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Gästebuch der Familie von Schmieder

Schloss Steinach 1904 - 1929

 

von Dr. Thomas Grundler

 

Gaestebuch Deckel

 

 

Von 1904 – 1929 führte die Familie von Schmieder im Alten Schloss und ab 1908 im Neuen Schloss Steinach ein mit kunstvollen Gemälden und kleinen Zeichnungen prächtig gestaltetes Gästebuch. Das großformatige Buch gibt einen zeitgeschichtlich interessanten Einblick ins damalige Leben auf Schloss Steinach und dokumentiert, welche Persönlichkeiten in beiden Steinacher Schlössern zu Gast waren.
2014 erhielt die Gemeinde Steinach das Gästebuch als Dauerleihgabe von der Familie von Schmieder. Die schönsten Seiten daraus werden fortlaufend im Gemeindeboten vorgestellt.

 

 

 

 

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Weihnachten 1906 in Steinach: Noch lebt die junge Familie von August von Schmieder im Alten Schloss Steinach, das er 1901 erworben und umfassend renoviert hat. Seit 1904 entsteht am Singberg zwischen Steinach und Münster das deutlich  größere und komfortablere Neue Schloss Steinach. Kurz vor dem Weihnachtfest, am 22. Dezember 1906, war gerade das Richtfest im Neuen Schloss gefeiert  worden. Es ist gut vorstellbar, dass einige der Gäste, die zum Richtfest geladen waren, auch die Weihnachtsfeiertage im Alten Schloss Steinach verbrachten.
Das ganzseitige Gemälde zeigt einen mit vielen brennenden Kerzen geschmückten, natürlich gewachsenen  Nadelbaum, der unterhalb vom Alten Schloss Steinach steht, auf dem Abhang hinunter zum unteren Dorf. Hell erleuchten die vielen brennenden Kerzen die, den Baum umgebende,  tief verschneite Wiese. In der Bildmitte ist ein Mann zu sehen, der sich vom Baum weg bewegt. In seiner Hand hält er einen Stab, der einer erloschenen Fackel ähnelt. Mit dieser Fackel könnte er gerade die vielen Kerzen angezündet haben. Für die gesamte Dorfbevölkerung ist ein großer, hell leuchtender Weihnachtsbaum entstanden! Überrascht und vom hellen Lichterschein angelockt eilen viele Dorfbewohner neugierig und freudig über die verschneite Wiese zum Baum.  Im Vordergrund, vom Licht der Kerzen hell erleuchtet, hat eine Frau mit ihren beiden Kindern den Baum bereits erreicht. Die Frau faltet die Hände und eines der Kinder kniet nieder.
Darüber thront im Hintergrund das Alte Schloss. Im zweiten Obergeschoss, wo sich zu dieser Zeit der große Festsaal über die ganze Südseite des Baus erstreckte, sind alle Fenster hell erleuchtet. Die Familie von Schmieder und ihre Gäste werden sich dort zur Weihnachtsfeier versammelt haben. Vom Saal aus haben die Gäste im Schloss einen guten Blick hinunter auf den von vielen Dorfbewohnern umringten, hell leuchtenden Weihnachtsbaum.
Auf dem Dach des Alten Schlosses erkennt man noch die aufgesetzte Turmuhr, die später die Einfahrt in den Schlosshof des Neuen Schlosses zieren wird. Nach dem Verkauf des Neuen Schlosses 1934 wird die Turmuhr wieder mit herunter in`s  Alte Schloss  genommen und auf das Dach der alten Brennerei  gesetzt, wo sie heute noch zu sehen ist.
Angelo von Courten (1848 – 1925) hat dieses weihnachtliche Motiv 1906  in`s von Schmieder`sche Gästebuch gemalt. In seiner Zeit ist Angelo von Courten ein bekannter Kunstmaler in München. Im Auftrag von  König Ludwig II. schuf er etliche Gemälde für Schloss Herrenchiemsee.  Angelo von Courten und seine Familie sind häufig Gäste auf Schloss Steinach gewesen, denn es finden sich mehrere Illustrationen von ihm und von seinem Sohn Louis von Courten im von Schmieder`schen Gästebuch.

 

 

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Für die Märzausgabe des Steinacher Gemeindeboten wurde aus dem Gästebuch ein Ostermotiv ausgewählt. Der in München bekannte Kunstmaler Max Rimböck (1890 – 1956) hat es als junger, 25-jähriger Mann aus Dankbarkeit für seinen Aufenthalt vom 17.- 20. Dezember 1915 im Neuen Schloss Steinach in das Schmiedersche Gästebuch gemalt. Gastfreundschaft wurde groß geschrieben bei Familie von Schmieder. Neben der eigenen Verwandtschaft und den Bekannten aus den umliegenden Adelshäusern waren mehrere Künstler oft gern gesehene Gäste im großen Haus. Von ihnen stammen etliche sehr schöne Bilder, die das Gästebuch so einzigartig machen. Von Juli 1914 bis Dezember 1915 erscheint der Name Max Rimböck sieben Mal im Gästebuch, drei Bilder hinterlässt er dort.
Auf Rimböcks ganzseitigem Bild vom Dezember 2015 schaut ein brauner Hase, zweifellos der Osterhase, aufgerichtet über einen Holzzaun in den Garten herein. Dort blickt er auf ein frisches Osternest mit zwei auffallend großen Ostereiern, die er wohl gerade selbst in das Nest „gelegt“ hat. Der Frühling hat im Park des Neuen Schlosses gerade begonnen, die ersten Blümchen blühen auf der kleinen Wiese, noch haben die Sträucher und der im Bild sichtbare Baum kein frisches Laub ausgetrieben. Am rechten Bildrand prahlt  ein Weidenbusch mit seinen weißen Palmkatzerln. In den Ästen sitzt ein erster Singvogel. Im Hintergrund erkennt man den Bogenberg mit seiner typischen, steil nach Süden abfallenden Silhouette, dem sogenannten Donaurandbruch. Auf der Nordflanke des Bogenberges und auf den anschließenden Erhebungen des Bayerischen Waldes liegt noch der letzte Schnee. Genau diesen Ausblick hat man, wenn man vom Park im Neuen Schloss Steinach nach Südosten heraus schaut.
Warum malt Max Rimböck im Dezember ein Ostermotiv in`s Gästebuch? Ich denke, die Erklärung findet sich unterhalb des eigentlichen Gemäldes. Dort erscheint links sein Name und sein Geburtstag, der 1. April 1890 und daneben der Name des 1915  erst siebenjährigen Max von Schmieder, der auch am 1. April und zwar im Jahr 1908 geboren wurde.  Rimböck hat während seines Besuches daran gedacht oder man kam im Gespräch drauf, dass er am gleichen Tag Geburtstag hat wie der Sohn seiner Gastgeber Mary und August von Schmieder. Auch das Geburtsjahr der beiden besteht aus den gleichen Ziffern, natürlich in unterschiedlicher Reihenfolge. Das wollte er im Bild festhalten und in dem Buben die Vorfreude auf den gemeinsamen Geburtstag wecken. Der 1. April liegt nun mal im Frühjahr und dazu passt halt viel besser ein Motiv mit  den ersten Frühjahrsboten und dem  Osterhasen.

Max Rimböck wurde 1890 in Passau geboren, studierte Kunstmalerei an der Kunsthochschule in München, wo er nach dem Studium ein angesehenes Atelier unterhielt und sich insbesondere als Porträtmaler einen bedeutenden Namen machte. In der Signatur seiner Werke verwendet er für seinen Nachnamen immer die Schreibweise „Rimboeck“.

 

 

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 Für die Juliausgabe des Steinacher Gemeindeboten wurde aus dem Gästebuch wiederum ein Bild von Angelo von Courten (1848 – 1925) ausgewählt. Angelo von Courten war im Alten und im Neuen Schloss Steinach mit seiner Familie ein häufiger Gast der Familie von Schmieder. Als  bekannter Münchner Kunstmaler hat er einige schöne Bilder in das von Schmieder`sche Gästebuch gemalt.

Das Bild aus dem Jahr 1905 zeigt den nahe bei Steinach, nördlich vom Alten Schloss gelegenen Sackhof oder Saghof, wie er damals bezeichnet wurde. Claudia Heigl hat mir dankenswerterweise einige Details zu den Besitzern mitgeteilt. Demnach wurde der Saghof, der lange Zeit zum Zeller`schen Benefizium in Straubing gehörte,  1851 von Eduard von Berchem, dem früheren Besitzer von Schloss Steinach vom Landwirt Johann Ebner erworben. Welche Bedeutung der Name Sackhof oder Saghof hat, ist unklar. Immerhin war der Saghof ein sog. „ganzer Hof“, also ein Hof mit ordentlichem Grundbesitz,  einem Bauernhaus mit einem angebauten Rinderstall unter dem gleichen Dach, einem eigenen Getreidekasten, einem sog. „Inhäusl“, das als Ausnahmhaus für die Altenteiler oder für die Dienstboten diente und einem eigenen Schweinestall.
Das Bild zeigt den Blick von Westen in die damalige (1905) Hofstelle am Saghof. Es sind drei Gebäude zu sehen. Links ein Teil  des niederen, geduckt wirkenden Bauernhauses mit breiten, aus Ziegeln gemauerter  Gred, kleinen Fenstern, einem Balkon nach Osten und einem mit Schindeln gedeckten Dach, das zum Schutz vor dem Wind mit groben Steinen beschwert ist. Vor dem Bauernhaus unterhalb der Gred der damals übliche Misthaufen auf dem ein hölzerner Schubkarren steht. In der Bildmitte steht der mächtige, zur Aufbewahrung des Getreides errichtete, hölzerne Troadkasten. Davor ein großer, schattenspendender Baum, ich meine eine Eiche, eventuell sogar die Eiche, die heut noch oben am Sackhof zu bewundern ist. Von rechts schaut  das „Inhäusl“ in`s Bild herein, der Kamin verrät, dass es hier eine eigene Feuerstelle und wohl auch einen Herd gab. Rechts im Vordergrund ein Bachlauf oder zumindest eine Wasserstelle, über die eine einfache Holzbrücke führt. In der Bildmitte bringt eine Frau barfuß,  gekleidet in der damaligen Tracht mit weißem Kopftuch, einen Korb voll Wäsche vom Wasser herauf zum Haus.
Angelo von Courten hat das Bild 1905 gemalt, wenig später ließ  August von Schmieder den Saghof von Grund auf umbauen. Die Pläne dafür lieferte der damals in Straubing ansässige Architekt Iwan Bartcky, der zeitgleich für August von Schmieder das Gestüt in Niedersteinach baute und auch als Bauleiter nach den Plänen von Gabriel von Seidl  das Neue Schloss Steinach errichtete. Dabei wird das Bauernhaus am Saghof aufgestockt und der – nicht im Bild sichtbare Stall -  zu Wohnräumen umgestaltet, um mehr Wohnraum für Bedienstete des Gutshofes in Steinach zu schaffen. Dabei werden der Troadkasten und das Inhäusl leider abgebrochen.

 

 

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Der Künstler ist wiederum Angelo von Courten, als Freund der  Familie von Schmieder häufiger Gast im Neuen Schloss Steinach.
„Die Musikwoche in Steinach“ hat Angelo von Courten sein Bild benannt und „September 1908“ steht da zu lesen.  Das Neue Schloss Steinach ist zu dieser  Zeit gerade erst vor drei Monaten fertiggestellt worden und die Familie von Schmieder erlebt den ersten Sommer in der prachtvollen Anlage. Anscheinend wird das im großen Stil gefeiert. Das große Haus mit seinen fast 200 Räumen ist offensichtlich voll besetzt. Eine große Anzahl von Musikern und Sängern wurde eingeladen und die haben alle zur Verfügung stehenden Räume in Beschlag genommen.  Vom Dachgeschoß bis in den Keller wird in jedem Raum musiziert oder gesungen.
Es ist in der Familie von Schmieder bekannt, dass die kunstbegeisterte Mary von Schmieder nicht nur häufig ihre spätere beste Freundin Berta Morena, die berühmte Münchner Wagner-Opernsängerin in dieser Zeit, sondern zeitweilig ganze Orchester und Gesangensembles der Münchner Bühnen auf Schloss Steinach zu Gast hatte. Über  Wochen gastierten sie im Neuen Schloss Steinach und brachten an den Abenden in der großen Halle, in der Bibliothek oder im Schlosshof  ihr Können wirkungsvoll zu Gehör. Dazu musste natürlich ausreichend geübt werden. Auf dem Bild ist zu sehen, dass die Sänger und Musiker, ob als Solisten, Duetts oder auch in Gruppen, sich die passenden Räume und zwar in allen fünf Stockwerken des riesigen Schlosses zum Üben gesucht haben. Und das Musizieren steckte an: So greifen auch die Kinder zu Trompete und  Schlagzeug, selbst die Köchinnen versuchen in der Küche mit ihren Kochwerkzeugen mit den Musikern um sie herum mitzuhalten. Dabei vergessen sie ihr am Herd stehendes Gericht. Aus dem großen Topf steigt bereits eine Rauchwolke auf.  Wenn wirklich alle gleichzeitig musizierten und ihre Stücke übten, war im ganzen Haus eine große Klangfülle zu vernehmen.
Nur zwei Personen sind nicht „sooo“ glücklich mit dem von der Schlossherrin heraufbeschworenen musikalischen Tumult und dem von den vielen Musikern komplett in Besitz genommenen Haus. Ganz oben im Dachgewölbe erkennt man einen Gepäckmann, der eine Liste in der Hand hält, aber offensichtlich überfordert ist, die große Menge an Koffern in die richtigen Räume zu verteilen. Und direkt daneben  sieht man in einem kleinen Kammerl  den Schlossherrn August von Schmieder, dem das aus allen Räumen dröhnende Geträllere offensichtlich bereits gewaltig auf die Nerven geht. Er hat sich aus seinen prunkvoll eingerichteten, großen Repräsentationsräumen  im Erdgeschoß in eines der entlegenen  Dachzimmer verzogen, um der Musik nach nun mehreren Tagen (Musikwoche!) zu entrinnen, dort  hockt er allein auf einem Stuhl und hält sich mit den Händen seine beide Ohren zu. Die Sänger und  Musiker aber waren sicher glücklich, eine Woche im herrschaftlichen Schloss zu Gast zu sein und in den vielen Räumen nach Herzenslust zu Musizieren und so eine Musikwoche in Steinach zu gestalten.

 

 

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Für die Dezemberausgabe 2016 wurde eine Zeichnung von Gabriel von Seidl, dem Architekten des Neuen Schlosses Steinach ausgewählt. Als „Urkunde“ bezeichnet von Seidl die Zeichnung. Urkunde für das am 22.12.1906 gefeierte Richtfest des Neuen Schlosses Steinach. Das Datum 22.12.1906, der Samstag vor Weihnachten 1906, den von Seidl als Tag des Richtfestes in dieser „Urkunde“ angibt, ist insofern interessant, als Joseph Schlicht in seiner „Geschichte von Steinach“ (1908) das mit großem Aufwand gefeierte Richtfest im Detail beschreibt und dort auf den 26.12.1906 datiert. Wer der beiden liegt richtig? Gab es zwei Feiern?
Auf der linken Seite der Zeichnung sieht man einen Teil des neuen Gebäudes mit dem frisch aufgerichteten Dachstuhl. Oben am First der Richtbaum, eine mächtige, mit großem Richtkranz geschmückte Fichte. Darunter ein weiterer Kranz mit den beiden Wappen der Familien von Schmieder (springendes Pferd) und von Lang-Puchhof (Stierkopf). Mitten im Dachstuhl, auf einem hölzernen Podest, ist Münchens in dieser Zeit berühmtester Architekt Gabriel von Seidl selbst hervorgetreten, gut erkennbar an seinem markanten Rauschebart. In seiner Rechten hält er ein Glas, gefüllt mit dem „Hebewein“ und links einen spitzen Hut, den er zum überschwänglichen Gruß in der Hand schwingt. Seidl zeichnet sich selbst in einem Schurz, wie sie Zimmerer tragen. Vor ihm steht ein hölzernes Wassergefäß, auf dem er seine Initialen „GS“ als Signatur seiner Zeichnung hinterlassen hat. An einigen markanten Stellen des Gebäudes führt er in lateinischen Großbuchstaben die wichtigsten Tugenden an, die er für die Bauherren und Bewohner des Neuen Schlosses Steinach herbeiwünscht: VIRTUS (Tüchtigkeit), AMOR PATRIAE (Liebe zur Heimat); FORTITUDO (Stärke), HILARITAS (Fröhlichkeit) TE MORANTIA (??), SANITAS (Gesundheit), CONSTANTIA (Standhaftigkeit), FORTUNA (Glück) lesen wir da, und direkt unter seine Initialen hat er ARS (Kunst) gesetzt.
Aus den rundbogigen Fenstern des Turmes auf der rechten Seite  strahlt die neue Schlossherrin Mary von Schmieder, erkennbar an der Adelskrone, die sie trägt, daneben ein junges Mädchen.
Unten an die gerahmte Urkunde hat von Seidl in Medaillons die „Zunftzeichen“ der am Bau tätigen Handwerker verewigt: Winkeldreieck für die bauleitenden Architekten, Hammer für die Maurer, Säge und Winkel für die Zimmerer, Hobel für die Schreiner, drei Dachziegel für die Dachdecker, Blechrohr für die Heizungsbauer und Schlüssel für die Schlosser.
Ganz rechts dann der Text der Urkunde in einem Gemisch aus lateinischer und deutscher Schrift:
„Am 22. Dezember 1906 ist auf dem Schloßbau in Steinach der Dachstuhl fertig aufgestellt worden u. wurde der Hebewein gefeiert. Namens aller mitbauenden Architekten, Bau-Zimmer-Leut, aller Handwerker Meister, dann aller Werkmeister, Poliere u. Arbeiter rufe ich Obermaurermeister G. Seidl: Es lebe unser ausgezeichneter Bauherr A. v. Schmieder und seine vortreffliche Gattin Mary geb. von Lang-Puchhof und ihre liebe Familie, mit der sie dieses Schloß bewohnen werden.
Wir wünschen Ihnen viel Glück und viele andere gute Sachen, die wir alle in das Haus mit eingebaut haben. Sie leben!! Hoch! Hoch! Hoch!

