Schweinehaltung und -zucht auf dem Schlossgut Steinach

 

von Claudia Heigl

 

 

Die Schweinehaltung war ein beachtlicher Teil des Gutsbetriebes in Steinach.
Die Stallungen befanden sich auf dem ehemaligen Schnellinger-Abdeckeranwesen. Heute finden wir in unmittelbarer Nachbarschaft den Betrieb der Saatzucht Steinach.

 

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Altes Schloss Steinach - im Hintergrund rechts der ehemalige Abdeckerhof
aufgenommen 1956
(Bild: Archiv für Heimatgeschichte Steinach)

 

 

Bis 1878 war etwas außerhalb vom Dorf der Abdecker von Steinach ansässig. Eduard Freiherr von Berchem-Königsfeld erwarb das Anwesen von der letzten Abdeckerswitwe Barbara Schnellinger und richtete den Ochsenstall des Gutshofes ein.

 

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Der Ochsenstall auf dem ehemaligen Schnellingerhof um 1905

 

 

Als August von Schmieder 1901 Schloss und Gutshof Steinach erwarb und Ludwig Niggl als sein neuer Verwalter einzog, wurde der komplette Gutshof grundlegend modernisiert.

 

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Der Gutsverwalter Ludwig Niggl - im Hintergrund die Schweinestallungen
aufgenommen in den 1930er Jahren

 

 

 

In der Chronik von Steinach, verfasst 1956 von Ludwig Niggl, ist folgendes zu lesen:

Im Jahre 1904 waren auf dem Schlossgut nur einige wenige Schlachtweine anzutreffen, die im Kuhstall untergebracht waren.

Zur Verwendung der Magermilch wurden dann Schweine zur Mast aufgestellt. Zur Unterbringung wurde ein unterhalb des alten Kuhstalles befindlicher Schupfen als Schweinestall ausgebaut.
Boden und Trennwände wurden nach der damals üblichen Weise unter starker Verwendung von Zementbeton ausgeführt.
Man wollte dadurch leicht zu reinigende Stallungen schaffen, übersah aber, dass der Zement viel Wasser anzieht, sehr zum Schaden der Schweine.

Nach Aufhebung des Ochsenstalles auf dem Schnellingerhof, wurden die dort vorhandenen Gebäude für einen auf besonderen Wunsch des Herrn Dr. von Schmieder errichteten Geflügelhof verwendet. Dazu kamen noch eine Anzahl Holzstätte, die auf den Weiden platziert wurden.

Da sich der Geflügelhof gar bald nur als Belastung des Gesamtbetriebes zeigte, wurde er aufgelassen.

Eine Überprüfung der Anlage ergab, dass sie sich sehr gut für eine Schweinezucht eignen würde. Der alte gemauerte Stall wurde zum Maststall eingerichtet, die Holzstallungen eigneten sich sehr gut für die Zuchttiere.

 

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Die Schweineweiden um 1933

 

Später wurde dann aus der abgebrochenen Triebhalle des Gestüts ein großer Abferkestall auf dem Platz errichtet, auf dem die abgebrannte Schnellinger Scheune stand. Er entsprach neuesten Ansprüchen.

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Die Scheune brannte am 22. Oktober 1929 ab

 

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Es entstanden dann drei Gruppen von Schweineweiden:
- Naturweide, hervorgegangen aus einer Naturwiese
- Wiesenschwingel- und Weißkleeweide
- Deutsches Weidelgras-Weißkleeweide.

Es wurden Suhlen eingebaut und die Anlage mit Obstbäumen und Pappeln bebaut. Letztere zum Windschutz.

 

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Das Zuchtmaterial – veredeltes Landschein – war aus der Stammzucht des Gutes Hüttisheim in Baden gekauft, dessen Besitzer Brink und dessen Direktor Eugen Häuser mit Steinach befreundet waren. Die Sauen zeichneten sich vor allem durch große Fruchtbarkeit und Leichtfüttrigkeit aus.
Auf Anraten von Veterinärrat Probst aus Straubing wurden dann Hoyablut eingeführt, durch das die an sich gute Sauenherde noch verbessert wurde. In jüngster Zeit wurde erneut Hoyablut eingeführt.
Der Erfolg auf den Auktionen zeigt, dass der Aufbau richtig durchgeführt wurde.

 

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Die Anlage, die nach einem Ausspruch des Vorsitzenden der deutschen Schweinezüchtervereinigung zu den schönsten deutschen Anlagen zählt, entspricht vom gesundheitlichen Standpunkt aus betrachtet modernsten Anforderungen. Die Weiden liegen warm und geschützt.

 

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Die bäuerliche Schweinezucht und Haltung, die sehr im Argen lag, ist durch die Schweinezucht des Gutes maßgebend beeinflusst worden.

 

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Schweinehütten, als Schutz vor der Sonne
rechts Anton Ruß, der Verwalter des Schweinestalls und auch Brennmeister in der Gutsbrennerei
aufgenommen 1936

 

Auch hier hat sich wieder der sehr günstige Einfluss gut geleiteter Gutsbetriebe auf die bäuerlichen Wirtschaften gezeigt.

Den Bauern wurde nicht nur zahlreiches Zuchtmaterial verkauft, es wurde durch ständige Belehrung über Haltung und Fütterung der Schweine ein richtiger Dienst am Kunden mit Erfolg durchgeführt.

Die Schweinehaltung wurde ein beachtlicher Teil des Gesamtbetriebes.“

 

Der Schweinestall war bis Anfang der 1960er Jahre in Betrieb und wurde dann aufgegeben.

 

 

 

 

Bilder, soweit nicht anders angegeben:
Archiv f. Heimatgeschichte Steinach, Nachlass Ludwig Niggl

 

 

veröffenlticht: 12.05.2023

 

Das Neue Schloss Steinach

 

 

ein Film erstellt von Detlev Schneider

 

 

Vor 77 Jahren wurde das Hauptgebäude des Neue Schlosses in Steinach niedergebrannt und damit unwiderruflich zerstört. Der zum großen Teil unberührte Schlosspark mit dem noch vorhandenen  Hauptturm, den Nebengebäuden und dem verwitterten Rosenhaag, hat jedoch den bezaubernden Charme eines schlafenden Dornröschenschlosses und enthält zahlreiche alte, erlesene, aus verschiedenen Ländern stammende Solitärbäume. Gerade im Frühjahr lädt er immer wieder zu einem Spaziergang ein.


Die früher prachtvolle, einzigartigen Anlage hat eine turbulente Geschichte in seinem relativ kurzen Bestehen erlebt.

