Haus Nr. 4 „Der ganze Ungerhof“ oder „Beim Leibl“

 in Unterniedersteinach

 

von Claudia Heigl

 

 

Ungerhof UraufnahmeDer Ungerhof hatte in der Uraufnahme von 1827 die Hs.Nr. 5
später im Grundsteuerkataster erhielt er die Hs.Nr. 4
Quelle: bay. Vermessungsverwaltung München, Bayernatlas

 

 

Dieser Hof in Unterniedersteinach war im  Besitz der Steinacher Burgherren der Warter von der Wart.

1405 kauft ihn Erasmus Warter, zusammen mit dem Berghof, dem Sackhof, den halben Hof in Wolferszell und dem Hof in Zachersdorf, von seinem Schwagern Friedrich der Ramsperger zu Ramspeck zurück, nachdem ihn seine Schwester als Mitgift von der Familie erhalten hatte1.

 

Als die Warter in finanzielle Schwierigkeiten kommen, verkaufen sie den Hof, zusammen mit weiteren Höfen an den reichen Straubinger Handelsmann Hermann Zeller.

1465 verteilen Hermann Zeller‘s Kinder Wilhelm, Hermann, Kaspar Zeller und ihre Schwester Anna Altdorffer das Erbe2.
Hierzu gehörte auch ein Vermächtnis, das jedes Jahr einer ehrbaren, armen Jungfrau 6 Pfund Regensburger Pfennig Heiratsgut gegeben werden soll, um ihr eine Verehelichung zu ermöglichen. Zur finanziellen Ausstattung dieser Jungfrauenaussteuer-Stiftung in Straubing gehörte u.a. auch der Hof bei Innersteinach, darauf Jorg Schergenhofer sitzt, der in die Stiftung 13 Schilling 20 Regensburger Pfennig abzuführen hatte3.

 

1538 wird ein Michael Kern als Bauer auf dem Hof genannt, dessen Wert mit 24 Pfund Regensburger Pfennige angegeben wird4.

1558 sitzt ein Michl Wenzl auf dem Hof, mit einem Wert von 37 Pfennig5.

1586 ist Hans Fenzl (=Wenzl) Bauer auf dem Gut6.

1604 besitzt Michael Thürrigl den Erbrechtshof, der mit der Grundherrschaft Kasper Hans Zeller, Bürgermeister und Innerer Rat von Straubing gehört7.
1612 hat der Hof des Michael Thürrigl einen Wert von 75 Pfund Reg.Pfg. Thürrigl hat 3 Rößer, 5 Kühe und zwei Jungrinder. Als Inmann wohnt ein Georg Prenpeck auf dem Anwesen8.

 

Am  14.06.1640 lassen die Bauerseheleute Urban und Katharina Prein ihre Tochter Magdalena in Steinach taufen. Die Wolferszeller Wirtin Rosina Stubenhofer trägt das Kind zur Taufe. Dies ist das letzte Mal, dass ein Bauer auf dem Hof erwähnt wird.

In den Wirren des 30jährigen Krieges scheint das Anwesen verwaist zu sein.

 

 

Die Familie Unger

Einen Leonhard Unger (Hunger) finden wir bereits 1541 auf der Webersölde Nr. 9 und 1558 auf dem "Lanzinger-Hof" Hs.Nr. 10 in Oberniedersteinach.
Hier könnte es sich um den ältesten Vorfahren der Familie handeln.

Spätestens 1656 ist wieder ein Leonhard Unger als Bauer auf dem Hof in Unterniedersteinach ansässig, zu dem auch ein Häusl gehört9:

Dieser Bauer hat mindestens neun Kinder aus zwei Ehen:
- Katharina heiratet 1663 den Witwer Johann Klein von Unterniedersteinach Nr. 5
- Johann Georg (*ca.1651) übernimmt den Hof 1676 nach seinem Bruder Jakob
- Jakob (*ca. 1653) wird 1675 Hoferbe
- Johann heiratet 1681 und wird Söldner in Bärnzell Nr. 1
- Ursula (*1657)  heiratet 1678 den Müller Georg Hallmayr von Gschwendt
- Tochter Barbara stirbt mit 1 ½ Jahren (1659-1661)
- Mathias (*ca. 1662) wird 1681 Lehrjunge bei Hafner Sebastian Schurpaur von Wolferszell10
- Johann (*1665) heiratet 1689 die Bauerstochter Margaretha Walchshauser von Hagnzell und übernimmt den Hof der Schwiegereltern
- Stephan (*1667), wird 1691 bei der Taufe des Sohnes Michael als Einwohner in Niedersteinach bezeichnet.