 

 

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Für die Frühjahrsausgabe 2017 wurde eine Seite ausgewählt, die zur Erinnerung  an die Konfirmation von Ernestine (geb. 1905) und Max von Schmieder (geb. 1908), den beiden älteren Kindern von Mary und August von Schmieder am 9. April, dem Palmsonntag 1922,  ins  Gästebuch gemalt wurde.  Der Konfirmation in der Christuskirche in Straubing (Archiv der Evangelische Kirche, Straubing)  schloss sich eine große Feier mit 22 Gästen im Neuen Schloss Steinach an. Die kolorierte Zeichnung stammt wieder von einem Mitglied der Familie von Courten, diesmal von Max von Courten, einem der Söhne von Angelo von Courten. Die Courtens waren eng mit Familie von Schmieder befreundet. Der Senior, Angelo von Courten (1848-1925), von den Schmieders liebevoll „Paperl Courten“ genannt, stammte aus Bologna und war ein bedeutender Maler mit eigenem Atelier in München. Sogar für König Ludwig II. fertigte er Gemälde für Schloss Herrenchiemsee an. Angelo von Courten war verheiratet mit Irene von Klenze, der Enkelin des Hofarchitekten Leo von Klenze, der für König Ludwig I. zahlreiche bedeutende Bauten in Bayern errichtete (u.a. Marstall, Residenz, Alte Pinakothek, Ruhmeshalle, Befreiungshalle Kelheim, Walhalla). Max von Courten hat in schönster Schrift, von einer Blumengirlande aus Phantasieblumen umrahmt, die Namen der 22 Teilnehmer der Konfirmationsfeier aufgeführt. Die Liste beginnt mit den Konfirmanden Ernestine und Max von Schmieder, danach folgen die Eltern Mary und August von Schmieder, die jüngste Tochter Bertele (Berta) von Schmieder und die Oma der Konfirmanden Emma von Lang-Puchhof, hier nur „Frau von Lang-Puchhof“ genannt. Dann stehen da Frau von Kraemer und Baronin von Hofenfels, deren Familien eng mit Schmieders befreundet waren. Max von Hofenfels, königlicher Oberlandstallmeister  war der Taufpate von Max von Schmieder. Es folgen Lissy und Martha Schmieder, beide stammen aus der Karlsruher Verwandtschaft der Schmieders. Martha  war die Tochter von Karl Schmieder, einem Cousin von August von Schmieder. Sie diente ihr ganzes Leben der Familie von Schmieder als Hausdame, noch heute findet sich ihr Grab und das ihrer Eltern im Steinacher Friedhof. Dann erscheinen Elisabeth und Max von Courten und ganz am Ende Harald von Courten, alle drei waren Kinder von Angelo von Courten. Elisabeth von Courten war häufig mehrere Tage Gast im Neuen Schloss Steinach. Eine Seite vor dem Konfirmationsbild findet sich im Gästebuch hinter ihrem Namenszug der Hinweis „Februar – April 1922“. Danach erscheint auf der Liste ein „Herr Freyeisen“,  auch ein Freund der Familie von Schmieder, dessen Name mit „Willi Freyeisen“ mehrmals im Gästebuch auftaucht. Die Liste der Gäste wird fortgesetzt durch die Familie von Pfarrer Kohler, dem damaligen evangelischen Pfarrer in Straubing, der die Konfirmation vollzog und mit seiner Frau und seiner Tochter zur Feier in Schloss Steinach geladen war. Auch Ludwig Niggl, der Schmiedersche Gutsverwalter (1904 – 1945) und spätere Landesökonomierat, hier als „Inspector“ tituliert, war mit seiner Gemahlin eingeladen. Dann folgen noch drei interessante Personen: „Herr Kreis mit Frau“ und „Fräulein Heiss“. Herr Kreis war der in der Familie nicht unumstrittene, strenge Privatlehrer von Erneste und Max von Schmieder, Fräulein Heiss die von allen geliebte Kinderschwester, die „Heissi“, wie sie in der Familie genannt wurde.
Ein Blick auf die Gästeliste zeigt, dass neben der Familie der Konfirmanden ein paar Freunde, die Familie des evangelischen Geistlichen und die mit der Familie und den Konfirmanden in engerem Kontakt stehenden Beschäftigten zur Feier geladen waren.

 

 

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Für die Juliausgabe des Steinacher Gemeindeboten wurde aus dem Gästebuch der Besuch von Prinz Ludwig von Bayern am 31. Mai 1910 in Schloss Steinach ausgewählt.  Prinz Ludwig von Bayern, der spätere König Ludwig III., wegen seiner Vorliebe für die Landwirtschaft vom Volk mit dem Spitznamen  „der Milibauer“ benannt, besuchte die 45. Wanderversammlung Bayerischer Landwirte, die vom  28. Mai bis 1. Juni 1910 in Straubing stattfand. Mit großem Gepränge wurde der Wittelsbacher Prinz am Sonntag, den 29. Mai 1910 in Straubing begrüßt. 
„10:20 Uhr Ankunft seiner Königlichen Hoheit am Bahnhofe Straubing. Auf dem Perron (Bahnsteig) sind die Vertreter der Wanderversammlung, die Vorstände der königlichen Behörden und die städtischen Kollegien versammelt (Anzug: Frack und weiße Binde).“ Zum Dejeuner (Frühstück) geht`s  in`s Hotel Post und um 13 Uhr rollt ein vom landwirtschaftlichen Bezirksausschuss organisierter Festzug am Hotel vorbei. Danach besucht der Prinz die Ausstellung der Wanderversammlung und am Nachmittag die Trabrennen in Straubing. „Um 5 Uhr Abfahrt Seiner Königlichen Hoheit mit Automobil nach Puchhof. Diner dortselbst. ½ 9 Uhr Eintreffen Seiner Königlichen Hoheit im Kolosseumssaale zum feierlichen Empfangsabend.“ Prinz Ludwig übernachtet bei Familie Carl von Lang in Schloss Puchhof, Carl von Lang ist ihm als „erblicher Reichsrat der Krone Bayerns“ wohl bekannt. Am Montag, 30. Mai nimmt Prinz Ludwig vormittags an der Sitzung der Wanderversammlung im großen Rathaussaal in Straubing teil, mit anschließendem Mittagessen in der „Jägerhalle“, wohl der heutigen, erst vor zwei Jahren wiedereröffneten Hubertushalle.  Nachmittags besucht er auf dem Festplatz die landwirtschaftlichen Ausstellungen und verleiht dort die Preise für herausragende landwirtschaftliche Erzeugnisse. Zum  „Souper“ (Abendessen) lädt der landwirtschaftliche Kreisausschuss wieder ins  Hotel Post ein, „abends 8 Uhr Fahrt seiner königlichen Hoheit zur geselligen Unterhaltung auf dem Dietlkeller (der heutige Sommerkeller)“. Die Nacht verbringt Prinz Ludwig wieder im Schloss Puchhof. Am Dienstag, dem 31. Mai 1910 besucht er in Straubing vormittags die Tonwarenfabrik Jungmeier, die Blumenausstellung des Hoflieferanten Kiendl und die Fortsetzung der Wanderversammlung im Rathaussaal. „Nachmittags 1 Uhr  Fahrt mit Automobil nach Schloss Steinach, Diner dortselbst“. Im Nachlass von Ludwig Niggl findet sich die Gästeliste dieses festlichen Mittagessens im Neuen Schloss Steinach. 28 Personen sind geladen, neben Prinz Ludwig von Bayern unter anderem sein Adjutant Baron von Leonrod, Excellenz Freiherr von Soden-Fraunhofen, die Staatsminister Ritter von Brechreich und Graf von Crailsheim, Ritter von Haag, Oberlandstallmeister  Freiherr von Hofenfels, die Regierungspräsidenten der Bayerischen Regierungsbezirke Freiherr von Adrian-Werburg (Landshut), Freiherr von Halder (München), Freiherr  von Neuffer (Speyer), Freiherr  von Praun (Augsburg), Freiherr  von  Müller (Ansbach) Freiherr  von Aretin (Regensburg), Freiherr  von Brenner (Augsburg) sowie Freiherr von Cetto, Excellenz Graf Bray, Carl und Emma von Lang-Puchhof, August und Mary von Schmieder und in einem „Nachtrag“ werden noch aufgeführt Graf Preysing-Moos, Ökonomierat Anton Kuchenmeister und Ludwig Niggl, die beiden Gutsverwalter von Gut Puchhof und Steinach.  Nach dem festlichen Essen im gerade zwei Jahre zuvor fertiggestellten Neuen Schloss Steinach begibt sich Prinz Ludwig ins ebenfalls neu erbaute Gestüt Steinach. Zusammen mit den aus Straubing in Pferdekutschen herausgekommenen Teilnehmern an der landwirtschaftlichen Wanderversammlung nimmt er die durch Ludwig Niggl und Prof. Carl Weber aus Bremen nach neuesten Erkenntnissen gestalteten weitläufigen Pferdeweiden in Augenschein. Man bewundert das gerade 1909 in Betrieb genommene Gestüt mit seinen aufwändigen Pferdestallungen und die wunderschönen Vollblutpferde. Durch die Anlage mehrerer, künstlich angelegter Weiher und einer intensiven Drainage aller Flächen ist ein ausgeklügeltes Be- und Entwässerungssystem entstanden und durch die weltweit erstmalige Verwendung hochwertigen, selbstgewonnenen Gräsersaatgutes (= Beginn der Saatzucht Steinach)   sind auf den eher sauren, vernässten Böden in Unterniedersteinach hochertragreiche Grünlandflächen entstanden. Sie bieten den von Schmiederschen Vollblutpferden und den im Sommer dort grasenden Milchkühen bestes Grundfutter. Im Nachlass von Ludwig Niggl findet sich das für den Besuch des Prinzen und den vielen, an der Exkursion nach Steinach teilnehmenden Landwirten aus ganz Bayern entworfene Programm. Wegen der interessanten Details, wie damals landwirtschaftliche Exkursionen mit vielen Teilnehmern logistisch bewältigt wurden und wie viele neue Anlagen es in der gerade neu errichteten Schmiederschen  Musterland- und forstwirtschaft zu bestaunen gab, wird es hier wortwörtlich wiedergegeben:
„Abfahrt von Straubing um 2 Uhr per Wagen vom Unteren Tor
Ankunft in Bärnzell um 3:15 Uhr
Von da zu Fuß zu den nahen Gestütsweiden. Besichtigung der Pferde des Vollblutgestütes, der Wiesen- und Weidenanlagen, dann des Gestütshofes mit all seinen Einrichtungen.
Die leeren Wägen fahren nach Steinach und spannen in den von der Gemeinde Steinach angewiesenen Quartieren aus.
Vom Gestütshof:
1) Entweder zu Fuß durch die Gestütsfelder von Steinach und Wiesenkulturen zum Gutshof. Besichtigung aller Einrichtungen im Betrieb, der Brennerei, des Elektrizitäts- und Wasserwerkes, der Stallungen. Vom Gutshof zum Steinacher Keller. (Diese Besichtigungstour mit dem immerhin über 2 km langen Fußmarsch vom Gestüt zum Gutshof wählt Prinz Ludwig, wie Bilder aus den Photoalben von Mary von Schmieder, die den Prinzen im Schlosshof vor dem gerade fertigstellten, damals größten Kuhstall Bayerns zeigen)
Oder 2) Eingehende Besichtigung von Meliorationsarbeiten, Drainagen etc. , Gang über den Gutshof zum Keller
Oder 3) Unter Führung von Forstbeamten durch den Wald zum Steinacher Keller. Besichtigung interessanter Waldkulturen, des Pflanzgartens , der Vogelschutzanlagen. Auf Wunsch Besichtigung des Parkes im Neuen Schloss.
Oder 4) Unter Führung des Baurats Ruoff, Regensburg: Besichtigung der Wasserversorgunsanlage (Quellenfassung, Hochreservoir, Druck- und Saugleitung, Pumpenanlage, Filter). Durch den Wald zum Steinacher Keller.
Oder 5) Nach Wunsch über den Wald oder über den Gutshof zur Schlossgärtnerei. Besichtigung der Obstananlagen, des Parkes, der Gewächshäuser, des Bienenhauses, des Vogelhauses, der Vogelschutzanlagen. Von da zum Steinacher Keller.
Ab 6 ½ Uhr dortselbst Kellerfest.
Herren, die sich für sonstige Anlagen: Arbeiterkasernen, Arbeiterhäuser etc. interessieren und diese Anlagen genau besichtigen wollen, stehen eigene Führer zur Verfügung“.
Demnach enden alle 5 möglichen Führungen nach zum Teil ausgiebigen Gängen durch die Schmiederschen Fluren und Gutsanlagen im Steinacher Sommerkeller am Kellerberg. Dort wird in Anwesenheit von Prinz Ludwig ein Kellerfest gefeiert.
Um  die Veranstaltung reibungslos über die Bühne gehen zu lassen, wird die Steinacher Feuerwehr von Ludwig Niggl wie folgt eingeteilt:
„Dispositionen für die Feuerwehr für den 31. Mai 1910“
„Sammeln der Wehr bei der Brauerei Bugl um 12 Uhr. Abmarsch der Wehr zum Schloss gemeinsam mit den Veteranen um 12:15 Uhr mit Musik.
Spalier bilden – einige Mann müssen sich unter die Kinder verteilen, damit nichts passiert. Die Vorstände gruppieren sich beim Portal. Nach dem Einzug seiner Königlichen Hoheit sofort Abmarsch mit Musik gemeinsam mit den Veteranen.
D i e n s t v e r t e i l u n g nachher:
Die gesamte Wehr bildet dann wieder Spalier vom Kellerstadel bis zum Bogenberger. Die Mannschaften werden so auseinandergezogen, dass sie die ganze Strecke übersehen können, damit nichts passiert.  Nach der Spalierbildung 20 – 30 Mann zur Aufrechterhaltung der Ordnung am Keller. 4 Mann nach Bärnzell zur Unterstützung des Verwalters beim Aussteigen der Gäste. 4 Mann am Eingang zum Gutshof. Die 4 Mann, die in Bärnzell stehen, gehen, wenn sie in Bärnzell fertig sind, auf dem Weg zum Schnellinger Hof. Die neue Spritze wird am Gutshof aufgestellt, 2 Mann.“
Der Besuch des Prinzen Ludwig in Steinach endet mit seiner Teilnahme an einem zünftigen Kellerfest am Steinacher Kellerberg, das für ihn und die vielen Landwirte aus ganz Bayern, die an der Exkursion nach Steinach teilnahmen, ausgerichtet wird. Im Gästebuch ziert seine Unterschrift eine ganze Seite und er hinterlässt die hier abgebildete Karte mit seinem Konterfei.
Der Prinz übernachtet noch einmal in Puchhof, besucht am nächsten Tag, dem 1. Juni 1910  in Straubing noch das Gymnasium und das Kloster der Ursulinen. Zum Dejeuner begibt er sich zum Grafen Bray nach Schloss Irlbach , wo nachmittags die Graf Bray`schen Güter Haidhof und Makofen besichtigt werden. Nach einem „kalten Imbiss im Irlbacher Keller“ reist der Prinz zum Bahnhof Straubing, „woselbst sich das Präsidium der Wanderversammlung und eine Abordnung der städtischen Kollegien von seiner Königlichen Hoheit verabschieden.
Um 7 Uhr 21: Abfahrt seiner Königlichen Hoheit nach Regensburg“.

 

 

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Für die Septemberausgabe 2017 des Steinacher Gemeindeboten wurde aus dem Gästebuch ein Bild vom Herbst 1909 ausgewählt. Zu der Zeit steht das Neue Schloss Steinach in voller Blüte, vor gerade mal zwei Jahren ist die junge Familie von Schmieder in das große neue Haus eingezogen.
Angelo von Courten (1848 – 1925) hat als herbstliches Motiv das Osttor 1909  in`s von Schmieder`sche Gästebuch gemalt. In seiner Zeit war Angelo von Courten ein bekannter Kunstmaler mit eigenem Atelier in München und  schuf im Auftrag von  König Ludwig II. etliche Gemälde für Schloss Herrenchiemsee.  Angelo von Courten war mit der Familie von Schmieder eng befreundet. Häufig war er mit seiner ganzen Familie – oft auch über mehrere Wochen -  Gast auf Schloss Steinach. „Papperl Courten“ nannte man ihn bei den Schmieders. Er hat fleißig gemalt während seiner Aufenthalte im Neuen Schloss. Die meisten Bilder im Gästebuch entstammen seiner Feder und auch das heute völlig verfallene,  sog. „Vogerlhaus“, das Gartenhaus westlich vom Haupttor, in dem sich eine große Voliere für Zierfasanen befand, hatte er mit farbigen Fresken ausgestattet.
Angelo von Courtens Bild zeigt einen Blick vom Park her auf das Osttor, im Hintergrund überragt vom mächtigen Turm des Neuen Schlosses. Aus diesem Tor ging hinaus, wenn man zum nahe gelegenen Tennisplatz wollte oder durch den naturbelassenen Teil des Parks hinter zum Ausgang am Forsthaus, wo der Weg in die großen Schmieder`schen Waldungen, die bis zum Dexenhof hinauf reichten, führte. Angelo von Courten hat in künstlerischer Freiheit dem Osttor bereits etwas Patina verliehen, obwohl es gerade mal vor zwei Jahre erbaut wurde. Die eigentlich neuen „Mönch und Nonnen“ Dachziegel sind schon vermoost und zeigen sich rotbraun, der herbstlich verfärbte wilde Wein wächst schon bis zur Dachrinne. Die großen Bäume rechts und links des Tores könnten tatsächlich schon damals in dieser Größe dort gestanden haben und nicht der Phantasie des Künstlers entstammen, denn hier ging der künstlich angelegte Park allmählich in den naturbelassenen Wald über. Oben über dem mächtigen schmiedeeisernen Tor erkennt man ein Fresko, das den heiligen Sankt Georg als Reiter darstellt. Das heute noch gut sichtbare Fresko stammt von Ludwig von Herterich (1856-1932), damals 1909 Professor an der Akademie für Bildende Künste in München und in der Malerei bekannt als Porträtist und Monumentenmaler. Herterich hat an mehreren Bauprojekten mit dem Münchner Innenarchitekten Emanuel von Seidl zusammengearbeitet, dem Bruder von Gabriel von Seidl, dem Architekten des Neuen Schlosses. Gut vorstellbar, dass daher die Verbindung zu Ludwig von Herterich entstand, der noch mehrere Wandgemälde im Neuen Schloss gestaltet haben soll, die aber alle dem verheerenden Brand am 23./24. April 1945 zum Opfer fielen. Als  Modell für den St. Georg suchte sich Herterich mit dem damals 19-jährigen Karl Kimberger einen jungen Steinacher, wie mir seine Tochter Hedwig Simmel 2008 mitteilte.
In der Mitte des Bildes schiebt ein Bediensteter eine schwere, hochrädrige Karre den fein gekiesten  Parkweg hinauf zum offenstehenden Tor, beladen mit bauschigem Material, es könnten Äste und Zweige zur Dekoration im Schloss sein, die er im Wald geschnitten hatte.
Oben auf dem Turm weht die „blau –weiße“ Fahne mit den Schmieder`schen Farben, das Zeichen, dass der Schlossherr anwesend und nicht verreist ist.