Aus diesem Grund haben wir einen kleinen Film über die Geschichte dieses faszinierenden Ortes zusammengestellt.

 

 

 

 

 

 

 

Historische Bearbeitung von Dr. Thomas Grundler und Hans Agsteiner

zusammengestellt von Detlev Schneider

Filmaufnahmen Detlev Schneider

Drohnenaufnahmen von Detlev Schneider und Claudia Heigl

 

Besprochen von Hans Agsteiner, Dr. Thomas Grundler und Detlev Schneider

Arbeitskreis für Heimatgeschichte Steinach

 

 

Das Copyright liegt beim Archiv für Heimatgeschichte Steinach

94377 Steinach

 

2022

 

 

Folgenden Institutionen sei für die freundliche Unterstützung bei der Vorbereitung herzlich gedankt:

 

Gemeindeverwaltung Steinach

Bayerisches Hauptstaatsarchiv München

Bayerische Staatsbibliothek München

Staatsarchiv Landshut

Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg

Gäubodenmuseum Straubing

Historischer Verein für Straubing und Umgebung e.V.

Vogelschutz in Steinach 

 


von Claudia Heigl

 

 

Im Nachlass des ehemaligen Gutsverwalters Landesökonomierat Ludwig Niggl befindet sich ein großformatiges Bild, dass beschrieben ist mit

 

„Erster Vogelschutzlehrgang im Neuen Schloss Steinach am 16. bis 18 Dezember 1912“.

 

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Der 1. Vogelschutzlehrgang in Steinach 1912
aufgenommen auf dem Tennisplatz des Neuen Schlosses
Bisher konnte auf dem Bild identifiziert werden:
3. Reihe stehend v.l.: 9. Pfarrer Diepold, Steinach, 11. Schlossbenefiziat Josef Schlicht, 13. Simon Bugl, Bürgermeister von Steinach
2. Reihe stehend v.l.: 2. Josef Ried, Jäger in Steinach, 3. Max Hiegeist, Hoerabach, 4. Xaver Kapfer, 5. Ludwig Jünger, Förster Dexenhof, 16. Dr. Carl von Lang-Puchhof
Sitzend v.l.: 7. August von Schmieder, 8. Karl Haenel, 9. Ludwig Niggl, Gutsverwalter, ganz rechts Paul Lorenz (Planer des Schlossparks vom Neuen Schlosses)


 

 

 

Steinach ist bekannt als Wiege der deutschen Grünlandbewegung und seiner zahlreichen Grünlandkurse, aber Vogelschutzlehrgang?

Schließlich sind wir auch in den Unterlagen von Niggl auf eine Mappe mit „Vogelschutz“ gestoßen, die neben Pläne auch eine Liste von Teilnehmer enthält und in der Weiterführung der Steinacher Chronik geht der ehemalige Gutsverwalter auch auf den Vogelschutz in Steinach detailliert ein:

1905 war der Borkenkäfer so stark aufgetreten, dass eine ernstliche Gefährdung der Wälder befürchtet werden musste. Nachdem der neue Gutsbesitzer August von Schmieder feststellte, dass der größte Feind des Borkenkäfers, die Spechte, in den Steinacher Wälder kaum anzutreffen sind, beauftragte er seinen Gutsverwalter Ludwig Niggl nachzuforschen, ob solche nicht gekauft werden könnten.

Auf seiner Suche wandte sich Niggl an den Forstassessor Karl Haenel in Bamberg. Der ihm jedoch belustigt mitteilte, dass man Spechte nicht kaufen kann, sondern diese durch Nistgelegenheiten hergezogen werden mussten. Der Vogelexperte kam nach Steinach und erläuterte was man tun musste, um optimalen Bedingungen für die Vögel zu schaffen und wie sie für die Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden konnten.

 

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August von Schmieder, Karl Haenel und Ludwig Niggl

 

In der Folge wurde eine Lehr- und Versuchsstation für Vogelschutz in Steinach von der staatlich autorisierten Kommission für Vogelschutz in Bayern ins Leben gerufen, zu deren 2. Vorsitzender Dr. August von Schmieder später gewählt wurde.

 

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Vogelschutz Karte

Vogel-Schutzkarte des Königsreichs Bayern von 1912

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Steinach ist 1912 hier eingezeichnet mit folgender Funktion:
- Ort mit fertigen Vogelschutzgehölzen
- Lehr-, Versuchs- oder Musterstation
 -Ort, wo Vogelschutz-Kurse gehalten werden.

 

 

 

 

Die Versuche wurden ausgedehnt auf die Waldwirtschaft, die Garten- und Obstbauanlagen und der Weidewirtschaft, später auch auf die Ackerwirtschaft.
Auch im neu angelegten Park des Neuen Schlosses brachten die Gärtner 500 Nistkästen an und legten Futterplätze im Winter an, um diesen mit zahlreichen Singvögeln zu bevölkern.

 

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Hans Freiherr von Berlepsch war ein Pionier des wissenschaftlichen und praktischen Vogelschutzes.
Beispiel eines vorschriftsmässigen Nistkasten für einen großen Buntspecht, der seiner natürlichen Nisthöhle nachempfunden wurde.

 

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Diese Vorlagen von Futterkästen finden teilweise heute noch Verwendung.

 

Vom 16. bis 18. Dezember 1912 fand in Steinach der erste Vogelschutzlehrgang unter Leitung von Karl Haenel und der Gutsverwaltung statt, der sehr gut besucht war. Ein zweiter Kurs vom 18. bis 20. Dezember 1913 folgte.
In den Kursen wurde zunächst auf die praktische Bedeutung des Vogelschutzes und seinen Nutzen für die Landwirtschaft eingegangen. Eingehend wurde auch die Gründe dargelegt, warum gewisse - meist die nützlichsten Vogelarten - in unserer Gegend im Abnehmen waren. Dazu gehörte, neben dem Heckenabrennen, Eier sammeln, die Vorliebe für ausgestopfte Vögel aller Art, Telegraphen, elektrische Leitungen, der Massenmord im Süden an den Zugvögel und nicht zuletzt auch die Damenmode.
Als wichtigste Maßnahme, um den Bestand wieder zu erhöhen, war die Schaffung von passenden Nistgelegenheiten, die ordnungsgemäß angebracht werden mussten. Dazu gab es auch praktische Übungen im Freien. Ausführlich wurde auch auf die richtige Winterfütterung und die hier gemachten Fehler eingegangen.


Wobei bei diesen Vorträgen natürlich der Nutzen der Vögel für die Landwirtschaft im Vordergrund standen und die Raubvögel als Bedrohung angesehen wurden.

