steinach. Ob sie noch in der ursprünglichen Badsölde wohnen, ist zweifelhaft – denn schon 1658 zieht der Kramer Kaspar Berger mit seiner Frau Barbara dort ein.

 

fo stei 570 kopie

Das Hahn-Anwesen aufgenommen 1956
Bild: Archiv für Heimatgeschichte Steinach

 

 

Kaspar Berger stammt aus Untermannbach und heiratet 1658 die Schmiedstochter Barbara Schmidbauer aus Wolferszell. In der Bader-Sölde betreiben sie eine kleine Kramerei.
Sie bekommen sieben Kinder:
- Anna (*1661) heiratet 1681 den Bauern Paul Bergmaier von Unterniedersteinach Nr. 6
- Georg (*1663)
- Maria (1665-1670)
- Magdalena (*1668) heiratet 1691 den Bauern Johann Wirth von Steinach Nr. 32
- Wolfgang (*1670)
- Maria (*+1672)
- Johann (1674-1722), Hoferbe

 

Am 01.11.1699 übergibt Barbara Berger den Hof an ihren Sohn Johann Berger.1

Er heiratet Maria Bergmaier (Pämer), die Tochter des Wirts der Hoftafern in Steinach.
Sie bekommen vier Kinder:
- Maria Theresia (*1695)
- Maria Magdalena (*1699)
- Johann Georg (1701-1741), Hoferbe
- Maria Walburga (1703-1748) heiratet 1727 den Bauern Georg Hitzinger von Steinach Nr. 13

 

Hoferbe ist der einzige Sohn Johann Georg Berger, der 1722 die Bauerstochter Maria Magdalena Deblinger zur Ehefrau nimmt und auch eine Kramerei auf dem Anwesen betreibt.
Die Bäuerin bringt sechs Kinder zur Welt:
- Johann Joseph (1723-1755), Schuster in Steinach Nr. 66
- Katharina (1724-1859) heiratet 1747 den Hafner Johann Dierlinger von Steinach Nr. 69
- Maria (*1726) heiratet 1746 in Kirchroth Georg Mauerer, Söldner von der Dexensölde
- Johann Michael (1729-1799) heiratet 1759 die Bauerswitwe Maria Götz von Steinach Nr. 16
- Maria Anna (1730-1777) heiratet 1752 den Schneider Mathias Lobermayr von Welchenberg und ist zunächst in Agendorf wohnhaft. 1758 heiratet sie den Söldner Michael Billinger von Steinach Nr. 53
- Anna Maria (*1732) als Kind verstorben

 

Nach dem frühen Tod ihres Mannes 1741 heiratet Maria Magdalena 1742 Georg Hien aus Agendorf. Aus dieser Ehe gehen keine Kinder hervor. Auch die Kramerei scheint aufgegeben worden zu sein, da die Nachbarn Stephan und Elisabeth Echinger ab ca. 1742 als Kramerseheleute bezeichnet werden.

Nach ihrem Tod heiratet Hien 1759 Anna Maria Kienberger aus Kienberg. Sie bringt ihre uneheliche Tochter Anna Maria mit, deren Vater der Söldner Lorenz Gruber von Münster Nr. 5 ist. Das Kind erhält den Nachnamen des Vaters, was damals üblich ist.

 

Nachdem aus der Hien-Ehe keine Kinder mehr hervorgehen, erbt die Tochter Anna Maria Gruber das Anwesen.

Anna Maria Gruber heiratet 1769 Johann Haimerl aus Rattiszell, der aber nach nur zehn Monaten stirbt. Ihr zweiter Ehemann wird Johann Waas von Thurasdorf.
Sie bekommen acht Kinder:
- Joseph (1773-1826), Hoferbe
- Johann Michael (*1775) verheiratet in Straubing
- Johann Paul (*1776), als Kind verstorben
- Katharina (1777-1848) heiratet 1813 den Häusler Simon Landstorfer von Steinach Nr. 41
- Anna (*1779)
- Georg (*1781)
- Johann Paul (*1783)
- Sebastian (*1786)

 

Der älteste Sohn Joseph übernimmt 1800 das Anwesen und vermählt sich mit der Bauerstochter Anna Maria Bogner von Steinach Nr. 27.
Vier Kinder kommen in dieser Ehe zur Welt:
- Anna Maria (*1801) stirbt am 23.05.1803 mit 1 ¾ Jahren an Blattern.
- Anna (*1803)
- Joseph (*1804), wird Hoferbe
- Johann Nepomuk (*1812)

 

Zwischen April und Juli 1803 sterben in Steinach 25 Kinder an einer Blatternepidemie, drei weitere folgen bis Ende 1804. Die Seuche verschwindet danach wieder.

