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Neues Schloss Steinach

Was tun mit der Schlossruine ?

 

von Hans Agsteiner

 

Zwei Jahre nach Kriegsende stellten sich die Verantwortlichen die Frage, was mit dem ruinierten Neuen Schloss Steinach geschehen soll. Um diese Zeit herrschte eine große Nachfrage nach Baumaterial. Es galt die Zerstörungen des 2. Weltkriegs zu beheben. Zudem herrschte infolge des Zuzugs der zahlreichen Flüchtlinge und Vertriebenen eine große Wohnungsnot; Wohnraum musste geschaffen werden. Da erinnerte man sich an die Steinacher Schlossruine, deren Mauerreste als Baumaterial genutzt werden könnten.

Zu dieser Frage und der Frage einer künftigen Nutzung des Neuen Schlosses Steinach ist ein umfangreicher Behördenschriftverkehr erhalten (Staatsarchiv Landshut, Bezirksamt Straubing, Bd. III, Rep. 168 Verz. 1 Nr. 11142). Für die entsprechenden Recherchen danke ich Frau Vera Grundler sehr herzlich.

 

 

FO NES 21

Das teilzerstörte Neue Schloss Steinach
(Foto: Nachlass von Liane von Schmieder, überlassen von Hubertus Meckel, München)

 

 

 

Keine Entnahme von Baumaterial

Die Regierung von Niederbayern und Oberpfalz richtete am 10. Juli 1947 ein Schreiben an das Straßenbauamt (Autobahn) München und fragte an, ob Baumaterial aus der Schlossruine entnommen werden könne. Doch das Straßenbauamt lehne das Ansinnen ab. Es führte in seinem Antwortschreiben vom 20. August 1947 aus, dass es einer Ausbeutung der Schloßruine Steinach zur Entnahme von Ziegelsteinen nicht zustimmen könne. Entsprechende Anträge wären abzulehnen.

Das Straßenbauamt (Autobahn) begründete seine Entscheidung folgendermaßen:

„U.E. Ist das jetzt noch Bestehende wohl der Erhaltung wert und es wäre nicht  zu vertreten auf die Wiederinstandsetzung und Wiederverwendung der schönen Anlage von vornherein zu verzichten. Wir streben daher an, das noch Bestehende des Schlosses durch Sicherungsarbeiten, wie Aufbringen eines Behelfsdaches über wertvollen Gebäudeteilen usw. vor einem weiteren Zerfall bis zu einer möglichen Wiederinstandsetzung zu schützen. Über die Wiederverwendung besteht noch keine Klarheit. Mit dem Stadtbauamt Straubing wurden wohl unverbindlich einige Vorschläge, wie Einrichtung einer Schule mit Internat usw. besprochen. Bei allen ev. in Betracht kommenden Vorschlägen wäre jedoch einzuräumen, daß das Schloß ggf. später seinem ursprünglich vorgesehenen Zweck (Rasthaus an der zukünftigen Autobahn) wieder zugeführt werden könnte“.

 

FO NES 45

Das teilzerstörte Neue Schloss Steinach Westseite
(Foto: Nachlass von Liane von Schmieder, überlassen von Hubertus Meckel, München)

 

 

 

1 ½ Millionen Ziegel könnten gewonnen werden ...

Mit Schreiben vom 30. August 1947 trat das Bayerische Landesamt für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung an den Regierungspräsidenten von Niederbayern/Oberpfalz in Schachen Neues Schloss Steinach heran. Es führte aus, dass die Ruine des Schlosses Steinach als Vermögen der früheren Reichsautobahn-Gesellschaft bei ihr unter Vermögenskontrolle stehe. Ihre Aussenstelle Straubing sei seit längerer Zeit bemüht, die Ruine für den Abbruch frei zu bekommen, um die so gewonnenen Baumaterialien einer Verwertung zuzuführen. Nach einer Schätzung durch die Philipp Holzmann AG könnten dabei etwa 1 ½ Millionen Ziegel gewonnen werden, um den örtlichen Baumarkt, hauptsächlich auch im Interesse der Unterbringung von Flüchtlingen, beleben zu können. Es komme noch hinzu, dass schon jetzt durch Unbefugte laufend Material entfernt und dadurch das Vermögensobjekt in seinem Wert  dauernd gemindert wird. Es sei Pflicht der Dienststellen des Landesamtes, diesem Zustand entgegenzutreten und dafür zu sorgen, dass die Vermögenswerte erhalten und zweckentsprechend verwendet werden. Die Bemühungen, die Ruine zum Abbruch freizubekommen, würden auch vom Landrat des Landkreises Straubing unterstützt. Die Freigabe des Objekts zum Abbruch sei bisher deshalb gescheitert, weil seitens des Regierungspräsidenten die Möglichkeit eines Wiederaufbaus der Ruine in Erwägung gezogen wird.