Lt. Niggl konnte Haenel, der auch ein sehr guter Musiker war, aufgrund seines guten Gehörs die Zahl der Paare einer Vogelgattung genau bestimmen und unterstützt vom Vogelwart Nebesky, der die Steinacher Station zu betreuen hatte, ein Verzeichnis aller Vögel anfertigen, die in Steinach vorkamen.

Die frühe Vogelschutzbestrebung kam auch der 1919 ins Leben gerufenen Grünlandbewegung sehr zu Gute. Auf den ausgedehnten Weiden wurden die Vögel eingesetzt, um die Pferde, Rinder und Schweine vor ihren Peinigern, den Fliegen und Ungeziefer aller Art, zu befreien und beim Grassamenanbau halfen die Vögel die schädlichen Drahtwürmer zu bekämpfen.

 

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Schwalben und ihre Nester in den Schweinställen des Gutshofes
Bild: Nachlass Ludwig Niggl

 

Bei gemeinsam mit der Vogelschutzwarte Garmisch angestellte Versuche, stellte sich heraus, dass der Star bei den Bekämpfungsversuchen sich am besten bewährte.

Die Dorfgärten in ganz Steinach wurden mit Nistkästen für die Vögel ausgestatten, die von der Schuljugend gebastelt wurden.
Nur die Frauen protestierten, weil sich die Spatzen durch die guten Bedingungen ebenfalls stark vermehrt hatten und vor allem ihren jungen gezogenen Salat als Delikatesse ansahen.

 

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 Die Steinacher Schuljungen mit ihrem Lehrer August Pfeffer und Jäger Josef Ried
aufgenommen 1934
Bild: Detlev Schneider

 

 

 

Und zum Schluss schreibt Niggl in seiner Chronik von 1957:
„Für immer soll in der Geschichte von Steinach festgehalten werden, dass das Gut Steinach und später auch das Dorf vorbildlich mit der Zeit gegangen sind und viel dazu beitragen konnten, eine Bestrebung zu fördern, deren hohe Bedeutung erst in jüngster Zeit im Rahmen einer Großbewegung „Zurück zur Natur“ immer mehr in Erscheinung tritt.“

 

 

 

 

Quellen:
Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Vogelschutz SN-NIGGL_54
Niggl Ludwig, Die Geschichte von Schlossgut und Dorf Steinach 1904-1956

Alle Bilder, Illustrationen und Karten, soweit nicht anders angegeben:
Archiv für Heimatgeschichte Steinach

Die Schlossbrennerei in Steinach

 

von Claudia Heigl

 

 

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Die Brennerei ca.1970
Im Anbau vor dem Kamin befand sich der Kohlen- und Kesselraum.
Die Werkstätte, rechts davon, wurde erst später angebaut.
Bild: Thomas Grundler, Archiv für Heimatgeschichte Steinach

 

 

Als 1902 die Entscheidung fällt, dass Dr. Karl August von Schmieder ein neues Schloss auf dem Singberg errichten will, wird auch das Alte Schloss von Grund auf renoviert. Es soll als Sitz der Verwaltung und als Wohnsitz des Verwalters Ludwig Niggl und der unverheirateten Angestellten dienen. Zu den Plänen gehört auch der Bau einer Brennerei.

 

Zur Verbesserung der schweren Steinacher Böden war die Einführung eines ausgedehnten Hackfruchtbaues und die Versorgung der Böden mit Stallmist aus einer intensiven Rindviehhaltung von entscheidender Bedeutung. Da wegen der weiten Entfernung zur Zuckerfabrik in Regensburg sich der Anbau von Zuckerrüben nicht lohnte und sich die Kartoffeln von den schweren Böden nicht gut für Speisezwecke eigneten, war der Anbau und die Verwertung von Stärkekartoffeln in einer sog. Landwirtschaftlichen Verschlussbrennerei eine sinnvolle Lösung1. Die Bezeichnung "Verschlussbrennerei" kommt daher, weil der gesamte Brennapparat und das Alkohollager vom Zoll jedes Jahr vor der anzumeldenden Inbetriebnahme verplombt wurde, sodass kein Tropfen Alkohol abgezweigt werden konnte. Der in der Brennerei hergestellte, hochprozentige Alkohol wurde am Ende der Brennsaison an die Brantweinmonopolgesellschaft verkauft. Nach dem Brantweinmonopolgesetz musste die als Abfall bei der Destillation anfallende Schlempe in jedem Brennereibetrieb an Nutztiere verfüttert werden, wodurch alle landwirtschaftlichen Betriebe mit einer Brennerei zur Tierhaltung, die wiederum den zur Bodenverbesserung so wertvollen Stallmist lieferte, gezwungen waren. Dadurch wollte man für die größeren landwirtschaftlichen Betriebe die Einrichtung einer Brennerei einerseits lukrativ machen und die Böden und damit die Erträge auf den Flächen durch die Stallmistgabe verbessern.
Die Schlempe war ein wertvolles, aber leicht verderbliches Viehfutter. Sie konnte nur bei kühlen Temperaturen ein paar Tage aufbewahrt werden und deswegen wurde nur in den Wintermonaten von November bis März gebrannt.

 

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Kartoffelernte 1931 für die Brennerei Steinach
Bild: Nachlass Ludwig Niggl, Archiv für Heimatgeschichte Steinach

 

 

Der komplette Schlosshof wird für den Gutsbetrieb neugestaltet und ausgebaut. Es wird die alte, schon von Dr. Carl Lang-Puchhof stillgelegte Schlossbrauerei abgerissen, ebenso musste das Torhaus und das Bauhaus, in dem die frühere Verwalterwohnung war, für einen neuen Kuhstall weichen.

Zusätzlich entstanden zur neuen Brennerei auch eine Molkerei und ein Elektrizitätswerk.

Die Verwaltung des Gutsbetriebes in Steinach obliegt bis 1904 noch dem Oberverwalter Anton Kuchenmeister in Puchhof. Denn als Carl von Lang-Puchhof den Steinacher Besitz 1901 seinem zukünftigen Schwiegersohn verkaufte, blieb die Verwaltung vorerst in den Händen des Puchhofer Verwalters.

Von Kuchenmeister wird nun ein Plan ausgearbeitet, in dem die neue Brennerei nur etwa sechs Meter vom Alten Schloss entfernt errichtet werden soll. Dies widerstrebt dem neuen jungen Steinacher Verwalter Ludwig Niggl, der den Platz, schon aus Gründen des Brandschutzes, als vollkommen ungeeignet findet. Doch alle Einwände seinerseits werden von seinem Vorgesetzten Kuchenmeister abgelehnt und Karl August von Schmieder, ganz mit dem Bau des Neuen Schlosses beschäftigt, mischt sich nicht ein.