 

Im Dezember 1823 übernimmt Sohn Joseph den Hof, der die Bauerstochter Anna Maria Hartmann vom Helmberg zur Ehefrau nimmt.

Ihre beiden Kinder sterben als Säuglinge. Die Familie ist offenbar in finanzieller Not.

 

Berger Besitzer

 

 

1835 tauschen sie ihren Hof (Wert: 2.100 Gulden) gegen ein kleineres Anwesen (Hs.Nr. 66). Neuer Besitzer wird Kaspar Pellkofer, der noch 1.600 Gulden aufzahlen muss.

 

Kaspar ist seit 1813 mit der 14 Jahre älteren Bauerstochter Anna Maria Foidl von Rotham verheiratet.
Sie bringt zwei Kinder zur Welt:
- Katharina (*24.05.1814) stirbt am 07.01.1852 mit 37 Jahren ledig an Luftröhrenschwindsucht
- Joseph (*1816), Hoferbe

1845 übernimmt Sohn Joseph Pellkofer das Anwesen mit 22 Tagwerk Grundbesitz. Er nimmt die Bauerstochter Walburga Bachl von Bärnzell zur Ehefrau.
Aus der Ehe gehen sieben Kinder hervor:
- Johann Baptist (* 08.06.1846 + 04.08.1846)
- Helena (*17.07.1847)
- Josef (*31.08.1849), wird Hoferbe
- Johann Baptist (*02.07.1851 + 16.03.1852) stirbt mit acht Monaten an Fraisen
- Franz Xaver (*26.01.1853 + 27.02.1873) stirbt mit 20 Jahren an Typhus
- Anna Maria (*22.01.1856 + 17.07.1890) stirbt ledig mit 34 Jahren in einem Münchner Krankenhaus
- Johann Baptist (*04.04.1857 + 15.03.1858) stirbt mit knapp einem Jahr an einem Katharr

 

Als die Bäuerin mit ihrem siebten Kind schwanger ist, stirbt Joseph Pellkofer im November 1856 mit knapp 40 Jahren an Lungensucht. Die Witwe zieht ihre vier überlebenden Kinder alleine auf. Der letztgeborene Sohn war bereits mit einem knappen Jahr verstorben.

1873 stirbt auch Sohn Franz Xaver mit 20 Jahren an Typhus.
Zwischen Juni 1872 und 1874 gibt es zehn Typhusfälle in Steinach. Möglicherweise liegt die Ursache in kontaminiertem Trinkwasser durch die Misthaufen auf dem Hof.

 

1884 übergibt die Bäuerin den Hof an ihren einzig überlebenden Sohn Joseph, der die Bauerstochter Johanna Leibl von Unterniedersteinach Nr. 6 heiratet.

Ein Jahr später stirbt der 36jährige zwei Wochen nach der Geburt der Tochter Anna Maria Pellkofer (*12.09.1885) an einem Herzleiden.

 

Die 25jährige Witwe holt Franz Xaver Hahn von Oberzeitldorn als Bauern auf den Hof.
Aus dieser Ehe gehen nochmals drei Kinder hervor:
- Franz Xaver Hahn (28.11.1886 +10.06.1931), bleibt ledig
- Rupert (*18.11.1888), wird Gastwirt in München
- Joseph (*11.06.1890 + 17.07.1890), stirbt mit einem Monat an Fraisen


Die Mutter stirbt zwei Wochen nach der Geburt wieder an Typhus und Luftröhrenschwindsucht.

