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Das verschwundene Söldenanwesen Hs.Nr. 53

 

1583/1623: Hörl-Sölde - 1641/1691: Hörl- oder Sackmaier-Sölde - 1760: Siberer Gütl - 1808: Hs.Nr. 9 „Färber Hof“ - Hs.Nr. 53

 

heute August-Schmieder-Str.

 

von Claudia Heigl

 

 

 

Im oberen Dorf, zwischen der Straße nach Bärnzell und dem ehemaligen Benefiziatenhaus, befand sich die Hofstelle einer uralten Sölde.


Ein Sölde ist ein kleines Bauerngut, dessen Bewirtschafter als Söldner bezeichnet wurde. In Steinach hatten diese Anwesen meist um die 20 bis 25 Tagwerk (≙6 bis 8 ha) Grundbesitz mit dabei.

 

 

 

 

ak stei 115

Ansichtskarte gelaufen im Jahr 1917
Archiv f. Heimatgeschichte Steinach

 

 

 

 

Bereits 1583 besitzt Hans Hörl, ein Schuster, das Erbrecht auf diesem Anwesen1.

1623 wird auf der Hörlsölde ein Wolf Sackhmair genannt2.

Und 1641 wird im Giltregister ein Adam Egglseder auf der „Hörl- oder Sackhmairsölde“3 aufgeführt.
Im Sterbebuch finden wir am 01.11.1649 einen Adam Egelsetter, Hirte in Steinach- vielleicht ist er identisch mit dem letzten bekannten Besitzer.

 

1653 heiratet der Bauerssohn Sebastian Sieber aus Unterparkstetten die Bauerstochter Katharina Holmer aus Landorf und wird mit ihr auf der Sölde sesshaft.

Bei den Taufen ihrer ersten vier Kinder steht niemand Geringeres als Johanna Maximiliana von Starzhausen, die Schwester der Hofmarksherrin, als Patin bereit – ein Zeichen der besonderen Verbindung zur Herrschaft.
Das Ehepaar hat fünf Kinder:
- Maria Johann (*18.11.1653)
- Johann (*15.03.1656), wird Zimmerman auf dem Hs.Nr. 43 in Steinach
- Johanna Barbara (*26.11.1658)
- Johanna Sibille (*22.12.1662)
- Simon (*30.01.1666)

Als Katharina 1667 stirbt, bleibt Sebastian nicht lange allein. Er heiratet Maria Grimm von Steinach Nr. 11. Aus dieser zweiten Ehe gehen zwei weitere Kinder hervor:
- Veronika (*29.05.1668) Heiratet 1697 den Hafner Simon Grüneisl von Wolferszell Nr. 5
- Maria (*01.01.1670)

Nach Sebastians Tod um 1675 beginnt Maria ein neues Kapitel und heiratet Jakob Billinger, den Sohn eines Söldners aus Steinach. Auch diese Ehe bleibt nicht kinderlos:
- Georg Billinger (*01.11.1676), Hoferbe der Hörl-Sölde
- Regina Billinger (*08.03.1678) die am 5. Oktober 1705 den Hafner Wolfgang Pummer von Wolferszell Nr. 10 heiratet

 

Sieber Besitzer

 

Das Ehepaar Billinger lebt vermutlich auf dem Anwesen Nr. 31 in Steinach. 1691 zahlt Mathias Hitzinger Abgaben für die Hörl-Sölde – möglicherweise hat er das Anwesen von den Billingers gepachtet.
1704 übernimmt schließlich Georg Billinger, der Sohn von Jakob und Maria, die Hofstelle.

Georg Billinger heiratet Barbara Trimpl, eine Halbbauerstochter aus Steinach.
Das Paar bekommt elf Kinder:
- Walburga (*18.10.1705) heiratet 1727 den Bauern Martin Deblinger von Steinach Nr. 45
- Maria (*23.02.1707)
- Johann Georg (*08.01.1708)
- Anna Maria (*04.04.1709) heiratet 1738 den Häusler Johann Georg Hitzinger von Steinach Nr. 33
- Maria Magdalena (*25.04.1710), als Kind verstorben
- Johann Georg (*16.07.1711)
- Johann Bartholomäus (*22.08.1712)
- Maria Barbara (*12.02.1714)
- Joseph (*13.02.1716), später Schuster in Steinach Nr. 50
- Georg Sebastian (*16.01.1717)
- Johann Georg (*24.04.1719)

 

Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratet Georg Billinger im Jahr 1725 Maria Käpel aus Bärnzell. Aus dieser Ehe gehen drei weitere Kinder hervor:
- Michael (*12.09.1720), Hoferbe
- Franz Joseph (*14.11.1725), später Schuster in Steinach Nr. 33
- Joseph (*27.08.1727), als Kind verstorben

Michael, der älteste Sohn aus der zweiten Ehe, übernimmt schließlich das Anwesen. Er heiratet Maria Anna Lobermayr, geborene Berger, eine Witwe aus Agendorf.

 

Billinger Besitzer

Als Michael Billinger 1769 im Alter von 49 Jahren stirbt, heiratet seine Witwe Johann Krieger von Haselbach.