1672 scheint jedoch die Grundherrschaft zwischen dem Hofmarksherren von Schönstein, Albrecht von Starzhausen und der „zellerischen Mess“ zu Straubing stritt zu sein11. Wie der Rechtsanspruch der Starzhausener entstand kann nicht nachvollziehen werden. Jedoch scheinen sie sich durchgesetzt zu haben, da die Schönsteiner Hofmarksherren zukünftig als Grundherren auftreten. Gerichtsbar ist der Hof jedoch zum Landgericht Straubing.

 

Im Juni 1675 übergeben Leonhard und Walburga Unger den Hof an ihren Sohn Jakob.

Hier kommt zu einer seltsamen Hochzeit, denn am 22.01.1676 wird er „im Krankenbette“ mit der Bauerstochter Apollonia Foidl von Agendorf getraut. Vier Tage später stirbt der junge Bauer im Alter von 23 Jahren.

Zwei Monate später heiratet sein Bruder Johann Georg Unger die Bauerstochter Katharina Schichtl von Eiserszell und übernimmt den Hof.

 

Sohn Bartholomäus übernimmt ca. 1708) den Besitz. Während zwei Söhne von ihm und seiner Ehefrau Walburga in Steinacher Bauernhöfe einheiraten, finden wir die Töchter in Ascha und Hamberg.

- Simon heiratet 1736 die Bauerswitwe Anna Maria Abensberger von Steinach Nr. 14
- Sebastian (*1712) heiratet 1739 die Bauerswitwe Margaretha Aufhauser von Steinach Nr. 11
- Simon (*1714) übernimmt den Hof in Unterniedersteinach
- Maria (*1719) heiratet 1741 den Nachbarssohn Johann Georg Leibl, der den Rödlhof in Ascha von seinen Eltern übertragen bekommt.
- Elisabeth (*1724) heiratet 1748 den Bauern Georg Holmer (Halmer) von Ascha Nr. 22
- Gertrud heiratet 1750 den Bauern Andreas Ring von Hamberg

 

Den elterlichen Hof erbt Simon Unger, der die Tochter Maria Anna Geith des Dexenhof-Bauern heiratet.
Sechs Kinder kommen in Unterniedersteinach zur Welt, dann zieht die Familie um 1758 nach Hierlbach bei Feldkirchen.

 

4 Unger Besitzer

 

Als nächster Bauer kommt Andreas Dietl von Edt bei Haselbach auf den Hof. Er vermählt sich 1758 mit der Wirtsstochter Maria Anna Müller von Unterzeitldorn.
Sohn Andreas Dietl heiratet 1793 in den Hien-Hof  (später Dietl-Hof Hs.Nr. 17) nach Steinach ein.

 

Den Hof übernimmt ca. 1796 Martin Dietl, dessen Ehefrau eine Anna Maria Steimer von Englberg ist. Ca. 1807 veräußert das Ehepaar allerdings den Hof an Martin’s Schwester Walburga und ihren Ehemann Martin Pellkofer. Pellkofer Martin stammte vom Thanhof und war mit seiner Ehefrau zuerst auf einem Hof in Riederszell sesshaft.

 

 4 Dietl Besitzer

 

 

Am 13.10.1830 erwirbt Mathias Leibl, ein Sohn des benachbarten Leibl-Bauern, den 103 Tagwerk großen Hof um 3.300 Gulden. Vier Wochen später heiratet er die Bauerstochter Anna Primbs von Ellaberg.

Das Paar bekommt 13 Kinder, von denen sechs im Kindsalter sterben:
- Maria Anna (*1831) heiratet 1851 Andreas Ankerl von Au
- Margaretha (*1837)
- Theresia (*1839) heiratet 1879 den Witwer Rupert Bemmerl
- Katharina (*1841) heiratet 1860 den Gütler Lorenz Eyerer von Gschwendt

- Anna Maria (*1843) heiratet 1866 den Halbbauern Michael Spanner von Agendorf
- Johann Baptist (*1847) wird bei einer Rauferei in Muckenwinkling im Alter von 33 Jahren am 15.03.1880 „so mit Schlägen überhäuft, dass er am nächsten Tage sein leben beenden musste.)
- Mathias (*1850) heiratet 1873 Elisabeth Magdalena Zimmerer von Straubing und lässt sich als Gärtnereibesitzer in der Stadt nieder. Er ist der Gründer der Gärtnerei Leibl in Straubing.

