Das Hilmer-Gütl Hs.Nr. 36

 

ab 1890: Hs.Nr. 52, heute Chorherrenstr. 5

 

von Claudia Heigl

 

 

 

 

 

 uraufnahme

Das Chorherrenhaus erhielt 1838 die Hs.Nr. 36

Uraufnahme aus dem Jahr 1827
Quelle: Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas

 

In Münster gab es einst acht Chorherrenhäuser und zwei Gebäude für Benefiziaten. In Folge der Stiftsverlegung nach Straubing im Jahr 1581 wurden die Gebäude verkauft.
Neben dem bekannten Propsthaus (heutiges Pfarrhaus) ist nur noch das sog. „Kaplan-Haus“ erhalten geblieben.


Es liegt direkt gegenüber der Kirche. Nach einer alten Überlieferung soll einst ein hölzerner Steg über die Straße geführt haben, damit der Chorherr bequem die Kirche erreichen konnte.

 

Spätgotische Fensterlaibungen – von der Scheune her sichtbar und nun zugemauert – künden noch von einstiger Stiftsherrlichkeit. In seiner Kernsubstanz ist das Gebäude danach rund 500 Jahre alt1.

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 Das ehemalige Kaplan-Haus bzw. Hahn-Anwesen
aufgenommen ca. 1950

Bild: Familie Hahn, Münster

 

Als erster Besitzer ist ein Wolfgang Gschöpf bekannt. 1676 vergibt das Stiftskapitel in Straubing „dem Wolfen Schöpf die Erbgerechtigkeit auf der Caplanbehausung und Garten, so bishero Leibrechtsweis ingehabt um 15 fl Kaufschilling“2

Dieser Wolfgang Gschöpf ist seit 1666 mit der Hafnerstochter Walburga Bachmaier (Bämer) von Gaishausen verheiratet und Sohn der Münsterer Bauerseheleute Jakob und Anna Gschöpf.


Zunächst hatte er das Haus nur auf das Leibrecht erworben. D.h. das Nutzungsrecht war nur auf ihn und wahrscheinlich seine Ehefrau geschrieben und konnte nicht weitervererbt werden. Das wesentlich günstigere Erbrecht kostete ihm nochmals zusätzlich 15 Gulden. Somit konnte er jedoch das Haus an eines seiner Kinder weitervererben.
Am 08.01.1684 stirbt der Vater von fünf Kindern. Vier weitere Kinder sind bereits ebenfalls klein verstorben.
- Maria (*1667), Hoferbin
- Mathias (*1670)
- Katharina (*1673)
- Michael (1678-1704) stirbt als lediger Schuster im Alter von knapp 26 Jahren
- Barbara (*1680)
Die Geburt seiner letzten Tochter am 11. April erlebt er nicht mehr. Das kleine Mädchen wird aber auch nur sechs Wochen alt.

 

Lt. dem Zins- und Stiftbuch muss „Wolf Gschöpfens Witwe“ folgende Steuer zahlen3:
vom Haus 3 Schilling 30 Kreuzer
vom Acker 1 Schilling
von der Wismadt  45 Kreuzer

 

 

Im August 1684 heiratet die Witwe den Maurer Martin Norkpauer von Motzing.

Das Anwesen erbt die älteste Tochter Maria, die 1697 den Kufner Peter Sailer zum Ehemann nimmt.
Nach dem Tod von Maria geht der Witwer 1717 nochmals eine Ehe mit Maria Ruess von Thalstetten ein.

 

1730 geht das Anwesen an Maria Magdalena Sailer, einem Kind aus erster Ehe. Sie ist mit Vitus Waldmann von Münster verheiratet.

 

1753 übergibt Vitus Waldmann das Erbrechtsbehausung mit Garten an die Tochter Walburga und ihrem angehenden Ehemann Wolfgang Hilmer, einem ledigen Bauerssohn von Arrach, um 150 Gulden. Der Bräutigam bringt 90 Gulden an Heiratsgut mit in die Ehe4.

Nach 17-jähriger stirbt die 39-jährige und der Witwer nimmt die Häuslerstochter Katharina Pummer von Münster Nr. 8 (heute Brunnenstr. 6) zur Ehefrau.

1803 übernimmt der 27-jährige Sohn Martin Hilmer von der Mutter Katharina den Besitz. Er heiratet die bereits 43-jährige Anna Maria Schönbeck, ein lediges Kind des Peter Schönbeck, Schmiedsknecht in Steinach und von Stallwang gebürtig und Anna Knott von Münster5.

 

Gschoepf Hilmer Besitzer

 

1830 stirbt der 54-jährige an Leberverhärtung und die kinderlose Witwe veräußert das Anwesen 1831 an Georg und Anna Huber um 800 Gulden.

Georg Huber stammt aus Fahrnhaus bei Wiesenfelden und ist mit der Bauerstochter Maria Anna Foidl von Münster Nr. 41 (Tassilostr. 1) verheiratet.

 

Nach der Auflösung des Kollegiatstiftes im Rahmen der Säkularisation wurden viele Grundstücke verkauft. Außerdem kam es zur Zertrümmerung der größeren Höfe in Münster. Dadurch gab es größeren Besitzverschiebungen. Die bisher kleineren Häusler hatten die Möglichkeit Grundstücke hinzuzukaufen, soweit sie die finanziellen Mittel dazu hatten.

