Das ehemalige Schreineranwesen Hs.Nr. 49

(auch Fuchsenhäusl)

in der Bärnzeller Straße (heute nicht mehr vorhanden)

 

 

von Claudia Heigl

 

 

In Steinach waren alle gängigen Handwerksbetriebe vertreten, zu denen auch das Schreinergewerbe gehörte.

Der damalige Steinacher Hofmarksherr Franz Adam Graf von Hörwarth siedelte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts viele neue Gewerbe in Steinach an, nachdem das Dorf im 30jährigen Krieg durch die Überfälle sehr gelitten hatte. Hierzu gehörte auch ein Schreiner, den es bis dahin im Dorf nicht gab.

 

Als erster bekannter Schreiner lässt sich Jakob Schreiner von Zell 1738 im Dorf nieder, der zufällig auch diesen Familiennamen trägt.

 

 

fo stei 1620

Das ehemalige Schreiner-Anwesen, auch "Fuchsenhäusl" genannt.
Gemalt von Georg Weinspach um 1950
Bild: Familie Dafelmair, München

 

Das neue Schreiner-Haus lag im oberen Dorf hinter den Hafneranwesen an dem Verbindungsweg zwischen der heutigen Hafnerstraße und der Bärnzeller Straße. Während im unteren Dorf vor allem die großen Höfe angesiedelt waren, lagen im oberen Dorf die kleineren Häusleranwesen mit den verschiedenen Gewerben.

Der Hofmarksherr verleiht dem Anwesen die Schreinergerechtigkeit. D.h. der Besitzer des Anwesens hatten das (alleinige) Vorrecht das Schreinergewerbe im Dorf auszuüben. Dieses Recht war fest verbunden mit dem Anwesen und ging bei Besitzerwechsel, gleich welcher Art, mit dem Erwerb des Anwesens auf den neuen Hausherrn über, ohne dass es eine neue Verleihung bedurfte.
Witwen oder Töchter konnten, mit Zustimmung der Gutsherrschaft, Schreiner heiraten, denen dann die Niederlassung erlaubt wurde und die das Gewerbe auf dem Anwesen weiterführten. Für Handwerksgesellen war dies oft die einzige Möglichkeit, sich als Meister niederzulassen. Gewerbefreiheit in Bayern gab es erst seit 1868 und ohne Einwilligung des Hofmarksherren durfte sich kein Gewerbetreibender im Ort niederlassen. Meist wurde eine bestimmte Gewerbekonzession (Gerechtigkeit) nur einem Anwesen verliehen. Dieses Monopol diente auch zum Schutz des Handwerkers, der die Einkünfte für die Ernährung seiner Familie benötigte.

Dem Schreiner bzw. Tischler war die Herstellung bestimmter Werkstücke vorbehalten. Dazu gehörten Fenster, Türen, Möbel, Wand- und Deckenverkleidungen. Aber auch Särge wurde von ihm hergestellt.

Neben dem kleinen Gartengrundstück rund um das Haus, gehörte noch ein kleines schmales Wiesengrundstück am Steinachbach zu dem Anwesen. Außerdem durfte der Schreiner seine (meist wenigen) Tiere auf den Gemeindegründen weiden lassen.

 

 

Uraufnahme Luftbild

Uraufnahme von 1827 und heutige Bebauung.
Das Haus stand etwas oberhalb des heutigen Bogenberger-Hauses und hatte die alte Hs.Nr. 49
Quelle: Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas

 

Jakob Schreiner stirbt bereits 1757 mit 39 Jahren und die Witwe Anna Maria Schreiner vermählt sich erneut mit dem Bauerssohn Johann Ernst von Kager bei Windberg. Durch den frühen Tod der jeweiligen Ehepartner wechseln nun die Besitzer durch Einheirat häufig. Ein Wolfgang Schmid von Englmar und Andreas Plätl von Wetzelsberg folgen als Schreiner nach.

 

 

Schreiner Besitzer

 

Am 28.10.1821 heiratet die 23jährige Tochter des Wolfgang Schmid, Anna Schmid, den Schreiner Anton Sachenbacher. Der 39jährige stammt von Laingruben (heute Benediktbeuern) und ist wohl auf seiner Wanderschaft in Steinach gelandet.