Die Baugrube ist bereits ausgehoben und die Betongrundmauern sind schon errichtet, da wendet sich Niggl an den Bezirksamtmann Cruscilla und trägt ihm seine Bedenken vor. Der teilt seine Meinung und stellt den Bau schließlich ein. Noch am gleichen Tag kann der junge Ludwig Niggl seinen Arbeitgeber August von Schmieder von seinen eigenen Plänen über die Erweiterung des Gutshofes überzeugen.

 

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Neugestaltung des Gutshofes nach den Plänen des Architekten Iwan Bartcky.
Quelle: Archiv für Heimatgeschichte Steinach (Sig. SCHL-ALS_10)

 

 

 

Für die Erweiterung wird jedoch noch das Grundstück direkt neben der Schlossscheune benötigt, auf dem sich das Anwesen der Familie Simmel (alte Hs.Nr. 36) befindet. Niggl kann die Familie zum Verkauf überreden und bietet ihnen dafür an, nicht weit entfernt am Schlossberg, ein neues Haus zu errichten, wo die Familie noch heute ansässig ist (alte Hs.Nr. 36, August-Schmieder-Str. 18).

Nun kann 1905 die neue Brennerei, 70 Meter entfernt vom Hauptgebäude, nach den Plänen des Architekten Iwan Bartcky entstehen. Den Zuschlag für den Bau bekommt die Baufirma Dendl aus Straubing. Der 34 Meter hohe Schornstein wird von der Kaminbaufirma Rummel in Sallern erstellt.

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Bauplan der Schlossbrennerei Steinach vom Juli 1905, erstellt durch den Architekten Iwan Bartcky.
Noch vor der Einfahrt stand rechts das Feuerhaus für die Schlossfeuerwehr
Quelle: Archiv für Heimatgeschichte Steinach (Sig. SCHL-ALS_10)

 

Im Brennhaus wird auch die Kraftanlage für die beiden Schlösser eingebaut. Zwei Cornwallkessel der Firma Zorn in Regensburg, jeder mit einer Heizfläche von 34 Quadratmeter, schaffen den Dampf zum Antrieb der zwei großen Kraftmaschinen, die von der „Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg“ geliefert werden und je nach Bedarfsfall mit 50 PS arbeiten können.

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Das Maschinenhaus
Quelle: Nachlass Ludwig Niggl, Archiv für Heimatgeschichte Steinach (Sig. SCHL-ALS_5)

 

 

Von diesen beiden Kraftmaschinen werden betrieben:
- die Wasserwerkspumpe

- das Elektrizitätswerk

- die Brennerei

- die Molkerei

- die Haupttransmission, die auch die Dreschmaschine mit ihren Aufzügen, die Häckselmaschine mit dem Schleifstein, sowie die Putz- und Schrotmühle in Gang setzen.

 

 

Die Brennerei selbst, von der Firma Zorn aus Regensburg gebaut, enthält einen 30 Hektoliter großen Maischraum2.

 

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Die Brennerei der Firma Zorn aus Regensburg
Quelle: Nachlass Ludwig Niggl, Archiv für Heimatgeschichte Steinach (Sig. SCHL-ALS_6)

 

 

 

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 Neben der Brennerei und dem Anbau befand sich das Feuerwehrhaus
Ausschnitt aus einer Ansichtskarte von 1931
(Archiv für Heimatgeschichte Steinach)

 

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 Die Kartoffeln wurden, als Wintervorrat für die Brennerei, im Schlosshof in großen Mieten gelagert.
Durch den kurzen Transportweg war dies eine große Arbeitseinsparung.
aufgenommen 1931
Bild: Nachlass Ludwig Niggl, Archiv für Heimatgeschichte Steinach

 


Da im ersten Weltkrieg die Kartoffel für die Ernährung beansprucht werden, müssen in dieser Zeit teilweise Zuckerrüben gebrannt werden.
Im zweiten Weltkrieg macht vor allem die Kohlenbeschaffung Probleme, mit denen die Kraftanlage betrieben wird.

 

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.... und wieder Kartoffelernte in den 1950er Jahren.
Die Frauen lesen die Kartoffeln auf und die Männer bedienen die Fuhrwerke.
Bilder: Theresa Rosa, USA

 

 

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Der Dachaufbau auf dem Brennereigebäude diente zur Entlüftung,
Aufgenommen ca. 1950
Bild: Theresa Rosa, USA

 

 

 

 

Die Brennmeister

Bedient wird die Anlage vom Brennmeister Josef Staudinger, dem Anton Ruß (1886-1973) als Brennmeister nachfolgt. Anton Ruß wohnt mit seiner Frau Theresia (1896-1984) und seinen Kindern im nahegelegenen Schnellingerhof, in der die Schweinezucht des Guteshofes untergebracht ist, die er ebenfalls verwaltet.

Als Ruß in den Ruhestand geht, folgt ihm ca. 1951 sein Gehilfe Georg Landstorfer (1913-1982) nach, der ebenfalls zum Meister ausgebildet wird. Die Brennerei wird Anfang der 70er Jahre von Kartoffeln auf Mais umstellt. Landstorfer bewirtschaftet zusätzlich noch sein eigenes Anwesen in Steinach.

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Brennmeister Georg Landstorfer
Bild: Familie Landstorfer, Steinach

 

Im September 1976 übernimmt Johann Haselbeck die Brennerei von Georg Landstorfer, der in Rente geht. Auch er hat vorher eine Ausbildung in Weihenstephan zum Brenner erhalten.
Lt. Aussage von Johann Haselbeck dauerte der eigentliche Brennvorgang nur ca. 3,5 Stunden am Tag, in denen ca. 1,4 Tonnen Mais zu 550 Liter Alkohol verarbeitet wurden.
Die Brennerei wurde nur von November bis ca. April betrieben, dann war das jährliche Brennkontingent von 550 Hektoliter erreicht.

Der Betrieb unterlag einer strengen staatlichen Aufsicht. Sobald der verplombte Tank voll war, kamen Zollbeamte, die die Umfüllung des Alkohols in den LKW überwachten und alles neu versiegelten. Der 85%ige Alkohol wurde nach Regensburg transportiert und hier für die Industrie weiterverarbeitet. Zusätzlich gab es immer wieder unvorhergesagte Besuche seitens des Zolls, die den Brennvorgang und die Destillerie genauesten kontrollierten.