 

1865 übernimmt Michael Huber das Gütl mit 18,89 Tagwerk Grundbesitz. Dieser geht eine Verbindung mit der Gütlerstochter Therese Schütz von Niedermotzing ein.
1884 stirbt Michael Huber mit 56 Jahren an einem Lungenleiden, die Witwe wirtschaftet alleine weiter. Nach dem Tod der Mutter erben die beiden 19-jährigen und 15-jährigen Söhne Johann und Joseph den Hof.

 

Huber Besitzer

 

 

September 1891 wird das Anwesen von den Vormündern der Huber-Buben um 7.134 Mark an Anton und Maria Schneider verkauft.

 

Der Hof ereilt das gleiche Schicksal, wie viele in Münster um diese Zeit - er geht innerhalb von 14 Jahren von Hand zur Hand und wird schließlich zerteilt.

Am 24.03.1892 vertauschen die Familie Schneider den Besitz mit Santl Wolfgang und Carolina gegen deren Anwesen in Pondorf Nr. 18.

Am 05.05.1892 erwirbt das Haus mit 7,183 ha Grund Anna Maria Biederer um 9.000 Mark.

Am 23.02.1894 geht er auf einen Biederer Georg und Theres durch Kauf um 6.000 Mark über (mit Sicherheit eine Verwandtschaft der Anna Maria.)

Am 18.10.1894 erbt ihn die Witwe Biederer Therese und verkauft ihn am 21.09.1895 um 7.000 Mark an Georg Brunner, der die Felder separat verkauft und das Haus mit 0,205 ha Grund am 04.12.1895 an Josef Schneider, Metzger in Münster Nr. 23, um 1.590 Mark veräußert.

 

Schließlich erwerben am 27.09.1906 Fürst Josef und Magdalena das Haus mit Garten um 2.800 Mark.

Die Familie Fürst wohnte vorher auf dem Anwesen Nr. 34 in Münster (heute Bergstr. 7), dass sie 1884 um 9.257 Mark erworben hatten. Beim Kauf nehmen die Fürsts noch 5 ha Grund von ihrem bisherigen Besitz mit, so dass der Gesamtbesitz nun wieder  5,286 ha (≙ 15,5 Tagwerk) umfasst.

 

Josef Fürst ist mit Magdalena Probst von Hirschberg verheiratet.
Das Ehepaar hat zwölf Kinder, von denen drei im Kindsalter sterben.
- Maria (1885-1891) stirbt mit sechs Jahren an Halsbräune
- Georg *1887 verheiratet mit Helena Müller, 1914 Fabrikarbeiter in Fürth
- Josef *1888
- Ottilie *1889
- Helena (*+ 1891)
- Franz (1892-1894) gestorben an Scharlach
- Maria *1893 heiratet am 02.03.1919 Johann Fuchs von Kirchroth
- Johan Baptist *1895 heiratet am 24.12.1928 in Trostberg Theres Loibl
- Regina * (1897-1969) heiratet 1933 Anton Hahn
- Anna (1898-1974), ledig
- Peter (*1902) heiratet 1933 Kreszenz Klingeis (1904-1986) von Münster Nr. 55
- Magdalena (1907-1974) heiratet 1935 Ferdinand Schmid, Gutsinspektor in Donauwörth und Sohn des Söldners Ferdinand und Maria Schmid von Steinach Nr. 81

Zusätzlich zur Landwirtschaft betrieb das Ehepaar noch eine Kramerei.

 

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 Magdalena Fürst, geb. Probst, als junge Ehefrau und als Greisin
Bild: Familie Hahn, Münster

 

 

Josef Fürst stirbt 1926 mit 67 Jahren. Seine Witwe Magdalena überlebt ihn um 25 Jahre und ist 1951 mit 89 Jahren die älteste Einwohnerin von Münster6.

1933 übernimmt die Tochter Regina Fürst den Besitz, die eine Ehe mit dem Söldnerssohn Anton Hahn von Steinach Nr. 55 (heute August-Schmieder-Str. 40) eingeht. Anton Hahn ist neben der Landwirtschaft, als Postbote tätig.

 

hahn fuerst 2Regina Fürst und Anton Hahn
Bilder: Familie Hahn Münster

 

 

Durch die Heirat ändert sich der Familienname auf Hahn. Die Familie ist noch heute auf dem Anwesen ansässig.

 

 

 

 

1 Agsteiner Hans, Ein historisches Chorherrenhaus
2 BayHStA München, Briefprotokolle Straubing 640 I b, fol 124‘    Kaufbrief 1.5.1676
3
BayHStA München, Straubing Kollegiatstift St. Jakob und Tiburtius KL 3, Zins- und Stiftbuch, fol. 124
4 BayHStA München, Briefprotokolle Straubing 645 I, fol.205‘   Übergabsbrief 150 fl 07.05.1753
5 Bis ca. 1825 bekamen die unehelichen Kinder den Familiennamen des Vaters, soweit dieser bekannt war.

6 Straubinger Zeitung, 1951, Die vier ältesten Einwohner von Münster – Magdalena Fürst 89 Jahre, Ludwig Magerl 88 Jahre, Johann Bauer 82 Jahre, Johann Zäch 82 Jahre.

 

 

Weitere Quellen:
Bischöfl. Zentralarchiv Regensburg, Pfarrmatrikel Pfaffmünster
BayHStA München, Kurbayern Hofkammer Hofanlagsbuchhaltung 248, Hofmark Münster 1752
StA Landshut, Rentamt Straubing B78, Häuser und Rustikalsteuerkataster Münster incl Steinach 1808
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokolle der Steuergemeinde Münster von 1838
StA Landshut, Grundsteuerkataster, Umschreibehefte Münster 17/22-5, 17/22-9, 17/22-14