Das Ehepaar hat zehn Kinder, von denen drei im Kindsalter sterben:
- Anton (* 13.11.1821) kommt ein Monat nach der Hochzeit zur Welt
- Maximilian (*11.10.1822)
- Katharina (1824-1827) stirbt mit drei Jahren an Flecken
- Anna (*+1826) stirbt mit einem Monat an Keuchhusten
- Anna (1827-1828) stirbt mit neun Monaten an Fraisen
- Elisabeth (1829-1913) bleibt ledig und wohnt bei ihrem Bruder Johann Baptist
- Johann Baptist (1832-1926), heiratet 1869 die verwitwete Nachbarin Maria Schindlmayer von Hs.Nr. 50
- Joseph (1835-1887) heiratet 1875 die Schusterstochter Karolina Billinger von Steinach Nr. 33. Karolina bringt ihre 20jährige uneheliche Tochter namens Franziska Billinger (*1855) mit in die Ehe. Der Vater ist der Steinacher Hofmarksjäger Johann Baptist Hafenbrädl (1806-1856). Er stammte aus der Glasherrendynastie Hafenbrädl und war der Sohn der Glashüttenbesitzer Joseph und Elisabeth Hafenbrädl von Seewiesen.
Die zwei weiteren kleine Söhne mit Joseph Sachenbacher sterben im Säuglingsalter.
- Johann Georg (1838-1914), Nachfolger
- Aloys (1842-1866) stirbt mit 23 Jahren an Abzehrung

 

Von dem ehemaligen Schreiner Anton Sachenbacher ist noch eine Grabplatte an der Wand des Steinacher Friedhofes vorhanden, die jedoch bereits stark verwittert ist.

 Grabtafel

 

 

Sohn Johann Georg Sachenbacher übernimmt 1873 das elterliche Schreineranwesen und heiratet Katharina Fürst von Euersdorf.

1882 erwirbt das Schreinerehepaar Sachenbacher das neuere Anwesen Hs.Nr. 69 ½ an der Hafnerstraße von Martin Urban und betreibt dort die Schreinerei weiter.

 

Sachenbacher Besitzer 49

 

 

 

schrank

Der Schrank links wurde 1841 von Anton Sachenbacher gefertigt. Der rechte Schrank 1857 von seinem Sohn Georg Sachenbacher.
Privatbesitz

 

 

 

1884 verkauft Georg Sachenbacher das alte Schreineranwesen an die Schusterseheleute Johann und Franziska Kirmer.

 

Kirmer Besitzer

 

 

Die Kirmer-Familie bleibt 14 Jahre in dem Haus und veräußert es 1898 an Joseph und Franziska Zeindlmeier von Mitterharthausen. Nach dem Tod seiner Ehefrau heiratet der verwitwete Joseph Zeindlmeier die ebenfalls verwitwete Katharina Weber von Hs.Nr. 67 (heute Hafnerstr. 10) und zieht zu ihr.

 

Zeindlmeier Besitzer 49

Er veräußert das ehemalige Schreiner-Haus 1917 an die Bauerseheleute Joseph und Therese Fuchs vom Krähhof, die es als Ausnahmshaus nutzen.
Diese neuen Eigentümer sind auch Namensgeber für die Bezeichnung "Fuchsenhäusl".

 

Ihre Tochter Franziska ist dem Thanhof-Bauern Josef Bogenberger verheiratet. Nach dem Tod der Eltern erbt sie das Haus und verkauft es 1951 an die Nachbarn Johann und Rosa Bogenberger.

 

 

Fuchs Besitzer 49

 

 

Die Bogenberger’s reißen das Haus ab und nehmen den Grund zu ihrer Hofstelle mit dazu.

Somit verschwindet das ehemalige Schreiner-Anwesen nach 200 Jahren wieder aus dem Ortsbild.

 

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 Die Nachbarskinder Cilli und Hilde Weinspach vor dem "Fuchenshäusl" um 1950.
Quelle: Fuchssteiner Cilli, Steinach

 

 

 

 

Quellen:

BZAR Regensburg, Pfarrmatrikel Pfarrei Steinach
BayHStA München, Hofanlagsbuchhaltung 514, Hofmark Steinach 1760
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokolle der Steuergemeinde Steinach von 1838
StA Landshut, Grundsteuerkataster Steinach Umschreibehefte 1843-1960, Sig. 17-42/4, 17-42/7, 17-42/11



 

 

Stand: 15.07.2022