 

 

FO NES 46

Das teilzerstörte Neue Schloss Steinach
(Foto: Nachlass von Liane von Schmieder, überlassen von Hubertus Meckel, München)

 

 

 

 

Vergebliche Planungen: Lungenheilstätte für das jüdische Komitee, Erholungsheim für die Strafanstalt, Vogelschutzwarte

Einer Hausnotiz der Regierung von Niederbayern/Oberpfalz vom 28. November 1947  kann zur beabsichtigen künftigen Nutzung des Neuen Schlosses Folgendes entnommen werden:

„Wie wir in Besprechungen mit der Zweigstelle des BLVW erfahren haben, ist das Schloß Steinach dem jüd. Komitee in Bayern als Lungenheilstätte angegeben worden, welches sich vorher um ein Objekt in Oberbayern beworben hatte....Es läuft außerdem bei der Zweigstelle des BLVW ein Antrag der Strafanstalt Straubing, die Schloß Steinach als Erholungsheim für Beamte und Angestellte der Strafanstalt ausbauen will. Vom Innenministerium soll auch eine Verlegung der Vogelschutzwarte Garmisch nach Steinach geplant sein....Die 3 Anträge zeigen, daß Verwendungsmöglichkeiten für das Schloß Steinach gegeben sind und ein Abbruch auf jeden Fall verhindert werden muß“.

 

Krankenhaus 1 2

 

Krankenhaus 2 2

So könnte das Neue Schloss Steinach heute aussehen - doch der Wiederaufbau als TBC-Krankenhaus scheiterte an den hohen Kosten von 2 Millionen DM
(nach heutigen Verhältnissen rund 12 Millionen EUR)
(Quelle:Bauplan des Münchner Architekten Thilo E. Schneider vom Oktober 1948, Staatsarchiv Amberg, Signatur "Regierung der Oberpfalz 5556")

 

 

 

„An Wiederaufbau kann derzeit nicht gedacht werden...“

 Schließlich nahm das Bayerische Staatsministerium des Innern mit Schreiben vom 12. März 1948 zu der Verwertungsfrage Stellung. Das von Staatsekretär Fischer unterzeichnete Schreiben der Bauabteilung bringt neue Gesichtspunkte:

„Eine Verwertung des Schlosses Steinach bei Straubing für Zwecke der Autobahn besteht in absehbarer Zeit nicht. Ursprünglich war beabsichtigt, das Schloss zu einem Rasthaus an der Autobahn Regensburg-Passau umzubauen, wofür es in besonderem Maße geeignet gewesen wäre. Leider habe ich z.Zt. für das Gebäude auch sonst keine Verwertung.

Bei der anhaltenden Baustoffknappheit kann derzeit weder an einen vorläufigen Schutz des Schlosses gegen weitere Schäden infolge von Witterungseinflüssen noch an einen Wiederaufbau gedacht werden. Aus diesen Gründen ist auch an eine Verpachtung des Schlosses an die Justizverwaltung, um es als Erholungsheim für Beamte und Angestellte auszubauen, jetzt nicht möglich.

Das zuständige Landbauamt Landshut, das mit der Untersuchung des augenblicklichen baulichen Zustands des Schlosses Steinach beauftragt wurde, stellt in seinem Gutachten fest, dass der Plan auf Abbruch des Schlosses und die Verwendung des zu gewinnenden Baumaterials für andere Zwecke nicht gutgeheissen werden kann. Dies umsoweniger, als vorgenommene Proben zu der Überzeugung führten, dass das Mauerwerk mit bestem Mörtel aufgeführt ist und dass sich abgesehen von den daraus folgenden erheblichen Abbruchkosten infolgedessen bei der Steingewinnung sehr viel wertloser Bruch ergeben würde. Das Landbauamt schlägt vor, den Schlossbau zu erhalten und ihn einer entsprechenden Verwendung zuzuführen.

Da sich im Hinblick auf den gegebenen baulichen Zustand des Schlosses für dasselbe zu einem späteren Zeitpunkt doch noch eine Verwertungsmöglichkeit ergeben könnte, kann ich einen Abbruch des Schlosses nicht befürworten. Ich halte es im Gegenteil durchaus vertretbar, das Gebäude in seinem augenblicklichen Zustand zu belassen, selbst auf die Gefahr hin, dass durch Witterungseinflüsse noch der eine oder andere Schaden entsteht. Der Restbestand ist für wirtschaftlichere Verwendung zu einem späteren Zeitpunkt noch wertvoll genug“.