 

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Johann Haselbeck, der fünf Jahre für die Brennerei zuständig war,
übernimmt 1984 die landwirtschaftliche Verwalterstelle in der Saatzucht Steinach.
Bild: Familie Haselbeck, Steinach

 

 

 

Das Ende der Brennerei

Aufgrund der Besitz- und Betriebsveränderung wird im Frühjahr 1981 der Brennbetrieb eingestellt. Die Flurbereinigungsgenossenschaft Steinach-Agendorf – der inzwischen das Schlossgut gehört – verkauft 1982 das gutseigene Brennrecht.

1984 lässt der neue Eigentümer Helmut Lindbüchl die Kraftmaschinenanlage demontieren und den Anbau neben der Brennerei, der eine Werkstatt mit einer Schmiede und den Dampfkessel enthält, abreißen. Leider gehen die Umbaumaßnahmen so schnell vonstatten, dass die alte Kraftmaschinenanlage nicht mehr gerettet werden kann, an dem das Deutsche Museum schon Interesse gezeigt hatte.

 

 

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Die Brennerei nach der Stilllegung und kurz vor dem Umbau im März 1984.


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 In dem kleinen Anbau befand sich der Tankraum für den Alkohol.
Bilder: Archiv für Heimatgeschichte (Sig. FO-ALS_1)

 


Die alte Schlossanlage und der Gutshof sollten in ein Jagd- und Schlosshotel mit Gestüt und eigener Hofjagd umgestaltet werden. Im ehemaligen Stadel und der Molkerei entstehen Läden und Wohnungen und der Teilkomplex erhält den Namen „Haus Ascot“. In der alten Brennerei ist ein Brennerei- und Jagdmuseum vorgesehen3.

Das Hotel wird jedoch nicht in Betrieb genommen und als 1995 die KLINIK BAVARIA im „Schloss Steinach“ ein Rehabilitationszentrum einrichtet, findet in dem Brennereigebäude schließlich ein Bewegungstherapiebecken seinen Platz.

Inzwischen ist die Schlossanlage wieder in Privatbesitz und an die alte Brennerei erinnert nur noch das markante Gebäude an der Hofeinfahrt und der 34 Meter hohe Schornstein, der ein Zuhause für die Störche ist.

 

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Ehemaliges Brennereigebäude, aufgenommen im März 2022
Bild: Claudia Heigl

 

 

 

 

 

 

1 Niggl Ludwig, Die Geschichte von Schloßgut und Dorf Steinach 1904 - 1956
2 Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Broschüre „Schloßgut Steinach“ von ca. 1910
3 Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Prospekte des Jagd- und Schlosshotel Steinach

 

aktualisiert: 26.03.2022

 

Die Brauerei im Alten Schloss Steinach

 

von Hans Agsteiner und Claudia Heigl

 

 

 

 

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Rechts die alte Schlossbrauerei
Aufnahme ca. aus dem Jahr 1904
(Archiv f. Heimatgeschichte Steinach, Nachlass Ludwig Niggl)

 

Die Geschichte von Steinach wurde in weiten Bereichen von zahlreichen Adelsherrschaften geprägt, die zuerst auf der Burg Steinach und ab 1549 in dem Alten Schloss residierten. Seit 1336 finden wir in Steinach das Rittergeschlecht der Warter von der Wart, deren Stammburg Wart im Vilstal bei Reisbach liegt.

Als Obereigentümer besaßen sie eine Anzahl von Bauernhöfen, die sie auf Freistift, Leibrecht oder Erbrecht ihren Grundholden überließen. Im Gegenzug erhielten sie hierfür diverse Abgaben und Zinszahlungen. Daneben gab es noch das Schlossgut selbst, das sie Mithilfe eines Verwalters oder Meiers bewirtschafteten. Mit diesen Einkünften konnten sie ein mehr oder weniger standesgemäßes Leben führen. Handwerkliche Betätigung oder Handel waren den Rittern im hohen Mittelalter verboten; sie widersprachen dem ritterlichen Ehrenkodex.

Im späten Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit verarmten die Adelsherrschaften Zusehens. Grund hierfür sollte eine allgemeine Verteuerung sein, die sich durch das ganze 16. Jahrhundert zog. Diese negative Entwicklung machte auch vor den Steinacher Burgtoren nicht halt. Bereits Mitte des 15. Jahrhunderts waren die Warter in finanziellen Nöten. Ein geplanter Verkauf der Steinacher Burg an die Ortenburger kam wahrscheinlich nicht zustande, aber dafür verkauften sie einen Hof in Rotham an das Gotteshaus St. Michael in Steinach und den Berghof, den Sackhof, die Tafern in Wolferszell, den Hof in „Innersteinach“, die zwei Höfe in Pellham und eine Sölde in Bärnzell an den reichen Straubinger Bürger und Handelsmann Hermann Zeller.

Der bayerische Landesherr musste notgedrungen geeignete Maßnahmen treffen, um die finanzielle Situation des Adels zu verbessern. Die bayerischen Herzöge stiegen in kurzer Zeit zum größten Salzproduzenten und Salzhändler in Süddeutschland auf und machten damit enorme Gewinne. Ihrem Adel erlaubten sie jetzt durch besondere Gnadenbeweise gewerbliche Betätigung, z.B. die Eisengewinnung in der Oberpfalz und schließlich das Betreiben von Brauhäusern.
Es entstanden auf dem Lande bei vielen Adelssitzen Schlossbrauereien, so auch in Steinach.

Das Recht, Bier zu brauen, wurde ursprünglich aus dem Recht abgeleitet, die eigene Sache nach Belieben zu verarbeiten. Jede Familie braute ihren Bedarf für sich, später brauten mehrere Familien abwechselnd füreinander. Aber bereits aus der Passauer Bierordnung von 1331 geht hervor, dass inzwischen das allgemeine Recht zum Bierbrauen auf Vorberechtigte beschränkt worden war, vor allem auf diejenigen, die Bier zum öffentlichen Ausschank brauten. Die Braurechte entstanden und damit die Brauereien. Dieses Recht wurde vom bayerischen Herzog verliehen.

 

In den alten vorliegenden Urkunden der Schlossgeschichte Steinach aus dem Jahr 1398 und 1436 werden nur Weingärten erwähnt, so dass anzunehmen ist, dass im Steinacher Schloss noch kein Bier gebraut wurde. Zumindest nicht in großem Umfang. Im späten Mittelalter wurde auch nur wenig Bier getrunken, man sprach vielmehr dem billigen Bayerwein zu, der fass- und eimerweise gehandelt wurde. In Mitteleuropa war es damals viel wärmer als heute, so dass der Weinanbau prächtig gedieh. Im Stiftregister von 16231 werden 24 Tagwerk Weingärten aufgeführt, die zum Schlossgut gehören.