Das Gebäude am Osttor des Neuen Schlosses ist noch heute gut im Originalzustand erhalten. Zeitweise diente es als Unterkunft für Flüchtlingsfamilien und dann als Zweitwohnung für Robert Sporn, der 1961 das Neue Schloss von der Bundesfinanzverwaltung erworben hatte, heute steht es leer.  

 

 

 

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Für die Weihnachtsausgabe 2017 des Steinacher Gemeindeboten wurde aus dem Gästebuch ein Bild aus dem Winter 1919 ausgewählt. 1919, ein sehr schwieriges Jahr für Deutschland: Der erste Weltkrieg war 1918 verloren worden und im Juni 1919 musste der Versailler Vertrag unterzeichnet werden, der am 10. Januar 1920 in Kraft trat und für Deutschland und auch für August von Schmieder erhebliche Auswirkungen hatte. Das Reich musste weite Teile des Reichsgebietes an die umliegenden Staaten abtreten, riesige Reparationszahlungen sind an die Siegermächte zu leisten und, was August von Schmieder besonders hart trifft, im Ausland getätigte Geld- und Vermögensanlagen wurden weitgehend konfisziert. August von Schmieder verlor mit dem 10. Januar 1920 einen Großteil seines Geldvermögens. Circa 14 Tage vorher entstand das vorliegende Gemälde im Gästebuch. Gemalt hat es wieder mal Angelo von Courten (1848 – 1925), der als enger Freund der Familie von Schmieder mit seiner Familie über Weihnachten zu Gast im Neuen Schloss Steinach ist. Noch steht das große Haus in voller Blüte, seid nun fast 12 Jahren wohnt die Familie von Schmieder in der prachtvollen Schlossanlage, wegen der immensen Kosten für den Unterhalt werden es nur noch 9 weitere Jahre sein.
In seiner Zeit war Angelo von Courten ein bekannter Kunstmaler mit eigenem Atelier in München. Im Auftrag von König Ludwig II schuf er etliche Gemälde für Schloss Herrenchiemsee.  Angelo von Courten war mit der Familie von Schmieder sehr eng befreundet. Häufig war er mit seiner ganzen Familie Gast auf Schloss Steinach. „Papperl Courten“ nannte man ihn bei den Schmieders. Er hat fleißig gemalt während seiner vielen, zum Teil mehrere Wochen dauernden Aufenthalte im Neuen Schloss. Die allermeisten Bilder im Gästebuch entstammen seiner Feder. „Winter“ hat Angelo von Courten das ausgewählte Bild genannt. Es zeigt einen nächtlichen Blick, wohl von seinem Gästezimmer aus, hinunter in den winterlich verschneiten, kalten Schlosshof. Die das Bild beherrschenden Gebäude sind das Osttor mit dem sich anschließenden Wohngebäude für die Bediensteten. Dahinter erheben sich der dunkle Parkwald und der nachtblaue Himmel. Das riesige Schloss selbst wirft im Mondlicht den Schatten seines Daches auf den hellen Schnee. In der Wohnung überm Tor brennt noch Licht. Durch den verschneiten Schlosshof schlurft ein Mann mit langem Stock in der einen und einer hellleuchtenden Laterne in der anderen Hand, gefolgt von seinem kleinen Hund. Es ist wohl der Nachtwächter, der seine nächtliche Runde um das Schloss gedreht hat und nun in seine Wohnung zurückkehrt.
Das auf dem Gemälde zu sehende Osttor und die daran anschließenden Gebäude des Neuen Schlosses sind noch heute im Originalzustand erhalten. Durch den verheerenden Brand des Neuen Schlosses Ende April 1945 wurden sie nicht zerstört. Zeitweise dienten sie nach dem zweiten Weltkrieg als Unterkunft für Flüchtlingsfamilien und später als Zweitwohnung für Robert Sporn, der 1961 das Neue Schloss von der Bundesfinanzverwaltung erworben hatte. Heute stehen sie leer.

 

 

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Für die Ausgabe zu Ostern 2018 wurde ein Frühlingsbild ausgewählt. Gemalt hat es wieder Angelo von Courten (1848 – 1925), der in seiner Zeit ein bekannter Kunstmaler mit eigenem Atelier in München war. Im Auftrag von König Ludwig II. schuf er etliche Gemälde für Schloss Herrenchiemsee.  Angelo von Courten war mit Mary und August von Schmieder sehr eng befreundet. Häufig war er mit seiner ganzen Familie Gast auf Schloss Steinach. „Papperl Courten“ nannte man ihn bei den Schmieders. Während seiner vielen, zum Teil mehrere Wochen dauernden Aufenthalte im Neuen Schloss hat er fleißig gemalt und so entstammen die allermeisten Bilder im Gästebuch seiner Feder. Das diesmal ausgewählte Bild hat Angelo von Courten „Blick zum Bogenberg“ genannt. Entstanden ist es am 8. März 1919 und zeigt den wunderbaren Ausblick vom „Luginsland im Rosenhaag“, wie das prachtvolle Teehaus im Park des Neuen Schlosses hieß, aus hinunter auf die Donauebene bis zum weit entfernten Bogenberg. Eingerahmt in eines der Ausblickfenster sieht man die typische Silhouette des Bogenberges, mit der steil zur Donau abfallenden Südflanke, dem eher sanften Hang nach Norden zum Bayerischen Wald und der vom Maler nur angedeuteten Wallfahrtskirche auf der Bergspitze. Davor der Auwald entlang der Kinsach, die Steinacher Mooswiesen und die südlich vom Dorf gelegenen, „guten“ Steinacher Felder. Das in der Nähe erkennbare helle Band zeigt ein Stück der von August von Schmieder neu erbauten Straße vom Neuen Schloss hinüber zum Dorf Steinach und weiter nach Rotham bis zur „Staatsstraße“.
Noch haben die Rosen der verschiedenster Sorten, die am ganzen Teehaus hochrankten, nicht ausgetrieben und noch fällt die Sonne nach innen herein und wirft die Schatten der Stahlkonstruktion auf den Boden im Teehaus. Die vielen, nackt hochrankenden Zweige lassen erahnen, dass, später im Sommer, das dichte Blätterwerk der Rosen für viel Schatten spendete und die tausenden Blüten für wunderbaren Rosenduft sorgten. Noch heute, 110 Jahre später ist die stabile Stahlkonstruktion im Park erhalten und man kann an den Ausmaßen ermessen, dass sich hier im runden Mittelteil des zweiflügeligen, L-förmigen Baues auch größere Gesellschaften aufhalten konnten, um die warmen Sommertage bei Kaffee und Tee zu genießen. Die Eisenkonstruktion lieferte damals die Firma Mitterer aus Straubing. Außen auf den Eisenträgern waren weiß gestrichene Holzlatten geschraubt, um den Rosen das leichte Emporranken zu ermöglichen. Das kleine Bild unten zeigt, wie elegant der weiß gestrichene, noch nicht von Rosen überwucherte Rosenhaag nach der Fertigstellung 1908 ausgesehen hat.

 

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Für die Juniausgabe 2018 wurde die Seite im Gästebuch der Familie von Schmieder ausgewählt, die anlässlich der Taufe von Max von Schmieder (* 1.April 1908  † 23. Januar 1999) entstand.  Max von Schmieder wurde nach seiner Schwester Ernestine, als ersehnter Stammhalter und zweites Kind von Mary und August von Schmieder am 1. April 1908 in München geboren. Kurz danach, im Mai 1908, zog die junge Familie von Schmieder vom Alten Schloss hinauf ins Neue Schloss Steinach.
Wie man auf dem Bild erkennen kann, fand die Taufe, vollzogen vom evangelischen Pfarrer Meixner aus Straubing,  am 21. Juni 1908 statt. Die Seite im Gästebuch hat wieder Angelo von Courten (1848 – 1925) gestaltet, in dieser Zeit ein bekannter Kunstmaler mit eigenem Atelier in München. Angelo von Courten war mit Mary und August von Schmieder sehr eng befreundet und sehr häufiger Gast mit seiner Familie auf Schloss Steinach. „Papperl Courten“, wie ihn die Familie von Schmieder nannte, hat während seiner Aufenthalte auf Schloss Steinach viel gemalt und so entstammen die meisten der Bilder im Gästebuch seiner Feder.
Als Motiv des Taufbildes für den gerade 11 Wochen alten Max von Schmieder hat Angelo von Courten die Darstellung eines nackten Jesuskindes mit Heiligenschein gewählt, das mit fein gelocktem Haar vor dem großen Kreuz steht. Hell erleuchtet erscheinen Kind und Kreuz aus der das Kreuz umgebenden tiefblauen Dunkelheit. In seiner linken Hand hält das Jesuskind ein blaues „Kugelkreuz“, die rechte Hand hat es zum Segen erhoben.  Folgende, interessante Deutung des Bildes habe ich auf meine Bitte hin von Hasso von Winning, Pfarrer in der Christuskirche in Straubing bekommen: „Es zeigt das neugeborene Kind (also Weihnachten) am Kreuz (also Karfreitag) und hält die Weltkugel mit dem Kreuz darauf als Pantokrator (Weltenherrscher) in der Hand (also Ostern). Die Lebens- und Heilsgeschichte Jesu wird in einem Bild dargestellt. Und darunter die Taube als Sinnbild für den Heiligen Geist (also Pfingsten). Eine interessante Darstellung.“
Die Taufe fand laut Taufbuch der evangelischen Gemeinde Straubing in der Schlosskapelle im Alten Schloss Steinach statt. Die Tauffeier fand sicherlich im Neuen Schloss Steinach statt. Dort lag das Gästebuch auf. Auch der handschriftliche Eintrag des Taufspruches für Maximilian von Schmieder durch den Straubinger evangelischen Pfarrer Meixner, der die Taufe vollzog, in deutscher Schrift unter der Zeichnung deutet darauf hin: „Sehet welch eine Liebe hat der Vater uns erzeiget, dass wir Gottes Kinder sollen heißen“ (1. Brief Johannes, Kap.3, Vers 1.).
Daran anschließend haben die Gäste der Tauffeier ihre Namen unter das Bild gesetzt:
Charles und Bertha Scarisbrick, das waren die aus England angereisten Urgroßeltern des Täuflings mütterlicherseits, den Eltern von Emma von Lang-Puchhof, der Mutter von Mary von Schmieder.
Carl und Emma von Lang-Puchhof, die Großeltern mütterlicherseits.
Max (von) Lang und Max (von) Hofenfels die beiden Taufpaten.
Lilly (von) Hofenfels als „Nenntante“. Gustl Perfall und Angelo von Courten als Gäste der Familie.
Neben den Unterschriften der Taufgäste findet sich das Datum der Tauffeier, als Medaillon gestaltet und  geschmückt mit einem großen „M“ aus Rosenblüten.

 

 

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Das für die Septemberausgabe ausgewählte Bild zeigt die wunderbare Südansicht des Neuen Schlosses Steinach im Herbst 1927.  Angestrahlt von der im Süden stehenden Sonne erscheint die ganze Pracht der vom berühmten Architekten Gabriel von Seidl so vielartig gestalteten Fassade. Davor lag die breite Südterrasse, auf der sich die Familie von Schmieder mit ihren Gästen bei schönem Wetter aufhielt und von der man über die im Vordergrund sichtbare weitläufige, feine Rasenfläche zum Teehaus und zur Gärtnerei hinuntergehen konnte. 1927 waren knapp 20 Jahre seit der Fertigstellung des Prachtbaues vergangen. Herbstlich rot gefärbter Wilder Wein und grüner Efeu ranken an der strahlend weißen Fassade empor. Die von Paul Lorenz, dem Planer des Schlossparks, ausgewählt gepflanzten Solitärbäume rahmen das große Gebäude mit seiner charakteristischen Silhouette stilvoll ein.
Hier nach Süden befanden sich im Erdgeschoss die großen Gesellschaftsräume. Von links beginnend zunächst die Bibliothek, mit dem westlichen Turmerker und einer auf die Terrasse herabführenden, gewendelten Steintreppe, dann erkennt man die drei breiten Fenster der großen Halle, danach der kleine Salon und rechts der hervorspringende Turm, in dem sich das Speisezimmer befand. Ganz rechts, von den hohen Bäumen schon etwas verdeckt, der Trakt mit der Schlossküche und den Vorratsräumen. Darüber im ersten Obergeschoss lagen die Schlafräume der Schlossherrschaft die Bäder, Ankleideräume, ein Frühstückszimmer und einige Gästezimmer, im zweiten Geschoss die weiteren, der insgesamt über 20  Fremdenzimmer und die Zimmer für die Bediensteten.
Das in der Mitte des Bildes stehende, in herbstlicher Farbenpracht strahlende, feudale Schloss wirkt eher niedrig und wird schier erdrückt von der eigenen, dahinter hoch aufragenden, dunklen Schattensilhouette. Die wohl unvermeidlich kommenden, schlechteren Zeiten werfen ihre übermächtigen Schatten auf das Neue Schloss Steinach. Im Jahr 1927, als das Bild entstand, hatte das Neue Schloss seine besten Tage bereits hinter sich. Nach dem 1. Weltkrieg verschlechterte sich für August von Schmieder die wirtschaftliche Lage durch den Verlust des Großteils seines im Ausland angelegten Geldvermögens deutlich.  Seinen 60. Geburtstag feiert August von Schmieder 1927 noch  im Neuen Schloss, aber nur mit der Familie, den Angestellten und den Honoratioren aus dem Ort.  Er war gezwungen, die großen, beheizten Gewächshäuser in der Gärtnerei samt dem Palmenhaus und sogar Teile des Schlosses wegen der überaus hohen Unterhaltskosten stillzulegen. Die teure Rennpferdehaltung im Gestüt Steinach wurde aufgegeben. 1929 enden die Einträge ins Gästebuch. Familie von Schmieder musste das riesige Haus mit seinen 200 Räumen komplett schließen und verlassen. Zunächst zog die Familie nach München. Im Alten Schloss ließ sich August von Schmieder für seine gelegentlichen Besuche in der nach wie vor von Verwalter Ludwig Niggl geführten Gutsverwaltung eine kleine Wohnung einrichten. Das Neue Schloss mit allen seinen Nebengebäuden und der kompletten Einrichtung stand leer. Lediglich der pensionierte Kammerdiener Kuttruff verblieb als Hausverwalter im sonst verwaisten Neuen Schloss. In einem der damals noch strengen Winter passierte dann ein großes Missgeschick:  Ein Heizkörper platzte, das austretende Wasser überflutete das Erdgeschoss und durch die Frosteinwirkung entstand in den einstigen Repräsentionsräumen eine dicke Eisfläche. Bei der Besichtigung des Schadens liefen die Kinder Ernestine, Max und Berta von Schmieder in der großen Halle Schlittschuh.

1927 hat Louis von Courten (1885 – 1969) dieses eindrucksvolle Bild ins Gästebuch gemalt. Er war Kunstmaler und sehr häufig mit seinem, als Maler sehr viel bekannterem Vater Angelo von Courten.

 

 

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„HEILIGE NACHT“  steht in großen Lettern unter dem Bild, das für die Dezemberausgabe 2018 ausgewählt wurde. Meisterlich gemalt hat es wieder Angelo Graf von Courten (1848 -1925), ein in seiner Zeit sehr bekannter Kunstmaler mit eigenem Atelier in München. Angelo von Courten war verheiratet mit Irene von Klenze, einer Enkelin von Leo von Klenze (1784 -1864), des berühmten Hofarchitekten von König Ludwig I. von Bayern, für den Leo von Klenze zahlreiche, herausragende Gebäude in Bayern schuf, wie die Walhalla in Donaustauf, die Befreiungshalle in Kelheim, die Glyptothek, den Königsplatz und die Alte Pinakothek in München u.v.a.m. Mit den Erbauern des Neuen Schlosses Mary und August von Schmieder war „Papperl Courten“, wie Angelo von Courten liebevoll von den Schmieders genannt wurde, sehr eng befreundet. Mit seiner großen Familie, die Courtens hatten 6 Kinder,  war er ein häufiger Gast auf Schloss Steinach, wie die vielen Einträge der Courtens im Gästebuch zeigen. Die meisten Bilder im Gästebuch stammen von Angelo von Courten.
 
Auf dem Bild eilen in der Heiligen Nacht die Dorfbewohner, Kinder und Erwachsene, in ihren dunklen, langen Wintermänteln  den Weg hinauf zur Christmette in der Dorfkirche. Es herrscht tiefster Winter und es ist klirrend kalt in dieser Heiligen Nacht 1923.  Das ganze Dorf liegt tief verschneit, nur der Weg zur Kirche ist frei geräumt worden für den Gang zur Christmette. Grauweiße Schneewolken treiben über den tiefdunkelblauen, kalten Nachthimmel, dazwischen glitzern ein paar Sterne am Firmament. Warm strahlen dagegen die vom Kerzenlicht hell erleuchteten Fenster der Dorfkirche in die dunkle Nacht hinaus und laden die vielen zur Christmette zusammenkommenden Gläubigen zum Hereinkommen ein. 

Mit „25. Dezember 1923“, dem ersten Weihnachtsfeiertag, hat Angelo von Courten dieses beeindruckende Bild datiert, das durch seine  starken Farbkontraste zwischen dem kaltweißen Schnee und dem prächtigen, starken  Dunkelblau des Himmels besticht. Auf dem Bild sind zwei Kirchen zu sehen, eine große und direkt daneben eine sehr viel kleinere. Es gibt wenige Dörfer, in deren Mitte nebeneinander zwei Kirchen stehen. Hat Angelo von Courten mit etwas künstlerischer  Freiheit hier die beiden Kirchen im nahe beim Neuen Schloss Steinach liegenden Dorf Münster dargestellt?  Zum einen gibt es in Münster die große ehemalige Stiftskirche des Chorherrenstiftes und heutige Pfarrkirche St. Tiburtius mit ihrem Spitzhelm und zum anderen die sehr viel kleinere frühere Dorfkirche St. Martin mit ihrem spätgotischen Turm.  Ähnlichkeiten zu den beiden Kirchen in Münster sind auf dem Bild unverkennbar, auch wenn einige Details nicht übereinstimmen, aber  insbesondere die beiden abgebildeten Kirchentürme sind den Kirchentürmen in Münster recht ähnlich. Angelo von Courten hat die in Münster neben den Kirchen stehenden Gebäude weggelassen, um die in der Heiligen Nacht  im Mittelpunkt stehenden Kirchen besonders hervorzuheben.
Wie ihr Eintrag im Gästebuch beweist, war Familie  von Courten über Weihnachten 1923 und damit auch in der Heiligen Nacht im Neuen Schloss Steinach zu Gast. Es ist durchaus denkbar, dass Angelo von Courten die Christmette in der Pfarrkirche in Münster besuchte und dazu in dieser Weihnachtsnacht 1923 auf dem heute noch bestehenden Waldweg zu Fuß vom Neuen Schloss nach Münster zur Christmette ging. Die weihnachtliche Stimmung, die er dabei erlebte, hat er in seinem wunderbaren  Bild „HEILIGE NACHT“  gleich am folgenden Tag, dem ersten Weihnachtsfeiertag, im Gästebuch festgehalten.