Nach dem Tod der Ehefrau nimmt Johann 1777 die Wirtstochter Katharina Stegbauer von Unterparkstetten zur Frau. Als auch Johann Krieger stirbt, holt sich die Witwe 1785 Johann Georg Hanbrunner von Steinach als Bauern auf dem Hof und nach dessen Tod 1799 Jakob Färber von Münster. Nach drei Ehen stirbt Katharina Färber im Alter von 54 Jahren und der Witwer heiratet 1804 Katharina Spießl vom Wiedenhof.

Von Jakob und Katharina Färber sind drei Kinder bekannt.
- Josef (*1805) Hoferbe
- Katharina (*1809) bringt 1834 einen unehelichen Sohn namens Sebastian zur Welt, der 1877 das Haus Nr. 47 1/2 in der Bärnzeller Straße erwirbt.
- Anna (*1816) heiratet 1844 Sebastian Holmer von Steinach Nr. 71

Sohn Joseph erbt 1835 den Hof von seinen Eltern - zum ersten Mal seit 77 Jahren wird das Anwesen nicht durch Einheirat, sondern wieder direkt an einen Sohn weitergegeben.

 

Faerber Besitzer

 

 

1865 übergibt die verwitwete Katharina Färber den Hof mit 23 Tagwerk Grundbesitz an ihre Tochter Helena, die den Bauerssohn Jakob Foidl von Rotham zum Ehemann nimmt. 1872 verkaufen die beiden einen Teil des Gartens an Helena’s Schwester Katharina und deren Ehemann Jakob Hierl, die darauf ein Haus mit einer Schmiedwerkstatt (neue Hs.Nr. 53 ½) errichten.

 

 

ortskarte steinach 187f 2

 Quelle: Vermessungsamt Straubing, Ortskarte Steinach 187f

 

 

Jakob und Helena Foidl haben insgesamt sechs Kinder, von denen jedoch ein Kind im Säuglingsalter (*+1867) und der Sohn Ludwig (1877-1884) im Alter von sieben Jahren stirbt.
Die vier weiteren Kinder gehen zum Arbeiten in die Fremde:
- Johann (*1870) und Jakob (*1872) sind 1915 als Bierbrauer in München angestellt.
   Wahrscheinlich haben sie das Bierbrauen noch in der Schlossbrauerei Steinach gelernt. 1897 wohnen sie noch bei den Eltern. Ein Jahr später sind sie nicht mehr in Steinach aufgeführt4.
-  Die unverheiratete Tochter Maria (*1874) kommt zum Sterben nach Hause. Am 07.08.1911 erliegt sie, nachdem sie drei Tage zu Hause war,  im Elternhaus an einem Herzleiden und einer Lungensucht.
- Tochter Helena (*1868), verheiratete Wagner, ist ebenfalls in München ansässig. Sie erwirbt 1921 das Haus, von dem alle landwirtschaftlichen Grundstücke bereits verkauft worden waren.

 

Nach dem Tod der Mutter verkauft Helena Wagner 1926 das Haus an die Nachbarn Josef und Maria Nickl (Hs.Nr. 51, heute Bärnzeller Str. 3).

 

 

Das Ehepaar Nickl reißt das alte Wohnhaus ab und erbaut 1931 darauf einen Stadel, der noch heute steht.

 

 

 

fo stei 1408

links das ehemalige Schmiedanwesen und rechts das ehemalige Söldenanwesen, auf dem der Stadel aus dem Jahr 1926 steht
in der oberen August-Schmieder-Straße
aufgenommen September 2020
Bild: Claudia Heigl

 

 

 

1 Schlicht Josef, Die Geschichte von Steinach, 1908, „Stift-, Kasten- und Salbuch über Schloß und Hofmarch Steinach 1583“, S. 98
2 Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Untertanen der Hofmark Steinach 1623
3 Archiv für Heimatgeschichte Steinach, Gilt und Ausstandregister der Untertanen zu Steinach 1641
4 Pfarrarchiv Steinach, Seelenbeschreibung 1897 und 1898

 

 

Weitere Quellen:
BayHStA München, Kurbayern Hofkammer, Hofanlagsbuchhaltung Band 248, Konskription der Untertanen der Hofmark Steinach 1752

BayHStA München, Kurbayern Hofkammer, Hofanlagsbuchhaltung Band 514, Hofanlagsbuch der Hofmark Steinach 1760
StA Landshut, Rentamt Straubing B78, Häuser- und Rustikalsteuerkataster d. Steuerdistriktes Münster incl. Steinach 1808
StA Landshut, Rentamt Straubing B79, Umschreibebuch zum Häuser- und Rustikalsteuerkataster d. Steuerdistriktes Münster incl. Steinach 1814-1843
Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokolle der Steuergemeinde Steinach von 1838
StA Landshut, Grundsteuerkataster und Umschreibehefte Sig. 17/42-4, 17/42-7, 17/42-11
Bischöfl. Zentralarchiv Regensburg, Pfarrmatrikel der Pfarrei Steinach

 

Stand: 25.04.2023