 

Erste urkundliche Erwähnung im Jahr 1509

Als das Steinacher Schlossgut im Jahre 1509 von den Warter an Wilhelm von Paulsdorf von Falkenfels verpfändet wurde, wird nun das erste Mal ein Steinacher Bräuhaus erwähnt. 1519 konnten die Verbindlichkeiten von Christoph von der Wart von seinem Stiefvater wieder eingelöst werden. Als sein Sohn, der Lutheraner Hans Wolfgang von der Wart, das Schlossgut 1583 u.a. wegen seiner neugläubigen Gesinnung endgültig verkaufen muss, wird im Kaufvertrag aufgeführt: „… Bräuhaus mit allem Braugeschirr und Zubehör“. Lt. Schlicht stand das erste Steinacher Bräuhaus dort, wo später die herrschaftlichen Pferde untergebracht waren2.

Im Stiftregister von 16233 wird das Bräuhaus ebenfalls aufgeführt: „dann ist im Hof ein wohlerbautes mit aller Notdurft versehenes gemauertes Bräuhaus, dabei alles notwendiges Bräugeschirr.“ Auch über die Einnahme gibt uns das Register Auskunft: „Die alte Bräugerechtigkeit und Hofpengarten jährliche Nutzung wird angeschlagen mit 200 Gulden.“
Im Vergleich – von allen ihren Hofmarksuntertanen zusammen bekamen die Schlossherren jährlich 136 Gulden an Gilteinnahmen.

 

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Michael Wening hat in seinem 1726 gefertigten Kupferstich im südlichen Bereich des Schlosshofes ein mehrgeschoßiges Gebäude mit umfangreichen Holzvorräten dargestellt. Das Gebäude dürfte als erstes Steinacher Bräuhaus in Betracht kommen. Auch die großen Holzstapel deuten darauf hin, denn zum Bierbrauen war viel Holz erforderlich. Die Lage stimmt auch mit der oben erwähnten Schilderung von Josef Schlicht überein.

 

 

Der Betrieb des schlosseigenen Hopfengartens gestaltete sich kostengünstig für die Schlossherrschaft, da die Dorfbewohner hier Scharwerksdienst leisten mussten. Im gleichen Register finden wir den Vermerk: „die Hand- und Schaufl-Scharwerch zu verrichten hatten, item das Hopfenstangen-Abnehmen und Procken“.

Alte Steinacher Flurnamen weisen auf den Hopfenanbau im Dorf hin: „Hopfengarten am Dietl“, „Sölde am Hopfengarten“, „Hopfengartenacker“ und „Hopfengartenackerl“.

In der alten Uraufnahme von 1827 sind noch zwei Hopfenanpflanzungen eingezeichnet - der "Hopfengarten" und der "Hopfengarten am Dietl".

 

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 Uraufnahme aus dem Jahr 1827
(Quelle: Bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas)

 

 

 

Die Brauerei - eine bedeutende Einnahmequelle

Schlicht konnte noch die Unterlagen im alten Schlossarchiv auswerten. In der „Amts- und Preurechnung für das Wirtschaftsjahr 1. Oktober 1712 bis 30. September 1713“ führt der damalige Gutsverwalter Philipp Volk auf4:
„Es gingen in’s herrschaftliche Sudhaus hinein 100 Schaff Gerste und 4 Zentner 42 Pfd. Faßpech.
Von der Gerste waren 46 Schaff erkauft, 23 Schaff selbst erbaut, 2 Schaff von den Untertanen eingedient; vermalzt wurden 68 Schaff, versotten 55 zum Winter- und 26 Schaff zum Sommerbier.
Hieraus kamen alsdann 459 Eimer Sommer-, 982 Eimer Winterbier und 12 Eimer „Brandwein“.

Hiervon konnte bei 164 Eimer Bier und 4 Eimern Brandwein in Geld nichts angesetzt werden, weil dieselben auf Besoldung oder Gästebewirtung aufgingen.“

Nettoeinnahmen aus dem Bräuhaus wurden mit 579 Gulden angesetzt.

Die weiteren Einnahmen des Gutsbesitzers aus dem Erlös von Getreide (143 fl5.), Viehverkauf (189 fl.), Laudemium (37 fl.), Strafgeldern (14 fl 56 Kr.) und Stiftsgelder von den Untertanen (260 fl.) belief sich auf insgesamt 658 Gulden. Damit macht der Erlös aus dem Bräuhaus fast 47 % der Gesamteinnahmen des Gutsherrn von insgesamt 1237 Gulden aus.

1718/1719 werden insgesamt 1540 Eimer Bier und 20 Eimer Brandwein gebraut6.

 

Der erste Bierkeller der Schlossbrauerei

Als Franz Adam Achaz Graf von Hörwarth die Hofmark von seinem Vater 1710 übernimmt, hat der spätere Viztum von Straubing ambitionierte Pläne für Schloss und Hofmark Steinach.

1736 lässt er mit den Gesamtkosten in Höhe von 431 Gulden den „neuen Sommerkeller“ ausgraben und einwölben6. Lt. Schlicht ist das der nordwärts unter die Kapelle hineinlaufende Trakt der Schlosskellerei, weiter schreibt er „die riesigen Bäume (5 Kästen – wohl Kastanien - und 1 Linde), welche den Zweck haben, das lagernde Bier zu beschatten, wurden wohl damals gepflanzt, tragen somit ein Alter von 150 Jahren.“7

1734 werden sieben Wirte von der Brauerei beliefert:
- der Hofwirt in Steinach (die alte Hoftaferne Hs.Nr. 24)  mit 123 Eimern Bier
- der hiesige Bäck Pösl (heute Bäckerei Röckl Hs.Nr. 59) mit 201 Eimern
- der Wirt in Oberparkstetten
- der Wirt zu Muckenwinkling
- der Wirt in Agendorf
- der Wirt in Reibersdorf
- der Wirt in Unterparkstetten

Zusätzlich wird noch ausgeliefert:
- an die Herrschaft nach Straubing 34 Eimer
- als Trunk für die Bediensteten 46 ½ Eimer
- in den Pfarrhof 60 Eimer

1737 gibt der Hofmarksherr dem Steinacher Bäcker Johann Georg Pösl die Erlaubnis im oberen Dorf das neue Wirtshaus neben dessen Bäckerei zu errichten (Gasthaus Krone).