 

 

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Für die Frühjahrsausgabe 2019 des Gemeindeboten wurde ein luftiges Aquarell ausgewählt.

Es zeigt einen jungen, blonden Maler, der mit seiner Staffelei und seinen weiteren Malerutensilien, wie Malpalette, Pinsel und Farbkoffer gerade draußen in der Natur steht und, begleitet von einem kleinen Hund, ein Bild malt. Oben im Bild finden sich drei bereits fertige Bilder des Malers. Alle drei mit Motiven von Steinach, zweimal das am Singberg thronende Neue Schloss. Das dritte Bild soll wohl den Schlosspark darstellen. In der Mitte ein kleines Gedicht. Der Maler bedankt  sich darin in Versform bei Familie von Schmieder  für die gastfreundschaftliche Aufnahme im Neuen Schloss. „Hab manches Bild mit Andacht auf  die Leinwand gebannt. Doch die Stunden voller Wonne, die ich hier verlebt, haben mir die schönsten Bilder in mein Herz hinein gewebt.“ Der Maler zeigt mit dem Bild, dass er die Zeit, die er als Gast im Neuen Schloss mit dem wunderbaren Park verbringen durfte, intensiv zum Malen genutzt hat und einige seiner Bilder hier in Steinach entstanden sind. Es ist bekannt, dass Familie von Schmieder immer gerne verschiedenen Künstlern/innen längere Aufenthalte im Neuen Schloss gewährte.

Das Aquarell hat  ein Maler namens  Erich Frankenberg am 4. Juni 1921 in das Schmiedersche Gästebuch gemalt.  Von Erich Frankenberg ( 1890 - 1981) ist wenig bekannt. Von ihm findet sich kein Eintrag in der umfangreichen Künstlerliste des Deutschen Kunstarchivs.  Eine Spur hat er in der bekannten, 1903 gegründeten Malerkolonie in Kallmünz hinterlassen, in der er sich wohl eine, allerdings unbekannte  Zeit lang, aufgehalten hat. Der Burgverein Kallmünz, der sich um die Geschichte von Kallmünz kümmert und um die Bilder der vielen bekannten Maler, die sich jemals in der Malerkolonie aufhielten, besitzt  ein Bild von Erich Frankenberg, das das Brunntor von Kallmünz zeigt.  Die Recherchen des Burgvereins Kallmünz haben erbracht, dass  Erich Frankenberg 1917 als Schüler von Hugo von Habermann an der Akademie der bildenden Künste in München studierte. Im Matrikelbuch  der Akademie der bildenden Künste wird der Beruf des Vaters  mit „Chefredakteur“ angegeben (Bergverein Kallmünz). Im Internet werden einige wenige Bilder von ihm angeboten, darunter ein Landschaftsbild bei Donaustauf. Nach Steinach kam Erich Frankenberg wohl über seine Eltern. Zweimal, 1919 und 1923 gibt es Eintragungen der Eltern Frankenberg im Gästebuch des Neuen Schlosses, wobei Sie jeweils mehrere Tage blieben und allein deswegen  mit Schmieders wohl befreundet bzw. näher bekannt waren.

Erich Frankenberg malte insgesamt  vier Bilder  in das Gästebuch.  Bei seinem ersten Aufenthalt, zusammen mit seinen Eltern im Juli 1919, findet sich eine Bleistiftzeichnung von ihm, die das Neue Schloss zeigt.  Die drei weiteren Bilder sind Aquarelle. Im Juni 1921 entstand das abgebildete Frühlingsbild, im Herbst 1921 ein Bild vom Gestüt Steinach und im Juni 1922 eines, das er „Floras Einzug in Steinach“  benannt hat.

Bei seinen Aufenthalten blieb Erich Frankenberg offensichtlich jeweils mehrere Tage im Neuen Schloss Steinach und genoss es hier in aller Ruhe malen zu können. So findet sich sein erster Gästebucheintrag am 9. Juli 1919, das erste Bild im Gästebuch datiert vom 29. Juli 1919 und unter eines der drei Aquarelle hat er 10. – 19. September 1921 geschrieben. Alle vier Bilder sind ein nettes „Dankeschön“ von Erich Frankenberg an die Familie von Schmieder für ihre  großzügige Gastfreundschaft, die es ihm ermöglichte sich über mehrere Tage unbeschwert im Neuen Schloss aufzuhalten und seiner Malerei nachzugehen.

 

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Das für die Juliausgabe 2019 des Gemeindeboten ausgewählte, prächtige Aquarell stammt wieder, wie die meisten Bilder im Gästebuch, von Angelo von Courten.  Angelo Graf von Courten (1848 -1925), der von den Schmieders liebevoll nur „Papperl Courten“ genannt wurde, war in seiner Zeit ein sehr bekannter Kunstmaler mit eigenem Atelier in München. Verheiratet  war er mit Irene von Klenze, einer Enkelin von Leo von Klenze (1784 -1864), dem berühmten Hofarchitekten von König Ludwig I. von Bayern. Im Juni 1912 hat er das Bild ins Gästebuch der Familie von Schmieder gemalt und kurz „Ein Gast“ genannt. Die große Familie von Courten, die Courtens hatten 6 Kinder, war eng mit Familie von Schmieder befreundet und oft über mehrere Wochen zu Gast auf Schloss Steinach, wie die vielen Einträge von Mitgliedern der Familie von Courten im Gästebuch zeigen. Auf der Seite vor dem Bild haben sich Angelo von Courten und seine Kinder dort eingetragen, hinter ihren Unterschriften steht: „8. – 25. 6.12“. Darunter hat Angelo von Courtens Sohn Carlo geschrieben: „Fast nicht mehr hinaus zu schmeißen“. 
Auf seinem nicht leicht zu interpretierenden Bild „Ein Gast“ hat Angelo von Courten 1912 im Gästebuch eine waghalsige Situation festgehalten, die einem den Atem stocken lässt: Ganz nah an der Spitze des über 40m hohen Turms des Neuen Schlosses rast ein defekter Motorflieger der in dieser Zeit gerade aufkommenden Flugapparate vorbei. Die Halteseile seiner linken Tragfläche sind gerissen und hängen frei in der Luft, der haltlose Flügel klappt nach unten weg. Zudem hat sich der Propeller gelöst und taumelt weit vor dem Motorflieger zu Boden. Der stark beschädigte Flugapparat wird im nächsten Augenblick abstürzen! Die Maschine ist bereits führerlos. Der dunkelbraune Fleck auf dem Bild an der Stelle, wo sich in heutigen Kleinflugzeugen die Pilotenkabine befindet, stellt nur die Halterung für die Tragflächenseile und den Antriebsmotor und nicht den Kopf des Piloten dar. Die damaligen, ersten Flugzeuge hatten noch keine Kabine. Der Pilot und zugleich einzige Passagier saß im Freien auf einem Sitz zwischen den Vorderrädern. Form und Konstruktion des hier abgebildeten Flugapparats sind keine Phantasiedarstellung des Künstlers. Angelo von Courten hat recht exakt eine „Libelle“ abgebildet. Die „Libelle“ war das erste in Deutschland ab 1909 von Hans Grade (1879-1946) in Berlin in Serie gebaute Flugzeug. Oft wurde sie als Schulflugzeug für angehende Piloten verwendet (Die Geschichte der Luftfahrt, Wikipedia, 2019). Der Pilot auf dem Bild hat sich auf wundersame und nicht wirklich erklärbare Weise gerettet: Er ist abgesprungen und klammert sich am Fahnenmast an der Turmspitze fest. Was er in der Hand hält, könnte seine lederne Pilotenkappe sein. Ganz oben am Fahnenmast weht die Fahne mit den Schmiederschen Farben „Blau-Weiß“, das Zeichen, dass die Schlossherrschaft gerade anwesend ist.
Die gerade aufkommende Fliegerei ist in dieser Zeit in aller Munde und für wohlhabende Leute neben dem Autofahren ein neuer, rasanter Sport. Ein paar Monate vorher, bei ihrem Aufenthalt auf Schloss Steinach über Weihnachten 1911, schrieb Angelo von Courtens Tochter Elisabeth ins Gästebuch: „Bin hierhergekommen per Bahn, in Zukunft hoffentlich per Aeroplan“ (Danke an Hans Agsteiner für die Transkription). Das neue, hochaktuelle und spannende Thema „Fliegerei“, bei der es noch zu vielen, schweren Unfällen kam, wurde damals an den langen Gesellschaftsabenden im Neuen Schloss sicher intensiv diskutiert,  was den Künstler Angelo von Courten wohl zu diesem Bild inspiriert hat. „Ein Gast“ kommt auf ganz spezielle Weise auf Schloss Steinach an! Er wollte per „Aeroplan“ anreisen, sein Flugapparat bricht im Anflug auf Schloss Steinach auseinander, mit kühnem Sprung rettet er sich auf die Turmspitze!

Neben dem abstürzenden Flieger nimmt der mächtige Turm des Neuen Schlosses einen Großteil des Bildes ein. Der das riesige Schlossgebäude deutlich überragende Turm war das von weitem sichtbare Wahrzeichen des Neuen Schlosses Steinach. Unten im Parterre, heute zugemauert,  war er als große Unterfahrt ausgebildet. Geschützt vor Wind und Wetter konnten dort die ankommenden Herrschaften ihren Kutschen und später den Kraftfahrzeugen entsteigen und trockenen Fußes direkt in die Eingangshalle eintreten. Ganz oben, nur über die im ersten Stock des Haupthauses beginnende Turmtreppe erreichbar, befindet  sich ein wunderbarer Atelierraum mit den auf dem Bild erkennbaren kleinen Balkonen auf jeder Seite. Damals, als die heutigen, hohen Bäume den Blick noch nicht versperrten, bot sich von dort ein grandioser Rundblick hinaus ins Donautal, hinüber zum Bogenberg und hinein in den Bayerischen Wald. Dazwischen beherbergte der Turm das hochliegende Wasserreservoir. Von hier gelangte das Trinkwasser mit hohem Druck in alle Gebäude im gesamten Areal des Neuen Schlosses.   

Nur der Turm und die Nebengebäude haben das Flammeninferno im April 1945 überlebt. Das Neue Schloss, seit 1943 Teil des aus München ausgelagerten dortigen NSDAP Hauptquartiers, wurde von den Wachmannschaften in Brand gesteckt, damit den anrückenden US-Truppen kein belastendes Material in die Hände fiel. Wegen der von den NS-Behörden untersagten Löschversuche brannte das Schlossgebäude völlig aus. Der hohe Turm beherrscht noch heute den Innenhof des Neuen Schlosses Steinach, auch wenn ihm das zerstörte, märchenhafte Schlossgebäude, mit dem er baulich verbunden war, merklich fehlt.

 

 

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Für die Herbstausgabe des Gemeindeboten 2019 wurde nochmals ein Aquarell von Erich Frankenberg ausgewählt, das der Künstler als kleines Dankeschön für seinen längeren Aufenthalt im Neuen Schloss Steinach im September 1921 ins Gästebuch gemalt hat. Darunter hat er geschrieben: „Mit herzlichem Dank für die gastliche Aufnahme und die liebenswürdige Unterstützung bei der Arbeit.  Erich Frankenberg  10.- 19. September“.

In der Bildmitte grasen eine Vollblut Mutterstute und ihr Fohlen auf einer Weide vor den Stallungen des Gestütes Steinach, leicht erkennbar an den markanten, hohen Entlüftungsschornsteinen. Um seine Vollblutpferdezucht betreiben zu können, ließ August von Schmieder in den Jahren 1905- 1907 auf den Flächen der von ihm in Unterniedersteinach erworbenen drei Bauernhöfen sein Gestüt errichten. Die Ansaat der neuen Weiden stieß auf große Schwierigkeiten, weil zu der Zeit noch kein gut geeignetes Gräsersaatgut  erhältlich war. August von Schmieders Gutsverwalter Ludwig Niggl bekam deswegen von Prof. Dr. C. Weber aus Bremen den Rat, sich das Saatgut selbst zu erzeugen. Dazu wurden die optisch schönsten Gräserpflanzen auf den alten Steinacher Wiesen und Weiden ausgestochen und in einem Pflanzbeet nebeneinander gepflanzt. Das von diesen, „Eliten“ genannten,  Pflanzen geerntete Saatgut wurde zur Ansaat der Weiden verwendet. Diese Methode war sehr erfolgreich und es entstanden prachtvolle Pferde- und Rinderweiden. Von da an begann man in Steinach auf diese Art für den Saatgutmarkt Gräsersaatgut zu produzieren und zu verkaufen, woraus in den folgenden Jahren die heute noch bestehende und weltweit sehr erfolgreiche Saatzucht Steinach entstand.

Im Hintergrund des Bildes erkennt man die angedeuteten Silhouetten des Neuen Schlosses und des Alten Schlosses Steinach. Die beiden Pferde sind eingerahmt von prächtig herbstlich gefärbtem Laubwerk und reifen Früchten.Im Vordergrund hat Erich Frankenberg kleine Tafeln mit Texten angebracht, die an Erlebnisse während seines Aufenthaltes auf Schloss Steinach erinnern. Auf den beiden linken steht:  „Die Pille meistens bitter ist. Der Buzzi mogelt meist, wenn er sie frisst.“ Ein abgebildeter Hund hat offensichtlich nicht gern die ihm verabreichten Pillen aufgenommen. Auf den Tafeln in der Mitte flieht auf der einen eine Frau vor einer Maus, auf der anderen sind 4 Mausefallen und der Kopf eines Buben abgebildet. Auf diesen beiden Tafeln steht: „Das Mäuschen ist ein liebes Tier!“ „Der Maxi fängt davon gleich 4!“ Damit ist sicher der 1921 gerade mal 13 Jahre alte Max von Schmieder gemeint. Die Tafel rechts oben zeigt eine Person, die furchtbar erschrickt und die Hände zum Himmel reißt, als sie ihre kahlköpfige Puppe im Bettchen betrachtet. Der Text dazu: „Die Puppe hat oft wenig Locken!“, wahrscheinlich hat ein Lausbub (Maxl von Schmieder) der Puppe seiner Schwester (Erneste) die Haare gekürzt. Unten sieht man eine Runde Kartenspieler, in deren Mitte  offensichtlich August von Schmieder sitzt. Darunter folgende Zeile: „Auch bei der Patiencé gerät das Herz ins Stocken.“

Über den Maler Erich Frankenberg ist Weniges bekannt.  Geboren 1890 in Berlin, 1917 studierte er Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in München und in der Malerkolonie in Kallmünz ist ein Ölbild von ihm erhalten (Bergverein Kallmünz). Wann er verstorben ist, konnte nicht ermittelt werden. Bei seinen mehreren Aufenthalten im Neuen Schloss verbrachte er die Tage wohl immer mit fleißigem Malen,  wofür er sich auf dem Bild ja auch ausdrücklich bedankt.

 

 

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In der Weihnachtsausgabe des Gemeindeboten 2019 erscheint wieder ein Aquarell von Angelo Graf von Courten. Während seines Aufenthaltes über Weihnachten und Neujahr vom 21. Dezember 1924 bis zum 19. Januar 1925 hat er es am 3. Januar als erste Seite für das Neue Jahr 1925 ins Gästebuch gemalt. Angelo Graf von Courten (1848 -1925), von den Schmieders liebevoll nur „Papperl Courten“ genannt, war in seiner Zeit ein sehr bekannter Kunstmaler mit eigenem Atelier in München. Die große Familie von Courten, die Courtens hatten 6 Kinder, war eng mit Familie von Schmieder befreundet und oft über mehrere Wochen zu Gast auf Schloss Steinach.
Das Bild zeigt einen 6-spännigen Pferdezug. Mit Geisel und Peitsche werden die Tiere von mehreren Männern kräftig angetrieben. Die Tiere ziehen eine breite, aus schweren Brettern zusammengezimmerte Holzplatte einen verschneiten Hang hinauf. Auf der Platte steht aufrecht ein sehr hoher, mächtiger Laubbaum samt einem großen, gefrorenen Wurzelballen, einem sog. Frostballen. Dazu wird im Herbst bei noch nicht gefrorenem Boden der ausgesuchte Baum runterherum ausgegraben und, damit die Erde an den Wurzeln haften bleibt, wird der Baum erst im tiefen Winter, wenn der Ballen fest gefroren ist, aus dem Boden gehoben. Der Baum wurde von den Männern wohl vor dem Frost im Wald mit dem großen Wurzelballen mühsam ausgegraben und dann im Winter mit hohem Kraftaufwand auf die breite Holzplatte gewuchtet. Die Platte hatte (wie auf der unten abgebildeten Fotografie besser ersichtlich) seitlich kräftige Holzkufen. Damit das schlittenartige Gefährt mit seiner schweren Last überhaupt gezogen werden konnte, musste abgewartet werden bis ausreichend Schnee lag. Bei genauer Betrachtung des Zuges erkennt man, dass es nicht 6 Pferde sind, vorne eingespannt sieht man vier Mulis, die den Holzschlitten ziehen, zwei dunkelgraue und dahinter zwei hellgraue, erst die beiden letzten Tiere sind normale Zugpferde. Im von Schmiederschen Stall wurden immer Mulis, eine Kreuzung aus Esel und Pferd, gehalten, man schätzte sie wegen ihrer guten Zugkraft und wegen ihrer enormen Ausdauer als Wagenpferde für längere Strecken.Der mächtige Laubbaum, wohl eine Eiche, wird von der Gruppe Männer mit ihren Zugtieren die Auffahrt im Park des Neuen Schlosses hinauf gebracht. Im Hintergrund ist eine Allee mit mehreren solcher Bäume erkennbar, die vielleicht alle als bereits großgewachsene Bäume aus dem Wald geholt worden waren. Aufmerksam beobachtet wird das schwierige Vorhaben von einem Mann im Wintermantel mit Pelzkragen im Vordergrund, das könnte der Schlossherr oder der kräftigen Statur nach wohl eher der für den gesamten Park verantwortliche Obergärtner Huber sein.