 

Ihr Mann heiratet 1887 erneut – Franziska Baumeister aus Rottensdorf.
Aus dieser Ehe stammen elf Kinder:
Aus der Ehe gehen nochmals elf Kinder hervor:
- Joseph (*24.01.1892 + 01.07.1892), stirbt mit fünf Monaten an Brustkatharr
- Joseph (*04.02.1893), Brauer
- Anton (* 13.04.1895 + 15.08.1954) heiratet 1933 Regina Fürst von Münster Nr. 36
- Ferdinand (*05.08.1897 + 08.10.1918), gefallen in Glandern Fienlaine
- Kind ohne Namen (*+ 17.02.1900)
- Johann (*25.05.1901 + 01.11.1976), ledig, Hoferbe
- Franziska (*15.09.1904 + 08.09.1990) heiratet 1930 Josef Fischer von Steinach Nr. 13
- Otto (*14.10.1906)
- Mathilde (*17.04.1909 + 03.01.1987), ledig
- zwei Kinder ohne Namen (*+ 28.02.1910) und (*+ 30.11.1911)

 

 

fo stei 1337 kopie

Familie Hahn aufgenommen 1915
stehend v.l. Josef (*1893), Ferdinand (*1897-1918), Xaver (*1886), Hans (*1901), , Maria Pellkofer (*1885), Franziska (*1904), Rupert (*1888), Anton (*1895)
sitzend v.l. Franz Xaver (1858-1938), Otto (*1906), Mathilde (*1909), Franziska geb. Baumeister (1867-1940)
Bild: Familie Fischer, Steinach

 

 

Pellkofer Besitzer

 

 

fo stei 1810 kopie

Das Hahn-Haus aufgenommen 1924
davor Mathilde Hahn
Bild: Familie Fischer, Steinach

 

1938 übernimmt Johann Hahn den Hof. Er und seine Schwester Mathilde bleiben unverheiratet.

 

fo stei 1795 kopie

 Johann Hahn
Bild: Familie Fischer, Steinach

 

 

Später geht der Hof durch Erbschaft an die Familie Fischer über.

 

1990 hahn 2 kopie

Abbruch des alten Hahn-Hauses 1990
Bild: Claudia Heigl

 

 

 

dji 0003

Das Fischer-Anwesen aufgenommen im März 2021
Bild: Claudia Heigl

 

 

1 StA Landshut, Hofmark Steinach 404, Brief- und Verhörprotokoll, S. 15

 

Quellen:
Schlicht Josef, Die Geschichte von Steinach, 1908, „Stift-, Kasten- und Salbuch über Schloß und Hofmarch Steinach 1583“
Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Untertanen der Hofmark Steinach 1623
StA Landshut, Landschaft Unterlands Bd 1183, Steuerregister der Hofmarksuntertanen Steinach 1623
Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Gilt und Ausstandregister der Untertanen zu Steinach 1641
Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Stiftregister der Hofmark Steinach 1691
Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Landsteuer der Hofmark Steinach 1699
BayHStA München, Kurbayern Hofkammer, Hofanlagsbuchhaltung Band 248, Konskription der Untertanen der Hofmark Steinach 1752
BayHStA München, Kurbayern Hofkammer, Hofanlagsbuchhaltung Band 514, Hofanlagsbuch der Hofmark Steinach 1760
StA Landshut, Rentamt Straubing B78, Häuser- und Rustikalsteuerkataster d. Steuerdistriktes Münster incl. Steinach 1808
StA Landshut, Rentamt Straubing B79, Umschreibebuch zum Häuser- und Rustikalsteuerkataster d. Steuerdistriktes Münster incl. Steinach 1814-1843
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokolle der Steuergemeinde Steinach von 1838
StA Landshut, Grundsteuerkataster (Rep.127) 10579, Umschreibehefte zum Urkataster  der Gemarkung Steinach Hs.Nr. 1 – 72, 1843-1859
StA Landshut, Grundsteuerkataster (Rep.127 10583, Umschreibehefte zum 1. Renov. Kataster der Gemarkung Steinach Hs.Nr. 56 - Ende, 1859 – 1906
StA Landshut, Grundsteuerkataster (Rep.127 10586, Umschreibehefte zum 2. Renov. Kataster der Gemarkung Steinach Hs.Nr. 1-65, 1906 – 1960
BZAR Regensburg, Pfarrmatrikel der Pfarrei Steinach

 

 

Stand: 08.05.2025