Im österreichischen Erbfolgekrieg leidet das Schloss und die Schlossbrauerei sehr unter den Besatzern:
Graf von Hörwarth schreibt hierzu: die österreichische Armee habe ihm in den Jahren 1743, 1744, 1745 alles „eingezimmerte Kellerbier ausgetrunken und gewalttätig weggeführt, auch Getreide aus dem Kasten und das Malz abgenommen“.
Franz Adam Hörwarth ließ nach dem Krieg einen „refierkundig in der ganzen Nachbarschaft besten und pfennigvergeltlichen Trunk“ bräuen; allein der Verschleiß (Verbrauch) war gleichwohl „ein sehr schlechter“, den Leuten fehlte das Geld um zu trinken6.

 

Der Brauerei-Neubau im Jahr 1784

Das rund 300-jährige erste Bräuhaus der Warter ist Ende des 18. Jahrhunderts baufällig und zu klein. Deshalb geht 1784 der damalige Steinacher Schlossbesitzer Kajetan Graf von Hörwarth daran, eine neue Brauerei zu errichten, die ebenfalls wieder eine ergiebige Finanzquelle werden sollte.
Er beauftragt den Zimmermeister Erlacher aus Straubing mit der Ausarbeitung eines Bauplans und eines Kostenvoranschlags. Der Kostenvoranschlag lautet auf 2.241 Gulden. Doch das neue Bräuhaus wird größer und kostspieliger: es verschlingt 10.000 Gulden, mit deren Abzahlung, lt. Schlicht8, der reichsgräfliche Hofmarksherr drei Jahre lang nicht fertig wird.
Dazu hatte der Graf bloß zwei Wirte als Abnehmer seines Bieres - einen Notwirt9 und einen Freiwirt.

Die Lage der neuen Steinacher Schlossbrauerei ist uns aus der Uraufnahme von 1827 und dem erhaltenen Baulinienplan von 1869  bekannt.

 

uraufnahme 1827 beschriftet

 

lageplan 1869

Auf dem alten Baulinienplan von 1869 wurde der 1905 neu erbaute Kuhstall eingezeichnet,
der 1984 in Ferienappartements umgebaut wurde und heute Wohnungen beherbergt.
Die Nr. 5 zeigt die Lage der ehemaligen Brauerei.
(Archiv f. Heimatgeschichte Steinach, Baulinienplan)

 

1805 ist die Schlossökonomie und das Bräuhaus verpachtet an die Gebrüder Steiger. Die Pächter fordern eine eigene Wasserleitung ins Steinacher Schloss und der Administrator lässt ihnen eine solche legen. Bisher musste man alles Wasser aus dem tiefen Schlossbrunnen schöpfen. Dieser Schlossbrunnen war 96 Schuh (über 30 Meter) tief in den Felsen geschlagen und wird bereits 1620 erwähnt10.
Franz Seraph Steiger ist ein Onkel des Steinacher Pfarrers Dr. Franz Anton Steiger und betreibt auch das obere Wirtshaus in Steinach (heute Gasthaus Krone)

Mit dem Einzug des neuen Gutsbesitzer Eduard von Berchem-Königsfeld (1841-1883) beginnt wieder eine große Bautätigkeit auf dem Gutshof.
Sämtliche Wirtschaftsgebäude, außer dem Bau- und Bräuhaus wurden neu erbaut. Das Brauhaus wird vom ihm eingwölbt8.

Nachdem die Windmühle auf dem Kellerberg aufgegeben wird, lässt er 1860 einen Bierkeller in den ursprünglichen Weinberg graben und errichtet über dem Eingang ein sog. Kellerhaus, daß auch als Gaststätte im Sommer betrieben wird. Pächter des sehr beliebten Sommerkellers ist der Wirt des „oberen Wirtshauses“ in Steinach, der auch das gutsherrliche Bier ausschenkt.

Die Konkurrenz im Brauwesen war wegen der Vielzahl von Brauereien sehr groß, daher kauft der Gutsherr vier Wirtshäuser dazu, um sein Bier vertreiben zu können:
- 1875 das Wirtshaus in Münster (Gasthaus Grüner Kranz)
- um 1876 das Wirtshaus in Mitterfels (heute Gasthaus Fischer)
- 1879 das Wirtshaus im unteren Dorf (heute Thanner-Wirtshaus)
- das Wirtshaus zur eisernen Brücke in Straubing (heute Wenisch)

 

1883 lässt der Steinacher Schlossbesitzer noch einen Bräuhauskamin errichten, doch erweist sich dies später als eine Fehlmaßnahme.

 

fo stei 1294

Auszug aus einer alten Zeichnung um 1886 - rechts die Schlossbrauerei
(Archiv f. Heimatgeschichte Steinach)

 

 

Als Anfang der 1880er Jahre der Bau einer Eisenbahnlinie von Straubing nach Viechtach bzw. nach Cham ins Auge gefasst wird, sind auch Pläne vorhanden, die Bahntrasse an Steinach vorbei laufen zu lassen und in Rotham eine Bahnstation zu errichten.

Als jedoch Eduard von Berchem-Königsfeld keine Zusicherung bekommt, dass hier nur sein Bier ausgeschenkt werden darf, spricht er sich gegen diese Pläne aus11.

Sein Sohn Rudolf Freiherr von Berchem-Königsfeld ist bei Übernahme des Gutes 1885 nicht bei bester Gesundheit. Der Betrieb des Schlossgutes wird bereits 1892 einer Münchener Immobilienbank übertragen. Hierbei verbleibt das Forst- und Bräuhaus im herrschaftlichen Betrieb, die gesamte Feldökonomie wird verpachtet.

 

 

 

Das Ende der Steinacher Schlossbrauerei

Am 21. August 1899 erwirbt Dr. Carl von Lang-Puchhof den Gutsbesitz in Steinach von der Witwe Marie-Zoe Freifrau von Berchem-Königsfeld.
Zum großen Leidwesen der Steinacher wird der herrschaftliche Braubetrieb von dem neuen Schlossherrn aufgegeben und die vier Wirtshäuser in Steinach, Münster, Mitterfels und Straubing  am 04.September 1899 an die Bierbrauerseheleute Ludwig und Karolina Neumayer von Straubing verkauft.

 

1901 verkauft der Puchhofer Gutsbesitzer seinem späteren Schwiegersohn  Karl August Schmieder das Schlossgut Steinach.

 

brauerei

Die letze Aufnahme von der Brauerei kurz vor ihrem Abriss 1905
(Quelle: Fotoalben von Mary von Schmieder)

 

Um für die neuen Kuhstall den geräumigen Bauplatz zu schaffen, müssen drei Steinacher Schlossbauten weichen:
- das Bräuhaus
- das Torhaus
- und das Bauhaus.