FO STEI 348Interessanterweise existiert von einem ähnlichen Baumtransport eine Fotographie, die unter dem Aquarell abgebildet ist und die von Familie Bachner-Hahn dem Archiv für Heimatgeschichte Steinach zur Verfügung gestellt wurde. Darauf ist eine Gruppe von 13 Steinacher Männern mit ihrem 4-spännigen Pferdezug vor dem Wirtshaus Thanner zu sehen. Die Männer haben eine große, sehr schön gerade gewachsene Eiche im Wald ausgegraben. Zum Transport verwenden sie einen ähnlichen, schweren Holzschlitten, wie er auf dem Aquarell im Gästebuch zu sehen ist. Der Kraftakt, den Baum aus dem Wald  bis ins Dorf gebracht zu haben, wird mit einem kräftigen Schluck aus den Bierkrügen begossen, bevor es weitergeht hinauf zum Park des Neuen Schlosses. Claudia Heigl hat dankenswerter Weise nachgeforscht und von Frau Bachner-Hahn erfahren, dass ganz rechts Ludwig Bogner (1896-1952) steht, ab 1921 der „Bogner Bauer“, Hofbesitzer des Bogner Hofes in der heutigen Straubinger Straße. Der Mann zwischen den Pferden mit der Goaßl in der Hand ist wahrscheinlich sein Bruder und der 2. Mann von links ganz sicher Michael Bogner (1863-1915), der Vater der beiden. Demnach muss die Fotografie vor 1915 entstanden sein. Falls jemand den einen oder anderen Mann auf dem Foto erkennt, bitten wir um Nachricht für unser Archiv.

Es gab also schon vor 1925, wie auf dem Aquarell von Angelo von Courten dargestellt, Transporte von großen Solitärbäumen in den Park des Neuen Schlosses, die dort dann wieder eingepflanzt wurden. August von Schmieder galt als Baumliebhaber, der in seinem Park offensichtlich gerne ausgesuchte, schön gewachsene Solitärbäume nachpflanzen ließ, die die Steinacher Bauern für ihn aus dem Schmiederschen Wald oder auch aus dem eigenen in aufwändiger Handarbeit holten, eine willkommene, sicher gut bezahlte Winterarbeit.

 

 

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Das ausgewählte Bild stammt aus dem Juni 1921. Angelo von Courtens Eintrag zu dieser Zeit im Gästebuch lautet: „4. – 21. Juni 1921“, das waren 1921 die Tage von Christi Himmelfahrt über die Pfingstfeiertage hinweg. Wie der direkt darauf folgende Eintrag im Gästebuch zeigt, weilten mit Max von Hofenfels, dem Taufpaten von Max von Schmieder und seiner Frau Lilly von Hofenfels, nur „Tantchen“ genannt,  weitere enge Freunde der Familie Schmieder in diesen drei Wochen als Gäste im Neuen Schloss. „Der Abschied von Steinach fällt mir schwer, denn hier schlossen edle Gastfreundschaft und herrliche Natur einen Bund, um Menschen froh und glücklich zu machen“ schreibt Max von Hofenfels begeistert und dankbar ins Gästebuch.

Die Gäste haben diese drei Wochen in dem gastfreundlichen, großen Haus offenbar sehr genossen und sich prächtig erholt. „Jungbrunnen Steinach“ nennt deswegen  Angelo von Courten, der zu der Zeit 73 Jahre alt ist, sein Bild. Er meint damit natürlich damit das Neue Schloss Steinach. Sein Bild zeigt einen edlen Brunnen aus weißem Stein, der dem mächtigen, allerdings ovalen Brunnen, der auf der großen Südterrasse des Schlosses stand, nachempfunden ist. Eine nackte, magere Frau mit fahler, gelblicher, krank wirkender Hautfarbe besteigt von rechts das Wasserbecken, um dem Jungbrunnen nach dem Bad auf der linken Seite propper und wohlgenährt mit schönem, rosa Hautteint wieder zu entsteigen. Hoch oben über dem Wasserbecken sieht man auf der fein verzierten Mittelsäule eine vergoldete Frauenskulptur, die auf dem echten Brunnen auch vorhanden war, beim Brand und der anschließenden Plünderung des Neuen Schlosses im April 1945 aber leider verschwunden ist. Durch eine dunkle, dichte, hohe Hecke ist das Brunnenbecken vor den Blicken Fremder geschützt, dahinter gleißendes Sonnenlicht. Den Rahmen des Bildes bildet eine kräftige Blumengirlande aus roten Rosen und grünen Blättern. Aus zwei Wasserspeiern in Fischform sprudelt frisches Wasser in das große Brunnenbecken.

Herrlich erholsam müssen diese drei Wochen Aufenthalt auf Schloss Steinach für Angelo von Courten, seine Familie und die weiteren Gäste zu Pfingsten 1921 gewesen sein.  Mit all dem Luxus, den dieses große Haus mit seinen vielen prachtvoll eingerichteten Räumen und den zahlreichen, emsig um das Wohl der Gäste bemühten Bediensteten, den Gästen bieten konnte. Der Dank für diese wunderbare Zeit hat Angelo von Courten zu dem schönen Bild im Gästebuch veranlasst. Und Angelo von Courten hat sich auch an seine Aufenthalte in den Kriegsjahren 1914-1918 im Neuen Schloss erinnert, als die Familie von Schmieder Räume im Neuen Schloss als Lazarett zur Verfügung stellte und – wie die Eintragungen im Gästebuch zeigen - etliche verwundete Offiziere sich hier von ihren Verletzungen wieder erholen konnten. Für diese Gäste war das Neue Schloss wirklich wie ein Jungbrunnen.

 

 

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 Für die Sommerausgabe 2020 des Gemeindeboten wurde ein Aquarell ausgewählt, das Carlo von Courten (1875 – 1942) einer der vier Söhne von Angelo Graf von Courten (1848 -1925), die alle begabte Maler waren, im Juni 1912 in das Gästebuch der Schmieders gemalt hat.
Die ganze Familie von Courten, eng mit den von Schmieders befreundet,  war sehr oft Gast in Schloss Steinach. Vater Angelo war ein bedeutender Maler in München, der viele Bilder im Auftrag von  König Ludwig II. auf Schloss Herrenchiemsee gemalt hat. Carlo, sein ältester Sohn wurde Offizier und später königlich bayerischer Kämmerer. Ins Gästebuch hat er nach diesem, fast dreiwöchigen Aufenthalt geschrieben:
 85 Ausschnitt

In diesen Tagen im Juni 1912 auf Schloss Steinach ist er wohl öfters zur Jagd gegangen und hat seine Erlebnisse in dem netten Bild mit kleinen Versen im Gästebuch festgehalten.
Zuerst schießt er „einen Bock“, weil er wohl sosehr in die Lektüre einer Zeitung vertieft war und nicht bemerkte, dass Diebe den ihm anvertrauten Schlüssel zum Schloss entwendeten. So passierte es:
„ das Gesindel, welches das Schloss hält umrungen, ist durch meinen Leichtsinn ins Heiligste gedrungen“. Ob tatsächlich am helllichten Tag Diebe ins Schloss Steinach eindrangen, worüber sein Gastgeber August von Schmieder natürlich „sehr verdrossen“  war? Oder scheint es eher auf einen Streich hinzudeuten, die die Kinder von August und Mary von Schmieder, der junge Max und seine Schwester Ernestine dem Jagdgast spielten. Auf dem Bild sieht man ihn im Garten auf der Südterrasse sitzen, eine große Zeitung vor dem Gesicht haltend, während hinter ihm die zwei „Gauner“, einer mit einer Pistole(!) und einem Messer bewaffnet und der andere mit einem Schlüsselbund in der Hand, die Treppe zur Bibliothek hinauf stürmen.
Dann gab`s das zweite Malheur. Es hat Carlo „selbst gequält“ und er muss sich über sich selbst sehr ärgern, weil er mit seinem neuen Gewehr einen Rehbock vorbei geschossen hat und dabei „in die kostbare Steinacher Luft ein Loch gepufft hat“. In der Mitte des Bildes sieht man ihn auf einen Rehbock anlegen, der in einer für Rehe unnatürlichen Hockstellung dasteht und zudem eine  Art Halsband trägt. Eventuell war es ein markierter Bock, der als Kitz vom Berufsjäger gefunden und markiert worden war oder war es wieder ein Streich, in dem man dem ahnungslosen Carlo von Courten ein präpariertes Bild eines Rehbockes vor die Büchse gestellt hat?
Beim dritten Mal jedenfalls hat`s geklappt. Carlo von Courten hat doch noch einen Rehbock erlegen können, dessen „Gwichtl“ (Gehörn) er unten links im Bild, aufgemacht auf ein kleines Trophäenbrettl, stolz mit „mehr kann kein Mensch verlangen“ präsentiert.
Die Ausübung der Jagd spielte im Neuen Schloss bei Familie von Schmieder eine sehr große Rolle. August von Schmieder war wie sein Schwiegervater Carl von Lang und wie später sein Sohn Max von Schmieder begeisterter Jäger. Damals waren die Fluren noch von einem sagenhaften Wildreichtum gesegnet. Auf den großen Gesellschaftsjagden wurden immer hunderte von Hasen und Fasanen erlegt. Im noch nicht trockengelegten Steinacher Moos gab es noch Birkwild und am Dexenhof oben sogar Auerwild in einer Menge, dass es oft für die Verwendung in der Küche erlegt wurde. August von Schmieder hatte, wie Josef Schlicht in seiner „Geschichte von Steinach“ aufführt,  neben seiner Eigenjagd, die umliegenden Gemeindejagden von Steinach, Münster, Parkstetten ganz und Teile der Jagden von Agendorf, Unterzeitldorn, Bärnzell, Saulburg und Gschwendt gepachtet, ein riesiges Jagdgebiet, das von mehreren Berufsjägern betreut wurde. Damit war für die vielen jagdbegeisterten Gäste im Neuen Schloss wahrlich genügend Revierfläche vorhanden, um ausgiebigst jagen zu können.

 

 

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Für die 2020er Herbstausgabe des Gemeindeboten wurde ein Aquarell aus dem Jahr 1909 ausgewählt, das einen Künstler zeigt, der gerade auf einer Bildhauerstaffelei eine Pferdeskulptur anfertigt. Als Modell hat er sich das rechts im Bild von hinten abgebildete Pferd namens Bac ausgesucht. Bac war sicher eines der Schmiederschen Reit- und Fahrpferde, die unterhalb des Schlossbaus im eigens dafür errichteten weitläufigen Kutschenstall untergebracht waren. In diesem Stallgebäude, das heute noch steht, war Platz für 12 Pferde und etliche Kutschen. Über den Stallungen und Kutschenremisen befanden sich die Zimmer für 4 Stallburschen, eine Wohnung für den Kutscher und das Heulager. Vor dem Stall gab es ein weit ausladendes Glasvordach, damit die Pferde immer im Trockenen angespannt werden konnten. Dem Modell stehenden Pferd  Bac fehlt der gesamte Schweif. Reit- und vor allem Fahrpferden  wurde damals häufig der Schweif gestutzt oder sogar die Schweifrübe kupiert, damit sie, in der Kutsche eingespannt, mit dem Schweif nicht die Leinen fangen und einklemmen konnten, was heute aus Tierschutzgründen verboten ist. Bac schaut sich auf dem Bild prüfend um nach dem Künstler, der links im Bild in seinem langen Mantel steht und gerade dabei ist, aus Ton eine Pferdeskulptur zu formen. Die Skulptur auf der Bildhauerstaffelei ist  fast fertig. In seiner linken Hand hält der Künstler seine Modellierschlinge zum Formen von Ton und rechts hat er noch ein Stück zu formenden, dunklen Ton in der Hand. Den Blick des Pferdes zurück zum Künstler hat dieser gedeutet als Verwunderung des Pferdes über das Aussehen der fast fertigen Pferdeskulptur. Oben rechts erwähnt er auf seinem Bild den Gedanken des Pferdes mit: BAC (sehr verwundert): „Das soll ich sein?“ Unter der Staffelei ist noch ein kleines Hunderl zu sehen, das zum Bildhauer aufsieht.

Ins Gästebuch der Schmieders gemalt hat dieses Aquarell Friedrich Karl von Bechtolsheim (1878 – 1958) im Juni 1909. Wie viele Gäste als Dankeschön für den sicher wunderbaren Aufenthalt und die im Neuen Schloss Steinach erfahrene Gastfreundschaft. Es ist das einzige Bild von Friedrich Karl von Bechtolsheim im Gästebuch. Sein Name taucht nirgendwo im Gästebuch auf, auch nicht im Sommer 1909, sodass man nicht weiß, wie lange er im Neuen Schloss zu Gast war.  Ich fand nur zwei Hinweise über diesen Künstler. Zum einen findet sich sein Name in den Matrikelbüchern der Akademie der bildenden Künste München, wo er 1904 als Bildhauerschüler von Wilhelm von Rümann immatrikuliert war (Akademie der bildenden Künste, Matrikelbuch 1884- 1920). Zum anderen findet sich in einer Internetgalerie (http://www.aponem.com/lot/87640/8120999?npp=150&)  eine Pferdeskulptur aus Bronze von ihm, die durchaus Ähnlichkeit mit dem von ihm in Steinach modellierten Pferd Bac hat. Dort werden 1842-1924 als Lebensjahre für Karl Friedrich von Bechtolsheim angegeben, was nicht korrekt ist, denn das sind die Lebensdaten des Malers und  Onkel von Karl Friedrich von Gustav von Bechtolsheim, der zweifelslos 1878 geboren wurde, denn bei der Immatrikulation an der Akademie von 1904 war 26 Jahren alt.
Mary von Schmieder war bekannt dafür, gerne Künstlern die Gelegenheit zu geben im Neuen Schloss Steinach für längere Zeit Gast zu sein und mit der Familie zu leben. Platz genug war ja wirklich ausreichend vorhanden in dem riesigen Schloss mit den über 20 Fremdenzimmern. Im Gästebuch tauchen in diesem Zusammenhang  verschiedene Namen von Künstlern auf: Die Familie von Courten, in der alleine drei Mitglieder bekannte Maler waren, die Maler Max Rimböck, Ludwig von Herterich, Erich Frankenberg, der Komponist Adolf Vogl, die Pferdemaler Karl Volkers und Emil Adam und natürlich ganz oft Berta Morena, die berühmteste  Wagneropernsängerin ihrer Zeit, die oft in Begleitung anderer Sänger der Münchner Bühnen mehrere Tage in Steinach im Jahr verbrachte.

 

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Angelo von Courten hat dieses bezaubernde Bild eines jungen Mädchens im Schnee im Dezember 1909 ins Gästebuch gemalt, im Zweiten Winter nach Fertigstellung des Neuen Schlosses. Die junge Familie von Schmieder war gerade mal vor zwei Jahren in das riesige Haus umgezogen und nachdem die finanziellen Möglichkeiten von August von Schmieder noch hervorragend waren, gab es viele, viele Gäste. Allein in diesem Jahr 1909 finden sich über 80 Eintragungen im Gästebuch, mehrere Bilder werden ins Gästebuch gemalt, Prinz Ludwig in Bayern ist zweimal bei den Schmieders und Angelo von Courten war in diesem Jahr sogar viermal Gast im Neuen Schloss.
Der Winter 1909 war offenbar sehr schneereich. Auf dem Bild stapft ein junges Mädchen mit hohen schwarzen Stiefeln in einem Rock in kräftigem Rot und einer dicken warmen, weißen Rollkragenpullover durch den hohen Schnee wieder den Hang am Waldrand hinauf, um gleich nochmal mit ihrem Schlitten den Hang hinuntersausen zu können. Auf dem Kopf trägt die junge Dame eine feuerrote Zipfelmütze unter der lange, blonde Locken herausschauen, die Hände sind mit feinen, dunklen Handschuhen gegen die Kälte geschützt. Die Sitzfläche des Schlittens ist bespannt mit Gurten, wie sie auch beim Polstern von Stühlen und Sofas verwendet werden, fortschrittlich für die damalige Zeit. Mit einem solch schönen Schlitten und mit so eleganter, farbenfroher  Kleidung ging kein Mädel aus dem Dorf zum Schlittenfahren. Das Mädchen kommt sicherlich aus der Gesellschaft oben im Neuen Schloss und der Hang, den es zum Schlittenfahren benutzt, könnte die steile Wiese vom Schloss  hinunter Richtung Münster sein. Auf dem ganzen Hang sind nur ganz wenige Schlittenspuren im Schnee zu erkennen, das ist nicht der Hang auf dem alle Kinder aus dem Dorf tagtäglich mit ihren selbstgebastelten Schlitten den ganzen Nachmittag verbringen, sobald es genug Schnee hat. Das ist ein Hang im Park des Neuen Schlosses, wo nur die paar Kinder der Familie Schmieder und der Gäste unter sich waren und miteinander Schlitten fahren konnten. Erst dachte ich Angelo von Courten hat die junge Ernestine von Schmieder beim Schlittenfahren im Park des Neuen Schlosses gemalt, im Gesicht des Mädchens gibt es durchaus eine Ähnlichkeit zu Ernestine von Schmieder,  aber 1909 war „Nessie“, wie Ernestine in der Familie Schmieder genannt wurde,  erst 4 Jahre alt. Das Mädchen auf dem Bild ist ca. 7-8  Jahre alt und die ganz große Freude über den vielen Schnee und den guten Schlittenhang strahlt nicht aus den schönen blauen Augen der jungen Dame, vielleicht, weil sie doch recht einsam erscheint auf ihrem Schlittenhang, auch im Bildhintergrund hat Angelo von Courten jedenfalls keine anderen schlittenfahrende Kinder abgebildet.