 

Am 04.04.1881 erwirbt ein Johann Wurm den Hof mit 31,4 ha um 17.642 Mark. Der verkauft ihn jedoch seltsamerweise noch am gleichen Tag um 700 Mark teuerer an die Leibl-Tochter Theresia Bemmerl weiter. Dieser merkwürdige Zwischenhandel lässt sich nicht erklären. Evtl. war er ein Strohmann. Theresia Bemmer verkauft hierfür das Gregorigütl in Münster (Tassilostr. 11). Sie scheint von ihrem Ehemann getrennt gelebt zu haben, da sie alleine als Käuferin auftritt.

Therese trümmert 17,6 ha vom Besitz ab. Ein Grundstück gegenüber der Straße erwerben Jakob und Maria Kerscher, die sich hier ein Haus errichten.

1882 tauscht sie den Hof mit einem Restkomplex von 13,8 ha mit Michael und Katharina Rosenhammer von Schönstein.

1890 erwirbt Peter Hofbauer von Hetzelsdorf den 13 ha großen Hof, der ein Jahr später Karolina Eyerer, eine Enkelin vom o.g. Mathias u. Anna Leibl, heiratet.

 

 

4 Leibl Besitzer

 

 

Schließlich erwirbt der Steinacher Gutsbesitzer Karl August von Schmieder am 24.07.1902 den Hof mit 14 ha um 22.510 Mark um hier in Unterniedersteinach sein Gestüt für sein Vollblutpferde bauen zu können.

Alle Gebäude des Hofes werden für den Neubau abgerissen.

 

 

 

1 Schlicht Josef, Steinach ein niederbayerisches Geschichtsbild, 1881 Nr. 31, 3.älteste Schlossurkunde von 1405
2 Solleder F., Urkundenbuch der Stadt Straubing, Nr. 468
3 Retzer Markus, Das Patriziergeschlecht der Zeller von Straubing, S. 200
4 BayHStA, Kurbayern Geheimes Landesarchiv 1124, Grenz-, Güter- und Volksbeschreibungen des Kurpfalzbayrischen Landgerichts Mitterfels, Steuer und Anlagregister Landgericht Mitterfels 1538, S. 53‘
5 StA Landshut, Landschaft Unterlands Nr. 1181/3, Untertanen im Landgericht und Kasten Mitterfels 1558, fol 2
6 BayHStA, Kurbayern Geheimes Landesarchiv 1124, Grenz-, Güter- und Volksbeschreibungen des Kurpfalzbayrischen Landgerichts Mitterfels, Scharwerksregister 1586, S. 282‘
7 BayHStA, Kurbayern Geheimes Landesarchiv 1125, Grenz-, Güter- und Volksbeschreibungen des Kurpfalzbayrischen Landgerichts Mitterfels 1600-1660, Scharwerksregister fol. 463
8 StA Landshut, Landschaft Unterlands Nr. 1224, Steuerbuch LG Mitterfels 1612, fol 3
9 StA Landshut, Pfleggericht Mitterfels, B4, Scharwerksbuch 1665
10 Stadtarchiv Straubing, Rep. II, Abt. 1dd1, Nr. 15, Protokollbuch der Hafner
11 StA Landshut, Pfleggericht Mitterfels B5, Scharwerkbeschreibung 1672-75, fol. 1‘

 

weitere Quellen:
- Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotkoll der Steuergemeinde Bärnzell vom April 1839
- StA Landshut, Grundsteuerkatater 1/ 4, Band 4, Umschreibehefte zum Grundsteuerkataster der Gemarkung Bärnzell 1842 - 1858
- StA Landshut, Grundsteuerkatater 1/ 4, Band 7, Umschreibehefte zum Grundsteuerkataster der Gemarkung Bärnzell 1858 - 1960
- Bischöfl. Zentralarchiv Regensburg, Matrikel der Pfarrei Steinach und der Pfarrei Kirchroth