Am 10. August 1905 lässt der Bauführer in den Bräuhauskamin von 1883 Eisenkeile hineintreiben: ein dumpfer Krach mit Staubwolke und der Brauschlot liegt in Trümmern.

Nach 400 Jahren endet somit endgültig die Geschichte der Steinacher Schlossbrauerei.

 

 

1908 errichtet Simon Bugl mit einem neuen Wirtshaus (später Uhrmann-Wirthaus) eine neue kleine Brauerei. Er kann sich aber nicht lange halten und sie geht bald wieder ein.

 

 

 

 

Bekannte Braumeister in Steinach:

Die Braumeister wohnten mit ihren Familien im Brauhaus12.

1646 - 1651: Engl Johann und Walburga, Braumeister und Müller
Von ihnen kommen drei Kinder in Steinach zur Welt.

1655 – 1658:  Silbernagl Johann und Eva
Drei Kinder kommen zwischen 1655-1658 zur Welt. Bei zwei Mädchen ist die Hofmarksherrin Taufpatin.

1668 – 1676: Balthasar Berger (+09.11.1676) und Eva, geb. Bogner von Steinach
Von dem Ehepaar sind fünf Kinder bekannt, die zwischen 1669 und 1676 geboren werden.

1695: Hausinger Christoph (1665-1695). Der ledige Wirtssohn von Agendorf stirbt am 02.06.1695 in Steinach im Alter von 29 Jahren als Bierbrauer.

1698 - 1701: Johann PETER u. Johanna, geb. Ihrl von Landau
1698 heiratet der Witwer von Geiselhöring Johann geb. Ihrl, eine Schneiderstochter von Landau. Drei Kinder kommen in Steinach zur Welt.

1716 – 1722: Santl Michael, ein Bauerssohn von Loitzendorf (+14.10.1722) u. Barbara geb. Freundorfer von Ascha (+1716). In zweiter Ehe heiratet Michael Santl 1718 die Schneiderstochter Maria Zollner von Gossersdorf.

1722: Johann Georg Hiermayer und Anna Maria

1741 - 1744: Mayr Jakob und Susanna
Drei Kinder kommen von den Bierbrauerseheleuten zwischen 1741 und 1744 zur Welt. Jakob wird auch als Wirt bezeichnet13.

1758 - 1760: Koller Joseph und Maria Cäcilia, geb. Preller von Wiesing. Im Januar 1758 stirbt die Bierbrauersgattin Katharina Koller. Im Mai heiratet der Witwer die Landarzttochter Maria Cäcilia Preller von Wiesing. Auch Koller wird als Bierbrauer und Wirt im Schloss Steinach bezeichnet.

1767: Johann Mayr von Mühltahl b. Weyarn und Anna Maria, geb. Pözlberger. Johann Mayr ist ebenfalls als Bierbrauer und Wirt tätig.

1775 – 1782: Wolfgang Einberger u. Maria Katharina geb. Kitzinger von Eberhardsreuth b. Schönberg
Zwischen 1776 und 1782 kommen fünf Kinder des Ehepaares in Steinach zur Welt. Er wird nur noch als Bierbrauer im Schloss bezeichnet.

1786 – 1791: Aschenbrenner Martin u. Magdalena geb. Hahn von Mitterskirchen. 1790 heiratet der Bierbrauer in zweiter Ehe die Bierbrauerstochter Clara Jakob von Hengersberg.

1794: Winkler Martin von Mausdorf heiratet 1794 die Jägerstochter Katharina Pentinger von Steinach. Zwischen 1808 und 1814 übernehmen sie das kleine Häusleranwesen ihrer Schwester und Schwagern Schmidt Hubert und Anna neben dem Schloss (alte Hs.Nr. 35, später Bielmeier-Anwesen.) Martin Winkler stirbt am 22.11.1825 im Alter von 77 Jahren in Steinach und wird als „pensionierter Braumeister“ bezeichnet.

1849 – 1855: Anton Schedlbauer und Maria geb. Ebner, wird ab 1857 als Bräumeister in Straubing genannt.

um 1890: Kellner Andreas und Anna geb. Schmal von Sattelpeilstein. Ihr Sohn Ludwig heiratet 1890 in Steinach Katharina Laumer von Steinach.

 

 

1 Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Stiftregister über das adlige Gut und Hofmark Steinach 1623
2 Steinach. ein niederbay. Geschichtsbild von Joseph Schlicht, erschienen in der Unterhaltungsbeilage des Straubinger Tagblatts am 22.05.1882. Etwa um diese Zeit wurde auch die Brauerei in Irlbach und ggf. auch in Falkenfels gegründet.
3 Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Stiftregister über das adlige Gut und Hofmark Steinach 1623
4 Steinach. ein niederbay. Geschichtsbild von Joseph Schlicht, erschienen in der Unterhaltungsbeilage des Straubinger Tagblatts am 13.03.1882
5 fl. = Akz.f. Florin bedeutet Gulden.
6 Steinach. ein niederbay. Geschichtsbild von Joseph Schlicht, erschienen in der Unterhaltungsbeilage des Straubinger Tagblatts am 03.04.1882
7 Schlicht notierte dies im Jahr 1882
8 Steinach. ein niederbay. Geschichtsbild von Joseph Schlicht, erschienen in der Unterhaltungsbeilage des Straubinger Tagblatts am 22.05.1882
9 Wirte die nur das herrschaftliche Bier ausschenken durften (Bierzwang) nannte man Notwirte. Im Gegensatz zu den freien Wirten, die ihre Brauerei selbst wählen durften.
10 Steinach. ein niederbay. Geschichtsbild von Joseph Schlicht, erschienen in der Unterhaltungsbeilage des Straubinger Tagblatts am 12.06.1882
11 Handschriftlicher Vermerk des späteren Schlossverwalters Ludwig Niggl auf einem Zeitungsbericht über den geplanten Bau einer Bahnlinie über das Kinsachtal. Straubing Zeitung 1961 (Sig. ZEIT-STEI_19)
12 Die Personendaten wurden aus dem Matrikel der Pfarrei Steinach entnommen. Die Jahreszahlen geben den ersten und letzten Eintrag im Kirchenbuch an.
13 Wahrscheinlich gab es in der Zeit zwischen 1741 und 1767 einen Bierausschank im Schloss.

 

Weitere Quellen:
StA Landshut, Umschreibehefte zum Grundsteuerkataster Steinach 17/42-8 und Münster 17/22-10
BZA Regensburg, Pfarrmatrikel Steinach
Agsteiner H., Die ehemalige Schlossbrauerei Steinach und ihr Bierkeller im Kellerberg, veröffentlicht im Straubinger Tagblatt am 21.08.2003

 

Stand: 02.03.2023