 

 

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Für die Frühjahrsausgabe des Gemeindeboten wurde wieder ein Aquarell von Angelo Graf von Courten (1848 -1925) ausgewählt. Von ihm stammen die weitaus meisten Bilder im Schmiederschen Gästebuch. Angelo von Courten, von den Schmieders liebevoll nur „Papperl Courten“ genannt, war einer der besten Freunde der Familie von Schmieder. Als Sohn eines Generals der Vatikanischen Armee diente er selbst ein paar Jahre in der päpstlichen Armee, studierte dann Kunst in Italien und ab 1872 an der Akademie in München. In seiner Zeit war er ein sehr bekannter Kunstmaler in München, für König Ludwig II. schuf er etliche bedeutende Gemälde für Schloss Herrenchiemsee und unterhielt ein eigenes Atelier. Verheiratet war er mit Irene von Klenze, der Enkelin des bedeutenden Architekten und Malers Leo von Klenze. Das Paar hatte 6 Kinder. Angelo von Courten und seine Familie waren sehr häufig zu Gast in Schloss Steinach. Während der längeren Aufenthalte in Steinach hatte Angelo von Courten Zeit, um aus Dankbarkeit für die großzügige Gastfreundschaft der Familie von Schmieder etliche, wunderbare Bilder ins Schmiedersche Gästebuch zu malen. So findet sich von ihm an Weihnachten 1924 ein Bild im Gästebuch mit dem Titel „Abfahrt nach Amerika“, das hinter einem Christbaum einen Ozeandampfer zeigt, ein weiteres Bild malt er dann zum Neujahrstag 1925 und im April 1925 folgt das hier vorgestellte, farbenfrohe Bild „Rückkehr aus Amerika“. Mit seinen Töchtern Elisabeth und Marietta von Courten blieb er damals wohl tatsächlich vom Herbst 1924 bis zum Mai 1925 im Neuen Schloss Steinach, denn im Gästebuch findet sich ein Gedicht von Marietta von Courten, in dem sie diesen langen Aufenthalt beschreibt, vom herbstlichen Nebel, dem ersten Schneefall bis zur Abreise ihrer Familie am 8. Mai 1925!
Angelo von Courtens Bild vom April 1925 zeigt die Ankunft einer Dame in einer feschen Limousine der damaligen Zeit oben im Schlosshof des Neuen Schlosses Steinach. Das Auto mit seinen riesigen Scheinwerfern prescht gerade durch die Einfahrt in den Schlosshof herein, rechts und links begleitet von zwei wilden Cowboys auf ihren feurigen Mustangs. Der eine schwingt überschwänglich sein Lasso und lässt sein Pferd steigen, der andere hält sich gerade noch auf dem Rücken seines im Rodeo Stil buckelnden Pferdes. Oben auf dem Wagendach hockt breitbeinig ein Indianer in voller Kriegsbemalung und dem Warbonnet, dem großem Adlerfedernschmuck, auf dem Kopf. In der einen Hand schwingt er einen Bogen, mit der anderen klammert er sich am Autodach fest, den Mund hat er weit geöffnet zum Indianergeheul! Die pure Ausgelassenheit! Es herrscht überschwängliche Freude im Neuen Schloss über der Rückkehr der Dame, die man mit ihrem Hut am Steuer des Wagens erkennt. Wer wurde da mit großem Aufwand und in perfekter Kostümierung so ausgelassen nach einer langen Amerikareise wieder willkommen geheißen? Von Hubertus Meckel, dem Enkel von August und Mary von Schmieder, konnte ich erfahren, dass seine Großmutter Mary ihre enge, langjährige Freundin und weltbekannte Opernsängerin Berta Morena einmal zu einem Konzert in die USA begleitet hat. Die Recherche ergab: Berta Morena war 1908-1912 über fünf Spielzeiten an der großen Metropolitan Opera in New York engagiert und hatte u.a. mit Gustav Mahler als Dirigent in den großen Wagner Opern als Sieglinde, Elisabeth, Brünnhilde und Elsa und als Leonore in Beethovens Fidelio große Rollen und insgesamt 56 (!) Auftritte mit herausragenden Kritiken (archives.metoperafamily.org). Seit ihrem Debüt 1898 war Berta Morena bis 1923 als erste Sopranstimme ständiges, gefeiertes Mitglied an der damaligen Hofoper, der heutigen Staatsoper in München mit vielen herausragenden Auftritten. Sie erreichte insbesondere durch ihre Auftritte bei den ab 1901 jährlich im Prinzregententheater stattfindenden Wagnerfestspielen weltweite Berühmtheit. Und tatsächlich, 1925, am 3. April, nimmt sie unter Dirigent Artur Bodansky noch einmal an der Metropolitan in New York die Rolle der Brünnhilde in Wagners Götterdämmerung an. Zu diesem letzten Engagement in New York hat Mary von Schmieder ihre beste Freundin Body, wie sie in der Familie Schmieder genannt wurde, die große deutsche Opernsängerin Berta Morena begleitet. Schon zu Weihnachten 1924 gehen die Damen an Bord eines Passagierschiffes und kehren erst im April 1925 zurück. Ob die beiden Damen in den USA weitere Reiseziele ansteuerten, was anzunehmen ist, ist nicht bekannt. Angelo von Courten, der offenbar mit seinen beiden Töchtern die ganze Zeit während der Abwesenheit von Mary von Schmieder dem in Steinach mit seinen drei Kindern zurückgebliebenen Schlossherrn August von Schmieder Gesellschaft leistete, hat den herrlichen Empfang, den die Schmieders ihrer Mutter bei der Rückkehr bereitet haben, in seinem wunderbaren, fröhlichen Bild festgehalten.

 

 

96 Für die Sommerausgabe des Gemeindeboten wurde ein Aquarell von Karl Volkers (1868-1944) ausgewählt, welches der bekannte Pferdeportraitist 1912 ins Schmiedersche Gästebuch gemalt hat. Es zeigt eine bildhübsche, edle Vollblut Fuchsstute mit ihrem Fohlen auf der Weide im Gestüt Steinach. Den edlen Kopf ziert eine feine Blesse, in der Sattellage auch ein heller Fleck und beidseits weiße Fesseln an der Hinterhand. Karl Volkers entstammte einer Malerfamilie. Wie schon sein Vater Emil Volkers und seine beiden Brüder Fritz und Max Volkers gehörte er als Absolvent der Kunstakademie in Düsseldorf der sog. Düsseldorfer Schule an. Alle vier haben sich der Pferdemalerei, insbesondere der Malerei von Pferde Portraits verschrieben, damals ein einträgliches Geschäft, da viele vermögende Leute sich dem Pferdesport zuwandten und von ihren besten Pferden gerne ein Portrait anfertigen ließen. Bekannt sind die Bilder, die Karl Volkers von den berühmtesten Pferden des damaligen Königlich Preußischen Hauptgestütes Trakehnen in Ostpreußen gemalt hat. Drei Tage weilte Volkers 1912 im Neuen Schloss. Vor seinen Namenseintrag im Schmiederschen Gästebuch hat er den Satz „Das Züchten von edlen Pferden ist eine der schönsten Passionen auf Erden“ gestellt. Dieser Passion, Pferde zu züchten, hatte sich August von Schmieder ausgiebig verschrieben.  Als junger Mann, der gerade ein großes Vermögen geerbt hatte, trifft er um 1892 in Frankfurt mit Carl von Lang-Puchhof zusammen, der ihn für den Galopprennsport und das Züchten von Englischen Vollblütern begeistert.  August Schmieder beteiligt sich am Lang`schen Rennstall und erwirbt eigene Zuchtstuten, die er in Carl von Langs Gestüt Puchhof in Aholfing unterstellt. Die beiden sind recht erfolgreich mit ihren Rennpferden, die gemeinsamen Farben gewinnen mehrere bedeutende Rennen, der große Coup gelingt 1900, als sie in Berlin mit dem Hengst Hagen sogar das größte Rennen Deutschlands, das Deutsche Derby gewinnen. In Puchhof lernt August Schmieder Mary von Lang-Puchhof, die Tochter seines Pferdefreundes kennen und lieben. Die beiden heiraten und August von Schmieder erwirbt 1901 von seinem Schwiegervater das etwas heruntergekommene Schlossgut Steinach. Mit seinen schier unerschöpflichen finanziellen Möglichkeiten beginnt August von Schmieder in Steinach eine immense Bautätigkeit. Das Alte Schloss wird von Grund auf erneuert, der Gutsbetrieb unter der Leitung von Ludwig Niggl zu einem landwirtschaftlichen Musterbetrieb ausgebaut. Um die Vollblutpferde unterzubringen, erwirbt er in Unterniedersteinach kurzerhand drei Bauernhöfe und errichtet dort 1907 – 1909 das Gestüt Steinach mit 75 ha Weideflächen, einer überdachten Reitbahn und weitläufigen Stallungen. Natürlich kauft er nur bestes Zuchtmaterial, das dementsprechend teuer ist. Malua heißt der Vollblut Hengst, den er in England für 100 000 Goldmark, dem heutigen Geldwert nach fast 1 Million Euro, erwirbt. Die teuerste Stute kostet immerhin 65 000 Goldmark. Es wird sehr viel Geld investiert in die Rennpferdezucht und -haltung. Aus dem Nachlass von Ludwig Niggl sind im Steinacher Heimatarchiv die Pferdelisten von damals erhalten. 1910 besitzt August von Schmieder immerhin 30 Vollblüter, die in Berlin-Hoppegarten im Rennstall stehen und ebenso viele Mutterstuten, die sich mit ihren Fohlen und Jährlingen auf den weitläufigen Koppeln im Gestüt Steinach tummeln. Insgesamt also ca. 80 Vollblüter, dazu kommen noch etliche Warmblüter als Kutschen- und Reitpferde. Wenn es das Wetter erlaubt, reitet August von Schmieder von seinem Neuen Schloss aus auf dem sog. „Reitweg“ ins 3 km entfernt gelegene Gestüt zu seinen Vollblütern. Die Steinacher Rennpferde sind auf der Rennbahn weiterhin sehr erfolgreich, von 1909- 1916 gewinnen sie achtmal in Folge (!) das Bayerische Zuchtrennen, das wichtigste Rennen in München – Riem, und in Berlin-Hoppegarten wird ein eigener Rennstall unterhalten.  Bell Époque!
Welche der vielen Schmiederschen Vollblutstuten Karl Volkers im Gästebuch portaitiert hat, ist nicht ersichtlich. Er hat weitere Portraits von den Pferden von August von Schmieder angefertigt, die in der Familie von Schmieder erhalten sind. Darunter ein wunderbares, großformatiges Ölgemälde, das als Fotografie im Steinacher Heimatarchiv zu sehen ist, darauf ist „Malua“, der sündhaft teure, bildhübsche Fuchshengst festgehalten, im Hintergrund erkennt man die Silhouetten des Neuen Schlosses Steinach und des Gestütes Steinach.
Als nach dem Friedensvertrag von Versailles und der folgenden Weltwirtschaftskrise die Finanzmittel  von August von Schmieder dahinschwinden, muss die teure Zucht von Vollblütern im Gestüt Steinach um 1925 aufgegeben werden.

 

 

32Das für die Herbstausgabe ausgewählte Bild wurde von Felix von Courten (1877 – 1959) im Jahr 1908, anlässlich der Fertigstellung des Neuen Schlosses Steinach ins Gästebuch gemalt.
Felix von Courten ist einer der vier Söhne des damals sehr bekannten Münchner Kunstmalers Angelo von Courten (1848-1925). Alle vier Söhne hatten großes malerisches Talent, wurden als Maler aber nicht so bekannt wie ihr Vater. Angelo von Courten hatte in München ein großes Atelier und war besonders berühmt geworden durch seine für König Ludwig II. zur Ausstattung von Schloss Herrenchiemsee angefertigten Bilder. Die ursprünglich aus der Schweiz stammende Familie von Courten, wurde 1894 von der Krone Bayerns in den erblichen Grafenstand erhoben. Sie war sehr eng mit August und Mary von Schmieder befreundet und häufig zu Gast im Neuen Schloss Steinach. Im Gästebuch der Familie von Schmieder finden sich jedes Jahr etliche Einträge von meist längeren Aufenthalten von Mitgliedern der Familie von Courten.  Felix von Courten studierte in München Architektur und arbeitete danach als Architekt in München. Die Kirche St. Georg in Milbertshofen ist nach seinen Plänen 1910 errichtet worden. Nicht nur in Schloss Steinach war Felix von Courten zu Gast, sondern auch sehr oft in Schloss Neubeuern in Oberbayern, wo er etliche Aquarelle und Federzeichnungen in dem dortigen, von sehr vielen renommierten Künstlern gestalteten Gästebuch hinterlassen hat (gaestebuecher-schloss-neubeuern.de).
Das Bild von Felix von Courten im Gästebuch zeigt ein großes Holz- oder Pappmodell des Neuen Schlosses, das wohl zur Fertigstellung des mächtigen Baues für den Erbauer gefertigt wurde. Zwei kräftige, junge Männer im mittelalterlichen Pagenstil gekleidet, auf einem mächtigen Sockel stehend, stemmen das riesige Holzbrett, auf dem das Modell erstellt wurde in lockerer Haltung in die Höhe. Der eine im Blau wie das Wappen von August von Schmieder gekleidet, der andere im dunklen Rot des Wappens der Familie seiner Ehefrau Mary von Lang-Puchhof. Zu Ihren Füßen zwei nackte Knaben, der eine mit einem Schwert, das aber auch ein langer Zeichenstift sein könnte, in der Hand, der andere hält einen großen Zirkel, wie ihn Bauzeichner verwenden. Unten auf dem Sockel steht in großen Lettern „SCHLOSS NEU STEINACH ERBAUT A▪D▪MDCCCCV-VIII“. Die Bauzeit von 1905 – 1908 ist in Lateinischen Ziffern angegeben. Die Bezeichnungen „Neu Steinach“ bzw. „Alt Steinach“ waren in der Familie Schmieder üblich für ihre beiden großen Häuser, sie finden sich auch in den Fotoalben von Mary von Schmieder als Bildbeschriftungen wieder. Die Südansicht des Neuen Schlosses ist in dem Modell originaltreu wiedergegeben, mit der ziegelroten Dacheindeckung, dem mächtigen Turm, den kleineren Ecktürmen zur Auflockerung der langgestreckten Fassade, den großen Gauben für die Fremdenzimmer im Dachgeschoß und den Bäumen links und rechts der weitläufigen Terrasse.  Oben auf dem Turm weht eine weißblaue Fahne in den Farben des Schlossherrn.
Ein Bild mit ähnlichem Motiv hat Felix von Courten zum Neubau des Schlosses Neubeuern, übrigens 1904 wie das Neue Schloss Steinach  von Gabriel von Seidl geplant, ins dortige Gästebuch gemalt. Das legt die Vermutung nahe, die Holzmodelle der beiden im gleichen Zeitraum entstandenen Schlösser könnten auch von ihm erstellt worden sein, als Architekt war er dazu sicherlich in der Lage.

 

132Für die Dezemberausgabe des Steinacher Gemeindeboten habe ich ein Bild des in München zu Beginn des 20. Jahrhunderts sehr bekannten bayerischen Kunstmalers Max Rimböck ausgewählt, das er im Dezember 1914 ins Gästebuch der Familie von Schmieder gemalt hat.
Auf dem Bild sehen wir den Heiligen Nikolaus, der mit seinem langen Rauschebart, auf dem Kopf die bischöfliche Mitra, typisch bekleidet mit einem langen roten Mantel, mit dem goldenen Bischofsstab in der Hand durch den Schnee stapft. Auf dem Rücken trägt er einen wohl mit Geschenken für die Kinder vollgefüllten Rucksack, aus dem ein kleiner Christbaum herausragt. Der Nikolaus ist in einer sternenklaren Winternacht unter dem blauschwarzen Firmament auf dem Weg zu dem kleinen schneebedeckten Haus im Hintergrund. Dort wird er sehnlichst erwartet, im hell erleuchteten Fenster winkt ihm ein Kind schon freudig entgegen.
Der Maler des Bildes, Max Rimböck, wurde 1890 in Passau geboren, studierte an der Münchner Akademie der schönen Künste Malerei und unterhielt in München ein eigenes Atelier. Bekannt wurde er insbesondere als hervorragender Porträtmaler. In der Signatur seiner Werke verwendet er für seinen Nachnamen immer die Schreibweise „Rimboeck“.
Wie im Schmiederschen Gästebuch ersichtlich, ist Max Rimböck im Dezember 1914 gleich zweimal Gast im Neuen Schloss Steinach, zuerst vom 13. – 18. Dezember, schon am 21. Dezember kommt er wieder und bleibt über den Heiligen Abend, um am 25.12. wieder abzureisen. „Herzlichen Dank für das sehr genossene, schöne Weihnachtsfest“ schreibt der damals gerade mal 25 Jahre alte Rimböck, der erst am Anfang seiner Karriere als Maler steht, ins Gästebuch. Aus Dankbarkeit für den schönen Aufenthalt im großen Schloss hat er dieses Bild ins Schmiedersche Gästebuch gemalt. Außer ihm sind mit Angelo von Courten und seinen Söhnen Louis und Max von Courten drei weitere Münchner Maler über Weihnachten 1914 bei Familie von Schmieder zu Gast. Einer dieser vier Maler hat über die Seite mit ihren Namenseintragungen ins Gästebuch geschrieben: „Die Friedensinsel im Feldzug 1914“ und dazu die Silhouette des Neuen Schlosses gemalt. Der erste Weltkrieg hat gerade im August 1914 begonnen und zu Weihnachten 1914 spricht man hier nur von einem „Feldzug“. Das Weihnachtsfest 1914 kann ganz normal gefeiert werden im Neuen Schloss Steinach, die Front ist weit weg und die späteren Schrecken des langen, furchtbaren Weltkriegs sind im Schloss Steinach noch nicht zu spüren. Die Seiten im Gästebuch sind 1914 und 1915 gut gefüllt, die Finanzsituation der Familie von Schmieder erlaubt es in diesen Jahren noch, weiterhin viele Gästen zu beherbergen. Max Rimböck kommt zwar nur in den beiden ersten Kriegsjahren 1914 und 1915 als Gast nach Steinach, dafür aber immerhin sieben Mal. Bei diesen Aufenthalten hinterlässt er fünf Bilder im Gästebuch.
Die unendlich vielen Namenseinträge im Gästebuch in all den Jahren zeigen, dass Gastfreundschaft in der Familie von Schmieder sehr großgeschrieben wurde. Neben der eigenen Verwandtschaft und den Bekannten aus den umliegenden Adelshäusern waren Künstler besonders gern gesehene Gäste im großen Haus. Von ihnen stammen etliche sehr schöne, zum Teil ganzseitige Bilder, die das Gästebuch so einzigartig machen.

 

 

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Für die heurige Frühjahrsausgabe des Gemeindeboten habe ich wieder ein Aquarell von Angelo Graf von Courten (1848 -1925) ausgewählt. Die weitaus meisten Bilder im Schmiederschen Gästebuch stammen von Angelo von Courten, in der Familie von Schmieder liebevoll „Papperl Courten“ genannt, war einer der besten Freunde der Familie von Schmieder. Als Sohn eines Generals der vatikanischen Armee diente er selbst ein paar Jahre in der päpstlichen Armee, studierte dann Kunst in Italien und ab 1872 an der Akademie in München. In seiner Zeit war er ein sehr bekannter Kunstmaler, für König Ludwig II. schuf er mehrere, bedeutende Gemälde für Schloss Herrenchiemsee und hatte in München ein großes Atelier. Seine Frau Irene war die Enkelin des bedeutenden Architekten und Malers Leo von Klenze. Angelo von Courten, seine Frau Irene und ihre Kinder Max, Louis, Carlo, Felix, Marietta und Elisabeth waren sehr häufig zu Gast in Schloss Steinach, wie ihre vielen Einträge im Gästebuch zeigen. Während seiner oft längeren Aufenthalte in Steinach fand Angelo von Courten Zeit, um aus Dankbarkeit für die großzügige Gastfreundschaft etliche, wunderbare Bilder ins Schmiedersche Gästebuch zu malen.
„Das Neue Kanapeee…“ hat Angelo von Courten dieses Bild genannt, das er am 18. Mai 1914 ins Gästebuch gemalt hat. Und was für ein Kanapee das ist! Es ist so riesig, dass die abgebildeten Menschen, zum Teil oben auf dem Kanapee, zum Teil davorstehend, wie kleine Marionetten wirken. Es ist bewusst so groß dargestellt, dass die dagegen klein wirkenden Menschen nicht ohne Hilfe das Kanapee erklimmen können. Eine Dame versucht mit Hilfe eines Stuhls hinaufzukommen, eine andere wird von zwei Frauen, die schon oben sind auf dem, mit prächtigem Stoff überzogenen Kanapee, heraufgezogen. Die allesamt festlich gekleideten Herrschaften auf dem Kanapee haben es sich gemütlich gemacht auf den ebenfalls überdimensionalen, farbenfrohen Kissen. Alle sind offensichtlich begeistert von dem „Neuen Kanapeee“ und jeder versucht das neue Möbelstück zu erklimmen. Das Kanapee ist so groß, dass trotz der 7 Personen, die schon auf dem Kanapee sitzen, immer noch genug Platz für weitere Personen bleibt. So ein überdimensionales, vom Künstler Angelo von Courten bewusst in seinen Ausmaßen überzeichnetes Kanapee hat natürlich nur Platz in einem ebenso riesigen Haus, wie es das Neue Schloss Steinach war. Dieses famose Haus, erbaut von 1904 – 1908 von August von Schmieder nach den Plänen des berühmten Münchner Architekten Gabriel von Seidl, hatte wahrlich überdimensionale Ausmaße. Über 200 Räume gab es in diesem pompösen Bau und mit einer Wohnfläche von ca. 3000m² war er der größte Schlossbau Niederbayerns. Über 20 Fremdenzimmer gaben Platz für die vielen, vielen Freunde, Bekannten und Verwandten, die als Gäste von Mary und August von Schmieder das große Haus oft über viele Wochen mitbewohnten und bevölkerten. Wenn dann alle Gäste sich im großen Wohnzimmer, der sogenannten Halle, versammelten, brauchte es schon viele Sitzgelegenheiten und ein natürlich ein großes Sofa.
Es ist im Mai 1914, als Angelo von Courten dieses, die pure Lebensfreude und Fröhlichkeit ausstrahlende Bild ins Gästebuch gemalt hat, das Datum spielt hier eine wichtige Rolle: Im Mai 1914 ist das Neue Schloss Steinach gerade mal 6 Jahre alt, August von Schmieder ist noch unermesslich reich. Er und seine Familie, wie auch die vielen Gäste, erleben eine traumhafte Zeit in dem luxuriösen Haus und auch die Welt ist noch in Ordnung, man spricht von der „bell Époque“.  Niemand ahnt, dass schon 3 Monate später der erste Weltkrieg beginnt, in dem sich die Zeiten auch im Neuen Schloss Steinach deutlich verschlechtern und an dessen Ende August von Schmieder durch den Versailler Vertrag den Großteil seines im Ausland angelegten, immensen Barvermögens verliert und letztendlich um 1930 sein Neues Schloss wegen der sehr hohen Unterhaltskosten stilllegen und verlassen muss.

 

 

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Für die zweite Ausgabe 2022 des Gemeindeboten habe ich ein mit feinen Strichen gemaltes, eher liebliches Aquarell ausgewählt. Genau vor 100 Jahren malte es der junge Künstler Erich Frankenberg, damals 32 Jahren alt, im Sommer 1922 ins Gästebuch des Neuen Schlosses Steinach.
Auf dem Bild schwebt eine junge Frau, in einem leichten, luftigen Sommerkleid, wie eine Fee durch die Luft und schüttet mit ihren beiden nach oben gereckten Händen einen übervoll mit bunten Blumen gefüllten, großen Korb über dem Neuen Schloss Steinach aus. „Floras Einzug in Steinach“ hat Erich Frankenberg sein Bild genannt. Flora, die römische Göttin der Blumen und Jugend hält auf dem Bild Einzug in Steinach. Das Blumenmeer ergießt sich über dem deutlich hervorgehobenen, mächtig wirkenden Neuen Schloss Steinach. Daneben sind noch das Alte Schloss Steinach und halb verdeckt die Dorfkirche abgebildet. Im Hintergrund erkennt man die sanften Hügel des vorderen Bayerischen Waldes. Das Bild trägt keine typische Signatur des Künstlers, sondern auf einem Band, das hinter den vielen auf Steinach herabfallenden Blumen durch die Luft flattert, liest man: „18. Mai – 2. Juni In Dankbarkeit Erich Frankenberg“. Der Platzierung des Bildes im Gästebuch nach handelt es sich eindeutig um die Frühlingsmonate im Jahr 1922. Es ist das letzte von vier Bildern, die Erich Frankenberg bei seinen Aufenthalten zwischen 1919 und 1922 als Gast der Familie von Schmieder im Neuen Schloss aus Dankbarkeit für die jeweils mehrtägige Gastfreundschaft im Gästebuch hinterlassen hat.

Von Erich Frankenberg ist wenig bekannt. Geboren wurde er 1890 in Berlin, wann er verstorben ist, konnte nicht ermittelt werden. Von ihm findet sich auch kein Eintrag in der umfangreichen Künstlerliste des Deutschen Kunstarchivs. Eine Spur hat er in der bekannten, 1903 gegründeten Malerkolonie in Kallmünz hinterlassen, in der er sich eine Zeit lang aufgehalten hat. Der Burgverein Kallmünz, der sich um die Geschichte von Kallmünz kümmert und um die Bilder der vielen bekannten Maler, die sich in der Malerkolonie aufhielten, besitzt ein Bild von Erich Frankenberg, das er während seines Aufenthaltes in Kallmünz gemalt hat, es zeigt das Brunntor von Kallmünz. Erich Frankenberg studierte 1917 als Schüler von Hugo von Habermann an der Akademie der bildenden Künste in München. Im Matrikelbuch der Akademie der Bildenden Künste wird der Beruf des Vaters mit „Chefredakteur“ angegeben (Bergverein Kallmünz). Im Internet werden einige wenige Bilder von ihm angeboten, darunter ein Landschaftsbild bei Donaustauf. Nach Steinach kam Erich Frankenberg wohl durch seine Eltern. Zweimal, 1919 und 1923 gibt es Eintragungen der Eltern Frankenberg im Gästebuch des Neuen Schlosses, wobei Sie jeweils mehrere Tage blieben, offenbar waren die Frankenbergs mit Mary und August von Schmieder befreundet.

Erich Frankenberg blieb bei seinen Aufenthalten jeweils mehrere Tage im Neuen Schloss Steinach und genoss es hier in aller Ruhe malen zu können. Sein erster Gästebucheintrag findet sich am 9. Juli 1919, sein erstes Bild im Gästebuch datiert vom 29. Juli 1919 und unter eines der drei Aquarelle hat er „10. – 19. September 1921“ geschrieben. Alle seine vier Bilder sind ein nettes „Dankeschön“ von Erich Frankenberg an die Familie von Schmieder für die großzügige Gastfreundschaft, die es ihm ermöglichte, sich über mehrere Tage unbeschwert im Neuen Schloss aufzuhalten und ungestört seiner Malerei nachzugehen. Aus den vielen Einträgen von bekannten Künstlern im Gästebuch sieht man, dass die Familie von Schmieder immer gerne den verschiedenen Künstler/innen oft längere Aufenthalte im Neuen Schloss gewährte.

 

 

78Im Sommer 1911 hat Felix von Courten (1877 – 1959) das für die Herbstausgabe ausgewählte Bild während seines Aufenthaltes vom 23. – 28. Juli im Neuen Schloss Steinach ins Gästebuch gemalt.
“ALLES DÖRRET, DÜRRET, DARRET….“ beginnt das kurze Gedicht, das er zu seinem Bild dazugeschrieben hat. Auch der Sommer 1911 war besonders heiß und trocken. Es war der bis dahin heißeste und trockenste Sommer den Bayern seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 erlebt hatte. Wie heuer gab es fast keinen Regen, an vielen Tagen sehr hohe Temperaturen über 30 Grad, wie heuer vertrockneten die Feldfrüchte am Halm auf den Äckern und es wuchs kein Gras als Viehfutter mehr auf den ausgebrannten Wiesen und Weiden. Dies hat Felix von Courten zu seinem kleinen Bild und seinem kurzen Gedicht inspiriert. Im oberen Teil zeigt das Bild eine Landschaft mit ausgetrockneten, gelb und braun gefärbten Getreidefeldern und fahlgrünen Wiesen, nur noch der Wald wird in sattem Grün dargestellt. Während es im Freien wegen der starken Hitze kaum auszuhalten ist, findet man hinter den dicken Mauern im riesigen Neuen Schloss natürlich Schatten und Kühle. Dazu gab es, Dank der großen Gastfreundschaft und der Mühen, der „treuen Mannschaft“ wie Felix von Courten das Personal nennt, zur Freude der vielen Gäste eine üppige Auswahl erlesener Getränke, die Felix von Courten unten in seinem Bild dargestellt hat. Neben einem großen Glas, offenbar gefüllt mit einer Früchtebowle, sehen wir blaue Wasser-, grüne Wein- oder Saftflaschen und links und rechts hohe Pokale voller Früchte. In diesem heißen Sommer 1911 hat es den Gästen im Neuen Schloss sicher nicht an Erfrischungen gefehlt. 1911 war die Welt in Europa und in Deutschland noch heil. August von Schmieder gehörte zu den reichsten Personen in Bayern, er und seine junge Familie hatten vor 3 Jahren dieses traumhafte, weitläufige Haus auf dem Singberg mit seinen fast 200 Räumen und einer Wohnfläche von ca. 3000m² bezogen. Man konnte sich dort ein prachtvolles Leben leisten und jahrein, jahraus viele Gäste, darunter besonders gerne Künstler der verschiedensten Kunstrichtungen beherbergen.
Felix von Courten war einer dieser Gäste, er ist einer der vier Söhne des damals in München sehr bekannten Malers Angelo von Courten (1848-1925). Alle vier hatten malerisches Talent, wurden als Kunstmaler aber nicht so bekannt wie ihr Vater Angelo. Angelo von Courten hatte in München ein großes Atelier und war besonders berühmt geworden durch seine im Auftrag von König Ludwig II. zur Ausstattung von Schloss Herrenchiemsee angefertigten Bilder. Die ursprünglich aus der Schweiz stammende Familie Courten, wurde 1894 von der Krone Bayerns in den erblichen Grafenstand erhoben. Die Familie von Angelo von Courten war eng befreundet mit August und Mary von Schmieder. In den Jahren von 1908 bis 1925, als das Neue Schloss Steinach im großen Stil betrieben wurde und jedes Jahr ungefähr 100 Gäste ihre Anwesenheit durch Einträge ins Gästebuch dokumentierten, waren mehrmals im Jahr Mitglieder der Familie von Courten zu Gast im Neuen Schloss Steinach. Regelmäßig zu den großen Feiertagen an Ostern, an Pfingsten und von Weihnachten bis zum Neuen Jahr finden sich ihre Namen im Gästebuch.
Felix von Courten studierte Architektur in München und betrieb danach ein Architekturbüro in München. Die große Kirche St. Georg in Milbertshofen wurde 1910 nach seinen Plänen errichtet. Nicht nur in Schloss Steinach war Felix von Courten zu Gast, sondern auch sehr oft in Schloss Neubeuern in Oberbayern, wo er etliche Aquarelle und Federzeichnungen in den dortigen, von sehr vielen renommierten Künstlern gestalteten Gästebüchern hinterlassen hat. Ein Blick unter „gaestebuecher-schloss-neubeuern.de“ lohnt sich, dort sind die sehr vielen Bilder aus den Gästebüchern von Schloss Neubeuern einsehbar, auch die der von Courtens.

 

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Für die Winterausgabe des Gemeindeboten habe ich wieder ein Aquarell von Angelo Graf von Courten (1848 -1925), dem Maler und häufigen Gast auf Schloss Steinach, von dem sich die weitaus meisten Bilder im Schmiederschen Gästebuch finden. Angelo von Courten war einer der besten Freunde von Mary und August von Schmieder und hielt sich mit seiner Familie sehr oft als Gast in Steinach auf. Als Sohn eines Generals der vatikanischen Armee 1848 in Bologna geboren diente er selbst ein paar Jahre in der päpstlichen Armee, studierte dann Kunst in Italien und ab 1872 an der Akademie in München. In München unterhielt er ein großes Atelier. König Ludwig II. beauftragte den damals sehr bekannten Maler mehrere, bedeutende Gemälde für Schloss Herrenchiemsee zu schaffen. Seine Frau Irene war die Enkelin des bedeutenden Münchner Architekten und Malers Leo von Klenze. Irene von Courten war es, die im Oktober 1904 Mary von Schmieders das uns erhaltene, ledergebundene Gästebuch schenkte und mit folgender Widmung versah: „Das Glück wahrer Gastfreundschaft, das du liebe Mary deinen Freunden mitteilst, mögen sie dir durch viele fröhliche Stunden dankbar erwidern. Dies ist der aufrichtige Wunsch Deiner treuen Tante Irene“

Mary und August von Schmieder hatten 1904 geheiratet und waren von Puchhof in das 1901 von August von Schmieder erworbene und von Grund auf renovierte Alte Schloss Steinach gezogen. Der Bau des Neuen Schlosses Steinach hatte 1905 gerade erst begonnen. Aber auch im Alten Schloss war Platz für etliche Gäste. Im ersten Stock wohnten die jungvermählten Mary und August von Schmieder. Der zweite Stock beherbergte eine Reihe von Gästezimmern. Dazu den leider später in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts beseitigten großen Saal, der über die ganze Südseite reichte und in dem die junge Familie von Schmieder mit ihren Gästen Platz für ihre Feiern hatte. 1905 war gerade das erste Kind, die Tochter Ernestine, genannt Nessie, geboren worden.
Ein Jahr später, im Oktober 1905 malte Angelo von Courten dieses prächtige Aquarell ins Gästebuch.
Das ganzseitige, farbenfrohe Bild mit der Aufschrift „Sonntag“, zeigt den sonntäglichen Kirchgang der Dorfbewohner. In ihrem, für die damalige Zeit typischen Sonntagsgwand gehen sie den Weg hinauf zu der auf einer kleinen Anhöhe abgebildeten Kirche. Ein Bauer mit seiner Frau und eine Familie mit einem Kind sind gerade auf dem Weg hinauf zur Kirche. Oben, am Eingang der die Kirche umgebenden Mauer stehen ein paar Kirchgänger beieinander und unterhalten sich angeregt, so wie es heute noch vor Beginn der Messe üblich ist. Im Vordergrund geht eine junge Frau im Festtagsgewand, den Kopf mit einem großen, schwarzroten Kopftuch bedeckt und in der Hand hält sie ein weißes, kleines Bücherl, wohl ihr Gesangbuch. Sie ist offensichtlich erstaunt, warum da am Fuß des Kirchenweges vielleicht ein Maler steht, der sich auf einem Block Notizen für ein Bild macht oder ein ihr unbekannter, fein gekleideter Mann und deswegen schaut sie neugierig zurück.
Die hier von Angelo von Courten abgebildete Kirche hat nur wenig Ähnlichkeit mit der damaligen Steinacher Dorfkirche. Damals war der Eingang zur Steinacher Kirche zwar noch direkt neben dem Turm gelegen, aber die Steinacher Kirche hatte schon eine Spitzhaube. Die abgebildete Mauer ähnelt allerdings schon der heute noch bestehenden Friedhofsmauer. Also ist es nicht sicher, ob Angelo von Courten den Kirchgang in Steinach gemalt hat. Als ehemaliges Mitglied der Päpstlichen Armee war Angelo von Courten sicher ein gläubiger Katholik und ist sicherlich, wenn er am Sonntag in Steinach weilte, hier zur Messe in die Kirche gegangen. Es gibt im Gästebuch zudem ein weiteres Bild von ihm, wo er den Kirchgang der Dorfbewohner zur heiligen Messe an Weihnachten 1913 abbildete. In diesem Bild malte er zwei Kirchen direkt nebeneinander, die Ähnlichkeit mit den beiden Kirchen in Münster haben. Das Weihnachtsfest im Jahr 1913 feierte Familie von Schmieder mit ihren Gästen bereits im Neuen Schloss Steinach, das zum Kirchensprengel Münster gehörte und deswegen ist anzunehmen, dass Angelo von Courten als Gast im Neuen Schloss in der Heiligen Nacht 1913 die Heilige Messe in Münster besuchte und diesen Kirchgang im Bild festhielt.

 

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Das für die Frühjahrsausgabe des Gemeindeboten ausgewählte Bild stammt wieder einmal von Angelo Graf von Courten (1848 -1925), dem Münchner Maler und sehr häufigen Gast auf Schloss Steinach. Er hat die weitaus meisten Bilder ins Schmiederschen Gästebuch gemalt. Angelo von Courten war einer der besten Freunde von Mary und August von Schmieder und hielt sich mit seiner Familie sehr oft als Gast in Steinach auf. Sein Werdegang bis hin zum bekannten Maler seiner Zeit wurde schon mehrfach in den früheren Ausgaben des Gemeindeboten beschrieben.

VEREINS-LAZARETT-STEINACH-ORTS-KOMITEE hat Angelo von Courten das ganzseitige Aquarell genannt, das er im Februar 1915 ins Schmieder`sche Gästebuch gemalt hat. Den gesamten Hintergrund des Gemäldes bildet ein großes rotes Kreuz. Davor verabschiedet sich eine junge Rotkreuz-Krankenschwester mit Handschlag von einem Soldaten in Uniform, dessen linker Arm von einem Armtragetuch gehalten wird. Die Krankenschwester trägt über ihrem dunklen Rock eine frisch gewaschene, strahlendweiße, hinten geknöpfte Schwesterntracht. Auf dem Kopf trägt sie eine typische, hinterm Kopf gebundene, weiße Schwesternhaube. Am rechten Oberarm erkennt man die breite Binde des Roten Kreuzes. Der junge Soldat war offenbar am Arm verwundet worden und kann nun, nach der Behandlung, das Lazarett wieder verlassen. Den verletzten Arm schützt noch ein frisches, weißes Armtragetuch, darunter schaut ein Orden hervor, wohl das Eiserne Kreuz, mit dem im Ersten Weltkrieg Soldaten für ihre besondere Tapferkeit ausgezeichnet wurden. Mit seinen blitzblank polierten Stiefeln, der sauberen, hellbraunen Uniform und dem dazu passenden Barett mit rotem Band auf dem Kopf ist er offensichtlich zur Entlassung aus dem Lazarett bereit.
Im August 1914 begann der 1. Weltkrieg und August von Schmieder wird noch mit 47 Jahren als Rittmeister der Reserve zum Königlich Bayerischen 7. Chevaulegers Regiments „Prinz Alfons“ einberufen, das in Friedenszeiten in Straubing stationiert war und nun an der Maas eingesetzt wurde. Am 11.11.1914 übernimmt er die Führung einer Eskadron (= Einheit) dieses Bayerischen Kavallerie Regiments. Daheim im Neuen Schloss Steinach hatte sich seine Gattin Mary von Schmieder freiwillig bereiterklärt, Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, damit für verwundete Soldaten ein sog. Vereinslazarett des Roten Kreuzes eingerichtet werden kann. Die Recherche beim Roten Kreuz Bayern über das Steinacher Vereinslazarett verlief ergebnislos, da die Archive des Roten Kreuzes von Bayern im Zweiten Weltkrieg größtenteils verbrannt sind. Lediglich im Buch „Das Lazarettwesen in Bayern 1914 -1918“ (Armin Hospes, 1998) findet sich folgender kurzer Eintrag:
III. B.A.K. V.-L. Steinach unterstellt dem R.-L. Straubing Schloss Steinach 1914 32 Betten

Demnach war das Vereinslazarett des Roten Kreuzes des III. Bayerischen Armee Korps dem Rotkreuz Lazarett in Straubing unterstellt und wurde bereits 1914 mit einer Kapazität von immerhin 32 Betten eröffnet. Die Rotkreuzvereine in den einzelnen Städten betrieben diese „Vereins-Lazarette“ und offenbar gab es vom Rotkreuz Verein Straubing ein „Orts-Komitee“ in Steinach. Zum Kriegsbeginn wurden 1914 an vielen Stellen von den Rotkreuzvereinen sog. „Vereinslazarette“ gegründet, um die vielen Verwundeten in der Heimat zu versorgen. Ludwig Niggl erwähnt in seiner Schrift „Die Geschichte von Schloßgut und Dorf Steinach“ (Niggl, Ludwig, 1957, Heimatarchiv Steinach), dass sich dort ein Arzt und eine „Kriegsschwester“ um die Verwundeten annahmen.

In welchem Bereich des Neuen Schlosses dieses Lazarett betrieben wurde, ist nicht ganz sicher. Niggl schreibt, dass „Frau Geheimrat von Schmieder auf eigene Kosten ca. 30 Mann und einige Offiziere in ihrem Schloss unterbringt“. Im Steinacher Archiv für Heimatgeschichte hat Claudia Heigl dankenswerterweise nach Hinweisen zum Lazarett gesucht und zwei Bilder mit Bezug zum Lazarett gefunden. Zum einen eine Bildpostkarte, die ein Verwundeter des Steinacher Lazaretts verschickt hatte. Darauf ist das Schlossgebäude abgebildet mit der Aufschrift „Vereinslazarett Schloss Steinach“, woraus man schließen könnte, das Lazarett war im Schloss selbst untergebracht. Zum anderen fand sich im Nachlass des Steinacher Gutsverwalters Ludwig Niggl ein Foto, auf dem eine kleine Musikkapelle von 5 Verwundeten und dahinter 4 Krankenschwestern vor einem Gebäude sitzen. Vor ihnen steht handschriftlich auf einer Tafel „Schloss-Kapelle Steinach Verwund. Krieger 1914/15“. Die kleine Lazarettkapelle sitzt dabei eindeutig nicht vor dem großen Schlossgebäude, da der für das gesamte Schlossgebäude typische Granitsockel fehlt. Es ist deswegen unsicher, in welchem Gebäude das Lazarett untergebracht war.
Das kleine Foto beweist allerdings, dass sich mindestens vier Krankenschwestern um die Verwundeten im Steinacher Lazarett kümmerten. Nachdem bisher keine weiteren Quellen zum Rotkreuz-Vereins-Lazarett-Steinach gefunden wurden, wissen wir nicht, wie lange das Lazarett betrieben wurde, wie viele Verwundete hier behandelt wurden und wie viele Ärzte bzw. Krankenschwestern hier ihren Dienst taten. Auf jeden Fall war es eine große humanitäre Leistung, dass das Rote Kreuz in den Räumen von Familie von Schmieder im Neuen Schloss über mehrere Jahre ein, mit seinen 32 Betten offenbar recht großes, Lazarett betreiben konnte.

 

 

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Für die Sommerausgabe des Gemeindeboten wurde diesmal kein einzelnes Bild, sondern eine Seite des Gästebuches aus dem Juni 1925 ausgewählt, auf der oben ein kleines Lied mit typischem „Steinach Bezug“ und unten eine kleine Zeichnung von Felix von Courten und ein kurzes, lustiges Gedicht zur Zeichnung steht.
Die am Anfang der Seite stehende kleine Liedstrophe ist unterzeichnet mit „Body“, das war der Spitzname, wie die damals sehr berühmte Opernsängerin Berta Morena (1878 – 1952) wegen ihrer kräftigen Statur in der Familie von Schmieder genannt wurde. Berta Morena war einer der häufigsten Gäste im Neuen Schloss Steinach und wurde zur besten Freundin von Mary von Schmieder, nach der sie auch ihre zweite Tochter benannte. Mit ihrer Sopranstimme war Berta Morena die große Wagnersängerin ihrer Zeit und hatte neben ihrem festen Engagement (1897-1923) an der Hofoper in München Auftritte in allen großen Opernhäusern Europas. In zwei Engagements trat sie sogar in New Yorks Metropolitan Opera auf. Bei ihren letzten Auftritten 1924/25 in New York begleitete sie Mary von Schmieder nach Amerika. In den Sommermonaten, wenn Pause an der Münchner Hofoper war, verbrachte Berta Morena regelmäßig viele Tage bei Mary von Schmieder im Neuen Schloss Steinach. Ihr kleines Gedicht weist auf die von August von Schmieder 1920 gegründete Saatzucht Steinach hin und die im Jahr 1919 durch die Gründung des Bayerischen Grünlandvereins, von Steinach ausgehende, die Landwirtschaft in ganz Deutschland erfassende Grünlandbewegung. August von Schmieder wurde Vorsitzender des Deutschen Grünlandvereins und alles drehte sich damals im Gutsbetrieb und im Neuen Schloss Steinach um die Verbesserung der Wiesen und Weiden durch bessere Futtergräser. Viele Gutsbesitzer und Landwirte kamen in diesen Jahren zu Grünland-Exkursionen nach Steinach und waren auch zu Gast im Neuen Schloss. Das animierte Berta Morena zu ihrem kurzen Grünlandlied, das sie, samt Hinweis auf die Melodie, ins Gästebuch eintrug:
Jede Kuh ist hier gebildet,
Kennt die Gräser auseinand,
Nennt sie alle dir bei Namen,
Frisst nur die, die ihr bekannt-
Grün‘ im Glanze deines Ruhmes,
Grüne, grünes Grüneland!
Nach der Melodie: Deutschland, Deutschland über alles. Body 29.5.-10.6.
(Für die Transkription aus der Süterlin Schrift danke ich Cornelia Landstorfer.)

Auf der unteren Hälfte der Seite hat Felix von Courten (1877 – 1959), einer der vier Söhne des damals sehr bekannten Münchner Kunstmalers Angelo von Courten (1848-1925) ein kleines Bild gemalt. Alle vier Söhne hatten großes malerisches Talent, wurden als Maler aber nicht so bekannt wie ihr Vater, der als Freund der Familie von Schmieder, in jedem Jahr mehrmals zu Gast im Neuen Schloss Steinach war. Von ihm stammen die allermeisten Bilder im Gästebuch. Felix malte einen Mann in karierten Kniebundhosen sog. Breeches, der vor einem grünen Busch auf dem Rasen im Garten steht und sich mit einer abwehrenden Handbewegung von einer Person abwendet, die ihm einen Stab mit einer gewellten Rolle reichen will. Im danebenstehenden, humorvollen Gedicht wird dieser Stab als „Schwartenroller“ bezeichnet, der zu dieser Zeit im Neuen Schloss Steinach offenbar stark im Gebrauch ist, um überschüssige Pfunde am Körper damit „wegzubügeln“. Auch dem Herrn im Bild wird das von den Bewohnern und Gästen im Neuen Schloss empfohlen, er lehnt es aber brüsk mit den Worten ab: „denn was die Bodi (gemeint ist die füllige Berta Morena) ohne Mops, das wäre Dodo ohne …… einen schönen Frühlingsaufenthalt in Steinach“
Darunter finden sich noch die Namenseinträge von Yvonne von Courten, der Frau von Carlo von Courten und damit Schwiegertochter von Angelo von Courten und ihrer Tochter Rosamund von Courten, die auch im Juni 1925 im Neuen Schloss Steinach zu Gast sein durften.

 

4Das für die Herbstausgabe des Gemeindeboten ausgewählte Bild stammt wieder einmal von Angelo Graf von Courten (1848 -1925), dem bedeutenden Münchner Maler der Zeit von 1880 bis 1925. Angelo von Courten hat die weitaus meisten Bilder ins Schmiederschen Gästebuch gemalt. Er war einer der besten Freunde von Mary und August von Schmieder und hielt sich, meist in Begleitung seiner Familie, sehr oft als Gast in Steinach auf. Sein Werdegang bis hin zum bekannten Maler seiner Zeit wurde schon mehrfach in den früheren Ausgaben des Gemeindeboten beschrieben.

Das Bild malte Angelo von Courten 1906 als allererstes Bild in das 1904 beginnende Schmiedersche Gästebuch. Es zeigt die Fassade des Alten Schlosses Steinach mit dem markanten, Zinnen bewehrten Eckturm, dem großen, rundbogigen Hauptportal, den schön gegliederten, zweiflügeligen Sprossenfenstern und dem hohen Ziegeldach. Es ist der Herbst 1906, August von Schmieder hatte das 1901 erworbene, aus dem Jahr 1549 stammende und unter den Vorbesitzern während der letzten Jahre des 19. Jahrhundert etwas vernachlässigte Alte Schloss Steinach aufwändig renovieren lassen.  Dabei wurde das große Gebäude mit den beiden jeweils ca. 600m² umfassenden Wohngeschossen im ersten und zweiten Stock von Grund auf saniert. Dabei wurden mehrere Bäder, erstmals eine mit Koks betriebene Zentralheizung und eine komplett neue Wasserinstallation eingebaut. Vor allem aber wurde, wie für den ganzen Gutshof, „das Elektrische“ eingerichtet, mit eigenen, dampfbetriebenen Stromgeneratoren und einer großen Batterieanlage wurde Strom erzeugt, sodass es zum ersten Mal in Steinach elektrisches Licht in den großen, hohen Räumen im Schloss gab. 1904 hatten Mary von Lang-Puchhof und August von Schmieder geheiratet und nach der Hochzeit war die junge Familie, August war 37 Jahre alt und seine Frau Mary gerade mal 19 Jahre alt, in das renovierte Alte Schloss Steinach gezogen. Die Verbindung der beiden Familien wird unten im Bild durch die in Stein gehauenen Wappen der beiden Familien dargestellt, links das Schmiedersche springende Pferd und rechts der Langsche Stierkopf, verbunden durch die Adelskrone beider Familien.

Neben dem Schlossgebäude hatte August von Schmieder auch den landwirtschaftlichen Gutsbetrieb zu einem Musterbetrieb ausgebaut. Die alte, mitten im Gutshof befindliche Schlossbrauerei, hatte er zum anfänglichen Ärgernis der Steinacher abreißen lassen und dafür einen für damalige Verhältnisse riesigen Kuhstall für 100 Kühe, eine Molkerei, eine Brennerei und neue Stallungen für die Kutschen und Arbeitspferde im Schlossbereich errichtet. Im 2 km entfernten Unterniedersteinach baute er für seine Vollblutpferde ein großes Gestüt, eingebettet in 70 ha neu angelegte Weiden. Noch heute ist das Ortsbild von Steinach geprägt von diesen damals getätigten, umfangreichen Baumaßnahmen.
Auf dem mit feinen Acanthusblättern umrahmten Bild rankt der wilde Wein in allerschönster herbstlicher Färbung die Spaliere am Schlossbau empor und hat am Turm sogar schon den zweiten Stock erreicht. Oben auf dem Turm weht die Fahne in den Schmiederschen Farben blau und weiß. Vor dem Portal ist neben dem heute noch vorhandenen, achteckigen Wasserbecken aus Granit eine zweispännige leichte Victoria-Kutsche vorgefahren. In den bequem gepolsterten Sitzen erkennt man eine vornehm gekleidete Dame, es ist wohl Mary von Schmieder. Der Kutscher vorne auf dem Bock trägt einen feschen, schwarzen Rock und einen schwarzen Zylinder. Von hinten eilen zwei Bedienstete herbei, um beim Aussteigen behilflich zu sein. Im Portal stehend und die Dame erwartend hat Angelo von Courten seinen langjährigen Freund und begeisterten Reiter und Pferdeliebhaber, den Schlossherrn August von Schmieder im eleganten, grauen Reitanzug abgebildet. August von Schmieder ist anscheinend gerade von seinem Reitpferd abgestiegen, das ihm sein Pferdebursch bereits abgenommen hat und es nun zurückführt in den direkt neben dem Schloss befindlichen Stall für die Reitpferde der Herrschaft.
Von wo kehren die beiden gerade zurück? Ich könnte mir vorstellen, dass sie beide drüben auf dem Singberg waren, um zu sehen, wie der 1905 begonnene Bau ihres neuen, riesigen Schlosses, das man in der Familie „Neusteinach“ nannte, fortschritt. Oder die beiden waren hinten im Gestüt Steinach gewesen und hatten ihren etwa 20 Vollblutstuten zugeschaut, wie sich mit ihren Fohlen auf den weitläufigen Koppeln tummelten.

 

296Das für die Dezemberausgabe ausgewählte Bild stammt aus dem Jahr 1923, wurde also vor genau 100 Jahren ins Gästebuch gemalt. In diesem Jahr feierte Angelo Graf von Courten seinen 75. Geburtstag im Neuen Schloss Steinach. Zu diesem Anlass hat er dieses Bild im Gästebuch hinterlassen.
Angelo Graf von Courten (1848 -1925) hat als guter Freund und häufiger Gast bei Familie von Schmieder im Neuen Schloss die allermeisten Bilder ins Gästebuch gemalt. Er gehörte zu den bedeutenden Münchner Malern der Zeit von 1880 bis 1925. Geboren wurde er am 10. Januar 1923 in Bologna als Sohn eines Generals der Päpstlichen Armee des Vatikanstaates. Seine Familie stammt ursprünglich aus dem Wallis, also der französischen Schweiz, wo sie sich „de Courten“ nannte. Als junger Mann diente Angelo selbst in der Päpstlichen Armee bis zur Auflösung des Vatikanstaates und dessen Eingliederung in das Königreich Italien nach einer Volksabstimmung 1870. Danach begann er in Florenz ein Kunststudium und setzte dieses ab 1872 in München an der Kunstakademie bei Karl Theodor von Piloty fort. 1873 heiratete er in München Irene von Klenze, die Enkelin des berühmten Münchner Architekten und Malers Leo von Klenze, bekannt durch seine Bauten, wie die Glyptothek, die Alte Pinakothek und die Walhalla, die er im Auftrag von König Ludwig I. erschuf. Angelo von Courten wurde ein sehr bekannter und viel beschäftigter Porträt- und Genremaler. Sogar König Ludwig II. wurde auf ihn aufmerksam und so durfte er etliche Bilder für Schloss Herrenchiemsee schaffen, die als seine wichtigsten Arbeiten gelten. Angelo und Irene hatten 6 Kinder, darunter die ebenfalls als Maler bekannt gewordenen Söhne Louis und Felix von Courten.

Das Bild, das Angelo von Courten zu seinem eigenen 75. Geburtstag am 10. Januar 1923 ins Gästebuch des Neuen Schlosses Steinach malte, zeigt ihn gebückt nach vorne sitzend, offenbar Skizzen malend oder nur vor sich hin sinnierend. Vor ihm stehend hat er vier weibliche „Figuren“ abgebildet, die auf ihn herunterblicken, alle vier wichtige Eigenschaften in seinem Leben darstellend, die ihm bei der Rückschau auf sein Leben ins Gedächtnis kommen:
„JUGEND ▪ AMOR ▪ KUNST ▪ TEUFEL“.
Die Jugend stellt er dar als junges, feines Mädchen im hellblauen Kleid mit einem üppigen Blumenkranz im Haar, daneben Amor als bildhübsche junge Frau im roten Gewand und blumengeschmückten Haar, die Kunst symbolisiert er mit einer Dame mittleren Alters in einer gelben römischen Toga, eine Malerpalette haltend, den Teufel als eine, die Aufmerksamkeit auf sich ziehende Tänzerin im enganliegenden, rotbraunen den ganzen Körper bedeckenden Balletttrikot mit einer Teufelshörnerkappe auf dem Kopf. Sich selbst bezeichnet er mit dem Spitznamen, den er als Ältester sein Leben lang in den Familien Schmieder und Courten trug: PAPERL.
Die „75“ für seinen 75. Geburtstag prangt im Hintergrund in großen Lettern.
Auf der Seite vor dem Bild hat Angelo von Courten im Gästebuch Gedichte über die Jugend, die Liebe, die Kunst und den Teufel geschrieben, zum Teil in Deutsch, zum Teil in Italienisch zum Teil in Französisch, eben seinen drei Sprachen. Für deren Transkription aus Süterlin und Übersetzung ich Cornelia Landstorfer sehr herzlich danke.
Die letzten Zeilen des Gedichts über den Teufel lauten:

Doch bin ich so böse nicht, wie du glaubst
bin Teufel zwar, doch schaugst,
willst du weiter mir vertrau`n
geb ich dir noch Schön`s zu schauen.
lustig sünd`gen weiter wir zu zweit
bis zum Himmel ist noch weit.